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Bildgebung bei Meningeomen

Herausforderungen und Lösungsansätze

<p class="article-intro">Meningeome sind als häufigste Tumoren des zentralen Nervensystems in den meisten Fällen mit einer sehr guten Prognose vergesellschaftet. Detektion von Resttumor, frühem Rezidiv- Tumorwachstum und Differenzierung von postoperativen Narben sind kritische Fragestellungen in der klinischen Routine, welche die Bildgebung als wichtigstes Werkzeug zur Verlaufskontrolle vor große Herausforderungen stellt.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Intervalle einer bildgebenden Verlaufskontrolle von Meningeomen sind vom WHOGrad abh&auml;ngig (WHO-I-Grad: j&auml;hrliche Kontrollen f&uuml;r 5 Jahre, danach alle 2 Jahre; WHO-IIGrad: halbj&auml;hrliche Kontrollen f&uuml;r 5 Jahre, danach j&auml;hrlich; WHO-III-Grad: alle 3&ndash;6 Monate, unbefristet).</li> <li>Eine Vielzahl an bildgebenden Differenzialdiagnosen muss beachtet werden.</li> <li>68Ga-DOTATOC/-TATE-PET kann helfen, die genaue Tumorausdehnung in kritischen Lokalisationen (wie zum Beispiel der Sch&auml;delbasis) zu bestimmen und in einzelnen Studien auch ein aggressives Tumorwachstum vorhersagen.</li> </ul> </div> <h2>Bedeutung der Bildgebung bei Meningeomen</h2> <p>36,1 % aller im zentralen Nervensystem (ZNS) vorkommenden Tumoren sind Meningeome, und somit z&auml;hlen diese von den meningothelialen Zellen der weichen Hirnhaut ausgehenden Tumoren zu den h&auml;ufigsten ZNS-Tumoren, mit einer Inzidenz von 7,61/100.000.<sup>1</sup> Die Klassifikation und Graduierung von Meningeomen &auml;nderten sich nach Einf&uuml;hrung der neuen WHO(World Health Organization)-Klassifikation 2016 nicht wesentlich, bis auf die Tatsache, dass das histologische Merkmal &bdquo;Invasion&ldquo; als Kriterium zur Diagnose eines atypischen Meningeoms herangezogen werden kann.<sup>2</sup> Mit einer H&auml;ufigkeit von 94,6 % werden WHO-I-Grad-Meningeome diagnostiziert, welche auch als &bdquo;gutartig&ldquo; beschrieben werden und durch ein langsames Tumorwachstum charakterisiert sind. Ein klinisch viel aggressiveres Verhalten mit rascher Progression, Rezidiv und Metastasierung zeigen atypische (WHO-II-Grad, 4,2 % ) und anaplastische Meningeome (WHO-III-Grad, 1,2 % ).<sup>3, 4</sup> Die k&uuml;rzlich ver&ouml;ffentlichten EANO- (European Association of Neuro- Oncology)-Leitlinien zur Diagnose und Behandlung von Meningeomen5 empfehlen als erste therapeutische Option die chirurgische Resektion. Zuf&auml;llig entdeckte, asymptomatische Meningeome k&ouml;nnen aber auch nur verlaufskontrolliert werden, die Behandlung kann somit je nach klinischer Symptomatik und Wachstumsverhalten aufgeschoben werden und ist h&auml;ufig auch gar nicht notwendig.5, 6 In diesen F&auml;llen, ohne histologische Klassifizierung und Graduierung, basiert die Risikoeinsch&auml;tzung f&uuml;r ein weiteres Tumorwachstum und malignes Potenzial ausschlie&szlig;lich auf der bildgebenden Darstellung, ein Umstand, der Meningeome zu einer der wichtigsten neuroonkologischen Entit&auml;ten macht, die einer pr&auml;zisen und zuverl&auml;ssigen Bildgebung bed&uuml;rfen.</p> <h2>Goldstandard und differenzialdiagnostische Herausforderungen</h2> <p>Die MRT (Magnetresonanztomografie) gilt als Goldstandard zur Beurteilung von Meningeomen, welche nach Kontrastmittelapplikation eine starke homogene Aufnahme in T1-gewichteten Sequenzen zeigen. Bei MRT-Kontraindikationen (zum Beispiel Herzschrittmacher) und zur chirurgischen Planung kommt oft die zerebrale Computertomografie (CT) zum Einsatz, welche eine hohe r&auml;umliche Aufl&ouml;sung erlaubt und gegebenenfalls kn&ouml;cherne Beteiligungen darstellen kann. Eine Vielzahl intrakranieller, extradural gelegener Raumforderungen kann jedoch ein Meningeom radiologisch &bdquo;imitieren&ldquo;, woraus sich auch die erste gro&szlig;e Herausforderung f&uuml;r die Bildgebung ergibt. Wichtige Differenzialdiagnosen bei Raumforderungen entlang den zerebralen Konvexit&auml;ten sind durale Metastasen, im Speziellen von Prostata-, Lungen-, Nieren- und Brustkarzinomen (Abb. 1),<sup>7, 8</sup> sowie Gliome<sup>9</sup>, H&auml;mangioperizytome<sup>10</sup> und h&auml;matopoetische Malignome, wie das extraaxial gelegene Non-Hodgkin-Lymphom.