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Seltene Erkrankungen in der Rheumatologie

<p class="article-intro">Menschen mit einer seltenen rheumatologischen Erkrankung haben häufig einen langen Leidensweg hinter sich, bis sie zu einer gesicherten Diagnose gelangen, da die meist zahlreichen und unspezifischen Symptome nur schwer zuzuordnen sind. Das Erscheinungsbild der seltenen Erkrankungen in der Rheumatologie ist oft vielfältig. Die Diagnostik ist meist komplex und die Therapie muss auf den Einzelfall abgestimmt werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Eine gezielte und umfangreiche Anamnese stellt gerade bei ausgefallenen Symptomkonstellationen das wesentliche Basisinstrument dar, um die Diagnose einer seltenen rheumatologischen Erkrankung zu stellen.</li> <li>Die interdisziplin&auml;re Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachdisziplinen ist f&uuml;r die Diagnostik und das therapeutische Management meist essenziell.</li> <li>An die M&ouml;glichkeit zu denken, dass eine seltene Erkrankung aus dem rheumatologischen Formenkreis vorliegen k&ouml;nnte, ist der erste Schritt zur Diagnose, getreu dem Motto: &bdquo;Man sieht nur, was man wei&szlig;.&ldquo; (Zitat: J. W. von Goethe)</li> </ul> </div> <p>F&uuml;r das Management der seltenen rheumatologischen Erkrankungen sind neben medizinischer Erfahrung auch eine optimale Struktur und ein eng gekn&uuml;pftes interdisziplin&auml;res Netz essenziell. Die Europ&auml;ische Union definiert als seltene Erkrankung ein Krankheitsbild, das eine Pr&auml;valenz von 5/10.000 Einwohner nicht &uuml;berschreitet. In der Rheumatologie gibt es Hunderte verschiedene Erkrankungen. Neben den bekannten Diagnosen einer chronischen Polyarthritis oder Psoriasisarthritis gibt es noch eine Vielzahl an sehr seltenen und kaum bekannten chronischen entz&uuml;ndlich-rheumatischen Erkrankungen. W&auml;hrend in der haus&auml;rztlichen Praxis die allermeisten seltenen Erkrankungen nur sporadisch vorkommen, stellt sich das in der t&auml;glichen rheumatologischen Praxis h&auml;ufig ganz anders dar. Die seltenen rheumatologischen Erkrankungen umfassen ein weites Feld an angeborenen und erworbenen Erkrankungen. Die folgende Darstellung kann daher nur ein kurzer &Uuml;berblick und eine punktuelle Auswahl einzelner Krankheitsbilder sein.</p> <h2>Seltene rheumatologische Krankheitsbilder</h2> <p>Doch, wie kann man nun eine seltene rheumatologische Erkrankung erkennen? Das Wichtigste ist, zun&auml;chst einmal an die M&ouml;glichkeit zu denken, dass eine solche Erkrankung vorliegt. Am einfachsten gelingt dies nat&uuml;rlich, wenn man solche Erkrankungen schon einmal gesehen hat. Einige dieser Erkrankungen haben sehr eindrucksvolle klinische Bilder, die sich in das Ged&auml;chtnis einpr&auml;gen und somit einen hohen Wiedererkennungseffekt aufweisen. Als Beispiele w&auml;ren hier die rezidivierende Polychondritis oder das SAPHO-Syndrom zu nennen.<br /> <br /> <strong>Polychondritis</strong><br /> Bei der rezidivierenden Polychondritis handelt es sich um eine entz&uuml;ndlich-rheumatische Erkrankung mit Befall von Knorpel und Bindegewebe und &ndash; je nach Lokalisation &ndash; unterschiedlicher Organmanifestation. Eine pathognomonische Manifestation ist eine Chondritis an Ohr und Nasenknorpel. Der Verlauf ist meist chronisch rezidivierend und kann bei therapierefrakt&auml;ren Verl&auml;ufen eine Destruktion der befallenen Areale zur Folge haben. Des Weiteren k&ouml;nnen auch innere Organe wie Nieren, Augen, Lunge oder auch die Gelenke betroffen sein. Die &Auml;tiologie der Erkrankung ist unbekannt, eine autoimmune Genese erscheint aber wahrscheinlich, insbesondere aufgrund der geh&auml;uften Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen. Die Therapie besteht aus Steroiden und je nach Ausma&szlig; und Schweregrad der Erkrankung aus verschiedenen Immunsuppressiva. In letzter Zeit wird aber immer wieder &uuml;ber den erfolgreichen Einsatz verschiedener Biologika berichtet.