
©
Getty Images
Highlights vom ASCO 2018 zum Kolorektalkarzinom
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Eisterer
Innere Medizin Hämatologie, Internistische Onkologie, Rheumatologie und Infektiologie<br> Klinikum Klagenfurt am Wörthersee<br> E-Mail: wolfgang.eisterer@kabeg.at
30
Min. Lesezeit
22.11.2018
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Insgesamt gesehen wurden beim diesjährigen ASCO zwar keine bahnbrechenden Studienergebnisse, wohl aber klinisch relevante Resultate präsentiert. Die Highlights habe ich für Sie zusammengefasst.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Metastasiertes Kolonkarzinom mit RAS-Wildtyp</h2> <p>Die Phase-II-Studie VOLFI der AIO<sup>1</sup> untersuchte die Wirksamkeit von FOLFOXIRI gegenüber modifiziertem FOLFOXIRI plus Panitumumab in der Erstlinientherapie. Es profitieren durch die Hinzunahme von Panitumumab v.a. Patienten mit rechtsseitigem und <em>BRAF</em>-mutiertem metastasiertem Kolonkarzinom. Insgesamt konnte die Ansprechrate von 60 % auf 87 % verbessert werden. Die Nebenwirkungsraten zeigten sich bis auf vermehrte Diarrhö in etwa gleich, welches auf die Reduktion von Irinotecan auf 150mg und v.a. das Weglassen des 5-FU-Bolus im modifizierten FOLFOXIRI zurückzuführen sein dürfte. Bei welchen Patienten sollte diese Kombination zum Einsatz kommen? Aufgrund der Ergebnisse scheinen potenziell resektable, lebermetastasierte Patienten sowie <em>BRAF</em>-mutierte Patienten am besten geeignet. Einschränkend muss festgehalten werden, dass zum Einsatz eines EGFR-Inhibitors bei <em>BRAF</em>-Mutation mehrere Studien ein negatives Ergebnis gezeigt haben und zudem noch keine Überlebensdaten aus dieser Studie vorliegen, sodass eine definitive Bewertung noch aussteht.</p> <h2>Erhaltungstherapie beim metastasierten Kolorektalkarzinom</h2> <p>Die VALENTINO-Studie ist eine Studie, die eine Deeskalation der Erhaltungstherapie bei Patienten mit einem nicht resezierbaren, metastasierten kolorektalen Karzinom ohne RAS-Mutation untersucht hat. Geprüft wurde der gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) gerichtete Antikörper Panitumumab gegen Panitumumab plus 5-FU.<sup>2</sup> Diese Strategie zielt auf die Reduktion der Toxizität und damit die Verbesserung der Lebensqualität.<br /> Patienten, die nach einer Induktionstherapie bestehend aus Panitumumab plus FOLFOX mindestens eine Krankheitsstabilisierung erreicht hatten, wurden in die beiden Erhaltungstherapie-Arme randomisiert. Die Studie war auf Nichtunterlegenheit von Panitumumab gegenüber 5-FU plus Panitumumab ausgelegt.<br /> Die Studie hat die Nichtunterlegenheit nicht erreicht. Anders gesagt, es schnitt die Monotherapie schlechter ab als 5-FU plus Panitumumab in der Erhaltungstherapie. Damit ist insgesamt gesehen eine Deeskalation in der Erhaltungstherapie noch nicht zur klinischen Reife gelangt. Die bislang besten Daten in diesem Setting liegen für Cetuximab vor. In MACRO-2 (NCT01161316) erreichte die Erhaltungstherapie mit dem Anti-EGFR-Antikörper Cetuximab allein ein 9-monatiges progressionsfreies Überleben (PFS), das nicht kürzer war als das mit mFOLFOX plus Cetuximab erzielte PFS.<br /> Erwähnenswert ist auch, dass andere Studien gezeigt haben, dass unter einer EGFR-haltigen Chemotherapie die RASmutierten Klone im Tumor zunehmen, wodurch eine Resistenzentwicklung einsetzt. Setzt man die EGFR-gerichtete Therapie ab und wartet eine gewisse Zeit, nimmt die Häufigkeit der mutierten Tumorklone exponentiell ab.<sup>3</sup> Das würde gegen eine Erhaltungstherapie sprechen und die Strategie einer „rechallenge therapy“ favorisieren.</p> <h2>HIPEC beim Kolorektalkarzinom: unerwartet wirkungslos</h2> <p>PRODIGE 7 ist eine Phase-III-Studie, in die 265 Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) und Peritonealkarzinose eingeschlossen worden waren.