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Seltene thorakale Tumoren

Seltene thorakale Tumoren

<p class="article-intro">Aufgrund der Bedeutung und der Häufigkeit von Computertomografien für die moderne Medizin werden suspekte Raumforderungen des Thorax und des Mediastinums immer häufiger entdeckt.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Seltene thorakale Tumoren k&ouml;nnen im Zuge der heutzutage f&uuml;r die zeitgem&auml;&szlig;e Medizin immer h&auml;ufiger ben&ouml;tigten Computertomografien nicht nur Spezialisten begegnen.</li> <li>Es ist nicht erforderlich, dar&uuml;ber im Detail Bescheid zu wissen, aber es ist gut, einen versierten Ansprechpartner zu haben.</li> <li>Im Idealfall ist dies ein versierter Thoraxchirurg, der mit einem Pulmologen und einem Onkologen zusammenarbeiten kann, also Teil eines Thoraxzentrums ist.</li> </ul> </div> <p>Neben dem Bronchuskarzinom und dem &Ouml;sophaguskarzinom gibt es noch eine Vielzahl verschiedener Tumoren, die sich im Thorax finden k&ouml;nnen. Meist z&auml;hlen diese zur Kategorie der seltenen Tumoren. Je nach Lokalisation kann man hier Tumoren des Mediastinums und jene der Lunge von den Tumoren der &uuml;brigen Anteile der Pleurah&ouml;hle, hier unter Thoraxwand subsumiert, unterscheiden.</p> <p>Herztumoren sind ebenso selten, sollen aber hier nicht behandelt werden. Ferner m&ouml;chte ich die Situation der Kinder etwas ausklammern, da hier v&ouml;llig andere Tumoren h&auml;ufig sind mit ganz anderer Dignit&auml;t als beim Erwachsenen. Nur so viel: Lymphome, Keimzelltumoren, Tumoren des Thymus, aber auch Gef&auml;&szlig;tumoren und solche neurogenen Ursprungs sowie mediastinale Zysten sind hier vorherrschend.</p> <h2>Tumoren des Mediastinums</h2> <p><strong>Thymome</strong><br /> Am h&auml;ufigsten sind sicher die Thymome (Abb. 1), die sich aus der Thymusdr&uuml;se bzw. deren Resten entwickeln und mit einer Inzidenz von weniger als 1 pro 1,5 Mio. Einwohner auftreten. Haupts&auml;chlich findet sich ein Thymom im 40. bis 60. Lebensjahr, kann aber in jedem Alter auftreten. Sie sind in 30 % symptomatisch und werden per Zufall im Rahmen einer Computertomografie (CT) entdeckt. Aufgrund der Zunahme der CTs in den letzten Jahren kann man von einer Steigerung der Entdeckung solcher Tumoren ausgehen. Thymome sind zumeist benigne Tumoren, die aber unterschiedliche Stadien haben k&ouml;nnen, selbst in ein und derselben Raumforderung, und bis zu Thymuskarzinomen entarten k&ouml;nnen, welche weniger als 25 % aller im Thymus entstehenden Tumoren ausmachen.</p> <p>Thymome werden nach WHO-Stadien (Typ A, AB, B1, B2, B3, Karzinom) sowie den Masaoka-Stadien (I&ndash;IV) eingeteilt. Das Masaoka-Stadium bezeichnet die Invasivit&auml;t des Tumors sowie seine Kapsel&uuml;berschreitung, das WHO-Stadium das Ausma&szlig; der Entdifferenzierung des Tumors.<sup>1</sup> Sofern eine Resektion m&ouml;glich ist, was beim Thymom meist der Fall ist, ist dies die Therapie der Wahl. Eine moderne Thoraxchirurgie sollte die Resektion minimal invasiv per konventioneller videoassistierter thorakoskopischer Chirurgie (VATS) oder besser &uuml;ber einen subxiphoidalen Zugang, je nach Verf&uuml;gbarkeit, auch mittels Roboter anbieten k&ouml;nnen. Dass dies gegen&uuml;ber dem transsternalen, offenen Zugang keinen Nachteil an Radikalit&auml;t bedeutet, konnte mittlerweile durch mehrere Studien untermauert werden.<sup>2</sup> Bei Kapsel&uuml;berschreitung ist die Kombination mit einer Strahlentherapie angezeigt, im Stadium IV auch die Chemotherapie.