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Lymphome
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Doz. Dr. Michael A. Fridrik
Vorstand der Klinik für Hämatologie und Onkologie (Interne 3)<br> Kepler Universitätsklinikum Linz<br> E-Mail: michael.fridrik@akh.linz.at
30
Min. Lesezeit
15.09.2016
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<p class="article-intro">Am EHA 2016 in Kopenhagen wurden wieder zahlreiche neue Erkenntnisse zum Thema Lymphome präsentiert. MCL hatten für lange Zeit die schlechteste Prognose aller B-Zell-Lymphome. Durch Entwicklung neuer Therapiestrategien konnte die Prognose jedoch beträchtlich gebessert werden. Neuigkeiten hierzu und zu weiteren Entitäten finden Sie im folgenden Beitrag.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>aSCTx ist eine kurative Therapie für MCL, Ibrutinib erste Therapie der Wahl beim rezidivierten MCL.</li> <li>Die Therapie der refraktären DLBCL muss verbessert werden.</li> <li>Es gibt widersprüchliche Daten zur optimalen Sequenz von Rituximab.</li> <li>„Double-hit“- und „Double expressor“-MYC und Bcl-2-positive Lymphome haben eine von anderen Risikofaktoren unabhängige ernste Prognose.</li> <li>Obinutuzumab erzielt in Kombination mit Bendamustin einen OS-Benefit bei Rituximab-refraktären FL.</li> </ul> </div> <h2>Mantelzelllymphom (MCL)</h2> <p>Vergleichsweise lange dauerte es, bis Rituximab als Teil der Induktionstherapie etabliert war. Zum Wert einer Erhaltungstherapie mit Rituximab gibt es widersprüchliche Daten. Nach einer Induktion mit R-CHOP (Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednisolon) wurde das Überleben (OS) durch eine Rituximab-Erhaltung im Vergleich zu einer Interferon-Erhaltung verbessert. Auch in der RESORT-Studie kam es durch eine Rituximab-Erhaltung im Vergleich zur Reinduktion mit Rituximab zur Verbesserung der Zeit bis zur Refraktärität gegen Rituximab. Auf der anderen Seite zeigten Rummel et al am diesjährigen ASCO, dass es, nach einer Induktion mit Rituximab und Bendamustin, mit einer Rituximab-Erhaltungstherapie zu keiner Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) gekommen war.<sup>1</sup> Die zweite Errungenschaft beim MCL war die Therapie mit hochdosiertem Cytosin-Arabinosid und die Konsolidierung durch eine autologe Stammzelltransplantation (aSCTx). Für Patienten, welche eine intensivere Therapie nicht tolerieren, hat sich die Kombination von Rituximab und Bendamustin bewährt.<br /> Eskelund et al berichteten von Langzeitdaten der nordischen MCL-2-Studie.<sup>2</sup> In dieser Studie wurden unbehandelte junge Patienten mit Mantelzelllymphomen mit 6 Kursen maxi-CHOP, hochdosiertem Cytosin-Arabinosid und Rituximab behandelt und anschließend einer Hochdosistherapie mit aSCTx unterzogen. In der ersten Publikation dieser Studie schien es, als ob es zu einem Plateau im PFS käme. Das nährte die Hoffnung, dass MCL kurativ behandelt werden könne. Beim diesjährigen EHA wurden nun die 15-Jahres-Daten präsentiert. Das mediane OS und PFS war mit 12,7 und 8,5 Jahren noch immer ausgezeichnet. Leider kam es selbst nach 10 Jahren zu keinem Rückgang der Rezidive (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite55.jpg" alt="" width="745" height="409" /></p> <p>Ibrutinib ist ein oraler Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase, durch die der B-Zell-Rezeptor moduliert wird. Ibrutinib ist für die Therapie der p53-mutierten chronischen lymphatischen Leukämie und das refraktäre oder rezidivierte MCL zugelassen. Ibrutinib ist eine vielversprechende Therapie für rezidivierte oder refraktäre MCL. Rule et al berichteten über die OS-Daten aus 3 Studien.<sup>3</sup> Die Einschlusskriterien und die Therapie in diesen 3 Studien waren sehr ähnlich, allerdings wurde in einer Studie Ibrutinib mit Rituximab kombiniert. Der Bericht umfasst 370 Patienten, medianes Alter 67,5 Jahre. Medianes PFS und OS waren 12,8 und 25,0 Monate. Ungleich zur chronischen lymphatischen Leukämie können nach Versagen von Ibrutinib offenbar noch stabile Remissionen erreicht werden. In der multivariaten Analyse beeinflussten ECOG, sMIPI, „bulky disease“ und blastoide Histologie das OS sowie sMIPI, „bulky di­sease“, blastoide Histologie und eine Vortherapie das PFS negativ (Abb. 2). Die Autoren schlossen daraus, dass Ibrutinib bereits im ersten Rezidiv eingesetzt werden sollte.<br /> Die Gruppe um Lenz untersuchte die Mechanismen für eine Ibrutinib-Resistenz in der randomisierten Studie Temsirolimus vs. Ibrutinib bei relapsierten oder rezidivierten MCL.<sup>4</sup> Es konnten Mutationen im NF-κB-Pathway für die primäre Resistenz festgemacht werden. Erworbene Resistenzen wurden nur wenige gefunden, da die Beobachtungszeit in dieser Studie noch kurz ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite56.