
Unterstützung durch Pflegepersonal hilft, Harnsäure-Zielwerte zu erreichen
Bericht:
Dr. med. Felicitas Witte
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Trotz wirksamer harnsäuresenkender Medikamente gibt es immer wieder Gichtpatienten, die die Tabletten nicht einnehmen. Forscher aus London haben gezeigt, dass eine pflegebasierte Betreuung helfen kann, die Harnsäure-Zielwerte zu erreichen und Rehospitalisierungen zu vermeiden.1
Für die Behandlung der Gicht stehen mit Allopurinol und Febuxostat wirksame Medikamente zur Verfügung, um den Harnsäurespiegel zu senken. Wird die harnsäuresenkende Therapie so dosiert, dass Harnsäure-Zielwerte von ≤360μmol/l erreicht werden, verbessert das die Lebensqualität und reduziert langfristig das Risiko für Hospitalisationen. Internationale Leitlinien empfehlen eine Treat-to-Target-harnsäuresenkende Therapie, bei der die Dosis der Medikamente so lange angepasst wird und unter Umständen Medikamente kombiniert werden, bis der Harnsäure-Zielwert erreicht ist.2–5 Studien weisen aber immer wieder darauf hin, dass die harnsäuresenkende Therapie nur bei einem kleinen Teil der Patienten initiiert wird. Als Konsequenz erreichen nur wenige Patienten die Zielwerte, die notwendig sind, um einen Schub und Hospitalisierungen zu vermeiden.6–9Wie die Situation in der Schweiz ist, wurde bisher nicht systematisch untersucht.
Möglicherweise kann eine einfache Massnahme die Therapietreue erhöhen: ein einmaliges Telefonat mit einer Pflegefachkraft. Forscher vom Centre for Rheumatic Diseases im King’s College in London haben in einer Studie mit 227 Gichtpatienten gezeigt, dass mit diesem Ansatz mehr Patienten ihre harnsäuresenkende Therapie nehmen und den Harnsäure-Zielwert erreichen und seltener wegen eines erneuten Schubes ins Spital aufgenommen werden müssen.1
Die Autoren verglichen die Wirksamkeit ihrer Strategie mit 2 Kohorten. Die eine Kohorte mit 119 Patienten kam vor der Implementierung der neuen Strategie wegen eines Gichtschubes ins Spital, die andere mit 108 Patienten 12 Monate danach. Die Strategie bestand zum einen aus einem Gichtmanagement-Pfad, basierend auf den Leitlinien, zum anderen aus einem einmaligen Telefongespräch mit einer Pflegekraft 2 Wochen nach der Entlassung. Während der Hospitalisierung wurden diverse Parameter erhoben, unter anderem die Harnsäurespiegel, ob eine harnsäuresenkende Therapie begonnen wurde oder ob die Dosis erhöht wurde, wenn der Patient zuvor eine suboptimale Dosis bekommen hatte. Eine harnsäuresenkende Therapie wurde gleich im Krankenhaus ohne zeitlichen Abstand zum Gichtanfall begonnen. Innerhalb von 6 Monaten nach Entlassung wurde erfasst, ob die Patienten die Harnsäure-Zielwerte erreichten, ob sie im Falle der zweiten Kohorte das Telefonat mit der Pflegekraft und/oder einen Termin in der rheumatologischen Praxis wahrgenommen hatten und ob sie wegen eines erneuten Gichtschubes nochmals stationär aufgenommen worden waren.
Von 94 Patienten vor Implementierung der neuen Strategie und von 97 Patienten nach Implementierung gab es Follow-up-Daten. Ohne die pflegebasierte Strategie wurde bei 49,2% eine harnsäuresenkende Therapie gestartet, mit der Strategie bei 92,3% (p<0,001). Vor Implementierung der neuen Strategie erreichten 10,6% den Harnsäure-Zielwert von ≤360μmol/l, danach 26,8% (p=0,007). Vorher mussten 14,9% nochmals wegen eines Gichtschubs ins Spital, mit der neuen Strategie 9,3%. Dieser Unterschied war allerdings nicht signifikant (p=0,18).
Obwohl mehr Patienten mit der Strategie den Harnsäure-Zielwert erreichten, lagen die Werte bei vielen Patienten aber immer noch darüber. Zwar erreichten 26,8% der Patienten nach 6 Monaten ihren Harnsäure-Zielwert und damit mehr als doppelt so viele wie vor Einführung der Strategie, aber das bedeutet, dass bei 73,2% der Patienten die Werte noch zu hoch waren. Das könne gemäss den Autoren zum einen daran gelegen haben, dass die Nachbeobachtungszeit mit 6 Monaten relativ kurz gewesen sei. Zum anderen mussten die Patienten in der Studie hospitalisiert werden, was darauf hinweist, dass sie eine schwere Gicht hatten.
Das einmalige Telefonat mit der Pflegekraft sei ziemlich effektiv, so das Fazit der Autoren, um mehr Patienten dazu zu bringen, eine harnsäuresenkende Therapie zu starten. Aber sie reiche für die Mehrzahl der hospitalisierten Patienten nicht aus, um die Zielwerte zu erreichen. Die Autoren schlagen zusätzliche Massnahmen vor, zum Beispiel: Nachbetreuung stationärer Gichtpatienten nach der Entlassung durch Rheumatologen, bis der Harnsäure-Zielwert erreicht ist, Schulungen von Pflegekräften oder Apothekern, wie eine optimale Treat-to-Target-harnsäuresenkende Therapie aussieht, oder eine strukturierte nachstationäre Betreuung im niedergelassenen Bereich.
Literatur:
1 Russell MD et al.: Implementing treat-to-target urate-lowering therapy during hospitalisations for gout flares. Rheumatology 2023; kead 574 2 Hui M et al.: The British Society for Rheumatology guideline for the management of gout. Rheumatology 2017; 56(7): e1-20 3 Richette P et al.: 2016 updated EULAR evidence-based recommendations for the management of gout. Ann Rheum Dis 2017; 76(1): 29-42 4 FitzGerald JD et al.: 2020 American College of Rheumatology guideline for the management of gout. Arthritis Care Res 2020; 72(6): 744-60 5 Gout: diagnosis and management. NICE guideline NG219; https://www.nice.org.uk/guidance/ng219 6 Russell MD et al.: Treat-to-target urate-lowering therapy and hospitalizations for gout. Rheumatology 2023; 62(7): 2426-34 7 Russell MD et al.: Management of gout following 2016/2017 European (EULAR) and British (BSR) guidelines. Lancet Reg Health Eur 2022; 18: 100416 8 Kuo CF et al.: Rising burden of gout in the UK but continuing suboptimal management. Ann Rheum Dis 2015; 74(4): 661-7 9 Abhishek A et al.: Has the gout epidemic peaked in the UK? Ann Rheum Dis 2022; 81(6): 898-9
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