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Brustkrebs und Themen zu supportiven Therapien: weitere praxisrelevante Aspekte vom ASCO 2018
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Edgar Petru
Univ.-Klinik für Frauenheilkunde<br> Klinische Abteilung für Gynäkologie<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: edgar.petru@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
22.11.2018
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<p class="article-intro">Der folgende Beitrag befasst sich mit der Wertigkeit platinhaltiger Chemotherapien beim tripelnegativen Mammakarzinom, der prophylaktischen Radiotherapie der kontralateralen Brust bei einseitigem BRCA-assoziiertem Mammakarzinom, der parenteralen Ernährungstherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Karzinom, der Wertigkeit der Ganzkörper-MRT-Untersuchung bei p53-Mutation sowie der intravenösen Eisentherapie zur Behandlung der Tumoranämie.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Platinbasierte neoadjuvante Chemotherapie beim tripelnegativen Mammakarzinom – systematische Literatursuche und Metaanalyse</h2> <p>Poggio und Lambertini<sup>1</sup> präsentierten die Ergebnisse der Metaanalyse einer platinhaltigen im Vergleich mit einer nicht platinhaltigen neoadjuvanten Chemotherapie (NACT) bei Patienten mit fortgeschrittenem tripelnegativem Mammakarzinom (TNBC). Pathologisch komplette Remission (pCR) wurde als pT0/is pN0 klassifiziert. Neun randomisierte Studien wurden dabei berücksichtigt.<br /> Platin erhöhte die pCR-Rate von 36 % auf 52 % (OR: 1,99). Auch wenn nur Chemotherapieschemata mit Anthrazyklinen und Taxanen berücksichtigt wurden, war das Ergebnis vergleichbar: pCR von 55 % versus 39 % (OR 1,88). Dies galt auch beim Vergleich mit wöchentlichem Paclitaxel und Anthrazyklinen sowie Cyclophosphamid (55 % versus 33 % ; OR 2,53). Beim ereignisfreien Überleben (EFS) und Gesamtüberleben (OS) ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Therapiegruppen. Dies galt spezifisch für Patientinnen mit BRCAMutation. Platinhaltige Chemotherapie verursachte signifikant mehr Grad-3- bzw. -4-Neutro- und Thrombopenien.<br /> Konsequenzen für den klinischen Alltag: Platinhaltige Chemotherapie erhöht die Rate pathologisch kompletter Remissionen. Das EFS und OS werden dadurch nicht signifikant beeinflusst, wohl aber besteht mehr Myelotoxizität.</p> <h2>Nationale Phase-II-Studie zur prophylaktischen Radiotherapie der kontralateralen Brust beim frühen BRCA-positiven Mammakarzinom</h2> <p>Evron et al.<sup>2</sup> haben die Ergebnisse der israelischen Phase-II-Studie vorgestellt, bei der Patientinnen mit einseitigem Mammakarzinom, die eine BRCA-Mutation aufwiesen, im Bereich der kontralateralen Brust prophylaktisch mit 50 Gray bestrahlt wurden. Bekannt ist, dass nach brusterhaltender Therapie und Strahlentherapie das Risiko für ipsilateralen Brustkrebs bei Mutationsträgerinnen gegenüber Nicht-Mutationsträgerinnen nicht erhöht ist. Wohl aber ist das Risiko für ein kontralaterales Mammakarzinom signifikant erhöht.<br /> Die gleichzeitige prophylaktische Bestrahlung der kontralateralen Brust bei einseitigem Mammakarzinom wurde 162 Patientinnen angeboten, die eine prophylaktische Mastektomie abgelehnt hatten. Davon entschieden sich 81 Patientinnen für eine brusterhaltende Therapie plus Strahlentherapie der einen (befallenen) Seite (Standardtherapiegruppe) und die anderen (Interventionsgruppe) für die gleiche Therapie samt Strahlentherapie der kontralateralen Seite. Nach einer medianen Nachbeobachtung von 60 Monaten entwickelten 9 Patientinnen der Standardgruppe in der kontralateralen Brust ein Mammakarzinom, während dies nach prophylaktischer Radiotherapie nur bei 2 Patientinnen der Fall war (p=0,027). Eine Patientin der Interventionsgruppe entwickelte nach 5 Jahren hinter der kontralateralen Brust ein Sarkom der Muskulatur. Frühe oder späte Strahlentoxizitäten traten in der Interventionsgruppe nicht auf.<br /> Konsequenzen für den klinischen Alltag: Bei Patientinnen mit BRCA-Mutation und einseitigem frühem Mammakarzinom ist nach prophylaktischer Bestrahlung der kontralateralen Brust das Risiko für die Entstehung eines zweiten Brustkrebses signifikant reduziert. Dieses Vorgehen stellt möglicherweise eine relevante Therapieoption für Hochrisikopatientinnen dar, die eine Mastektomie ablehnen.</p> <h2>Randomisierte Studie zu parenteraler Ernährung versus orale Ernährung bei Patienten mit fortgeschrittenem Karzinom</h2> <p>Eine französische Studie von Bouleuc et al.<sup>3</sup> hat die Wertigkeit einer parenteralen Infusionstherapie in einer randomisierten Studie gegenüber oraler Ernährung bei Patienten mit fortgeschrittenen Karzinomen und refraktärer Kachexie untersucht. Der mediane Gewichtsverlust innerhalb des letzten halben Jahres betrug 8,2kg.