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Lungenkarzinom-Screening

<p class="article-intro">Das Lungenkarzinom zählt nach wie vor zu den häufigsten tumorbedingten Todesursachen in Europa. Eine der Ursachen für die schlechte Prognose dieser Tumorentität ist, dass sie meist erst spät im Verlauf zu Symptomen führt und der Tumor daher bei den meisten Patienten in einem weit fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Durch ein Screening mittels LDCT kann die Lungenkarzinom-bedingte Mortalit&auml;t bei starken Rauchern um bis zu 20 % reduziert werden.</li> <li>Voraussetzung f&uuml;r den Erfolg eines LDCT-Screeningprogramms ist die Beschr&auml;nkung des Screenings auf Personen mit einem hohen Lungenkarzinomrisiko.</li> <li>Die meisten der beim Screening nachgewiesenen Rundherde sind benigne. Eine evidenzbasierte Abkl&auml;rung der Rundherde ist daher obligat.</li> </ul> </div> <p>Da nur jene Patienten eine gute Prognose haben, bei denen der Tumor in einem sehr fr&uuml;hen Stadium diagnostiziert wird, kommt der Fr&uuml;herkennung eine besondere Bedeutung zu. In einer gro&szlig; angelegten prospektiven, randomisierten Studie, der in den USA durchgef&uuml;hrten NLST (National Lung Screening Trial), konnte vor wenigen Jahren nachgewiesen werden, dass sich durch ein Screening auf Lungenkarzinom mit einer Niedrigdosis-CT (&bdquo;low dose CT&ldquo;; LDCT) die Bronchuskarzinom-bedingte Mortalit&auml;t um 20 % senken l&auml;sst.<sup>1</sup> Seit der Publikation dieser Daten konnte in weiteren Studien gezeigt werden, dass sich durch striktere Einschlusskriterien und optimierte Untersuchungsprotokolle die Effizienz eines LDCT-Screenings weiter verbessern l&auml;sst.<br /> Bereits in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde in einer Reihe von Studien versucht, durch ein Screening mit j&auml;hrlich durchgef&uuml;hrtem Lungenr&ouml;ntgen mit oder ohne Sputumzytologie die Lungenkarzinom-bedingte Mortalit&auml;t zu senken. Obwohl gezeigt werden konnte, dass sich durch ein Screening mit Thoraxr&ouml;ntgen h&auml;ufig Bronchuskarzinome in einem fr&uuml;hen Stadium diagnostizieren lassen, wurde in keiner Studie eine Verringerung der Lungenkarzinom-Mortalit&auml;t nachgewiesen.</p> <h2>LDCT f&uuml;r das Lungenkarzinom-Screening</h2> <p>Mit der Einf&uuml;hrung von LDCT-Ger&auml;ten Ende der 1990er-Jahre steht nun ein diagnostisches Verfahren zur Verf&uuml;gung, mit dem sich sehr kleine Lungenrundherde mit geringer Strahlendosis nachweisen lassen. Mit der Studie NLST konnte nun gezeigt werden, dass durch ein LDCT-Screening eine Reduktion der Lungenkarzinom-bedingten Mortalit&auml;t (20 % ) und auch der Gesamtmortalit&auml;t (6,9 % ) erzielbar ist.<sup>1</sup> In Europa laufen derzeit eine Reihe vergleichbarer, wenn auch deutlich kleinerer Screeningstudien, um weitere Evidenz f&uuml;r den Nutzen dieser Fr&uuml;herkennungsstrategie zu schaffen.<br /> Die NLST konnte neben dem positiven Effekt des Screenings auf die Lungenkarzinom-bedingte Mortalit&auml;t auch einige Herausforderungen aufzeigen, mit denen wir im Screening konfrontiert werden.<br /> Eine der gr&ouml;&szlig;ten Herausforderungen im LDCT-Screening ist die hohe Zahl an falsch positiven Screeningresultaten. In der NLST wurden im ersten Screeningdurchgang 24 % der Untersuchungen als positiv gewertet, wobei jeder Rundherd mit einem Durchmesser &gt;4mm als positiv gewertet wurde.