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Therapieoptimierung mit etablierten und neuen Strategien
Jatros
30
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21.09.2017
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<p class="article-intro">Die Therapieoptimierung ist das Ziel der medizinischen Forschung. Sie betrifft sowohl etablierte wie auch neue Strategien. Eine Optimierung der Behandlung wird dabei nicht nur durch eine Verlängerung des Überlebens, sondern auch durch die Erhaltung der Lebensqualität in der verbleibenden Zeit erreicht. Beim heurigen ASCO wurde für diverse Entitäten gezeigt, dass manche Therapien beispielsweise über einen kürzeren Therapiezeitraum gegeben werden können, womit die Toxizität ohne signifikanten Verlust der Wirksamkeit verringert werden kann. Natürlich setzt man auch viel Hoffnung auf neue, z.B. zielgerichtete personalisierte Strategien. Und schließlich ist auch die Supportivtherapie von besonderer Bedeutung für die Patienten.</p>
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<p class="article-content"><h2>Verkürzte adjuvante Therapie beim Kolorektalkarzinom im Stadium III</h2> <p>Die Oxaliplatin-basierte adjuvante Therapie in Form von FOLFOX oder CAPOX über eine Dauer von 6 Monaten ist Standard für Patienten mit Kolorektalkarzinom (CRC) im Stadium III. Ob diese lange Therapiedauer, die aufgrund der kumulativen Toxizität sehr belastend für die potenziell gesunden Patienten sein kann, gerechtfertigt ist, war Frage einer gepoolten Auswertung von sechs Phase-III-Studien.<sup>1</sup> Die 12 834 in der Nichtunterlegenheitsstudie analysierten Patienten hatten postoperativ randomisiert entweder über 6 oder 3 Monate eine Chemotherapie mit FOLFOX oder CAPOX nach Wahl des Arztes und entsprechend den landesüblichen Schedules erhalten. Die Nichtunterlegenheit war definiert als Hazard-Ratio (HR) für das krankheitsfreie Überleben (DFS), wenn das obere Konfidenzintervall den Wert von 1,12 nicht überschritt.<br />Wie erwartet, wurde durch die Verkürzung der Therapiedauer die Toxizität deutlich reduziert. In Bezug auf die Neurotoxizität traten Grad-2-Nebenwirkungen durch die verkürzte adjuvante Gabe mehr als 50 % seltener auf und Grad-3/4-Nebenwirkungen waren um das 3- bis 5-Fache reduziert. Die 3-Jahres-DFS-Rate differierte in dieser ersten Analyse mit 75,5 % (6 Monate) vs. 74,6 % (3 Monate) um 0,9 % , was sich in der HR von 1,07 mit einem 95 % igen Konfidenzintervall (CI) von 1,00–1,15 niederschlug. Damit wurde der Studienendpunkt nicht erreicht. In einer Subgruppenanalyse konnte für die Risikogruppe mit T1–3/N1-Tumoren allerdings eine Nichtunterlegenheit der verkürzten adjuvanten Therapie gezeigt werden. Auch wurde ein Unterschied bezüglich des verwendeten Regimes gesehen: Während Patienten unter FOLFOX eher von 6 Monaten Therapie profitierten, scheint unter CAPOX eine 3-monatige Therapiedauer ausreichend zu sein. Die analysierten Studien seien nicht konzipiert worden, um CAPOX mit FOLFOX zu vergleichen, sodass ein Bias bezüglich der Patientenselektion nicht auszuschließen sei, bemerkten die Autoren. Die Empfehlung aus heutiger Sicht seien die dreimonatige adjuvante Behandlung der Patienten mit T1–3/N1-Tumoren und eine zu diskutierende Erweiterung auf 6 Monate in Abhängigkeit von der Tolerabilität der Therapie, der Patientenpräferenz, dem Rückfallrisiko und dem Regime.