
Komplexe Zusammenhänge in der Therapie von AL-Amyloidosen
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Bei den Amyloidosen handelt es sich um seltene Erkrankungen, bei welchen es zur meist extrazellulären Ablagerung abnorm gefalteter Proteine (sogenannter Fibrillen) kommt. Unter den systemischen Amyloidosen ist die AL(Amyloid, bestehend aus Leichtketten)-Amyloidose am häufigsten. Die Therapie gestaltet sich jedoch äußerst schwierig und bedarf weiterer intensiver Forschungsarbeiten.
Amyloidosen sind durch pathologische extrazelluläre Ablagerungen von fehlgebildeten Proteinen gekennzeichnet. Durch fehlerhaften Aufbau bzw. gestörte Proteinfaltung kommt es zur Verminderung der Proteinlöslichkeit und damit zur kontinuierlichen extrazellulären Ablagerung. Durch diese Ablagerungen wird zuerst die Gewebeintegrität gestört, was schließlich zum vollständigen Verlust der Organfunktion führt.
Unterschiedliche Proteine können von einer Faltungsstörung betroffen sein, derzeit sind 36 verschiedene Proteine bekannt. Die Ablagerungen können lokalisiert sein oder als systemische Störung Organe zerstören. Lokalisierte Amyloidosen brauchen entweder keine Behandlung oder aber eine lokale chirurgische/interventionelle Therapie. Systemische Amyloidosen müssen immer systemisch behandelt werden. Der Verlust der Organfunktion kann nur durch Reduktion des fehlgebildeten Proteins verhindert werden. Da jedes Protein einen anderen Ursprung hat, muss die Therapie proteinspezifisch ausgewählt werden.
Bei AL-Amyloidosen ist das zugrunde liegende Protein ein „toxisches“ klonales Paraprotein, das von einem oft kleinen, „gefährlichen“ B-Zell-Klon gebildet wird, entweder im Rahmen eines B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) oder einer Plasmazelldyskrasie.
Das Ausmaß der kardialen Beteiligung im Rahmen einer AL-Amyloidose beeinflusst das Überleben maßgeblich (mittleres Überleben derzeit bei 3–12 Monaten ab Zeitpunkt der Diagnose – trotz Therapie). Sehr wichtig sind daher eine möglichst frühe Diagnose und die korrekte Charakterisierung des pathologischen Proteins.
Ein grundsätzliches Problem bei der Behandlung von AL-Amyloidose ist die Tatsache, dass derzeit weltweit keine einzige zugelassene Therapie zur Verfügung steht. Es sind auch kaum Daten aus prospektiven Phase-III-Studien vorhanden, sondern hauptsächlich Ergebnisse aus Phase-II-Studien und Fallserienbeobachtungen.
Entsprechend der zugrunde liegenden Zellpopulation sollte jedoch die Behandlung entweder auf einer Myelomtherapie oder einem Anti-CD20-Antiköper (wenn ein Lymphom der Amyloidose zugrunde liegt) basieren.
Das Ziel ist die Reduktion der klonalen Plasmazellen und damit eine Reduktion des Paraproteins sowie der freien Leichtketten im Serum (hämatologischer Response). Das hämatologische Ansprechen ist eine Voraussetzung für die Verbesserung der Organfunktion (Organ-Response). Je besser das hämatologische Ansprechen, umso besser erholen sich die betroffenen Organe und umso länger ist das gesamte Überleben.
Proteasomeninhibitoren
Bei der AL-Amyloidose reagieren die klonalen Plasmazellen sehr empfindlich auf die Hemmung des Proteasoms und werden äußerst effizient in Apoptose gebracht.
Bortezomib
Bortezomib und Bortezomib-basierte Kombinationstherapien sind derzeit die am meisten verwendeten Substanzen in der Behandlung der Plasmazell-assoziierten AL-Amyloidose. Das gute Ansprechen auf Bortezomib-basierte Therapie-Regime (Response-Raten 60–94%) konnte mehrfach gezeigt werden, allerdings nur in Phase-I/II-Studien und retrospektiven Fallsammlungen.
