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Rolle der pCR-Raten, kleine HER2- positive Tumoren, HER2-Mutation
Jatros
Autor:
Assoz.-Prof. PD Dr. Rupert Bartsch
Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Comprehensive Cancer Center Vienna, Medizinische Universität Wien<br/> E-Mail: rupert.bartsch@meduniwien.ac.at<br/> Quelle: 3. Post-SABCS, 8. Jänner 2015, Wien
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25.02.2016
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<p class="article-intro">Im Rahmen dieses Berichtes soll ein Überblick über aktuelle Studienergebnisse auf dem Gebiet der Chemotherapie sowie im Bereich des HER2-positiven Mammakarzinoms geboten werden, die im Rahmen des San Antonio Breast Cancer Symposiums 2015 präsentiert worden sind. Dabei ist anzumerken, dass eine große Zahl an interessanten Arbeiten vorgestellt worden ist, sodass sich dieser Artikel auf besonders spannende oder potenziell praxisverändernde Daten beschränken muss.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Bei aggressiven Brustkrebssubtypen gilt es als gesichert, dass Patientinnen mit pathologischer Komplettremission (pCR) nach neoadjuvanter Chemotherapie eine sehr gute Prognose aufweisen, während bei Patientinnen mit mäßiger Response eine hohe Rezidivrate beobachtet wird. Vor diesem Hintergrund wurde bereits wiederholt – jedoch bislang erfolglos – versucht, durch postneoadjuvante Therapiekonzepte eine Verbesserung der Prognose zu erzielen.</p> <h2>Postneoadjuvante Gabe von Capecitabin</h2> <p>Nunmehr wurden die Ergebnisse einer japanischen Phase-III-Studie<sup>1</sup> (JBCRG-04) präsentiert, in der 910 Patientinnen ohne pCR nach neoadjuvanter Chemotherapie zu einer postneoadjuvanten Behandlung mit Capecitabin über acht (initial sechs) Zyklen oder zum Kontrollarm randomisiert worden waren. Bei insgesamt akzeptabler Toxizität fand sich in der Interventionsgruppe eine signifikante Verbesserung des 5-Jahres-DFS („disease-free survival“) von 67,7 % auf 74,1 % (HR: 0,7; p=0,005) und des OS („overall survival“) von 83,9 % auf 89,2 % (HR: 0,6; p<0,01). Trotz dieses Erfolges scheint diese Studie jedoch nicht ausreichend zu sein, um einen neuen Therapiestandard zu definieren. Zu unklar waren letztlich die Informationen in Hinblick auf die im neoadjuvanten Setting verwendeten Substanzen und Dosierungen, sodass die Frage gestellt werden muss, ob die postneoadjuvante Therapie in JBCRG-04 nicht lediglich zu einer Verbesserung der Ergebnisse einer insuffizienten neoadjuvanten Behandlung geführt hat. Daher muss vor einer endgültigen Bewertung die Vollpublikation dieser Studie abgewartet werden.<br /> Der „klassische“ Weg zur Verbesserung des Outcomes ist der Versuch, die pCR-Rate durch Optimierung der präoperativen Therapie zu steigern. Rezente Ansatzpunkte waren dabei die Addition von Carboplatin oder der Ersatz von konventionellem Paclitaxel durch nab-Paclitaxel.</p> <h2>GeparSixto, GeparQuinto, CALGB 40603</h2> <p>In der Studie GeparSixto der German Breast Group (GBG), einem prospektiv randomisierten Phase-II-Protokoll, konnte in der tripelnegativen Population durch die Zugabe von wöchentlichem Carboplatin AUC („area under the curve“) 1,5 zu Paclitaxel, nicht pegyliertem liposomalem Doxorubicin und Bevacizumab eine signifikante Steigerung der pCR-Rate erzielt werden (53,2 % vs. 36,9 % ).<sup>2</sup> Nunmehr wurden erste Ergebnisse zum DFS präsentiert: Dabei zeigte sich bei tripelnegativen Tumoren (TNT) ein signifikanter Vorteil für die Carboplatin-Gruppe (3-Jahres-DFS 85,8 % vs. 71,1 % ; HR: 0,56; p=0,0325). Auffällig war dabei, dass entgegen der üblichen Annahme der Vorteil der additiven Platintherapie auf Patientinnen ohne <em>BRCA</em>-Mutation beschränkt zu sein scheint; dabei ist auch anzumerken, dass in der <em>BRCA</em>-mutierten Population generell höhere pCR-Raten beobachtet wurden.<sup>3</sup> Diese Daten stehen im Einklang mit einer Auswertung der HER2-negativen Kohorte von GeparQuinto, in der bei Vorliegen einer <em>BRCA-1</em>- oder -<em>2</em>-Mutation ohne die Gabe einer platinhaltigen Therapie ebenfalls eine signifikant höhere pCR-Rate beobachtet werden konnte (50 % vs. 30,8 % ; p=0,001; Abb. 1).