</p> <h2>Dreierkombination beim BRAF<sup>V600E</sup>-mutierten mCRC</h2> <p>Neue Therapieoptionen eröffnen sich möglicherweise für Patienten mit metastasiertem CRC und einer BRAF<sup>V600E</sup>-Mutation, welche mit einer aggressiven Biologie, einer schlechten Prognose und einem begrenzten Ansprechen auf Standard-Chemotherapien einhergeht. In der SWOG-S1406-Studie wurden vorbehandelte Patienten mit RAS- und BRAF<sup>V600E</sup>-Mutation entweder mit Cetuximab plus Irinotecan oder zusätzlich mit Vemurafenib behandelt.<sup>2</sup> Es wurden 99 Patienten in einem Alter von median 61 Jahren in die Studie eingeschlossen. Wie zu erwarten wurden im experimentellen Arm häufiger Nebenwirkungen von Grad 3/4 beobachtet, insbesondere Anämien (13 % vs. 0 % ), Neutropenien (33 % vs. 7 % ) und Übelkeit (20 % vs. 2 % ). <br />Durch die zusätzliche Gabe von Vemurafenib wurde das Risiko eines Progresses um 52 % reduziert. Das progressionsfreie Überleben (PFS) wurde von 2,0 auf 4,3 Monate verlängert (HR: 0,48; p=0,001) (Abb. 1). Laut einer Subgruppenanalyse profitierten alle untersuchten Patientengruppen besser von dem Vemurafenib-haltigen Regime. Ein Ansprechen wurde bei 16 % der Patienten im Vemurafenib-Arm und bei 4 % im Kontrollarm, eine stabile Erkrankung bei 50 % versus 17 % der Patienten gesehen. Das Gesamtüberleben (OS) war mit median 9,6 Monaten und 5,9 Monaten numerisch verschieden (HR: 0,73; p=0,19). Ein signifikanter Unterschied war nicht zu erwarten, da 48 % der Patienten im Kontrollarm nach Progress zusätzlich mit Vemurafenib behandelt wurden. Von diesen Patienten zeigten 17 % ein Ansprechen und 55 % eine Stabilisierung der Erkrankung. Das mediane PFS der Cross-over-Klientel betrug 5,8 Monate, das mediane OS 12,1 Monate. Diese Ergebnisse etablieren Vemurafenib/Irinotecan/Cetuximab (VIC) als neue Therapieoption beim BRAF<sup>V600E</sup>-mutierten Kolorektalkarzinom, so die Autoren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_s58.jpg" alt="" width="1454" height="841" /></p> <h2>ADT beim Prostatakarzinom von 36 auf 18 Monate reduzierbar</h2> <p>Auch beim Prostatakarzinom kann die Therapiedauer, in diesem Fall der Androgendeprivationstherapie (ADT), anscheinend ohne Beeinträchtigung der Wirksamkeit reduziert werden. In einer Phase-III-Studie wurden zwischen Oktober 2000 und Jänner 2008 630 Patienten rekrutiert, die randomisiert eine ADT entweder über 36 oder über 18 Monate erhielten. Zusätzlich wurden die Studienteilnehmer einer Radiotherapie unterzogen.<sup>3</sup> Primäre Endpunkte waren das OS, die Lebensqualität und das krankheitsspezifische Überleben. Die Patienten waren median 71 Jahre alt und hatten bei Studienbeginn einen PSA von 15,4–16,4ng/ml. Der Gleason Score betrug im Median 8 mit einer Spanne von 6–10. Ein Viertel der Patienten war im Tumorstadium T1c, etwa die Hälfte im Stadium T2a–c und ein Viertel im Stadium T3. <br />Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9,4 Jahren waren weniger als die Hälfte der Patienten verstorben. Die Todesursache war in beiden Studien vergleichbar (jeweils 36 Monate vs. 18 Monate): 23,8 % vs. 28,0 % der Patienten starben an einem sekundären Karzinom, 21,1 % vs. 23,1 % an einem Prostatakarzinom, 17,0 % vs. 17,5 % an kardiovaskulären Ereignissen, 15,0 % vs. 11,9 % an pulmonalen Ereignissen, 2,7 % vs. 3,5 % an gastrointestinalen Ereignissen und 20,4 % vs. 16,1 % an anderen oder unbekannten Ursachen. Das OS war in beiden Studienarmen vergleichbar: Nach 5 Jahren lebten 90,9 % vs. 86,1 % der Studienteilnehmer, nach 10 Jahren 62,4 % vs. 62,0 % (HR: 1,024; p=0,8411). Auch beim krankheitsfreien Überleben wurde kein Unterschied beobachtet (HR: 