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Neuigkeiten zu hochmalignen Lymphomen vom EHA-Kongress

Auch am EHA-Kongress in Amsterdam war die Therapie beim relapsierten/ refraktären diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (r/r DLBCL) mit CAR-T-Zell-Therapie ein „hot topic“: Einerseits zeigt sich die CAR-T-Zell-Therapie auch bei älteren Patienten (>65 Jahre) als effektiv und tolerabel, andererseits gibt es im klinischen Alltag in Europa logistische Hürden zu meistern. Im Schatten des Hypes zur CAR-T-Zell-Therapie wurden vielversprechende Daten zu bispezifischen Antikörpern und zu Checkpoint-Inhibitoren präsentiert.

Keypoints

  • In Europa ist für einen Großteil der Patienten, die CAR-T-Zellen in der zugelassenen Indikation erhalten, eine Bridging- Therapie nötig.
  • Auch bei Patienten >65 Jahre ist die CAR-T-Zell-Therapie effektiv, bei einem ähnlichen Sicherheitsprofil wie bei jüngeren Patienten.
  • Bei Patienten mit r/r DLBCL zeigen neue Therapieoptionen wie der Makrophagen-Checkpoint-Inhibitor HU5F9-G4 oder der bispezifische CD20/CD3-Antikörper REGN1979 bei guter Tolerabilität teils anhaltende Wirksamkeit.
  • Die chemotherapiefreie Kombination mit Nivolumab und Brentuximab-Vedotin ist effektiv bei Patienten mit relapsiertem/refraktärem primär mediastinalem B-Zell-Lymphom (PMBCL).

CAR-T-Zell-Therapie

Catherine Thieblemont präsentierte erste Real-Life-Daten zur CAR-T-Zell-Therapie aus Europa, Frankreich. Von 60 Patienten, bei denen in 5 autorisierten französischen Zentren die Indikation zur CAR-T-Zell-Therapie gestellt wurde, erhielten 53 Patienten CAR-T-Zellen, bei 7 Patienten war aufgrund der aktiven Grunderkrankung eine Verabreichung nicht möglich. Bei >90 % der Patienten war eine Bridging- Therapie erforderlich. 30 Patienten wurden mit Axicabtagen-Ciloleucel, 30 mit Tisagenlec leucel behandelt; die mediane Zeit bis zum Erhalt der CAR-T-Zellen betrug 47,5 Tage. Die Daten zeigen die logistisch-politisch-ökonomischen Probleme der CAR-T-Zell-Therapie, diese erfordern in Europa nationale und internationale Lösungsstrategien.
Die Effektivität und das Sicherheits profil wurde bei über (n=27) und unter (n=81) 65-jährigen Patienten aus der ZUMA-1-Studie verglichen: Die Charakteristika bezüglich IPI, Vortherapien, ECOG und Tumorlast der beiden Patientengruppen waren vergleichbar. Anhaltendes Ansprechen wurde bei 42 % der >65-Jährigen und 38 % der <65-Jährigen erreicht mit einer 2-Jahres- Gesamtüberlebensrate von 54 % bei >65-Jährigen versus 49 % bei <65-Jährigen, es zeigten sich keine Hinweise für eine erhöhte Toxizität bei älteren Patienten.
Erste Daten zur Effektivität und zum Sicherheitsprofil der CAR-T-Zell-Therapie bei sekundären ZNS-Lymphomen aus der TRANSCEND-NHL-01-Studie wurden präsentiert. 9 Patienten erhielten Lisocabta gene Maraleucel, das mediane Alter lag bei 60 Jahren (47–73 Jahre) bei median 3 Vortherapien (2–7). Jeweils 1 Patient hatte ein Grad-2-CRS bzw. ein neurologisches Ereignis. 4 Patienten zeigten ein Ansprechen, alle eine komplette Remission (CR), 2 Patienten hatten eine anhaltende CR (am Tag 275 bzw. Tag 545). Die CAR-T-Zell-Therapie erscheint sicher bei Patienten mit relapsiertem/refraktärem B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom (r/r B-NHL) und sekundärem ZNS-Befall.