<sup>4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1601_Weblinks_Seite102.jpg" alt="" width="299" height="426" /></p> <p>In CALGB 40603, einem weiteren neoadjuvanten Phase-II-Protokoll, wurde die additive Gabe von Carboplatin und/oder Bevacizumab zu einer Standardchemotherapie evaluiert, die entsprechenden Ergebnisse waren bereits rezent publiziert worden.<sup>5</sup> Im Carboplatin-haltigen Arm war eine signifikante Steigerung der pCR-Rate in Brust und Axilla beobachtet worden, nunmehr wurden die Daten zu DFS und OS präsentiert. Erwartungsgemäß war das Erreichen einer pCR mit einer signifikanten Verbesserung von DFS und OS verbunden, jedoch konnte im Unterschied zu GeparSixto in dieser Studie kein Vorteil für Carboplatin in Hinblick auf DFS oder OS gefunden werden.<sup>6</sup> Dieser Widerspruch dürfte durch das Phase-II-Design beider Studien erklärbar sein (und die damit verbundene „sample size“, die zu gering ist, um einen zuverlässigen Rückschluss auf das DFS zu ermöglichen) sowie durch die Tatsache, dass der DFS-Effekt in GeparSixto größer erscheint als theoretisch angenommen.<sup>7–9</sup> Zuletzt konnte in der tripelnegativen Kohorte der ADAPT-Studie gezeigt werden, dass vier Zyklen Carboplatin/nab-Paclitaxel zu einer höheren pCR-Rate und einer besseren Verträglichkeit im Vergleich zu Carboplatin/Gemcitabin führen.<sup>10</sup> Bei aller Einschränkung durch die Tatsache, dass es sich auch hier um eine Phase-II-Studie handelt, kann konstatiert werden: Die pCR-Rate von 45,9 % mit lediglich 12 Wochen Therapie ist überraschend und sollte Anlass sein, dieses Regime weiterzuuntersuchen.<br /> In der Zusammenschau suggerieren diese Ergebnisse eine deutliche Sensitivität von <em>BRCA</em>-mutierten Tumoren gegenüber Chemotherapie im Allgemeinen. Gleichzeitig unterstreichen sie, dass trotz fehlender Daten aus einer Phase-III-Studie der Zusatz von Carboplatin zu einer neoadjuvanten Standardchemotherapie auf individueller Basis bei Patientinnen mit TNT auch ohne nachgewiesene <em>BRCA</em>-Mutation angedacht werden kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1601_Weblinks_Seite103.jpg" alt="" width="526" height="372" /></p> <div id="rot"> <p>„Trotz der Einschränkung durch die Tatsache, dass es sich auch bei ADAPT um eine Phase-II-Studie handelt, kann konstatiert werden: Die pCR-Rate von 45,9 Prozent mit lediglich 12 Wochen Therapie mit Carboplatin/nab-Paclitaxel ist überraschend und sollte Anlass sein, dieses Regime weiterzuuntersuchen.“ - R. Bartsch, Wien</p> </div> <h2>HER2-positive Mammakarzinome</h2> <p>Auf dem Gebiet des HER2-positiven Brustkrebses setzten sich van Ramshorst et al<sup>11</sup> mit der Rezidivrate mit und ohne Therapie bei kleinen Tumoren auseinander. Dazu muss angemerkt werden, dass schon heute aufgrund des höheren Rückfallrisikos bei diesem Subtyp eine Tumorgröße von 5mm (pT1b) als Therapieindikation angesehen wird. In einer Beobachtungsstudie, in die insgesamt 3.512 Patientinnen eingeschlossen worden waren, konnte nunmehr gezeigt werden, dass auch in der kleinen Kohorte der pT1a-Tumoren durch entsprechende Nachbehandlung eine – wenn auch aufgrund der Fallzahl nicht signifikante – Reduktion der Sterblichkeit erzielt werden konnte (8-Jahres-OS: 100 % vs. 85 % ). Auch wenn diese Ergebnisse nicht Anlass sein sollten, jede Patientin mit HER2-positivem Brustkrebs <5mm mittels Chemotherapie und Trastuzumab zu behandeln, so weisen die Daten doch darauf hin, dass im Einzelfall bei Vorliegen sonstiger Risikofaktoren ein solches Vorgehen sinnvoll erscheinen kann.