In einer rezenten prospektiven Beobachtungsstudie wurden 915 Patienten mit einer neu diagnostizierten systemischen AL-Amyloidose untersucht, die upfront mit einer Bortezomib-basierten Therapie behandelt wurden. Die „overall response rate“ (ORR) war 65%, mit 49% „complete responses“ (CR) und „very good partial responses“ (VGPR). Non-Responder waren 35% (Todesfälle: 25%). Patienten mit einem tiefen Ansprechen (Differenz von involvierter und nichtinvolvierter freier Leichtkette [dFLC] <10mg/L) zeigten ein signifikant längeres Gesamtüberleben (OS). 55% waren auch nach 7 Jahren immer noch in Remission.
Carfilzomib
Carfilzomib ist bei Patienten mit multiplem Myelom ein sehr potenter 2.-Generations-Proteasomeninhibitor, bei AL-Amyloidose-Patienten ist jedoch große Vorsicht geboten. Es zeigten sich erhebliche kardiale, pulmonale und renale Toxizitäten, besonders wenn mehrere Organe befallen waren. Besser vertragen wird Carfilzomib von Patienten ohne kardiale Beteiligung mit hauptsächlichem Befall des peripheren Nervensystems.
Ixazomib
Ixazomib ist der einzige orale Proteasomeninhibitor. In einer kleinen Phase-I/II-Studie mit nur 27 Patienten mit rezidivierter/refraktärer AL-Amyloidose wurden hoffnungsvolle Ergebnisse mit Ixazomib gesammelt. Die entsprechende Phase-III-Studie zur Bestätigung dieser Daten wurde allerdings im Juni 2019 abgebrochen, da sich kein Vorteil für die Patienten mit Ixazomib nachweisen ließ.
Immunmodulatoren
Auch für die Vertreter aus der Gruppe der „immunomodulatory drugs“ (IMiDs) gilt, dass es nur Daten aus Phase-I- und -II-Studien gibt, mit sehr geringen Patientenzahlen. Die meisten Ergebnisse stammen zudem aus dem relapsierten/refraktären Setting.
Auffällig bei allen IMiDs ist, dass es fast immer zu einem Anstieg der kardialen Biomarker (N-terminales pro-BNP [NTproBNP] und Troponin T) kommt. Zum Teil verläuft ein Anstieg der kardialen Biomarker asymptomatisch, zum Teil geht er jedoch mit einer erheblichen Verschlechterung der klinischen Situation einher. Eine engmaschige kardiologische Überwachung ist daher notwendig, bei Anzeichen von kardialer Dekompensation sollte die IMiD-Therapie pausiert oder abgesetzt werden.
Thalidomid
Thalidomid kann bei AL-Amyloidose-Patienten aufgrund schlechter Verträglichkeit (häufig symptomatische Bradykardie) nur in niedriger Dosierung eingesetzt werden.
Der Vorteil von Thalidomid ist, dass es nicht renal ausgeschieden wird und daher unabhängig von der Nierenfunktion eingesetzt werden kann.
Lenalidomid
Für Lenalidomid gilt ebenfalls, dass es nur Phase-II-Studien und Fallbeobachtungen gibt, und auch Lenalidomid ist nur in reduzierter Dosis tolerierbar. Lenalidomid wird hauptsächlich renal ausgeschieden. Bei kardialer und renaler Beteiligung, Proteinurie und reduzierter „glomerular filtration rate“ (GFR) ist die Dosierung problematisch. Die Nebenwirkungen im Sinne renaler und kardialer Verschlechterung durch Toxizität stellen eine große Gefahr dar.
In den vorhandenen Studien zeigen sich ORR von 41–67% und Organ-Response-Raten von 22–50%.
Pomalidomid
Pomalidomid ist ebenfalls ein IMiD der zweiten Generation. Es wird hauptsächlich hepatal eliminiert und ist damit, so wie Thalidomid, unabhängig von der Nierenfunktion zu dosieren. Bei Pomalidomid ist der bekannte Klasseneffekt der IMiDs, der Anstieg der kardialen Biomarker (NTproBNP und Troponin T), Flüssigkeitsretention und Dyspnoe, problematisch. Die Mehrheit der Patienten ist davon betroffen.