0,948; p=0,830). Bezüglich der Lebensqualität zeigte sich ein Vorteil für die kürzere Behandlungszeit: Bei 13 von 55 Punkten und in 6 von 21 Skalen wurde ein signifikanter Unterschied mit einem p-Wert von <0,01 beobachtet. Bei den Punkten Hitzewallungen und befriedigender Sex wurde ein Unterschied von durchschnittlich über 10 Punkten gesehen. In einer multivariaten Analyse wurden nur das Alter und ein Gleason Score >7 als prognostische Marker für das OS identifiziert. Somit könne beim lokalisierten hormonrezeptorpositiven Prostatakarzinom, das mit einer Radiotherapie und einer ADT behandelt wird, die ADT sicher von 36 auf 18 Monate reduziert werden, schlussfolgerten die Autoren.</p> <h2>Cabazitaxel in der vierten Therapielinie bei selektierten Prostatakarzinompatienten</h2> <p>Prostatakarzinompatienten, die im kastrationsresistenten Stadium Docetaxel, Cabazitaxel und eine AR-gerichtete Therapie in beliebiger Reihenfolge erhalten, zeigen die längsten Überlebenszeiten. Aufgrund der Cross-Resistenzen zwischen Enzalutamid und Abirateron sowie der kumulativen Toxizität von Docetaxel eignen sich diese Therapien weniger gut für eine weitere, also vierte Therapielinie. Der wiederholte Einsatz von Cabazitaxel in der vierten Therapielinie wurde anhand von klinischen Daten von 70 intensiv vorbehandelten Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) und gutem erstem Ansprechen auf eine Cabazitaxel-Therapie retrospektiv untersucht.<sup>4</sup> 52 Patienten hatten DOC → NHT → CABA → CABA, 15 DOC → CABA → NHT → CABA und 3 NHT → DOC → CABA → CABA erhalten. Die mediane Zeit seit dem letzten Cabazitaxel-Zyklus betrug 8,6 Monate. In der Erstlinie wurde mit Docetaxel ein medianes PFS von 11,3 Monaten, mit AR-gerichteten Therapien eines von 12,0 Monaten und mit Cabazitaxel eines von 11,9 Monaten erreicht. Unter dem wiederholten Cabazitaxel-Einsatz betrug das mediane PFS 7,8 Monate. Das mediane OS ab der ersten palliativen Behandlung betrug 59,9 Monate und ab der vierten Therapielinie 13,4 Monate. Die Nebenwirkungen unter dem wiederholten Einsatz von Cabazitaxel waren akzeptabel. Der wiederholte Einsatz von Cabazitaxel bei intensiv vorbehandelten Patienten, die noch fit genug für eine weitere Chemotherapie sind und gut auf die initiale Cabazitaxel-Therapie angesprochen haben, sei eine mögliche Therapieoption, schlossen die Autoren.</p> <h2>Unter CDK4/6-Inhibitor bleibt Lebensqualität erhalten</h2> <p>In der placebokontrollierten MONALEESA-2-Studie wurde das Risiko für einen Progress durch Zugabe von Ribociclib zu Letrozol bei postmenopausalen Patienten mit frühem HR<sup>+</sup>-/HER2-Mammakarzinom mit einem medianen PFS von 25,3 Monaten vs. 16,0 um 43 % signifikant gesenkt. In einer Auswertung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität zeigte sich in beiden Therapiearmen keine klinisch relevante Änderung der Lebensqualität, woraus die Autoren schlossen, dass Nebenwirkungen durch die zusätzliche Gabe des CDK4/6-Inhibitors die Lebensqualität nicht signifikant beeinflussen.<sup>5</sup> Auch hinsichtlich einzelner Symptome wurde, mit Ausnahme der Schmerzen, kein klinisch relevanter Unterschied zwischen den Studienarmen gesehen. Bezüglich der Schmerzen wurde mit der Kombination von Ribociclib und Letrozol eine klinisch bedeutsame Reduktion beobachtet, während unter alleiniger Letrozol-Gabe eine Schmerzreduktion nur im Trend zu erkennen war. Die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität laut EORTC QLQ-C30 war in beiden Therapiearmen mit einer HR von 0,944 nicht verschieden. Zusätzlich zum signifikant verlängerten PFS werde mit Ribociclib also die Lebensqualität der Brustkrebspatientinnen erhalten, resümierten die Autoren.