</p> <p>Wichtig zu erw&auml;hnen ist zudem die Tatsache, das Thymome je nach Stadium zu zwischen 16 und 71 % mit einer Myasthenia gravis assoziiert sind, welche pr&auml;operativ abgekl&auml;rt werden muss. Ein neurologischer Status sowie eine Bestimmung des Acetylcholinrezeptor-Antik&ouml;rper-Gehaltes im Blut sind daher erforderlich. Thymuszellen k&ouml;nnen versprengt im gesamten vorderen und oberen Mediastinum auftauchen, weshalb nicht nur der Tumor selbst, sondern das gesamte Fettgewebe aus dieser Region im Rahmen der Operation entfernt werden muss.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_jatros_pneumo_1701_s21_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="655" /></p> <p><strong>Keimzelltumoren</strong><br /> Diese k&ouml;nnen prim&auml;r im Mediastinum, also extragonadal, entstanden sein oder als Metastasen eines gonadalen Keimzelltumors auftreten. Zudem wird zwischen seminomat&ouml;sen, also mit einem Hodentumor verwandten, und nicht seminomat&ouml;sen Tumoren unterschieden. Tumormarker wie Beta-hCG oder Alpha-Fetoprotein sind meist nicht erh&ouml;ht und k&ouml;nnen weder f&uuml;r die Diagnose noch die Nachkontrolle herangezogen werden.</p> <p>Etwa 60&ndash;70 % der Keimzelltumoren sind Teratome, die chirurgisch leicht zu entfernen sind und eine sehr gute Prognose haben. Sie k&ouml;nnen multilokul&auml;r auftreten, sind aber gut umschrieben und zeigen oft eine zystische Komponente neben kompakten Strukturen. Sie betreffen Frauen wie M&auml;nner gleicherma&szlig;en und treten h&auml;ufiger bei Kindern und jungen Erwachsenen auf.</p> <p>Seminomat&ouml;se Keimzelltumoren sind meist prim&auml;r im Mediastinum entstandene, langsam wachsende, aber auch lang asymptomatisch bleibende Tumoren, die dann bei ihrer Entdeckung bereits sehr gro&szlig; sein k&ouml;nnen und auch oft schon Metastasen gebildet haben (Abb. 2). Sie sprechen gut auf Chemotherapie an, ben&ouml;tigen daher selten eine chirurgische Intervention, au&szlig;er gegebenenfalls zur histologischen Sicherung.</p> <p>Nicht seminomat&ouml;se Keimzelltumoren umfassen ungef&auml;hr die H&auml;lfte aller malignen Keimzelltumoren im Mediastinum. Diese extragonadalen Keimzelltumoren k&ouml;nnen hier prim&auml;r entstanden sein und haben eine etwas schlechtere Prognose als die Hodentumoren selbst. Sie sind ebenso prim&auml;r mit Chemotherapie zu behandeln, die Residualtumoren dann chirurgisch zu entfernen. Dazu ist eine Positronen-Emis sions-Tomografie (PET) nach Chemotherapie wenig hilfreich, da sich die Tumoren kaum als hypermetabol im PET darstellen lassen. Der Zugang zu diesen Tumorresten ist oft schwierig und ben&ouml;tigt gro&szlig;z&uuml;gige Zug&auml;nge, wobei bei meist histologischer Gutartigkeit der Residualtumoren in der N&auml;he lebenswichtiger funktioneller Strukturen die chirurgische Radikalit&auml;t zu &uuml;berdenken ist, um nicht mehr Schaden als Nutzen zu erzielen.</p> <p>Alle &uuml;brigen Tumoren sind maligne mit schlechter Prognose, die Patienten sollten eine multimodale Therapie mit chirurgischer Resektion und Chemotherapie erhalten. Die Patienten sind meist junge M&auml;nner.