Neue Substanzen

Eine Phase-I-Studie an 81 Patienten mit r/r B-NHL, die den Einsatz des bispezifischen CD20/CD3-IgG4-Antikörpers REGN 1979 untersuchte, zeigte eine gute Tolerabilität mit großteils milden, managebaren Nebenwirkungen (hauptsächlich Zytokin-Freisetzungssyndrom [CRS], Fieber und Hämatotoxizität). 4 Patienten mussten die Therapie wegen Toxizität beenden. 10 Patienten verstarben während der Studie, 6 wegen einer fortschreitenden Erkrankung (PD). Das Gesamtansprechen (ORR) bei Patienten mit follikulärem Lymphom (FL) lag unter Einsatz einer adäquaten Dosis bei 93 % mit 71 % CR. Bei Patienten mit r/r DLBCL zeigte sich mit Dosissteigerung eine deutlich erhöhte Wirksamkeit (4 von 7 Patienten mit Ansprechen, alle CR) ohne Zunahme der Nebenwirkungen – 2 Patienten zeigten eine anhaltende CR bei Rezidiv nach CART- Zell-Therapie. Es zeigten sich bisher keine dosislimitierenden Toxizitäten. Erste Ergebnisse einer Phase-II-Studie zum Makrophagen-Checkpoint-CD47-Inhibitor Hu5F9-G4 (5F9) wurden ebenfalls am EHA-Kongress präsentiert. CD47 ist ein Makrophagen-Immuncheckpoint und ein „Don’t eat me“-Signal auf malignen Zellen. Der Inhibitor 5F9 führt zur Phagozytose der Tumorzellen. Bisher wurden insgesamt 115 Patienten therapiert, unerwünschte Ereignisse von Grad 3/4 waren selten (<7 % ), lediglich transiente Anämie Grad 3 trat bei 15 % der Patienten auf, ohne Hinweise auf Langzeittoxizitäten. Die ORR bei r/r indolenten Lymphomen betrug 61 % , bei r/r DLBCL (n=59) 36 % inklusive anhaltender CR, die mediane Dauer des Ansprechens (DOR) ist bisher bei den Patienten der Phase-Ib-Studie nicht erreicht. Die 2018 im „New England Journal of Medi cine“ publizierten Daten zum Makrophagen-Checkpoint-Inhibitor 5F9 bestätigen sich in präliminären Phase-II-Daten und längerem Follow-up bei r/r B-NHL.

Risikostratifizierung

Eine Subgruppenanalyse der GOYA-Studie zeigte, dass das totale metabole Tumorvolumen (TMTV) bei Diagnosestellung ein prognostischer Marker für die primäre Refraktärität auf die Chemoimmuntherapie (CHOP mit Rituximab [R] oder Obinutuzumab [G]) ist. Von 1418 Patienten in der Studie waren 113 (8 % ) primär refraktär (i. e. kein metaboles Ansprechen oder Progress nach Therapiebeendigung basierend auf den Lugano-Kriterien oder Tod wegen Progress bzw. Progress vor Therapieabschluss). Das mediane OS dieser ungünstigen Subgruppe lag bei 14 Monaten, die 2-Jahres-OS-Rate bei <30 % . Die 2-Jahres-OS-Rate im Gesamtkollektiv lag bei 83,9 % im R/CHOP-Arm und 83,6 % im G/CHOP-Arm. Der Anteil von primär refraktären Patienten war bei Patienten in der Quartile mit dem höchsten TMTV doppelt so hoch wie in den übrigen 3 Quartilen. In der Multivariatanalyse war das TMTV der einzig signifikant prognostische Parameter, in einer ROC-Analyse zeigte sich der ideale Cut-off bei einem TMTV >524 ml zur Identifikation von Hochrisikopatienten.

Erhaltungstherapie

Die HOVON-Gruppe präsentierte die Ergebnisse einer prospektiv randomisierten Phase-III-Studie zur Erhaltungstherapie mit Rituximab bei Patienten mit CR nach R/ CHOP-Therapie. Jeweils 199 Patienten wurden in einen Beobachtungsarm oder einen Arm mit Rituximab-Erhaltung alle 2 Monate über 2 Jahre randomisiert. Nach einem medianen Follow-up von 79,9 Monaten war die Rate des krankheitsfreien 5-JahresÜberlebens 79 % im Erhaltungsarm und 74 % im Beobachtungsarm – statistisch war der Unterschied allerdings nicht signifikant (HR: 0,83; p=0,31). Auch in Subgruppen mit höherer Rituximab-Clearance war keine signifikante Verbesserung durch eine verlängerte Rituximab-Exposition messbar.

Primär mediastinales B-Zell- Lymphom (PMBCL)

Das PMBCL ist meist CD30-positiv und zeigt oftmals Alterationen von PD-L1/2. In der CheckMate-436-Studie wurden u. a. Patienten mit rezidiviertem/refraktärem PMBCL zielgerichtet mit Brentuximab Vedotin (1,8 mg/kg KG) in Kombination mit Nivolumab (240 mg) alle 3 Wochen bis zum Progress behandelt. Bei 30 Patienten mit r/r PMBCL mit einem medianen Alter von 35,5 Jahren und im Median 2 Vortherapien kam es zu einer ORR von 73 % , 11 Patienten (37 % ) erreichten eine CR, bei 13 von 25 (52 % ) auswertbaren Patienten kam es zu einer Tumorreduktion um zumindest 50 % , die mediane Ansprechdauer ist bisher nicht erreicht. 4 Patienten hatten therapieassoziiert unerwünschte Ereignisse Grad 3/4 (2 Patienten Colitis, 1 Patient makulopapulöser Rash, 1 Patient immunvermittelte Hepatitis).

beim Verfasser

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