<sup>1</sup> Von den positiven Rundherden erwiesen sich schlussendlich jedoch nur 3,6 % tats&auml;chlich als Lungenkarzinome. Insgesamt fanden sich in allen drei Screeningdurchg&auml;ngen bei 39,1 % der Patienten ein oder mehrere Rundherde mit einem Durchmesser &gt;4mm. Die hohe Zahl an pulmonalen Rundherden verbunden mit dem &auml;u&szlig;erst geringen Anteil an Lungenkarzinomen unterstreicht die Relevanz einer gezielten Abkl&auml;rung (Abb.&nbsp;1). In der NLST wurden die meisten der detektierten Rundherde durch Verlaufsuntersuchungen weiter abgekl&auml;rt, nur ein geringer Anteil wurde invasiv abgekl&auml;rt. Der hohe Anteil an falsch positiven Screeningresultaten hat einen direkten negativen Einfluss auf die Gesamtkosten des Screenings sowie &ndash; aufgrund des Risikos in Zusammenhang mit der kumulativen Strahlendosis &ndash; auf die Gesundheit. Aus diesem Grund sind die Definition positiver Screeningresultate sowie die Strategie der Abkl&auml;rung von festgestellten Rundherden von zentraler Bedeutung. So k&ouml;nnte beispielsweise die Anhebung des Grenzwerts f&uuml;r die Definition eines positiven Resultats von 4 auf 7mm die Zahl fr&uuml;her Verlaufsuntersuchungen um 70 % senken, ohne die Effizienz des Screenings wesentlich zu verringern.<sup>2</sup> Durch die Anwendung standardisierter Protokolle kann die Abkl&auml;rung von Rundherden an das Malignomrisiko der einzelnen Rundherde angepasst werden. Basierend auf den Daten der NLST und den Erfahrungen aus anderen Studien wurde dazu vom American College of Radiology ein Algorithmus zur Abkl&auml;rung von im Screening detektierten Rundherden vorgeschlagen, der neben der Gr&ouml;&szlig;e auch deren Dichte in die Risikoabsch&auml;tzung mit einbezieht.<sup>3</sup></p> <h2>Effizienz von Screeningprogrammen</h2> <p>Von wesentlicher Bedeutung f&uuml;r die Effizienz eines Screeningprogramms ist eine exakte Definition der Screeningpopulation. Dazu z&auml;hlt die Identifikation jener Einschlusskriterien, die zur Teilnahme von Personen f&uuml;hren w&uuml;rden, die aufgrund eines nur sehr geringen Tumorrisikos nicht vom Screening profitieren w&uuml;rden. Durch den Einschluss solcher Personen w&uuml;rde einerseits die Effizienz des Screenings sinken, andererseits w&uuml;rden diesem Kollektiv dadurch Risiken aufgrund einer invasiven Abkl&auml;rung von nachgewiesenen Rundherden entstehen sowie m&ouml;glicherweise Folgen aufgrund der kumulativen Strahlendosis drohen.<br /> In die NLST wurden nur Personen eingeschlossen, die zwischen 54 und 74 Jahre alt waren und bereits &gt;30 Packungsjahre in der Anamnese aufwiesen, wobei auch ehemalige Raucher eingeschlossen wurden, die innerhalb der letzten 15 Jahre vor Studieneinschluss das Rauchen beendet hatten. Dadurch wurde das Screening auf eine Personengruppe beschr&auml;nkt, die ein Risiko von 2&ndash;20 % aufwies, in den n&auml;chsten zehn Jahren an Lungenkrebs zu erkranken.<sup>4</sup> Durch den Miteinbezug weiterer Risikofaktoren wie Geschlecht, Body-Mass-Index und anamnestische Informationen kann die Population jener Personen, die vom Screening profitieren w&uuml;rden, besser definiert und so auch die Zahl an Teilnehmern an einem Screeningprogramm eingeschr&auml;nkt werden.