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Diagnose und Therapie der pulmonalen Hypertonie

Von Pneumologen und Kardiologen gemeinsam erarbeitete Leitlinien

<p class="article-intro">Die pulmonale Hypertonie (PH) ist eine Erkrankung mit vielen verschiedenen klinischen Erscheinungsformen, die eine Vielzahl von Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten komplizieren kann. Das Gremium, welches die neuen, von der ESC und der ERS gemeinsam herausgegebenen Guidelines zur Diagnose und Therapie der pulmonalen Hypertonie erarbeitete, setzte sich deshalb aus Experten verschiedener medizinischer Disziplinen zusammen und wurde von je einem Vertreter der ESC und der ERS geleitet.<sup>1</sup> Der ERS-Chairman in der Guideline-Taskforce Prof. Dr. med. Marc Humbert, Professor für Pneumologie und Experte für pulmonale Hypertonie an der Université de Paris-Sud, stellte die Leitlinien am Jahres-kongress der Schweizer Pneumologen, der in diesem Jahr gemeinsam mit den Schweizer Kardiologen in Lausanne abgehalten wurde, vor.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Innere_1604_Weblinks_Seite35_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p>Der normale mittlere pulmonal-arterielle Druck (PAPm) betr&auml;gt 14&plusmn;3mmHg, wobei Werte bis 20mmHg als normal gelten. Betr&auml;gt der PAPm &ge;25mmHg, liegt definitionsgem&auml;ss eine pulmonale Hypertonie vor. Werte zwischen 21 und 24mmHg sind m&ouml;glicherweise pathologisch. Patienten mit Werten in diesem Graubereich sollten genau beobachtet werden, wenn sie ein erh&ouml;htes PH-Risiko haben (z.B. bei Bindegewebserkrankungen oder famili&auml;rer PAH).<br /> Die PH wird anhand von h&auml;modynamischen Parametern definiert (Tab. 1) und anhand des klinischen Bildes klassifiziert (Tab. 2). &laquo;Zusammen mit den Kardiologen haben wir versucht, eine klarere Definition f&uuml;r die Patienten mit einer rein passiven isolierten postkapill&auml;ren PH zu finden (Tab. 1).<sup>1</sup> Diese Arbeit ist noch nicht abgeschlossen, wahrscheinlich werden wir die Werte in der n&auml;chsten Version der Guidelines noch anpassen m&uuml;ssen&raquo;, erkl&auml;rte Humbert. Im Vergleich mit der Version von 2009<sup>2</sup> finden sich in der aktuellen klinischen Klassifizierung einige Erg&auml;nzungen und &Auml;nderungen (in Tab. 2 kursiv gesetzt).<sup>1</sup> Die in Gruppe 1 zusammengefassten Formen der PH sind, unabh&auml;ngig von der Ursache, dadurch charakterisiert, dass bei allen ein Remodeling der kleinen Lungenarterien vorliegt, weshalb diese Formen als pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) bezeichnet werden. Sehr &auml;hnlich sind die PH-Formen, die vorwiegend ein Remodeling der Lungenvenen aufweisen und deshalb in der Gruppe 1&rsquo; zusammengefasst werden. &laquo;Die in Gruppe 4 aufgelistete chronische thromboembolische PH (CTEPH) ist heilbar. Klassischerweise operativ, immer h&auml;ufiger aber auch mittels pulmonaler Ballonangioplastie&raquo;, so Humbert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Innere_1604_Weblinks_Seite35_2.jpg" alt="" width="876" height="508" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Innere_1604_Weblinks_Seite36.