<br />Metastasen extragonadaler Tumoren finden sich sowohl in der Lunge als auch im Mediastinum. Die Patienten sind bereits chemotherapeutisch vorbehandelt. Die Resektion ist meist ein umfangreicher chirurgischer Eingriff. Oft kann nach Chemotherapie noch metastatisches Gewebe im CT lokalisiert werden, welches aber nicht immer vitales Tumorgewebe beinhalten muss. Zur Abkl&auml;rung ist deshalb vor einer neuerlichen Therapie oder einer Kontrolle des Therapieerfolgs zumindest eine Teilresektion oder Probenentnahme erforderlich. Eine komplette Entfernung gibt in solchen F&auml;llen jedoch mehr Sicherheit und ist mithilfe eines Lasers meist parenchymsparend durchf&uuml;hrbar.<sup>3</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_jatros_pneumo_1701_s22_abb2.jpg" alt="" width="2150" height="728" /></p> <p><strong>Tumoren neurogenen Ursprungs</strong><br /> Fast 90 % aller Tumoren des hinteren Mediastinums sind neurogenen Ursprungs, unter denen die Nervenscheidentumoren beim Erwachsenen die wohl h&auml;ufigste Gruppe darstellen. Die Neurinome oder auch Schwannome genannten Tumoren haben ihren Ursprung in den Schwann&rsquo;schen Zellen. Meist sind diese Tumoren asymptomatisch und nahe der Wirbels&auml;ule lokalisiert. Sie treten solit&auml;r auf und sind gut abgrenzbar und &uuml;ber einen minimal invasiven Zugang per VATS leicht zu resezieren. Ein Zusammenhang mit der Neurofibromatose besteht meist nicht. Diese kann multiple Herde aufweisen und neigt zu Rezidiven. Nur 2 % aller Tumoren neurogenen Ursprungs im Erwachsenenalter sind b&ouml;sartig. Auch diese sind prim&auml;r zu entfernen.<sup>4</sup></p> <p><strong>Morbus Castleman</strong><br /> Eigentlich handelt es sich dabei um keinen malignen Tumor. Da das Wachstum aber sehr invasiv sein kann und die Therapie &auml;hnlich wie bei einem malignen Tumor sein soll, wollen wir diese seltene Erkrankung hier dennoch besprechen.</p> <p>Dies ist eine meist singul&auml;re Lymphknotenvergr&ouml;&szlig;erung, die zu 70 % im Mediastinum auftritt. Der vorhandene Lymphknoten ist meist gut vaskularisiert, was zu erheblichem Blutverlust bei der Resektion f&uuml;hren kann. Die Ursache ist weitgehend unklar. F&uuml;r den multilokul&auml;ren M. Castleman (Abb. 3) besteht eine Assoziation mit HIV und dem humanen Herpesvirus 8. Sollte eine Resektion nicht m&ouml;glich sein, besteht in der Radiotherapie oder onkologischen Therapie mit Rituximab die Therapie der Wahl.<sup>5</sup></p> <h2><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_jatros_pneumo_1701_s22_abb3.jpg" alt="" width="1417" height="661" /></h2> <h2>Rare Prim&auml;rtumoren der Lunge</h2> <p>Solche Tumoren treten in der Bildgebung auf wie Bronchialkarzinome (Abb. 4). Das Staging ist meist schwierig und die Resektion indiziert. Histologisch handelt es sich meist um Blastome, Teratome, Sarkome und Karzinosarkome, aber auch Melanome, H&auml;mangioepitheliome, prim&auml;r intrapulmonal wachsende Thymome und lymphoproliferative Erkrankungen z&auml;hlen dazu. Meist ist der eindeutige histologische Befund dazu erst postoperativ m&ouml;glich. In der Nachkontrolle sollten diese Tumoren wie nicht kleinzellige Bronchuskarzinome behandelt werden.<sup>3</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_jatros_pneumo_1701_s23_abb4.jpg" alt="" width="1417" height="667" /></p> <h2>Solit&auml;rer fibr&ouml;ser Pseudotumor</h2> <p>Der solit&auml;re fibr&ouml;se Pseudotumor ist als eine gutartige, nicht neoplastische Raumforderung von unklarer &Auml;tiologie ein Sonderfall. Er pr&auml;sentiert sich als meist solide L&auml;sion und es kann zwischen mehreren histologischen Subtypen unterschieden werden, welche aber alle in dieselbe Behandlung und Prognose m&uuml;nden. Zum Zeitpunkt der Diagnose kann der Tumor bereits ein betr&auml;chtliches Ausma&szlig; erreicht haben. Die Patienten kommen dann aufgrund von zunehmender Dyspnoe zum Arzt. Die chirurgische Resektion ist die Therapie der Wahl. Meist ist eine offene Thorakotomie aufgrund der Gr&ouml;&szlig;e des Tumors erforderlich, wobei je nach Invasivit&auml;t eine mehr oder minder gro&szlig;e Resektion der Lunge erforderlich sein kann. Wichtig ist auf jeden Fall eine komplette Resektion durchzuf&uuml;hren, da es andernfalls rasch und sicher zu einem Rezidiv kommt.