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Update zum HER2-positiven metastasierten Mammakarzinom
Jatros
Autor:
Assoc. Prof. PD Dr. Rupert Bartsch
Klinische Abteilung für Onkologie<br> Universitätsklinik für Innere Medizin I<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: rupert.bartsch@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
12.09.2019
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<p class="article-intro">Mit der Einführung des monoklonalen Antikörpers Trastuzumab wurde die Prognose von Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs massiv verbessert. Weitere Fortschritte konnten durch die Etablierung des zweiten Anti-HER2-Antikörpers Pertuzumab sowie des Antikörper-Medikamentenkonjugates T-DM1 im (neo)adjuvanten bzw. postneoadjuvanten Setting erzielt werden. Bei metastasierter Erkrankung gilt heute eine Kombination aus Chemotherapie mit Trastuzumab und Pertuzumab als Standard in der Erstlinientherapie,<sup>1</sup> T-DM1 ist bei frühen Rückfällen sowie im Zweitliniensetting etabliert.<sup>2</sup> In späteren Therapielinien existieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine klar definierten Standards, weshalb sowohl weitere Studien wie auch neue Substanzen in diesem Setting dringend benötigt werden.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>SOPHIA-Studie</h2> <p>Margetuximab ist ein monoklonaler chimärer Antikörper, der ebenso wie Trastuzumab gegen das ECD4-Epitop von HER2 gerichtet ist. Im Unterschied zu Trastuzumab verfügt Margetuximab jedoch über eine veränderte IgG1-Fc-Domäne, was zu einer gesteigerten Antikörper-vermittelten zellulären Zytotoxizität (ADCC) sowie zu einer Verbesserung der HER2-spezifischen B- und T-Zell-Response führen soll.<sup>3, 4</sup> Die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Substanz konnte bereits in frühen klinischen Studien unter Beweis gestellt werden.<sup>3</sup> Im Rahmen des ASCO 2019 wurden nunmehr erste Daten der SOPHIA-Studie vorgestellt.<sup>5</sup> In dieser prospektiv randomisierten Phase-III-Studie wurde Margetuximab plus Chemotherapie (Cepacitabin, Eribulin, Gemcitabin oder Vinorelbin) mit Trastuzumab plus Chemotherapie verglichen. Die sequenziellen primären Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben (PFS) sowie das Gesamtüberleben (OS). Insgesamt wurden 536 Patientinnen eingeschlossen. Von Bedeutung für die Interpretation der Ergebnisse ist die Tatsache, dass es sich dabei um eine stark vorbehandelte Population handelt (100 % Trastuzumab, 100 % Pertuzumab, > 90 % T-DM1), was die heutige Behandlungsrealität widerspiegelt.<br />In der Margetuximab-Gruppe fand sich eine Verlängerung des medianen PFS von 4,9 auf 5,8 Monate (HR: 0,76; p = 0,033) (Abb. 1), in Hinblick auf das OS zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die Ansprechrate und die „Clinical Benefit“-Rate waren im Margetuximab- Arm höher, in Hinblick auf die Verträglichkeit zeigten sich unter Margetuximab mehr Infusionsreaktionen (12,9 % vs. 3,8 %), die jedoch mittels entsprechender Begleittherapie gut beherrscht werden konnten.<br />Auch wenn diese Ergebnisse auf den ersten Blick wenig beeindruckend wirken, zeigen sie doch, dass eine Verbesserung der Antikörperwirkung gegenüber Trastuzumab möglich erscheint. Abzuwarten bleibt, ob sich hier – wie auch in den anderen Antikörperstudien beim HER2-positiven metastasierten Mammakarzinom – ein vergleichsweise kurzer PFS-Benefit in einen größeren OS-Unterschied übertragen lässt, was für die weitere Entwicklung der Substanz wohl entscheidend erscheint.