<br /> <br /><strong> SAPHO-Syndrom</strong><br /> Das SAPHO-Syndrom ist ebenfalls ein seltenes Krankheitsbild aus dem Bereich der chronischen entz&uuml;ndlich-rheumatischen Erkrankungen. SAPHO steht f&uuml;r Synovitis, Akne (h&auml;ufig schwere Conglobata-Form), Pustulosis (der H&auml;nde und/oder F&uuml;&szlig;e), Hyperostose (Sternoklavikulargelenk) und Osteitis (Spondylarthropathie, multifokale Osteomyelitis). Die Symptome k&ouml;nnen bei verschiedenen Patienten aber unterschiedlich stark ausgepr&auml;gt sein. Gerade deshalb ist die Diagnosestellung dieser meist sehr belastenden Erkrankung sehr schwierig. Eine interdisziplin&auml;re Zusammenarbeit im diagnostischen und therapeutischen Management zwischen Rheumatologen, Dermatologen und Orthop&auml;den w&uuml;rde vermutlich nicht nur eine fr&uuml;here Diagnosestellung erm&ouml;glichen, sondern auch die Prognose deutlich verbessern. Therapeutisch werden neben NSAR, Steroiden und Antibiotika auch Immunsuppressiva, Bisphosphonate und Biologika aus der Gruppe der TNF-&alpha;-Blocker eingesetzt.<br /> <br /><strong> Takayasu-Arteriitis</strong><br /> Eine weitere wichtig zu erw&auml;hnende Erkrankung ist die Takayasu-Arteriitis. Sie z&auml;hlt zu den granulomat&ouml;sen Vaskulitiden der gro&szlig;en Gef&auml;&szlig;e und betrifft vorwiegend junge Frauen bis zum Alter von ca. 40 Jahren. Leitsymptom ist neben Allgemeinerscheinungen wie Fieber, M&uuml;digkeit, Arthralgien und Myalgien vor allem eine Claudicatiosymptomatik im Bereich der oberen Extremit&auml;ten. Typische Befunde sind verminderte Pulsst&auml;rke (bis zur Pulslosigkeit an den Arterien der oberen Extremit&auml;ten), RR-Differenz, gelegentlich eine Mitbeteiligung der Koronargef&auml;&szlig;e (Angina pectoris, Myokardinfarkt) oder Hals- und Gehirngef&auml;&szlig;e (Kopfschmerzen, Schwindel, Sehst&ouml;rungen, Synkopen). Verschiedene bildgebende Verfahren (MR-Angiografie, Gef&auml;&szlig;ultraschall, PET-CT) k&ouml;nnen die Diagnose einer Takayasu-Arteriitis best&auml;tigen. Laborchemisch sind keine typischen Autoantik&ouml;rper detektierbar. Charakteristischerweise zeigen sich eine Leukozytose, An&auml;mie, Thrombozytose und eine deutliche Beschleunigung der BSG. Therapeutisch werden Steroide und Immunsuppressiva (meist Methotrexat) eingesetzt.</p> <h2>Verschiedene Leitsymptome</h2> <p>Um seltene Erkrankungen systematisch zu detektieren, ist eine besonders umfangreiche und gezielte Anamnese notwendig. Seltene Erkrankungen in der Rheumatologie pr&auml;sentieren sich nicht durch entz&uuml;ndliche Gelenksschmerzen oder die typische Morgensteifigkeit. Hier m&uuml;ssen Symptome wie z.B. Epistaxis, Raynaud-Syndrom, Fiebersch&uuml;be, Hautver&auml;nderungen und vieles mehr erfragt werden. Beispielsweise muss bei Vorliegen eines Raynaud-Syndroms, einer Sklerodaktylie und Schluckst&ouml;rungen an die M&ouml;glichkeit einer systemischen Sklerose gedacht werden. Bei Erythema nodosa, Dyspnoe, Fieber und Arthritis ist bei der Differenzialdiagnose an die akute Sarkoidose zu denken. Weiters k&ouml;nnen Durchfall, abdominelle Beschwerden, Fieber und episodischer Charakter der Arthritiden Hinweise auf die seltene Erkrankung eines Morbus Whipple sein. Rhinitis, Epistaxis, Otitis, Sinusitis kombiniert mit Purpura, Fieber, Myalgien und Arthritiden k&ouml;nnen Symptome einer Kleingef&auml;&szlig;vaskulitis sein. Beim Auftreten von oralen und genitalen Aphten, Pyodermien, Keratitis, Konjunktivitis, Uveitis sowie Thrombophlebitiden sollte das m&ouml;gliche Vorliegen eines Morbus Beh&ccedil;et nicht &uuml;bersehen werden.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die meisten Patienten werden aufgrund von Gelenks- und Muskelschmerzen zum Rheumatologen geschickt. Wie die verschiedenen Beispiele aber deutlich zeigen, ist die teilweise detektivische Anamnese oft entscheidend f&uuml;r die rasche Diagnose einer seltenen rheumatologischen Erkrankung. H&auml;ufig ist auch eine interdisziplin&auml;re Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachdisziplinen notwendig, um eine exakte Diagnose zu stellen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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