<sup>4</sup> Patienten in diesem fortgeschrittenen Krankheitsstadium werden meist multimodal behandelt, dazu gehören die zytoreduktive Operation sowie eine hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC).<br /> In PRODIGE 7 wurde untersucht, ob eine HIPEC bei zytoreduktiver Chirurgie tatsächlich einen Vorteil bringt. Die Randomisierung erfolgte 1:1 entweder zur zytoreduktiven Chirurgie alleine oder zur Chirurgie plus hyperthermer Chemotherapie mit Oxaliplatin. Alle Patienten erhielten eine systemische Therapie. Der Peritonealkarzinoseindex (PCI) sollte laut Einschlusskriterien unter 25 liegen und betrug im Median 10, war also eher niedrig. Der primäre Studienendpunkt war die Verbesserung des Gesamtüberlebens.<br /> Im untersuchten Kollektiv zeigte sich kein Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen. Nach 64 Monaten medianer Nachbeobachtungszeit betrug das mediane Gesamtüberleben in der Chirurgie- alleine-Gruppe 41,2 Monate, in der Chirurgie-plus-HIPEC-Gruppe waren es 41,7 Monate (Hazard-Ratio: 1,00; p=0,995). Allerdings traten in der HIPECGruppe deutlich mehr späte Komplikationen auf als bei den Patienten, die eine alleinige zytoreduktive Therapie erhalten hatten (24,1 vs. 13,6 % ; p=0,03). Interessant war das in beiden Gruppen sehr gute Outcome mit einem langen medianen Überleben, was die Bedeutung der optimalen chirurgischen Vorgehensweise unterstützt.<br /> Auch wenn die Ergebnisse spannend sind, ergeben sich daraus keine unmittelbaren Konsequenzen für die Praxis. Bei Patienten mit einem niedrigen Peritonealkarzinose- Index sollte die Option der zytoreduktiven Chirurgie plus HIPEC geprüft werden.</p> <h2>Rektumkarzinom: ADORE-Studie</h2> <p>Ein Langzeit-Follow-up der ADOREStudie wurde von Yong Sang Hong aus Südkorea vorgestellt.<sup>5</sup> Die ADORE-Studie ist eine Phase-II-Studie mit Patienten, die ein lokal fortgeschrittenes Rektumkarzinom aufwiesen. Das Besondere an der Studie war, dass die Randomisierung nach der neoadjuvanten Radiochemotherapie und der Operation erfolgte. 321 Patienten mit yp2- und yp3-Tumoren nach pathologischem Staging wurden 1:1 randomisiert. Sie erhielten entweder eine adjuvante Oxaliplatin- haltige Chemotherapie (FOLFOX) oder 5-FU plus Leucovorin (FL). Primäres Studienziel war die Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens (DFS).<br /> Die Rate für das krankheitsfreie Überleben hatte sich nach 6 Jahren unter der Oxaliplatin-haltigen Chemotherapie um 11,4 % in der Gesamtpopulation verbessert (68,2 % vs. 56,8 % ). Das entspricht einer Hazard-Ratio von 0,63 (p=0,018), also einer relativen krankheitsfreien Lebensverlängerung um 37 % (Abb. 1). Hinsichtlich des Gesamtüberlebens ergab die Studie keinen statistisch signifikanten Unterschied, obwohl die Gruppe unter Oxaliplatin tendenziell etwas besser abgeschnitten hat.<br /> Die Subgruppenanalyse zeigt, dass einige Patientengruppen besonders von dem Oxaliplatin-haltigen Schema profitierten. Dazu gehörten unter anderem Patienten mit hohem Risiko, also ypN2-Patienten oder Patienten, die nur eine minimale Tumorregression hatten – und zwar sowohl im krankheitsfreien Überleben als auch im Gesamtüberleben. Nach dieser Studie würde ich diejenigen Patienten, die per se eine schlechte Prognose aufweisen, adjuvant mit FOLFOX behandeln.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1806_Weblinks_jatros_onko_1806_s72_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="839" /></p> <h2>HER2-zielgerichtete Therapie beim mCRC</h2> <p>Alberto Bardelli und Kollegen haben untersucht, ob die Kopienanzahl des HER2-Gens (ERBB2) das Ansprechen auf eine HER2-gerichtete Therapie bei Patienten mit metastasiertem Kolonkarzinom vorhersagt.<sup>6</sup> Dabei kann die Methode der Bestimmung der zellfreien zirkulierenden Tumor-DNA mittels Next Generation Sequencing (ctDNA-NGS) eine Option für die HER2-Bestimmung sein, wenn eine Biopsie nicht durchführbar ist oder das Gewebe nicht ausreicht.