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1905_Weblinks_j_onko_1905_s81_abb1_bartsch.png" alt="" width="740" height="523" /></p> <h2>NALA-Studie</h2> <p>Neratinib ist ein Anti-HER2-Tyrosinkinasehemmer (TKI) der zweiten Generation, der irreversibel die Tyrosinkinasedomäne von EGFR, HER2 und HER4 blockiert und derzeit auf Basis der Ergebnisse der ExteNET-Studie zur verlängerten adjuvanten Therapie nach Trastuzumab zugelassen ist.<sup>6</sup> In der NALA-Studie wurde Capecitabin plus Neratinib bei vorbehandelten Patientinnen mit Capecitabin und dem Erstgenerations- TKI Lapatinib verglichen.<sup>7</sup> Insgesamt 621 Patientinnen wurden in diese Phase-III-Studie randomisiert, wobei im Unterschied zur SOPHIA-Studie nur 33 % zuvor bereits eine Behandlung mit Trastuzumab, Pertuzumab und T-DM1 erhalten hatten. Dabei zeigte sich im Neratinib-Arm eine Verlängerung des medianen PFS von 6,6 auf 8,8 Monate (HR: 0,76; p = 0,0059). In Hinblick auf die Zeit bis zur Notwendigkeit einer Behandlung von Hirnmetastasen zeigte sich ebenfalls ein Vorteil für Neratinib mit einer kumulativen Inzidenz von 22,8 % in der Neratinib-Gruppe gegenüber 29,2 % unter Lapatinib (Competing- Risk-Analyse; p = 0,043; Gray’s Test). Diese Ergebnisse unterstreichen die Tatsache, dass Neratinib eine klinisch relevante Aktivität aufweist und dem älteren TKI überlegen ist, gleichzeitig besteht das Problem einer hohen Diarrhörate trotz Loperamidprophylaxe.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1905_Weblinks_j_onko_1905_s82_abb2_bartsch.png" alt="" width="820" height="403" /></p> <h2>CLEOPATRA-Studie: End-of-Study- Analyse</h2> <p>Die End-of-Study-Analyse der CLEOPATRA- Studie unterstrich neuerlich, wie sehr die heute verfügbaren Substanzen die Naturgeschichte der HER2-positiven metastasierten Erkrankung verändern konnten.<sup>8</sup> So zeigt sich in der Gruppe der Patientinnen, die mit Docetaxel, Trastuzmab und Pertuzumab behandelt worden waren ein medianes OS von 57,1 Monaten im Vergleich zu 40,8 unter Docetaxel plus Trastuzumab. Nach 8 Jahren waren im Interventionsarm noch 37 % der Patientinnen am Leben, was eine Chronifizierung des HER2-positiven metastasierten Mammakarzinoms suggeriert.</p> <h2>Therapiestrategien bei Luminal-B/ HER2-positiven Tumoren</h2> <p>Interessant war eine Auswertung der National Cancer Database, in der die Behandlungsmuster bei Patientinnen mit Luminal-B/HER2-positiven Tumoren analysiert wurden. Hier zeigte sich ein überraschend hoher Anteil an Patientinnen, die initial mit endokriner Therapie oder einer Kombination aus endokriner Therapie und Anti-HER2-Therapie behandelt worden waren (37 % bzw. 24 % gegenüber nur 19 %, die Chemotherapie und Anti-HER2-Therapie erhalten hatten).<sup>9</sup> Hier scheint es von Interesse, im Vergleich dazu die Ergebnisse des österreichischen HER2-Registers abzuwarten.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>In den letzten Jahren konnte eine massive Verbesserung der Prognose von Patientinnen mit metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs erzielt werden, wie die End-of-Study-Analyse von CLEOPATRA neuerlich unter Beweis stellt. Neratinib stellt bei vorbehandelten Patientinnen eine interessante Behandlungsoption dar, die potenzielle Rolle von Margtuximab kann erst nach Vorliegen von OS-Daten eingeschätzt werden.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Baselga J et al.: N Engl J Med 2012; 366: 109-19 <strong>2</strong> Verma S et al.: N Engl J Med 2012; 367: 1783-91<strong> 3</strong> Bang YJ et al.: Ann Oncol 2017; 28: 855-61 <strong>4</strong> Nordstrom JL et al.: ASCO 2019, Abstr.#1030 <strong>5</strong> Rugo H et al.: ASCO 2019, Abstr. #1000 <strong>6</strong> Chan A et al.: Lancet Oncol 2016; 17: 367-77 <strong>7</strong> Saura C et al.: ASCO 2019, Abstr.#1002 <strong>8</strong> Swain SM et al.: ASCO 2019, Abstr. #1020<strong> 9</strong> Statler A et al.: ASCO 2019, Abstr. #1032</p>
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