</p> <h2>APHINITY-Studie erfüllt in erster Analyse den primären Endpunkt</h2> <p>Bei Patientinnen mit frühem HER2<sup>+</sup>-Brustkrebs wurde die Zugabe von Pertuzumab zu Chemotherapie und Trastuzumab in der adjuvanten Situation untersucht.<sup>6</sup> Die APHINITY-Studie schloss 4805 Patientinnen ein, von denen etwa 38 % 1–3 und 25 % 4 und mehr positive Lymphknoten sowie 36 % eine hormonrezeptornegative Erkrankung hatten. 78 % der Patientinnen erhielten eine Anthrazyklin-haltige Chemotherapie und 84,5 % bzw. 87,4 % der Patientinnen schlossen die einjährige Behandlung ab. Der primäre Endpunkt war die Freiheit von invasiver Erkrankung („invasive disease-free survival“, IDFS).<br />In einer ersten Auswertung nach 3 Jahren Nachbeobachtungszeit mit IDFS-Ereignissen bei 7,1 % im Pertuzumab- und 8,7 % der Patientinnen im Kontrollarm war der Endpunkt mit einer HR von 0,81 (95 % CI: 0,66–1,00) und einem p-Wert von 0,045 erreicht. Patientinnen mit nodal-positivem Status profitierten laut dieser frühen Analyse mehr von dem zusätzlich gegebenen Pertuzumab (HR: 0,77; p=0,019), während in der nodal-negativen Subgruppe bisher kein Nutzen gesehen wurde (HR: 1,13; p=0,644). Die Lebensqualität war in beiden Studienarmen vergleichbar und anhaltend.</p> <h2>Finale OS-Daten der ICON6-Studie zu Cediranib beim Ovarialkarzinom</h2> <p>In der dreiarmigen Phase-III-Studie ICON6 erhielten Ovarialkarzinompatientinnen mit einem Krankheitsrückfall frühestens 6 Monate nach Beendigung einer Platin-basierten Chemotherapie 2:3:3-randomisiert entweder eine Chemotherapie plus Placebo gefolgt von Placebo (Arm A), eine Chemotherapie plus Cediranib gefolgt von Placebo (Arm B) oder eine Chemotherapie plus Cediranib gefolgt von einer Cediranib-Erhaltungstherapie für insgesamt 18 Monate oder bis zum Krankheitsprogress.<sup>7</sup> Im ursprünglichen Design der Studie war die Rekrutierung von 2000 Patientinnen vorgesehen, um die primären Endpunkte PFS und OS zu untersuchen. Nach unbefriedigenden Ergebnissen bei anderen Tumorentitäten wurde die Studie auf die Rekrutierung von 456 Patientinnen beschränkt und der primäre Studienendpunkt auf einen Unterschied im PFS bezüglich der Studienarme A und C ausgelegt.<br />Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt, eine signifikante Verlängerung des PFS von 8,7 Monaten in Arm A auf 11,1 Monate in Arm C (HR: 0,57; p=0,00001). Zum Zeitpunkt der PFS-Analyse im April 2013 hatten 115 von 118 Patientinnen in Arm A und 154 der 164 Patientinnen in Arm C die Therapie abgebrochen, davon 12 % bzw. 39 % aufgrund von Nebenwirkungen und 78 % bzw. 44 % wegen eines Fortschreitens der Erkrankung. Zum Zeitpunkt der finalen Auswertung des OS im Jänner 2017 waren 102 der 118 Patientinnen in Arm A und 140 der 164 Patientinnen in Arm C verstorben. Es zeigte sich eine numerische Verlängerung des OS von median 19,9 auf 27,3 Monate durch die zusätzliche Gabe von Cediranib zu einer Chemotherapie (HR: 0,85; p=0,21). Patientinnen im Arm B überlebten median 26,6 Monate.</p> <h2>Knochen-gerichtete Therapie beim multiplen Myelom</h2> <p>Osteolyse und Nierenfunktionsstörungen sind mit einer Inzidenz von bis zu 90 % und 60 % die häufigsten Komplikationen bei Patienten mit multiplem Myelom. In einer doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie wurden die osteoprotektiven Substanzen Denosumab und Zoledronsäure „head to head“ bei 1718 neu diagnostizierten Myelompatienten miteinander verglichen.