<sup>11</sup> Bei Raumforderungen entlang der Sch&auml;delbasis sollte weiters an inflammatorische Prozesse (wie rheumatoide Arthritis, Wegener&rsquo;sche Granulomatose, Neurosarkoidose) und infekti&ouml;se Erkrankungen (Tuberkulose, Syphilis) gedacht werden. <sup>12&ndash;14</sup> Im Bereich der Ventrikel sollte ein choroidales Plexuspapillom/-karzinom oder Ependymom<sup>15</sup> ausgeschlossen werden. Das Perfusions-MRT, als funktionelle MRT-Technik, welche durch T2*-gewichtete Aufnahmen R&uuml;ckschl&uuml;sse auf das zerebrale Blutvolumen erlaubt, konnte erfolgreich in diesen differenzialdiagnostischen &Uuml;berlegungen als L&ouml;sungsansatz zur Anwendung gebracht werden. Da Meningeome ihre Blutzufuhr &uuml;berwiegend von der Arteria carotis externa beziehen, fehlt ihnen eine Blut-Hirn-Schranke, was sich im Perfusions-MRT durch eine charakteristische Zeit-Intensit&auml;ts-Kurve widerspiegelt und so eine Unterscheidung von anderen Entit&auml;ten erlaubt.<sup>15</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s91_abb1.jpg" alt="" width="1086" height="803" /></p> <h2>Postoperative Narben, gesundes Gewebe, Rezidivtumor &ndash; wo soll bestrahlt werden?</h2> <p>Nach erfolgter Operation besteht eine Herausforderung an die Bildgebung dahingehend, dass nur schwer zwischen Resttumor, postoperativer Narbe und gesundem Gewebe unterschieden werden kann, was vor allem in der Strahlentherapie bei Festlegung des Zielvolumens limitierend wirkt. Da Meningeomzellen Somatostatin- Rezeptoren an ihrer Oberfl&auml;che exprimieren, hat sich die Positronenemissionstomografie (PET) mit radioaktiv markierten Somatostatin-Analoga als wichtige Bildgebungsmethode etabliert,<sup>16&ndash;20</sup> und eine histopathologische PETKorrelationsstudie stellte einen direkten Zusammenhang zwischen Somatostatin-Rezeptor- Expression und PETSignal (<sup>68</sup>Ga-DOTATOC-PET, DOTA-[Tyr3]-octreotide) her.<sup>20</sup> In der Strahlentherapie besteht das Hauptziel zur Minimierung von Nebenwirkungen und Sp&auml;ttoxizit&auml;ten darin, m&ouml;glichst hohe Tumordosen unter maximaler Schonung des angrenzenden gesunden Gewebes zu verabreichen (insbesondere in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hirnstamm oder Sehnerv) &ndash; ein zuk&uuml;nftig vielversprechendes klinisches Anwendungsgebiet des <sup>68</sup>Ga-DOTATOC- PET (Abb. 2). In unterschiedlichen Studien f&uuml;hrte der komplement&auml;re Einsatz des <sup>68</sup>Ga-DOTATOC-PET zuz&uuml;glich zur MRT/CT-Planung zu einer &Auml;nderung des zu bestrahlenden Volumens in 65&ndash;73 % der F&auml;lle.<sup>16&ndash;19</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s91_abb2.jpg" alt="" width="1086" height="1020" /></p> <h2>Subtiles Tumorwachstum &ndash; ab wann besteht Handlungsbedarf?</h2> <p>Da die Mehrheit der Meningeome ein sehr langsames Wachstum aufweist, ist der Zeitpunkt einer Tumorprogression bildgebend oft schwer darzustellen, was jedoch f&uuml;r weitere therapeutische &Uuml;berlegungen von gro&szlig;er Wichtigkeit ist (zum Beispiel Planung einer Reoperation). Verlaufskontrollen werden aktuell durch den WHO-Grad bestimmt.<sup>6</sup> WHO-I-Grad-Meningeome sollen nach derzeitigen EANORichtlinien f&uuml;r f&uuml;nf Jahre einmal j&auml;hrlich kontrolliert werden, anschlie&szlig;end alle zwei Jahre. WHO-II-Grad-Tumoren bed&uuml;rfen einer halbj&auml;hrlichen Kontrolle f&uuml;r f&uuml;nf Jahre, gefolgt von einer j&auml;hrlichen Kontrolle. WHO-III-Grad-Meningeome sollen unbegrenzt alle drei bis sechs Monate kontrolliert werden. Risikofaktoren f&uuml;r eine Tumorprogression sind nicht v&ouml;llig verstanden, und noch immer gilt der intraoperative Grad der Resektion als wichtigstes Kriterium hierf&uuml;r (&bdquo;Simpson Score&ldquo;).