<sup>5, 6</sup><br /> Zur Kosteneffizienz eines LDCT-gest&uuml;tzten Lungenkrebs-Screenings liegen erst wenige gesicherte Daten vor. Eine amerikanische Studie geht jedoch davon aus, dass unter Ber&uuml;cksichtigung der Anzahl an gewonnenen Lebensjahren das Screening von Bev&ouml;lkerungsgruppen mit erh&ouml;htem Lungenkrebsrisiko f&uuml;r die Krankenversicherungstr&auml;ger kosteneffektiver ist als Screenings auf Darm-, Brust- oder Geb&auml;rmutterhalskrebs.<br /> Die positiven Daten der NLST haben in den USA dazu gef&uuml;hrt, dass gro&szlig;e wissenschaftliche Gesellschaften ein LDCT-Screening empfehlen und auch Versicherungen die Kosten daf&uuml;r &uuml;bernehmen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Onko_1501_Weblinks_Seite63.jpg" alt="" width="308" height="305" /></p> <h2>Lungenkrebs-Screening: Situation in &Ouml;sterreich</h2> <p>In &Ouml;sterreich &uuml;bernehmen die Krankenkassen derzeit die Kosten f&uuml;r ein LDCT-Screening nicht, dieses kann daher nur bei Kosten&uuml;bernahme seitens der Patienten durchgef&uuml;hrt werden. F&uuml;r die Durchf&uuml;hrung eines Screenings in &Ouml;sterreich gibt es einen Konsens zwischen der &Ouml;sterreichischen R&ouml;ntgengesellschaft (&Ouml;RG) und der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Pneumologie (&Ouml;GP):</p> <ul> <li>Es sollten nur Personen mit einem deutlich erh&ouml;hten Lungenkarzinomrisiko untersucht werden. Das betrifft Raucher und Exraucher, die erst innerhalb der letzten 15 Jahre mit dem Rauchen aufgeh&ouml;rt haben, &uuml;ber 55 Jahre alt sind und eine Rauchanamnese von 30 Packungsjahren aufweisen.</li> <li>Die zu screenenden Personen sollten von Medizinern betreut und beraten werden, die &uuml;ber ausreichende Erfahrung in der Abkl&auml;rung von pulmonalen Rundherden verf&uuml;gen.</li> <li>Die Betroffenen m&uuml;ssen &uuml;ber die M&ouml;glichkeit von falsch positiven Screeningergebnissen und die weiteren zur Abkl&auml;rung erforderlichen Folgeuntersuchungen sowie m&ouml;glicherweise notwendige invasive Eingriffe informiert werden.</li> <li>Den Untersuchten muss klargemacht werden, dass sie auch die Durchf&uuml;hrung eines LDCT-Screenings nicht sicher vor dem Auftreten eines inoperablen Lungenkarzinoms sch&uuml;tzt.</li> <li>Die CT-Untersuchungen sollten in LDCT-Technik und &uuml;ber mindestens drei Jahre hindurch in j&auml;hrlichen Intervallen durchgef&uuml;hrt werden.</li> <li>Die Abkl&auml;rung gefundener Rundherde muss in standardisierter Weise erfolgen.</li> </ul></p> <p class="article-quelle">Quelle: Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin, Medizinische Universität Wien, AKH Wien<br/> E-Mail: helmut.prosch@meduniwien.ac.at<br/> Quelle: Central European Lung Cancer Congress (CELCC) 2014, 29. November bis 1. Dezember 2014, Wien </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Aberle DR et al: N Engl J Med 2011; 365: 395-409<br /><strong>2</strong> Henschke CI et al: Ann Intern Med 2013; 158: 246-252<br /><strong>3</strong> McKee BJ et al: J Am Coll Radiol 2014; doi: 10.1016/j.jacr.2014.08.004<br /><strong>4</strong> Bach PB et al: JAMA 2012; 307: 2418-2429<br /><strong>5</strong> Cassidy A et al: Br J Cancer 2008; 98: 270-276<br /><strong>6</strong> Kovalchik SA et al: N Engl J Med 2013; 369: 245-254</p> </div> </p>
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