<sup>6</sup></p> <h2>Tumoren der Thoraxwand</h2> <p>Diese sind per se nicht sehr h&auml;ufig, k&ouml;nnen aber chirurgisch eine gro&szlig;e Herausforderung darstellen. Die gutartigen wie b&ouml;sartigen Tumoren entstammen meist dem Rippenknochen, k&ouml;nnen aber auch aus allen anderen Anteilen der Brustwand entstanden sein wie dem Knorpel, Muskel- und Fettgewebe, aber auch aus dem Bindegewebe oder den Gef&auml;&szlig;en und Nerven. Die Tumoren sollten prim&auml;r reseziert und somit die Histologie gesichert werden. Gro&szlig;e Tumoren, die &uuml;ber mehrere Interkostalr&auml;ume verlaufen, ben&ouml;tigen eine Rekonstruktion der Thoraxwand. Die Stabilit&auml;t und somit die Atemmechanik m&uuml;ssen gew&auml;hrleistet bleiben. Dazu kann es auch notwendig werden, einen plastischen Chirurgen zur Rekonstruktion, d.h. f&uuml;r die Anlage einer Lappendeckung, beizuziehen. Da diese Tumoren sich zum Teil &uuml;ber das Knochenmark ausdehnen k&ouml;nnen, ist ein Resektionsrand von 2cm zu gering. Erst ab zumindest 5cm kann eine hohe Rezidivfreiheit erreicht werden.<sup>7</sup></p> <h2>L&auml;sionen, die sich wie ein Tumor darstellen k&ouml;nnen</h2> <p>Im Thorax gibt es nat&uuml;rlich auch L&auml;sionen, die sich in der Bildgebung wie ein Tumor darstellen k&ouml;nnen. Es kann sich dabei um zystische L&auml;sionen aus dem HNO-Bereich oder dem Tracheobronchialsystem handeln (paratracheale Zyste, bronchogene Zyste). Diese sind vom Hals oder vom Thorax aus durch einen Thoraxchirurgen, gegebenenfalls auch einen HNO-Arzt zu entfernen.</p> <p>Auch retrosternale Strumen finden sich sehr h&auml;ufig und k&ouml;nnen irref&uuml;hrend sein. Nicht selten werden auch Perikardzysten als Zufallsbefunde in einem CT entdeckt, welche jedoch v&ouml;llig harmlos sind und im Zuge der Resektion histologisch gesichert werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> International Thymic Malignancy Interest Group, www. itmig.org <strong>2</strong> Yang Y et al: Thoracoscopic thymectomy versus open thymectomy for the treatment of thymoma: a meta-analysis. Eur J Surg Oncol 2016; 42(11): 1720-8 <br /> <strong>3</strong> Patterson GA et al: Pearson's Thoracic and Esophageal Surgery: Expert Consult: Online and Print. 3rd Edition. London: Churchill Livingstone, 2008 <strong>4</strong> Boland JM et al: Intrathoracic peripheral nerve sheath tumors - a clinicopathological study of 75 cases. Hum Pathol 2015; 46(3): 419-25 <strong>5</strong> Chan KL et al: Update and new approaches in the treatment of Castleman disease. J Blood Med 2016; 7: 145-58 <strong>6</strong> Michaelides SA et al: Cavitating lung lesion as a manifestation of inflammatory tumor (pseudotumor) of the lung: a case report and literature review. Am J Case Rep 2014; 15: 258-65 <strong>7</strong> King RM et al: Primary chest wall tumors: factors affecting survival. Ann Thorac Surg 1986; 41(6): 597-601</p> </div> </p>
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