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Spondyloarthropathien im Fokus
Jatros
30
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23.02.2017
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<p class="article-intro">Experten aus allen Erdteilen präsentierten am Treffen des American College of Rheumatology (ACR) 2016 neue Daten zu Spondyloarthropathien. Zu den behandelten Themen zählten medikamentöse Therapien und das erhöhte kardiovaskuläre Risiko, aber auch die Lebensqualität dieser Patienten.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Die Spondyloarthritis (SpA) umfasst eine große Bandbreite überlappender Krankheiten, bei denen derzeit eine nur geringe Anzahl zugelassener Medikamente nachweislich den Krankheitsverlauf ändert. TNF-Hemmer (TNFi) gelten derzeit als die effektivste Option, doch ist es ungeklärt, in welchem Ausmaß diese Behandlung die Krankheitsaktivität beeinflusst, berichten US-amerikanische Forscher (Bekele D et al, Abstr. 2725). Sie untersuchten die Häufigkeit erhöhter BASDAI-Scores („Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index“) bei knapp 600 Patienten (91 % Männer, mittleres Alter zu Diagnose 55 Jahre). Ergebnis: Die Mehrheit dieser mit TNFi behandelten Patienten – rund 60 % – wies einen BASDAI von =4 auf. Dies ist als Hinweis auf den hohen Bedarf an effektiveren oder alternativen Therapien zu werten, so die Autoren.</p> <h2>Abatacept: erfolgreich bei PsA</h2> <p>Gute Nachrichten gibt es hingegen hinsichtlich der medikamentösen Therapie der Psoriasis-Arthritis (PsA): Abatacept, ein selektiver T-Zell-Co-Stimulationsmodulator, hat in einer Phase-II-Studie bereits vielversprechende Ergebnisse gezeigt, die nun in einer internationalen Phase-III-Studie bestätigt werden konnten (Mease P et al, Abstr. 1041). Rund 430 Patienten erhielten randomisiert 24 Wochen lang 125mg Abatacept s.c. pro Woche (n=213) oder Placebo (n=211) und wurden dann bis zu 24 Monate lang offen mit Abatacept s.c. behandelt. Primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen nach 24 Wochen, zu den sekundären Endpunkten zählten die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HAQ), die radiologische Non-Progression sowie eine mehr als 50 % ige Verbesserung des PASI-Scores („Psoriasis Area and Severity Index“). Unter Abatacept erreichten signifikant mehr Patienten ein ACR20-Ansprechen, auch in den Subgruppen mit/ohne TNFi-Vorbehandlung. Eine radiologische Non-Progression war ebenfalls häufiger unter Abatacept zu beobachten, und es zeigte sich eine (bescheidene) Verbesserung des PASI50. Das Sicherheitsprofil war mit der Placebogruppe vergleichbar, neue Sicherheitshinweise wurden nicht beobachtet. Fazit: Abatacept verbesserte unabhängig von einer TNFi-Behandlung das Ansprechen und war gut verträglich.</p> <h2>PsA: höheres koronares Risiko</h2> <p>Zu beachten ist bei Patienten mit PsA allerdings das erhöhte Risiko für Atherosklerose, das nicht nur die Carotis betrifft, wie Forscher aus Hongkong feststellten (Tam LHP et al, Abstr. 3099). Sie unterzogen 82 PsA-Patienten einer koronaren CTAngiografie (CTA) und verglichen die Ergebnisse mit Kontrollen ohne bekannte kardiovaskuläre und rheumatische Erkrankung, bei denen aufgrund von Thoraxschmerzen und/oder multiplen kardiovaskulären Risikofaktoren eine CTA durchgeführt wurde. Beide Gruppen waren ähnlich bezüglich Alter, Geschlecht, Rauchstatus, Hypertonie/Dyslipidämie und Nüchternglukose.<br /> Erstes Ergebnis: PsA-Patienten hatten eine höhere Prävalenz von Diabetes mellitus. Zweites Ergebnis: PsA-Patienten hatten signifikant höhere Prävalenzen für koronare Plaque (16 % vs. 7 % ), kalzifizierte Plaque (33 % vs. 13 % ), gemischte Plaque (23 % vs. 6 % ), nicht kalzifizierte Plaque (46 % vs. 22 % ) und kombinierte Plaque (gemischt/nicht kalzifiziert) (55 % vs. 25 % ). Zudem hatten PsA-Patienten einen höheren Score an koronarem Kalzium. Nach Anpassung für traditionelle kardiovaskuläre Risikofaktoren verblieb die Anwesenheit einer PsA der stärkste Prädiktor für alle Formen einer koronaren Plaque. Und: Die als vulnerabler eingestufte kombinierte Plaque korrelierte mit längerer Krankheitsdauer, aber nicht mit dem Alter der Patienten.