<sup>8</sup> Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt, die Nichtunterlegenheit von Denosumab gegenüber Zoledronsäure bezüglich der Zeit bis zum Auftreten des ersten skelettalen Ereignisses (HR: 0,98; p=0,01 für Nichtunterlegenheit; p=0,82 für Überlegenheit). Auch bezüglich des OS wurde kein Unterschied zwischen den beiden Studienarmen gesehen (HR: 0,90; p=0,41). Das mediane PFS war in einer exploratorischen Analyse numerisch höher im Denosumab-Arm verglichen mit Zoledronsäure (46,06 vs. 35,38 Monate; HR: 0,82; p=0,036). Bei 10 % versus 17,1 % der Patienten traten klinisch relevante renale Toxizitäten auf (p<0,001), welche sich bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance (CrCl) ≤60ml/Minute zu Studienbeginn auf 12,9 % versus 26,4 % (p<0,001) intensivierten. Ein Kreatinin-Wert >2mg/dl wurde signifikant häufiger unter Zoledronsäure beobachtet (3,8 % vs. 6,6 % ; p=0,010), ebenso eine Kreatinin-Verdoppelung ab Studienbeginn (3,3 % vs. 6,5 % ; p=0,002).</p> <h2>Der wöchentliche elektronische Patientenbericht verlängert das Gesamtüberleben</h2> <p>Eine Verlängerung des Gesamtüberlebens von Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren kann offensichtlich alleine dadurch erreicht werden, dass Patienten einen wöchentlichen Bericht zu 12 Symptomen über ein Computer-Tablet an die betreuende Klinik versenden.<sup>9</sup> Von September 2007 bis Jänner 2011 wurden 766 Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren in einem medianen Alter von 61 Jahren (Spanne: 26–91 Jahre) in eine Studie eingeschlossen und erhielten randomisiert die übliche Nachsorge oder ein Tablet, von dem sie einmal in der Woche mithilfe eines Multiple-Choice-Dokuments einen Bericht über ihr Befinden in Bezug auf 12 typische Symptome an die behandelnde Klinik schickten. Dort konnten die Ärzte den Verlauf der Symptome bei den Kontrollbesuchen einsehen und das Pflegepersonal bekam zudem sofort eine Nachricht, wenn das Programm schwere Symptome oder eine Verschlechterung der Symptome erkannte. Die Patienten waren an urologischen (32 % ), gynäkologischen (24 % ) oder pulmonalen Tumoren (26 % ) oder Brustkrebs (19 % ) erkrankt. Die Auswertung zum Gesamtüberleben wurde im Juni 2016 durchgeführt, als 67 % der Studienteilnehmer verstorben waren und die mediane Nachbeobachtungszeit 7 Jahre betrug.<br />Die Patienten berichteten in 73 % der Fälle von Symptomen, von denen erwartet wurde, dass sie gemeldet werden. In 77 % der Fälle reagierte das Pflegepersonal mit Beratung, supportiver Medikation, Einweisung in die Notaufnahme, Chemotherapiedosismodifikationen oder Einleitung von bildgebenden Verfahren. Im Vergleich zur üblichen Nachsorge kamen 7 % weniger Patienten in die Notaufnahme, mit über die komplette Studiendauer anhaltendem Effekt (p=0,02). Das OS wurde im Median von 26,0 auf 31,2 Monate signifikant verlängert, wenn Patienten ihre Berichte an die Klinik schickten (p=0,03). In multivariaten Analysen blieb die Signifikanz bei einer adjustierten Hazard-Ratio von 0,832 (95 % CI: 0,696–0,995) erhalten.