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US- und CT-geleitete Biopsie zur Diagnose beim Bronchialkarzinom
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Mostbeck
Institut für diagnostische und<br> interventionelle Radiologie<br> Wilhelminenspital, Wien<br> Institut für Röntgendiagnostik<br> Otto-Wagner-Spital, Wien<br> E-Mail: gerhard.mostbeck@wienkav.at
30
Min. Lesezeit
02.03.2017
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<p class="article-intro">Die radiologisch-interventionelle Gewebeentnahme (US- und CT-geleitete perkutane Biopsien) ist neben der Bronchoskopie (kombiniert mit endosonografischen Techniken [EBUS, EUS]) und chirurgischen Techniken (Thorakotomie, VATS, Mediastinoskopie, VAMLA) ein wenig invasiver Weg zur Gewebediagnose bei Verdacht auf Bronchialkarzinom (BC). Dabei gilt es, für den individuellen Patienten schonend und risikoarm ausreichend Gewebe zur umfassenden histologischen, immunhistochemischen und molekularen Diagnostik zu gewinnen.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Anforderungen an die Gewebediagnose</h2> <p>Die Gewinnung von zytologisch beurteilbarem Material alleine wird heute für die Gewebediagnose bei Verdacht auf BC als nicht ausreichend angesehen, da erst eine umfassende histologische, immunhistochemische und molekulare Diagnostik die Voraussetzung einer optimalen, individuellen Therapie darstellt. Für die perkutane US- und CT-gezielte Biopsie des Primärtumors (T), von Lymphknotenmetastasen (N, mediastinal, aber vor allem zervikal) und Fernmetastasen (M, vor allem Leber, Knochen, Nebenniere) stehen Feinnadeln (23G bis 20G) und Stanzbiopsienadeln (>20G) vom TruCut- und Menghini- Typ zur Verfügung. Die vom Autor bevorzugten TruCut-Typ-Nadeln (20G bis 18G) erlauben so gut wie immer die Gewinnung von ausreichend Material, wobei die Biopsie in koaxialer Technik zu bevorzugen ist, da über die liegende Koaxialnadel mehrere Gewebeproben gewonnen werden können. Die Vorteile der Schnellzytologie (Vor-Ort- Zytologie) sind die Vermeidung falsch negativer Biopsien und die Adaptierung der Aufarbeitung des Gewebes (z.B. bei suspekter Infektion/Inflammation). Neben der primären Diagnose sind Biopsien auch zur Abschätzung des Therapieansprechens und zur Verifizierung eines Rezidivs indiziert.</p> <h2>Vor der Biopsie – Kontraindikationen</h2> <p>Die Indikation zur Biopsie sollte in einem interdisziplinären Tumorboard BC gestellt werden, wobei aus radiologischer Sicht dazu eine umfassende bildgebende Diagnostik (zumindest CT Thorax und Oberbauch) vorliegen sollte. Aus diesen Bilddaten ergibt sich die Indikation zur gezielten Gewebediagnose (als Beispiel: Patient mit suspektem BC im Stadium T2N3 mit supraklavikulären Lymphknotenmetastasen – Indikation zur Lymphknotenbiopsie, da risikoärmer als Lungenbiopsie) und die Abschätzung des Risikos. Absolute Kontraindikationen sind eine nicht korrigierbare Gerinnungsstörung und das fehlende Einverständnis des Patienten, relative Kontraindikationen einer Lungenbiopsie sind unkooperative Patienten, ein nicht therapierbarer Husten, eine Beatmung mit positivem endexspiratorischem Druck, eine ausgeprägte Lungengerüsterkrankung, ein Zustand nach Pneumonektomie, eine massive pulmonalarterielle Hypertension und ausgeprägte Emphysembullae um die Zielläsion. Die Lungenbiopsie ist nach den Empfehlungen der CIRSE (Cardiovascular and Interventional Radiologic Society of Europe; Malloy PC et al: J Vasc Interv Radiol 2009; 20: 240) eine Intervention mit mäßigem Blutungsrisiko, die Empfehlungen sind bei dualer Thrombozytenaggregationshemmung das Absetzen von Clopidogrel 5 Tage vor dem Eingriff, ein INR <1,5 und eine Thrombozytenzahl >50.000/µl. Ein Absetzen nichtsteroidaler Antiphlogistika (z.B. Acetylsalicylsäure) wird nicht gefordert.</p> <h2>T-Biopsie</h2> <p>Dabei geht es um die Biopsie pulmonaler Rundherde (RH) und pulmonaler Raumforderungen, die suspekt für ein BC sind. Zur Indikation der perkutanen Biopsie solider und teilsolider RH (=3cm Durchmesser) existieren verschiedene Guidelines (Fleischner Society, IASCL/ATS/ERS). Ein wichtiger Aspekt dabei ist die individuelle Beurteilung der Vortestwahrscheinlichkeit, ob ein RH benigne oder maligne ist. Neben demografischen und anamnestischen Daten des Patienten kommt der Beurteilung der Morphologie (Röntgen, aber insbesondere CT Thorax) und der Funktion (Fluordesoxyglukose- Akkumulation in der PET/ CT) eine wesentliche Bedeutung zu. Webverfügbare Programme (z.B. http://reference. medscape.com/calculator/solitarypulmonary- nodule-risk oder http://www. chestx-ray.com/index.php/calculators/spncalculator) sind sehr hilfreich, um das individuelle Risiko eines Patienten abzuschätzen. Dabei sind gerade RH mit mittlerer Wahrscheinlichkeit für ein BC (Malignitätswahrscheinlichkeit >10 % , aber <60 % ) die Indikation zur US- oder CT-gezielten Biopsie. Bei Raumforderungen (oft nach primär negativer oder inkonklusiver Gewebediagnose nach Bronchoskopie) gilt es, Areale mit Nekrose zu vermeiden und vitales Tumorgewebe (mit hoher FDG-Aufnahme in der PET/CT) zu biopsieren.