</p> <h2>Lebensqualität: Auf die Wahrnehmung kommt es an</h2> <p>Wie sieht es mit der Lebensqualität der Patienten aus? In der SPACE-Studie untersuchten Forscher der Universität Leiden, Niederlande, bei 450 Patienten mit axialer SpA und anderen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen die Assoziation zwischen der Wahrnehmung ihrer Krankheit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL). Fazit: Die Wahrnehmung hat einen signifikanten Einfluss auf die HRQoL (Van Lunteren M et al, Abstr. 2731): Männer und Frauen, die davon ausgingen, dass ihre Krankheit schwere Konsequenzen hätte, zeigten demnach niedrigere Scores der körperlichen Gesundheit, während ein besseres Verständnis der Krankheit bei beiden Geschlechtern mit besseren Scores der HRQoL assoziiert war.<br /> Dass sich Patientenangaben häufig von der ärztlichen Einstufung einer Krankheit unterscheiden, zeigte wiederum eine dänische Studie (Egsmose EM et al, Abstr. 2733). Die Autoren der Universität Kopenhagen untersuchten bei 107 SpA-Patienten, deren Krankheit laut BASDAI als „stabil“ charakterisiert worden war, Variationen hinsichtlich Fatigue, Schmerzen und globaler Patienteneinstufung (PaGI). Sie fanden bezüglich dieser drei Faktoren wesentliche Fluktuationen (unabhängig von der Dauer der Erkrankung) bei den eigentlich als stabil eingestuften SpA-Patienten. Dies sollte beim Management in der täglichen Praxis berücksichtigt werden, fordern die Autoren.</p> <h2>Cave unbehandelte Fibromyalgie</h2> <p>Auf eine derzeit nicht ausreichend beachtete Patientengruppe verweist eine Gruppe der Universität Aberdeen, Schottland, nämlich Patienten mit axialer SpA und komorbider Fibromyalgie (FM) (Macfarlane GJ et al, Abstr. 2723). Die vorliegende Untersuchung zeigte:</p> <ul> <li>Von 430 Patienten erhielten 3,0 % die Diagnose klinische FM, während die Angaben von 20,4 % der Patienten die ACRKriterien für FM von 2010 erfüllten.</li> <li>Patienten mit Erfüllung der FM-Kriterien gaben höhere (schlechtere) Scores hinsichtlich Krankheitsaktivität, Funktion und globaler Einschätzung an und hatten zudem schlechtere Werte in Bezug auf die Lebensqualität. Außerdem waren sie stärker von Ängsten und Depression betroffen und litten häufiger an Schlafproblemen und Fatigue.</li> <li>Patienten mit oder ohne FM zeigten keine Unterschiede in Bezug auf Alter, sozioökonomischen Status und Einleitung einer biologischen Therapie.</li> </ul> <p>Die Autoren warnen vor der anscheinend großen Diskrepanz zwischen der Diagnose einer klinischen FM und dem Erfüllen wissenschaftlicher FM-Kriterien bei Patienten mit axialer SpA. Es sei zwar derzeit nicht klar, ob die Anwendung solcher Kriterien in Anwesenheit von axialer SpA valide ist, dennoch sollte auf den möglicherweise großen Bedarf an Behandlung von FM-Symptomen bei axSpAPatienten hingewiesen werden.</p> <h2>Weitere Studien kurz gefasst</h2> <ul> <li>Stichwort Tuberkulose: Obwohl das Tb- Risiko von Biologika-naiven Patienten mit Spondyloarthropathien mit dem der Allgemeinbevölkerung vergleichbar ist, steigt das Risiko um den Faktor 7,5 nach TNFi-Behandlung (de Vries MK et al, Abstr. Nr. 2006).</li> <li>Unter Golimumab erreichten mehr Patienten mit aktiver, sehr früher peripherer SpA eine klinische Remission nach 12 und 24 Wochen als unter Placebo; bei vielen war die Remission anhaltend (6–52 Monate) (Carron P et al, Abstr. 2005).</li> <li>Thema Rauchen und PsA: Aktives Rauchen war bei der Allgemeinbevölkerung mit einem höheren Risiko für PsA und mit einem viel höheren Risiko für Psoriasis assoziiert – ein klarer Gegensatz zu früheren Studien, die eine umgekehrte Beziehung gezeigt hatten. Außerdem hatten frühere Raucher ein signifikant niedrigeres Risiko als aktive Raucher, ein Rauchstopp könnte daher das Risiko für PsA bei Psoriasispatienten senken (Karmacharya P et al, Abstr. 3096).</li> </ul></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Annual Meeting of the American College of Rheumatology
(ACR), 11.–16. November 2016, Washington
</p>
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