Die ORR liegen in den Pomalidomid-Studien zwischen 48 und 68%, die Organ-Response-Raten zwischen 15 und 32%. Das Ausmaß der Verschlechterung der kardialen Biomarker liegt im Median zwischen 30 und 116%.
Monoklonale Antiköper
Anti-Plasmazell-Antikörper: Anti-CD38
Daratumumab ist ein monoklonaler, vollhumanisierter, gegen CD38 gerichteter IgG-Kappa-Antikörper. Nach der Bindung von Daratumumab an CD38 werden die Plasmazellen durch Antikörper-mediierte und Komplement-mediierte Zytotoxizität in Apoptose gebracht.
Beim multiplen Myelom ist Daratumumab als nebenwirkungsarme, sehr wirksame Therapie bereits seit 2016 zugelassen. Zur Behandlung der AL-Amyloidose gibt es bisher nur Daten aus kleinen Phase-I und Phase-II-Studien und einigen Fallserien. Auch bei der AL-Amyloidose zeigt Daratumumab gute Verträglichkeit, besonders bei Patienten mit ausgeprägter kardialer Beteiligung. Die bisher publizierten Response-Daten weisen auch auf eine gute Wirksamkeit hin, besonders wenn Daratumumab in Kombination mit anderen Substanzen eingesetzt wird (Overall-Response-Raten >80%).
Eine internationale Phase-III-Studie (ANDROMEDA) mit Patienten mit neu diagnostizierter AL-Amyloidose, die Daratumumab in der ersten Linie erhalten, befindet sich derzeit in der Rekrutierungsphase. In dieser Studie wird s.c. Daratumumab plus CyBorD (Cyclophosphamid, Bortezomib, Dexanethason) verglichen mit CyBorD. Die präliminären Ergebnisse zeigen, dass die Patienten mit Dara-CyBorD ein besseres Ansprechen aufweisen als Patienten mit CyBorD.
Anti-Amyloid-Antikörper
Große Hoffnung wurde und wird in die Entwicklung von Anti-Amyloid-Antikörperngesetzt, allerdings gab es hier bereits große Enttäuschungen.
Antifibrillärer Antikörper NEOD001
Zu dem antifibrillären Antikörper NEOD001 wurden 2016 und 2017 sehr hoffungsvolle Daten publiziert. In einer Phase-I/II-Studie wurden eine gute Verträglichkeit und Wirksamkeit dokumentiert. Das betraf das hämatologische Ansprechen sowie die Verbesserung der Organfunktionen (Herz, Niere und Nerven). Eine eindeutige Verbesserung der Organfunktion konnte bei 53% der Patienten (n=36) mit kardialer Beteiligung und 63% der Patienten (n=35) mit renaler Beteiligung gesehen werden.
Daraufhin wurde eine Phase-III-Studie iniitiert (VITAL) und Patienten mit AL-Amyloidose (kardial, renal, hepatal, neurogen) wurden doppelblind in 2 Arme randomisiert. Alle Patienten erhielten eine Bortezomib-basierte Therapie entweder in Kombination mit NEOD001 oder mit einem Placebo. Nach der 1. Interimsanalyse 12 Monate nach Therapiebeginn wurde die Studie, da sich kein ausreichender-Erfolg im Erreichen des primären Endpunktes nachweisen ließ, beendet. Erst in der Langzeitnachbeobachtung stellte sich heraus, dass jene Patienten mit schwerer kardialer Amyloidose doch von der Behandlung mit NEOD001 im Vergleich zu Placebo profitiert hatten.
Antifibrillärer Antikörper 11-1F4 (CAEL-101)
Die ersten Untersuchungen im Rahmen einer Phase-Ia/b-Studie zur Dosisfindung mit dem antifibrillären Antiköper 11-1F4 ergaben eine sehr gute Verträglichkeit und Wirksamkeit.