<br /> Kumulativ konnten die Autoren anhand von 48 Proben von HER2-positiven Patienten mit mCRC feststellen, dass der Nachweis von zumindest drei Kopien des HER2-Gens im Plasma als prädiktiver Wert für das Ansprechen auf eine gegen HER2-gerichtete Therapie fungieren kann. Das sind interessante Daten für das Late- Line-Setting. Allerdings sollten diese Aussagen in einer größeren Studie noch einmal bestätigt werden.</p> <h2>Zirkulierende Tumor-DNA als prädiktiver Marker</h2> <p>Ein zweites interessantes Konzept wurde bei Patienten mit einem Kolorektalkarzinom im Stadium 3 in der adjuvanten, also postoperativen Situation getestet. Jeanne Tie und Mitarbeiter hatten untersucht, ob zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) die Tiefe des Ansprechens auf eine adjuvante Chemotherapie vorhersagen kann.<sup>7</sup> Dazu wurden serielle Plasmaproben von den Patienten nach der Operation, während der adjuvanten Chemotherapie und bei Beendigung der Behandlung gesammelt.<br /> Interessant war hier, dass Patienten, die postoperativ zirkulierende Tumor-DNA aufwiesen, diese unter einer adjuvanten Chemotherapie verlieren konnten, was mit einem längeren rezidivfreien Überleben assoziiert war. Patienten, die postoperativ und auch nach Ende der Chemotherapie noch zirkulierende Tumor-DNA aufwiesen, profitierten weniger von der Chemotherapie und hatten eine deutlich eingeschränkte Prognose. Insgesamt sind dies sehr spannende Daten, die jedoch zunächst in einer größeren Studie bestätigt werden müssen. Sie stellen jedoch eine deutliche Verbesserung im Hinblick auf die prädiktiven Faktoren dar im Vergleich zu den aktuell zur Verfügung stehenden.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Geissler M et al.: mFOLFOXIRI + panitumumab versus FOLFOXIRI as first-line treatment in patients with RAS wild-type metastatic colorectal cancer m(CRC): a randomized phase II VOLFI trial of the AIO (AIO-KRK0109). ASCO 2018, Abstr. #3509 <strong>2</strong> Pietrantonio F et al.: First-line FOLFOX plus panitumumab (Pan) followed by 5FU/LV plus Pan or single-agent Pan as maintenance therapy in patients with RAS wild-type metastatic colorectal cancer (mCRC): the VALENTINO study. ASCO 2018; Abstr. #3505 <strong>3</strong> Parseghian CM et al.: Anti-EGFR resistant clones decay exponentially after progression: implications for anti- EGFR rechallenge. ASCO 2018, Abstr. #3511 <strong>4</strong> Quenet F et al.: A UNICANCER phase III trial of hyperthermic intra-peritoneal chemotherapy (HIPEC) for colorectal peritoneal carcinomatosis (PC): PRODIGE 7. ASCO 2018, Abstr. #LBA3503 <strong>5</strong> Hong YS et al.: Long-term results of the ADORE trial: adjuvant oxaliplatin, leucovorin, and 5-fluorouracil (FOLFOX) versus 5-fluorouracil and leucovorin (FL) after preoperative chemoradiotherapy and surgery for locally advanced rectal cancer. ASCO 2018, Abstr. #3501 <strong>6</strong> Bardelli A et al.: Plasma HER2 (ERBB2) copy number to predict response to HER2-targeted therapy in metastatic colorectal cancer. ASCO 2018, Abstr. #3506 <strong>7</strong> Tie J et al.: Serial circulating tumor DNA (ctDNA) analysis as a prognostic marker and a real-time indicator of adjuvant chemotherapy (CT) efficacy in stage III colon cancer (CC). ASCO 2018, Abstr. #3516</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Erhaltungstherapie mit Atezolizumab nach adjuvanter Chemotherapie
Die zusätzliche adjuvante Gabe von Atezolizumab nach kompletter Resektion und adjuvanter Chemotherapie führte in der IMpower010-Studie zu einem signifikant verlängerten krankheitsfreien ...
Highlights zu Lymphomen
Assoc.Prof. Dr. Thomas Melchardt, PhD zu diesjährigen Highlights des ASCO und EHA im Bereich der Lymphome, darunter die Ergebnisse der Studien SHINE und ECHELON-1
Aktualisierte Ergebnisse für Blinatumomab bei neu diagnostizierten Patienten
Die Ergebnisse der D-ALBA-Studie bestätigen die Chemotherapie-freie Induktions- und Konsolidierungsstrategie bei erwachsenen Patienten mit Ph+ ALL. Mit einer 3-jährigen ...