<sup>21, 22</sup> Demnach w&auml;re es von gro&szlig;er klinischer Bedeutung, einen bildgebenden Marker f&uuml;r eine Meningeomprogression zu Rate ziehen zu k&ouml;nnen. Erfolgversprechende Ergebnisse konnten k&uuml;rzlich mittels <sup>68</sup>Ga-DOTATATE-PET gezeigt werden.<sup>23</sup> Bei einer Untersuchung von 64 Patienten mit Meningeomen unterschiedlicher WHO-Grade konnte eine hohe <sup>68</sup>Ga-DOTATATE-PET-Aktivit&auml;t ein schnelles Tumorwachstum vorhersagen. Somit k&ouml;nnte man anhand dieses bildgebenden Parameters in Zukunft den optimalen Zeitpunkt f&uuml;r ein operatives Vorgehen bestimmen.<sup>23</sup></p> <h2>Therapiemonitoring</h2> <p>In Zusammenhang mit einer Somatostatin-Rezeptor- Darstellung soll hier zur Vollst&auml;ndigkeit auch noch kurz das Prinzip einer Radionuklidtherapie erkl&auml;rt werden. Somatostatin- Analoga k&ouml;nnen n&auml;mlich auch mit einem therapeutischen Nuklid wie zum Beispiel Yttrium-90 oder Lutetium- 177 markiert werden und so eine lokale interstitielle Bestrahlung erm&ouml;glichen. Bartolomei et al<sup>24</sup> konnten mit diesem Therapieansatz eine Krankheitsstabilisation bei 19 der 29 behandelten rezidivierten Meningeompatienten erreichen, was in einer weiteren Studie (Krankheitsstabilisierung bei 23 von 34 behandelten Patienten) best&auml;tigt werden konnte.<sup>25</sup> In diesem Zusammenhang wurde k&uuml;rzlich gezeigt, dass das <sup>68</sup>Ga- DOTATOC/-TATE-PET als bildgebender Marker f&uuml;r das Ansprechen einer Radionuklidtherapie eingesetzt werden k&ouml;nnte, da eine hohe pr&auml;therapeutische <sup>68</sup>Ga- DOTATOC/-TATE-PET-Aktivit&auml;t mit einem l&auml;ngeren progressionsfreien &Uuml;berleben assoziiert war.<sup>26</sup><br /> Zusammenfassend ergeben sich bei der bildgebenden Darstellung von Meningeomen sowohl im Verlauf als auch bei Erstdiagnose unterschiedliche Herausforderungen, die mit funktionellen Verfahren wie zum Beispiel der Perfusions-MRT zur differenzialdiagnostischen Kl&auml;rung und dem Somatostatin-PET zur Resttumorbeurteilung, Strahlentherapieplanung und Therapiemonitoring teilweise schon gel&ouml;st werden k&ouml;nnen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Ostrom QT et al: CBTRUS Statistical Report: Primary brain and central nervous system tumors diagnosed in the United States in 2008&ndash;2012. 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Surg Neurol 2002; 58(3-4): 241-5 <strong>8</strong> Bendszus M et al: Diagnosing dural metastases: the value of 1H magnetic resonance spectroscopy. Neuroradiology 2001; 43(4): 285-9 <strong>9</strong> Wilms G et al: Prominent dural enhancement adjacent to nonmeningiomatous malignant lesions on contrast-enhanced MR images. AJNR Am J Neuroradiol 1991; 12(4): 761-4 <strong>10</strong> Chiechi MV et al: Intracranial hemangiopericytomas: MR and CT features. AJNR Am J Neuroradiol 1996; 17(7): 1365-71 <strong>11</strong> Bourekas EC et al: The dural tail sign revisited. AJNR Am J Neuroradiol 1995; 16(7): 1514-6 <strong>12</strong> Johnson MD et al: Dural lesions mimicking meningiomas. Hum Pathol 2002; 33(12): 1211-26 <strong>13</strong> Guermazi A et al: The dural tail sign--beyond meningioma. Clinical Radiol 2005; 60(2): 171-88 <strong>14</strong> Sandhu FA et al: A vascular sarcoid mass mimicking a convexity meningioma. 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Eur J Nucl Med Mol Imaging 2009; 36(9): 1407-16 <strong>25</strong> Marincek N et al: Somatostatin receptor-targeted radiopeptide therapy with 90Y-DOTATOC and 177Lu-DOTATOC in progressive meningioma: long-term results of a phase II clinical trial. J Nucl Med 2015; 56(2): 171-6 <strong>26</strong> Seystahl K et al: Somatostatin-receptor- targeted radionuclide therapy for progressive meningioma: benefit linked to 68Ga-DOTATATE/-TOC uptake. Neuro Oncol 2016; 18(11): 1538-47</p> </div> </p>
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