27 Patienten mit relapsierter AL-Amyloidose wurden eingeschlossen, 24 konnten ausgewertet werden. 18 Patienten hatten eine kardiale und/oder renale Beteiligung. 12 Patienten (67%) zeigten eine Verbesserung der Organfunktionen, keiner der Patienten hatte Zeichen einer Progression während der Therapie. Die mediane Zeitspanne bis zurersten messbaren Response betrug 3 Wochen. Bemerkenswert ist, dass sich die Verbesserung der Organfunktion unabhängig von der Anzahl der freien Leichtketten im Serum entwickelte. Eine Phase-III-Studie mit diesem Antikörper wird mit großer Spannung erwartet.
Anti-SAP-Antikörper
Sehr hoffnungsvoll waren auch Daten des Anti-„Sin3A-associated protein(SAP)“-Antikörpers in Kombination mit einem „small molecule“. 2015 wurde eine kleine Phase-I-Studie veröffentlicht. Entsprechend den Ergebnissen konnte innerhalb von 6 Wochen durch die Behandlung mit dem Anti-SAP-Antikörper eine deutliche Reduktion der Amyloidlast erreicht werden. In dieser Studie waren aber Patienten mit kardialer und renaler Amyloidose ausgeschlossen, es wurden nur Patienten mit AL-Amyloidose der Leber, Milz oder der Lymphknoten untersucht.
Im Rahmen einer nachfolgenden Phase-II-Studie wurden dann auch Patienten mit kardialer und renaler AL-Amyloidose zugelassen. In dieser Studie kam es allerdings zum Auftreten schwerwiegender Nebenwirkungen (Vaskulitis), weswegen die Studie 2019 abgebrochen wurde.
Small Molecules
Venetoclax
Bei Venetoclax handelt es sich um einen in der Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) zugelassenen oralen „B-cell lymphoma 2“(BCL2)-Inhibitor. Auch bei rezidiviertem multiplem Myelom wurde Venetoclax untersucht und erbrachte gute Ergebnisse bei Patienten mit der Translokation t(11;14).
Da 50–60% der AL-Amyloidose-Patienten eine Translokation t(11;14) aufweisen, ist es naheliegend, die Wirksamkeit von Venetoclax in der AL-Amyloidose zu untersuchen. Bisher gibt es nur vereinzelte Fallberichte über das erfolgreiche Ansprechen einer Venetoclax-Therapie im rezidivierten Setting.
Problematisch sind die häufigen lebensbedrohlichen Infekte (Pneumonien, Sepsis) sowie das Auftreten von Herzstillstand. Beim multiplen Myelom wurde eine Phase-III-Studie (BELLINI) für einige Monate „on hold“ gestellt, weil trotz guter Ansprechraten das OS in der Venetoclax-Kohorte kürzer war als in der Kontrollkohorte.
Doxycyclin
Doxycyclin ist ebenfalls eine wirksame Therapieoption bei AL-Amyloidose. In einer retrospektiven Studie wurden 30 Patienten mit kardialer AL-Amyloidose untersucht. Diese Patienten hatten Doxycyclin zusätzlich zur ihrer Amyloidose-Therapie erhalten und wurden mit einer Krankheits- und Stadium-gematchten Kohorte verglichen. In der Doxycyclin-Gruppe fand sich bei 60% der Patienten eine Verbesserung der kardialen Funktion, verglichen mit 18% in der Kontrollgruppe, mit einem Vorteil in der 1-Jahres-Überlebensrate von 82% vs. 53%.
Doxycyclin wird derzeit in mehreren Studien weiter untersucht.
Epigallactocatechin-3-Gallat (EGCG)
Zu dem Inhaltsstoff von grünem Tee (EGCG) gibt es nur In-vitro-Daten. Es gibt bisher keine Ergebnisse, die einen positiven Effekt beweisen.
Autologe Blutstammzell-transplantation (ASCT)
Bevor die „modernen“ Substanzen zur Verfügung standen, wurden Steroide und Melphalan zur Behandlung eingesetzt. Ab 1970 war eine primäre Melphalan-Hochdosis-Therapie mit ASCT eine therapeutische Option.