<br />Als mögliche Ursache der Verlängerung des Überlebens sahen die Autoren die Möglichkeit, früh auf Symptome zu reagieren, und zwar bevor diese sich verschlechterten und schwerwiegende Komplikationen daraus entstanden. Dies bestätigte sich in der Studie, da das Pflegepersonal in den meisten Fällen auf die Meldungen reagierte und weniger Patienten die Notfallaufnahme aufsuchen mussten. Ein zweiter möglicher Effekt der frühen Symptomkontrolle sei, dass Patienten länger funktionell ihren Alltag bewältigen könnten, was mit einem längeren Überleben assoziiert sei. Auch dies bestätigte sich in der vorliegenden Studie, da die Patienten im experimentellen Studienarm signifikant länger über eine gute körperliche Funktionalität verfügten und sich selbst versorgen konnten (p=0,01). Schließlich würden durch die Symptomkontrolle auch Nebenwirkungen der Antitumortherapien gering gehalten, wodurch eine intensivere und längere Dauer der Behandlung möglich werde. In den Studienergebnissen bildete sich dies in einer durchschnittlich 2 Monate längeren Chemotherapiebehandlung bei der experimentellen im Vergleich mit der üblichen Nachsorge ab (8,2 vs. 6,3 Monate; p=0,002).<br />Die Diskutantin der Studie, Monika K. Krzyzanowska vom Princess Margaret Cancer Centre, Toronto, verglich das OS-Ergebnis unter elektronischer Nachsorge mit aktuell veröffentlichten randomisierten Studien zu soliden Tumoren und konnte der Eigenkontrolle durch den Patienten einen guten zweiten Platz einräumen, was die wichtigsten Faktoren betrifft, die zu einer Überlebensverlängerung beitragen. Dies sei eine Therapieoptimierung, die sie bei ihrer Rückkehr sofort umsetzen wolle, so Krzyzanowska.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology
(ASCO), 2.–6. Juni 2017, Chicago
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Shi Q et al.: Prospective pooled analysis of six phase III trials investigating duration of adjuvant oxaliplatin-based therapy (3 vs 6 months) for patients with stage III colon cancer: the IDEA (International Duration Evaluation of Adjuvant chemotherapy) collaboration. ASCO 2017; Abstr. #LBA1 <strong>2</strong> Kopetz S et al.: Randomized trial of irinotecan and cetuximab with or without vemurafenib in BRAF-mutant metastatic colorectal cancer (SWOG S1406). ASCO 2017; Abstr. #3505 <strong>3</strong> Nabid A et al.: Duration of androgen deprivation therapy in high risk prostate cancer: Final results of a randomized phase III trial. ASCO 2017; Abstr. #5008 <strong>4</strong> Thibault C et al.: Efficacy of cabazitaxel rechallenge in heavily-treated patients with metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC). ASCO 2017; Abstr. #5033 <strong>5</strong> Verma S et al.: Health-related quality of life of postmenopausal women with hormone receptor-positive human epidermal growth factor receptor 2-negative advanced breast cancer treated with ribociclib + letrozole: results from MONALEESA-2. ASCO 2017; Abstr. #1020 <strong>6</strong> Von Minckwitz G et al.: APHINITY trial (BIG 4-11): a randomized comparison of chemotherapy plus trastuzumab plus placebo versus chemotherapy plus trastuzumab plus pertuzumab as adjuvant therapy in patients with HER2-positive early breast cancer (EBC). ASCO 2017; Abstr. #LBA500 <strong>7</strong> Ledermann JA et al.: Overall survival results of ICO 6: a trial of chemotherapy and cediranib in relapsed ovarian cancer. ASCO Annual Meeting 2017; Abstr. #5506 <strong>8</strong> Raje NS et al.: Impact of denosumab compared with zoledronic acid on renal function in the treatment of myeloma bone disease. ASCO 2017; Abstr. #8005 <strong>9</strong> Basch EM et al.: Overall survival results of a randomized trial assessing patient-reported outcomes for symptom monitoring during routine cancer treatment. ASCO Annual Meeting 2017; Abstr. #LBA2</p>
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