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Früherkennung verbessert Prognose
Jatros
30
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07.03.2019
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<p class="article-intro">Die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD), eine seltene und tödlich verlaufende Erkrankung, führt bereits ab der frühen Kindheit zu einem fortschreitenden Muskelabbau. Die meist männlichen Patienten versterben vorzeitig, oft schon im dritten Lebensjahrzehnt.<sup>1, 2</sup> Neben der Behandlung kommt der Diagnostik der DMD besondere Bedeutung zu, denn gerade die frühzeitige Diagnose der DMD kann die Prognose der Betroffenen erheblich verbessern.<sup>3</sup></p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Dabei ist es wichtig, die ersten muskelspezifischen sowie auch die unspezifischen frühen Zeichen (motorische, kognitive und sprachliche Entwicklungsverzögerungen) einer DMD rechtzeitig zu erkennen, um früh gezielte Maßnahmen einleiten zu können, so das Resümee eines Expertentreffens.</p> <p>Prof. Dr. Andreas Hahn, Gießen, wies in seinem Vortrag auf die Schwierigkeit hin, seltene Krankheiten überhaupt zu erkennen: „Viele Ärzte haben noch nie einen Patienten mit DMD gesehen.“ Die Häufigkeit der X-chromosomal rezessiv vererbten DMD beträgt bei neugeborenen Jungen etwa 1:3600. Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Jungen. Durch Mutation im Dystrophin-Gen verlieren die Muskelfasern ihre Stabilität und Struktur. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung werden die Muskelfasern zunehmend durch fibrotisches Gewebe und Fett ersetzt, was zur unaufhaltsamen Muskeldegeneration und schließlich zu Lungen- und Herzversagen sowie frühem Tod führt.<sup>4–10</sup></p> <p>Der Erhalt der Gehfähigkeit ist ein wichtiger prognostischer Faktor und kann die Krankheitsprogression hinauszögern.<sup>11</sup> Hierfür müssen die ersten Zeichen einer DMD jedoch frühestmöglich erkannt werden. Bereits ab der Geburt erhöhte CK- und Transaminase-Werte zählen zu den unspezifischen frühen Zeichen einer DMD. Auch mögliche im zweiten Lebensjahr erkennbare Lern- und Verhaltensauffälligkeiten sowie sprachliche und motorische Entwicklungsverzögerungen können erste Hinweise auf die Erkrankung liefern.<sup>12</sup> Ab dem dritten bis vierten Lebensjahr sind dann die späten muskulären Zeichen der DMD häufig nicht mehr zu übersehen: watschelnder Gang, Wadenhypertrophie, Gowers- Zeichen, häufiges Hinfallen, Schwierigkeiten beim Rennen, Springen und Treppensteigen und eine reduzierte Ausdauer im Vergleich zu Gleichaltrigen.<sup>9</sup></p> <p>Laut Prof. Dr. Maggie Walter, München, bedeutet eine frühe Diagnose der DMD weniger Stigmatisierung, weniger Belastung und weniger Komplikationen. Die Patienten können frühzeitig behandelt werden und profitieren durch die Aufnahme ins Patientenregister z. B. auch von neuen, innovativen Therapien. Zudem können Eltern bei weiterem Kinderwunsch bewusster planen. Ziel ist es, die Gehfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten − ein früher Verlust der Gehfähigkeit ist mit einer schnelleren Verschlechterung wichtiger Funktionen assoziiert, z. B. der Abnahme der motorischen Funktionen, orthopädischen Komplikationen und Ateminsuffizienz.<sup>13</sup> Die Diagnosestellung in Deutschland erfolgt nach den ersten Symptomen häufig erst sehr spät, mit einer Verzögerung von bis zu 1,4 Jahren.