<br /> US-Biopsie: Die US-geleitete Biopsie der Lunge ist dann möglich, wenn die Läsion Kontakt zur Pleura hat und der Zugangsweg der Nadel auch mit US erfasst werden kann. Die US-Biopsie vermeidet die Strahlenexposition des ärztlichen und MTDG-Personals und natürlich auch des Patienten, ist rasch durchführbar und kostengünstig.<br /> CT-Biopsie: Die Mehrheit der pulmonalen RH und Raumforderungen ist nur der CT-gezielten Biopsie zugänglich (Abb. 1). Zur Biopsie steht spezielle CT-Software (sequenzielle CT, Biopsie-Software oder CTDurchleuchtung) zur Verfügung, die Biopsie erfordert persönliche Erfahrung und Kenntnis unterschiedlicher Techniken (koaxiale Biopsie, Tandem-Nadel-Technik, „fly-bye“ Biopsie u.a.m.). Die Planung des Zugangsweges ist essenziell, wobei zur Vermeidung von Komplikationen die Pleura nur einmal und senkrecht zum Pleuraverlauf traversiert werden sollte (deshalb koaxiale Technik). Lappenspalten, große Gefäße und Bronchien sollten nicht im Nadelweg liegen. Die bequeme Lagerung (Bauchlage besser als Rückenlage wegen geringerer Atemexkursionen) und die fortlaufende Kommunikation mit dem Patienten sind neben einer ausreichenden Lokalanästhesie (vor allem auch der parietalen Pleura) essenziell.<br /> Die Komplikationen der CT-gezielten Lungenbiopsie sind in Tabelle 1 angeführt. Todesfälle (0,02 % ) sind für die CT-gezielte Lungenbiopsie durch Blutung und Luftembolie beschrieben. Eine klinisch signifikante Verschleppung von Tumorzellen im Nadeltrakt ist ein sehr seltenes Ereignis (0,012 % ). Die US-gezielte Biopsie hat im Vergleich zur CT-Biopsie eine geringere Häufigkeit an Pneumothoraces (4 % ), einfach weil bei der US-Biopsie die Traversierung belüfteter Lungenabschnitte vor der Zielläsion nicht/kaum möglich ist. Unterschiedliche Ergebnisse liegen bezüglich einer „Versiegelung“ des Nadeltraktes (autologes Blutgerinnsel, Hämostyptika) zur Verhinderung eines Pneumothorax vor. Ein während der Biopsie auftretender symptomatischer Pneumothorax ist durch einen Facharzt für interventionelle Radiologie mit Absaugen (über die Koaxialnadel) bzw. einem Heimlich-Ventil zu versorgen. Die lokale Lungenblutung (in der CT neu aufgetretene milchglasartige Verdichtung um die Nadel) ist relativ häufig und asymptomatisch, die klinisch manifeste Hämoptyse aber selten.<br /> Die Treffsicherheit der US- und CT-gezielten Biopsie ist hoch, sie liegt in zahlreichen Studien zwischen 90 und 99 % (Stanzbiopsie). Die Treffsicherheit nimmt allerdings mit der Größe der RH für die CT-Biopsie ab (RH <2cm: Treffsicherheit 85 bis 95 % ; RH <2cm: Treffsicherheit 75 bis 90 % ). Die Nachsorge nach US- und CTgezielter Biopsie inkludiert die Lagerung des Patienten „mit der Biopsiestelle nach unten“, die engmaschige klinische Überwachung und die Durchführung von US oder Thoraxröntgen (etwa 2h nach Biopsie) zur Diagnose eines eventuell spät auftretenden Pneumothorax.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s73_abb1.jpg" alt="" width="724" height="678" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s73_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="660" /></p> <h2>N-Biopsie</h2> <p>Hier ist vor allem die US-gezielte Biopsie von supraklavikulären Lymphknoten zu erwähnen (R1- und L1-Lymphknotenstationen nach TNM Version 7/8, Verifizierung einer N3-Situation). Die Sonografie dieser Lymphknotenstationen sollte insbesondere bei suspekten N2- und N3-Lymphknoten des Mediastinums in der CT durchgeführt werden. Der hochauflösende US ist der CT, aber insbesondere auch der Palpation weit überlegen! Im US suspekte Lymphknoten (Kriterien: Querdurchmesser >5mm, echoarm, fehlender Hilus) sind schonend durch US-Biopsie mit hoher Treffsicherheit abzuklären (Abb. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s73_abb2.jpg" alt="" width="723" height="662" /></p> <h2>M-Biopsie</h2> <p>Hier steht die Abklärung von suspekten Fernmetastasen (M1b- und M1c-Situation nach TNM Version 8) im Rahmen des Stagings in Leber, Knochen und Nebennieren im Vordergrund. Insbesondere bei fortgeschrittenen Tumorstadien (nach PET/CT) sind hier die Schonung des Patienten und das geringste Interventionsrisiko abzuwägen. Die Komplikationsrate US- oder CTgezielter Biopsien fokaler Leber- oder Knochenläsionen ist minimal und geringer als die Komplikationsrate US/CT-gezielter Lungenbiopsie, Bronchoskopie, EBUS, EUS, VATS, Mediastinoskopie und VAMLA. Die Biopsie suspekter Nebennieren-Raumforderungen ist selten indiziert, da mit multiparametrischer CT, MR und PET/CT sehr gut zwischen Inzidentalom (fetthaltiges Adenom, Prävalenz bis 3 % ) und Metastase differenziert werden kann.</p></p>
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<p>beim Verfasser</p>
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