<br /> Es zeigten sich ein Vorteil für die orale Ernährung hinsichtlich physischer Funktionalität (HR: 1,58; p=0,024) sowie ein Trend zu besserer Lebensqualität (HR: 1,31; p=0,18) und reduzierter Fatigue (HR: 1,19; p=0,34). Das mediane Überleben betrug in der Gruppe mit oraler Ernährung 3,12 Monate versus 1,97 Monate im Infusionstherapiearm. Nebenwirkungen traten bei 41 % der Patienten mit oraler Ernährung versus 52 % im parenteralen Therapiearm auf.<br /> Konsequenzen für den klinischen Alltag: Bei kachektischen Patienten mit fortgeschrittenem Karzinom führte eine parenterale Therapie im Vergleich zu oraler Ernährung zu numerisch schlechteren Überlebensraten und mehr Toxizität.</p> <h2>Ganzkörper-MRT zur Krebsfrüherkennung bei Trägern einer p53-Mutation</h2> <p>Das Li-Fraumeni-Syndrom stellt eine seltene genetische Prädisposition infolge von p53-Mutation mit gehäuftem Auftreten eines breiten Tumorspektrums dar. Damit ist eine Vorsorge sehr komplex. Das Ganzkörper-MRT stellt eine attraktive Form zur Krebsfrüherkennung dar. Es wird postuliert, dass dadurch das Gesamtüberleben verlängert wird. 105 Personen zwischen 5 und 71 Jahren (medianes Alter: 33 Jahre) wurden randomisiert. In Gruppe A erfolgte das Standardvorsorgeprogramm (klinische Observanz, Blutbild, MRT des Gehirnschädels, Ultraschall von Abdomen und Becken, MRT/Ultraschall der Brüste bzw. bei Frauen <20. Lebensjahr Brustultraschall). In Gruppe B erfolgten alle Untersuchungen der Gruppe A sowie zusätzlich 1x/Jahr ein Ganzkörper-MRT. Bei 318 Screening-Untersuchungen wurden 24 Patienten mit Karzinomen identifiziert, 20 Karzinome im Arm A und 11 im Arm B. 12 neue Primärtumoren wurden in der ersten Screening-Runde beobachtet. Die Rate des tumorfreien Überlebens war nach 3 Jahren in beiden Studienarmen vergleichbar (p=0,23). 27 Biopsien erfolgten in Arm A und 20 im Arm B. Bei 157 Gesamtkörper-MRT-Untersuchungen fanden sich eine Sensitivität von 80 % und eine Spezifität von 89 % mit einer Rate an falsch positiven Ergebnissen von 10 % . Ein zentraler Review zeigte diskordante Befunde bei 31 % der Untersuchungen. Die 3-Jahres-Überlebens-Rate betrug 90 % , wobei kein Unterschied zwischen den Studiengruppen festzustellen war (p=0,58). Die 3-Jahres-Überlebens- Rate bei neu aufgetretenen Karzinomen betrug 55 % . Die psychologischen Auswirkungen waren in beiden Studienarmen vergleichbar.<br /> Konsequenzen für den klinischen Alltag: Es handelt sich um die erste randomisierte Studie bei Patienten mit p53- Mutation, die für die Ganzkörper-MRTUntersuchung keinen Überlebensvorteil gegenüber Standardvorsorgeuntersuchungen identifiziert hat.<sup>4</sup></p> <h2>Phase-II-Studie zur intravenösen Eisentherapie ohne Erythropoetin bei der Behandlung der Tumoranämie</h2> <p>Eine prospektive Phase-II-Studie hat den Effekt von intravenösem Eisen (Carboxymaltose- Eisen; 1000mg Ferinject i.v. am ersten Tag der Chemotherapie) ohne Erythropoetin bei 92 Patienten mit Tumoranämie untersucht.<sup>5</sup> Ein Hb-Ansprechen nach 1, 2 und 3 Monaten wurde bei 39 % , 58 % und 66 % beobachtet. Wenn 21 % der Patienten mit Eisenmangelanämie (Ferritin <30 ng/ml oder Transferrinsättigung <20 % ) exkludiert wurden, betrug das Hb-Ansprechen 84 % (63/73 Patienten). Patienten mit Hb-Ansprechen wiesen signifikant niedrigere Hepcidin-, CRP- und Ferritin-Spiegel auf.<br /> Konsequenzen für den klinischen Alltag: Die intravenöse Eisentherapie allein kann bei Tumoranämie und (normaler) Transferrin-Sättigung >20 % ohne gleichzeitige Gabe von Erythropoetin die Anämie erfolgreich korrigieren.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Poggio F et al.: Platinum-based neoadjuvant chemotherapy (NACT) in triple-negative breast cancer (TNBC): A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials (RCTs). J Clin Oncol 2018; 36(15): 595 <strong>2</strong> Evron E et al.: Phase II national clinical trial of prophylactic irradiation to the contralateral breast for BRCA mutation carriers treated for early breast cancer (EBC). J Clin Oncol 2018; 36(15): 514 <strong>3</strong> Bouleuc C et al.: Multicenter randomized controlled trial for advanced cancer patients receiving parenteral nutrition (PN) versus oral feeding (OF): Results of AlimK study. J Clin Oncol 2018; 36(15): 10029 <strong>4</strong> Caron O et al.: Evaluation of whole body MRI for early detection of cancer in TP53 mutation carriers: Final results of the LIFSCREEN study. J Clin Oncol 2018; 36(15): 1527 <strong>5</strong> Kim Y et al.: Prospective phase II pilot study to evaluate the use of intravenous iron in the treatment of anemia in cancer patients. J Clin Oncol 2018; 36(15): 10113</p>
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