<sup>14</sup> Dabei kann der Pädiater oder der Hausarzt z. B. im Rahmen der U7 (Deutschland) oder der 6. MKP-Untersuchung (Österreich) bei Beachtung von drei einfachen Schritten die DMD rechtzeitig erkennen, so Prof. Walter:</p> <ul> <li>Erkennen unspezifischer früher Zeichen<sup>5</sup></li> <li>Einen CK-Test veranlassen, um den Verdacht auf DMD zu erhärten<sup>7, 15</sup></li> <li>Überweisung an ein Muskelzentrum zur gendiagnostischen Abklärung<sup>5</sup></li> </ul> <p>Prof. Dr. Günther Bernert, Wien, zeigte, dass sich die Lebenserwartung von DMDPatienten allgemein verbessert hat,<sup>16</sup> was u. a. auch am Einsatz von Kortikosteroiden liege. Obwohl diese oft mit Nebenwirkungen verbunden sind,<sup>17</sup> bilden sie eine der Säulen der DMD-Therapie. Mit Ataluren steht gehfähigen DMD-Patienten mit zugrunde liegender Nonsense-Mutation (nmDMD) ab einem Alter von zwei Jahren erstmals auch eine kausale, mutationsspezifische Therapie zur Verfügung.<sup>18</sup></p> <p>Noch mehr Infos über Duchenne-Muskeldystrophie finden Sie online: <a href="http://www.hinterherstattvolldabei.de" target="_blank">www.hinterherstattvolldabei.de</a> und <a href="http://www.duchenne.at" target="_blank">www.duchenne.at</a>.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Roundtable „Früherkennung und Wichtigkeit der Früherkennung
der Duchenne-Muskeldystrophie“ am 17. Dezember
2018, München
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> NHS Choices. Muscular Dystrophy – Duchenne. www. nhs.uk/conditions/muscular-dystrophy/types/#duchennemuscular- dystrophy (abgerufen Februar 2018) <strong>2</strong> Parent Project Muscular Dystrophy: Signs of Duchenne. www.parentprojectmd. org/site/PageServer?pagename= Understand_about_signs (abgerufen Februar 2018) <strong>3</strong> Birnkrant DJ et al.: Lancet Neurology. doi.org/10.1016/ S1474-4422(18)30024-3 <strong>4</strong> Goemans N et al.: Eur Neurol Rev 2014; 9: 78-82 <strong>5</strong> Bushby K et al.: Lancet Neurol 2010; 9: 77-93 <strong>6</strong> McDonald CM et al.: Muscle Nerve 2013; 48: 343-56 <strong>7</strong> Van Ruiten HJ et al.: Arch Dis Child 2014; 99: 1074-7 <strong>8</strong> Pichavant C et al.: Mol Ther 2011; 19: 830-40 <strong>9</strong> Amato AA, Brown RH Jr: Muscular dystrophies and other muscle diseases. In: Longo DL et al., eds.: Harrison’s Principles of Internal Medicine. 19<sup>th</sup> Ed.; McGraw-Hill Education 2015, New York <strong>10</strong> Ervasti JM: Biochim Biophys Acta 2007; 1772: 108-17 <strong>11</strong> McDonald CM et al.: Muscle Nerve 2013; 48: 357-68 <strong>12</strong> Birnkrant DJ et al.: Lancet Neurol 2018; 17: 251-67 <strong>13</strong> Humbertclaude V et al.: Eur J Paediatr Neurol 2012; 16: 149-60 <strong>14</strong> Vry J et al.: J Neuromuscul Dis 2016; 3: 517-27 <strong>15</strong> National Task Force for Early Identification of Childhood Neuromuscular Disorders. Developmental delay, do a CK. www.childmuscleweakness.org/index. php/developmentaldelay-do-a-ck (abgerufen 18. 10. 2016) <strong>16</strong> Ishikawa Y et al.: Neuromuscul Disord 2011; 21: 47-51 <strong>17</strong> Moxley RT et al.: J Child Neurol 2010; 25: 1116-29 <strong>18</strong> Fachinformation Translarna<sup>TM</sup>; Stand: Juli 2018</p>
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</p>