<br /> In der MANTICORE-Studie<sup>12</sup> wurde untersucht, ob mittels einer prophylaktischen Therapie mit Betablockern oder ACE-Hemmern eine Verschlechterung der kardialen Funktion unter adjuvanter Trastuzumab-Therapie vermieden werden kann. Insgesamt 93 Patientinnen waren in diese Studie randomisiert worden, das kardiale Remodeling – das als primärer Endpunkt definiert worden war – konnte durch die Intervention jedoch nicht verhindert werden, sodass es sich letztlich um eine negative Studie handelt. Gleichzeitig war in der Betablocker-Gruppe die Aufrechterhaltung der LVEF (linksventrikuläre Auswurfleistung) auffällig, während in den anderen Armen ein mäßiger LVEF-Abfall nachzuweisen war, sodass eine prophylaktische Therapie mit Bisoprolol in einer Risikopopulation überlegt werden könnte. Erste Ergebnisse der HER2-positiven/Hormonrezeptor-positiven Kohorte der ADAPT-Studie waren bereits am ASCO 2015 vorgestellt worden, nunmehr erfolgte die Präsentation der finalen Analyse:<sup>13</sup> Insgesamt 375 Patientinnen wurden in diese Phase-II-Studie eingeschlossen, die Teilnehmerinnen wurden zu vier Zyklen T-DM1 mit oder ohne endokrine Therapie oder vier Zyklen mit konventionellem Trastuzumab plus endokriner Therapie randomisiert. Dabei zeigte sich in den beiden T-DM1-Armen eine hohe pCR-Rate von rund 41 % , im Arm mit Trastuzumab und endokriner Therapie fand sich eine enttäuschende pCR-Rate von lediglich 15,1 % (Abb. 2). Daraus ergibt sich, dass T-DM1 eine vielversprechende und gut verträgliche Option auch im neodjuvanten Setting darstellen könnte, gleichzeitig unterstreichen die Ergebnisse neuerlich, dass eine alleinige Behandlung mit Trastuzumab plus endokriner Therapie einer Behandlung, die auch eine Chemotherapie umfasst, unterlegen ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1601_Weblinks_Seite104.jpg" alt="" width="630" height="322" /></p> <h2>Neratinib bei HER2-mutierten Patientinnen</h2> <p>Schließlich wurde in einer Phase-II-Studie die Wirksamkeit von Neratinib, einem irreversiblen Tyrosinkinasehemmer von HER2 und EGFR, bei Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs und HER2-Mutation untersucht. Dabei ist anzumerken, dass solche aktivierenden HER2-Mutationen seltene Ereignisse sind, die bevorzugt bei luminalen Tumoren auftreten und sich mit einer klassischen HER2-Amplifikation ausschließen. In einer gemischten Studienpopulation wurden 20 Patientinnen mit vorbehandeltem Brustkrebs eingeschlossen, die Daten von 19 waren auswertbar. Hier zeigte sich eine Ansprechrate von 16 % , die CBR („clinical benfit rate“; Ansprechrate plus SD) betrug 42 % und das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 4 Monaten.<sup>14</sup> In einer Fortsetzungsstudie wurden Patientinnen mit Fulvestrant plus Neratinib behandelt, hier waren zwar erst drei Patientinnen auswertbar, doch zeigt sich bei allen derart behandelten Frauen ein Ansprechen, weshalb Neratinib in Kombination mit endokriner Therapie eine vielversprechende Option in dieser seltenen Brustkrebspopulation darstellen könnte.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass am SABCS 2015 eine Reihe von Studien vorgestellt worden ist, die helfen können, die Behandlungsstrategien bei tripelnegativem und HER2-positivem Brustkrebs zu optimieren.</p> </div></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Klinische Abteilung für Onkologie,
Universitätsklinik für Innere Medizin I,
Comprehensive Cancer Center Vienna,
Medizinische Universität Wien<br/>
E-Mail: rupert.bartsch@meduniwien.ac.at<br/>
Quelle: 3. Post-SABCS,
8. Jänner 2015, Wien
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Lee S-J et al: SABCS 2015; Abstract #S1-07<br /><strong>2</strong> von Minckwitz G et al: Lancet Oncol 2014; 15: 747-756<br /><strong>3</strong> von Minckwitz G et al: SABCS 2015; Abstract #S2-04<br /><strong>4</strong> Fasching PA et al: SABCS 2015; Abstract #S5-06<br /><strong>5</strong> Sikov WM et al: J Clin Oncol 2015; 33: 13-21<br /><strong>6</strong> Sikov WM et al: SABCS 2015; Abstract #S2-05<br /><strong>7</strong> DeMichele A et al: SABCS 2016; Abstract #S2-06 <br /><strong>8</strong> Berry DA, Hudis CA: JAMA Oncol 2015; 1: 875-876 <br /><strong>9</strong> Hatzis C et al: Clin Cancer Res 2015; [Epub ahead of print]<br /><strong>10</strong> Gluz O et al: SABCS 2015; Abstract #S6-07<br /><strong>11</strong> van Ramshorst MS et al: SABCS 2015; Abstract #S6-06<br /><strong>12</strong> Pituskin E et al: SABCS 2015; Abstract #S1-05 <br /><strong>13</strong> Harbeck N et al: SABCS 2015; Abstract #S5-03 <br /><strong>14</strong> Hyman DM et al: SABCS 2015; Abstract #PD5-05</p>
</div>
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