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Einsch&auml;tzung des Risikos bei PAH</h2> <p>Im Vergleich zur letzten Version empfehlen die Experten in den aktuellen Leitlinien bei PAH-Patienten neu eine regelm&auml;ssige Beurteilung des Risikos f&uuml;r eine Krankheitsprogression oder Tod (Klasse/Level: I/C; Tab. 3). Die Beurteilung sollte bei stabilen Patienten alle drei bis sechs Monate durchgef&uuml;hrt werden, bei instabilen Patienten h&auml;ufiger. &laquo;Die Beurteilung des Risikos ist bei PAH-Patienten sehr wichtig, um die Kandidaten f&uuml;r eine der innovativen Therapien (Tab. 4), wie Endothelinrezeptorantagonisten, PD-5-Hemmer und Guanylatzyklasestimulatoren sowie Prostazyklinanaloga und Prostazyklinrezeptoragonisten, identifizieren zu k&ouml;nnen&raquo;, betonte Humbert. Die H&ouml;he des Risikos h&auml;ngt sehr stark von der Beeintr&auml;chtigung der Rechtsherzfunktion ab, weshalb die Einsch&auml;tzung des Risikos auf klinischen Zeichen f&uuml;r eine Rechtsherzinsuffizienz, NT-proBNP, Bildgebung und h&auml;modynamischen Parametern beruht. &laquo;Hochrisikopatienten sollten aggressiv behandelt werden und, falls n&ouml;tig, sollte eine Lungentransplantation in Betracht gezogen werden&raquo;, erl&auml;uterte Humbert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Innere_1604_Weblinks_Seite37_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Innere_1604_Weblinks_Seite37_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Behandlungsalgorithmus bei PAH</h2> <p>Nach der Best&auml;tigung der PAH-Diagnose in einem spezialisierten Zentrum sollen allgemeine Massnahmen, wie z.B. Empf&auml;ngnisverh&uuml;tung bei Frauen (I/C), Grippe- und Pneumokokkenimpfung (I/C), psychosoziale Unterst&uuml;tzung (I/C), &uuml;berwachtes Training nur bei dekonditionierten Patienten unter medikament&ouml;ser Therapie (IIa/B) und Sauerstoff bei Flugreisen (IIa/C), sowie supportive Therapien wie Diuretika bei Rechtsherzinsuffizienz und Fl&uuml;ssigkeitsretention (I/C), kontinuierliche Sauerstoffgabe bei Hypox&auml;mie (I/C), evtl. orale Antikoagulation bei idiopathischer, angeborener oder medikamenteninduzierter PAH (IIb/C) sowie ggf. Korrektur von An&auml;mie und/oder Eisenmangel (IIb/C) empfohlen werden. ACE-Hemmer, AT2-Rezeptorblocker, Betablocker und Ivabradin werden bei PAH nicht empfohlen, ausser wenn sie aufgrund einer Komorbidit&auml;t indiziert sind.<br /> Bei therapienaiven Patienten, die auf den akuten Vasoreaktivit&auml;tstest ansprechen, sind Kalziumkanalblocker indiziert. &laquo;Allerdings spricht nur ungef&auml;hr die H&auml;lfte dieser Patienten auf Kalziumkanalblocker an, weshalb engmaschig nachkontrolliert werden muss&raquo;, betonte Humbert. Wenn keine Vasoreaktivit&auml;t vorhanden ist, lassen die Guidelines bei Patienten mit niedrigem und intermedi&auml;rem Risiko die Wahl zwischen einer initialen oralen Mono- oder Kombinationstherapie. Bei Hochrisikopatienten soll die Behandlung mit einer Kombination gestartet werden, die ein i.v. Prostazyklinanalogon, vorzugsweise Epoprostenol, enth&auml;lt. &laquo;Bei ungen&uuml;gendem Ansprechen muss die Therapie weiter ausgebaut werden und gegebenenfalls eine Lungentransplantation in Erw&auml;gung gezogen werden&raquo;, so Humbert.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gali&egrave; N et al: 2015 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension: The Joint Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS): Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC), International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT). Eur Respir J 2015; 46: 903-75 <br /><strong>2</strong> Gali&egrave; N et al; Task Force for Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of European Society of Cardiology (ESC); European Respiratory Society (ERS); International Society of Heart and Lung Transplantation (ISHLT): Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. Eur Respir J 2009; 34: 1219-63</p> </div> </p>
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