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL)</h2> <p>Seit der Kombination von Rituximab mit dem CHOP-Schema hat sich die Prognose von Patienten mit DLBCL beträchtlich verbessert. Unklar ist noch immer die optimale Sequenz von Rituximab. Ein weiteres ungelöstes Problem sind die auf R-CHOP refraktären Patienten.<br /> Aus den HOVON-NORDIC-Studiengruppen wurde von einer interessanten randomisierten Studie berichtet.<sup>5</sup> Nachdem Rituximab in der Standarddosierung erst am Ende der R-CHOP-Therapie ein Plateau im Serumspiegel erreichte, haben die Forscher eine intensivierte Rituximab-Aufsättigung während der ersten 4 Kurse mit R-CHOP untersucht. Leider ist es durch die intensivierte Aufsättigung nicht gelungen, die Prognose zu verbessern, auch nicht bei Männern, welche niedrigere Rituximab-Spiegel erreichen als Frauen. <br /> Eine retrospektive Analyse aus dem dänischen Register verglich Patienten mit DLBCL nach 2- oder 5-jähriger Remission nach R-CHOP mit einer gematchten Normalbevölkerung.<sup>6</sup> Patienten über 50 Jahre erreichten erst nach 5 Jahren Remission die Prognose der Normalbevölkerung, während bei den Jüngeren dies schon nach 2-jähriger Remission der Fall war. SCHOLAR-1 ist eine retrospektive Studie, welche 861 Patienten mit refraktären DLBCL untersucht.6 Die Patienten stammen aus einer französischen und einer kanadischen Phase-III-Studie sowie aus Beobachtungsstudien des MD Anderson Cancer Center und der Mayo-Klinik. Refraktäre Patienten wurden in primär refraktär, refraktär gegen die Zweitlinientherapie und in Patienten, welche innerhalb eines Jahres nach aSCTx rezidivierten, unterteilt. Die Rate der kompletten Remissionen schwankte zwischen 2 und 18 % , wobei 18 % nur bei Patienten erzielt wurden, welche in der Vortherapie kein Rituximab erhielten. Das mediane Überleben war mit zwischen 4,6 und 6,9 Monaten extrem schlecht. Die Therapie dieser Patienten muss dringend verbessert werden. In einer kanadischen Studie wurden Biomarker bei refraktären DLBCL untersucht.<sup>8</sup> In der Erstlinientherapie ist der COO-(„cell of origin“-)Subtyp von starkem prognostischem Wert. Die „Activated-B-cell“-Lymphome haben eine wesentlich schlechtere Prognose als „Germinal-center-B-cell“-Lymphome. Interessanterweise verlor der COO in dieser Studie bei den refraktären Lymphomen seinen prognostischen Wert. Die schlechteste Prognose hatten die MYC<sub>+</sub>- und Bcl-2<sub>+</sub>-Lymphome, und zwar unabhängig davon, ob dies immunhistochemisch oder mit dem Lymph2Cx-Test bestimmt wurde.</p> <h2>Follikuläres Lymphom (FL)</h2> <p>Auch bei den FL hat Rituximab als Monotherapie oder in Kombination mit einer Chemotherapie die Prognose beträchtlich verbessert. Nach der Publikation der StiL-Studie wurde in Europa, aber auch zunehmend in den USA, das toxischere CHOP-Schema von Bendamustin abgelöst. Eine Erhaltungstherapie mit Rituximab nach der Induktion kann das progressionsfreie Überleben beträchtlich verlängern, ist aber einer Reinduktion im OS nicht überlegen.<br /> In der GADOLIN-Studie wurden indolente Lymphome, welche auf Rituximab refraktär waren, in eine Therapie mit Bendamustin mit oder ohne den innovativen CD20-Antikörper Obinutuzumab randomisiert. Trneˇný et al berichteten über die Ergebnisse für die Subgruppe der FL.<sup>9</sup> Im Bendamustin-Arm wird Bendamustin 2x120mg/m² dosiert, im Obinutuzumab-Arm mit 2x90mg/m². Im Obinutuzumab-Arm wurde im ersten Kurs Obinutuzumab mit 1.000mg IV an den Tagen 1, 8 und 15 des ersten Kurses und am Tag 1 des 2. bis 6. Kurses gegeben. Nach Ende der Induktionsphase wurden die Patienten im Obinutuzumab-Arm noch einer 2-jährigen Obinutuzumab-Erhaltungstherapie alle 2 Monate unterzogen. Wenig überraschend war das PFS im Obinutuzumab-Arm durch die Erhaltungstherapie beträchtlich besser. Entscheidend aber ist der im OS erzielte Benefit. Obinutuzumab hat sich damit als Partner für Bendamustin für Rituximab-refraktäre FL etabliert. Da inzwischen ein Großteil der Patienten mit FL Bendamustin bereits in der Ersttherapie erhalten hat und daher Bendamustin für refraktäre Patienten nicht als Salvage-Therapie infrage kommt, wird sich die Auswirkung dieser Studie leider in Grenzen halten.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Rummel MJ et al: ASCO 2016, Abstract #7503<br /><strong>2</strong> Eskelund CW et al: EHA 2016, Abstract #S437<br /><strong>3</strong> Rule S et al: EHA 2016, Abstract #S438<br /><strong>4</strong> Lenz G et al: EHA 2016, Abstract #S439<br /><strong>5</strong> Lugtenburg P et al: EHA 2016, Abstract #S477<br /><strong>5</strong> Jakobsen LH et al: EHA 2016, Abstract #S478<br /><strong>7</strong> Teramachi J et al: EHA 2016, Abstract #S451<br /><strong>8</strong> Stewart D et al: EHA 2016, Abstract #S479<br /><strong>9</strong> Trneˇný M et al: EHA 2016, Abstract #S440</p>
</div>
</p>
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