Das Problem bei diesem Vorgehen war und ist, dass nur ca. 20% der neu diagnostizierten Patienten für eine ASCT infrage kommen. 80% der Patienten sind durch die bereits vorliegenden Organschädigungen nicht für eine primäre ASCT geeignet. Alle erfahrenen Zentren für AL-Amyloidose und ASCT berichten von kontinuierlichen Verbesserungen im Bereich der Transplantations-assoziierten Mortalität während der letzten Jahrzehnte.
2019 publizierte das National Amyloidosis Center (NAC) seine Erfahrungen mit ASCT bei AL-Amyloidose während der letzten 24 Jahre (1994–2018). 264 Patienten wurden während dieses Zeitraums transplantiert. Das mediane Überleben postASCT lag bei 87 Monaten. Die mediane Zeitspanne zwischen ASCT und nächster Therapie wurde mit 48 Monaten angegeben. Es zeigt sich ganz klar: Je besser das hämatologische Ansprechen, umso länger ist die Zeit bis zur nächsten Therapie und umso länger ist das OS.
Mit zunehmender Erfahrung kam es zu einer kontinuierlichen Reduktion der Transplantations-assoziierten Mortalität von 18,8% (1994–2000) auf 13,6% (2000–2006) auf 6,2% (2007–2012) bis auf 1,1% (2013–2018).
Die Senkung der Frühmortalität bei ASCT konnte vor allem durch verbesserte Selektionskriterien erzielt werden. Zwei der wichtigsten Selektionsparameter sind dabei das NTproBNP und der Blutdruck. NTproBNP < oder >5000, und ein systolischer Blutdruck (ohne antihypertensive Medikation) < oder >100 beeinflussen die Frühmortalität.
Die Mayo-Klinik berichtet 2019 ebenfalls von Überlebensraten von >15 Jahren bei 30% jener Patienten, die zwischen 1996 und 2003 mit ASCT behandelt wurden. Diese langen Überlebensdaten wurden hauptsächlich bei Patienten mit keiner oder geringer kardialer Beteiligung oder jungem Lebensalter gefunden. Auch besseres/tieferes Ansprechen verlängerte das Überleben. Das mediane OS von Patienten mit hämatologisch kompletter Remission lag bei 19,3 Jahren im Vergleich zu 5,4 Jahren bei inkompletter Remission. Ebenfalls einen Überlebensvorteil wiesen Patienten auf, die eine voll dosierte Melphalan-Konditionierung mit 200mg/m2 erhielten.
Organtransplantationen
Herztransplantation (HTX)
Das OS von AL-Amyloidose-Patienten wird maßgeblich von der Schwere der kardialen Beteiligung bestimmt. Bei ausgedehnter kardialer Beteiligung liegt das mittlere Überleben zwischen 3 und 12 Monaten. Ein gravierendes Problem dieser Patienten ist, dass sie lebensbedrohliche Nebenwirkungen im Rahmen ihrer Therapie entwickeln. Sie eignen sich zumeist auch nicht für eine ASCT. Daraus ergibt sich eine außergewöhnlich schlechte Prognose.
In spezialisierten Zentren kann streng selektionierten Patienten eine Herztransplantation angeboten werden. Ein Hauptkriterium ist, dass nur ein Organ betroffen sein darf. Alter und Komorbiditäten sind bei dieser Entscheidung ebenfalls ausschlaggebend. Wenn möglich sollte vor der HTX eine Induktionstherapie verbreicht werden, um die Plasmazellzahl bzw. das Paraprotein zu senken oder zu eliminieren. Die HTX dient hauptsächlich dazu, den betroffenen Patienten fit für eine ASCT zu machen. Dies impliziert eine ASCT im Anschluss an die HTX. In welchem Abstand nach HTX die ASCT durchgeführt werden soll, ist zum derzeitigen Zeitpunkt unklar. Ob dieses Konzept im Zeitalter der neuen Behandlungsmethoden aufrecht bleibt, ist ebenfalls ungeklärt.
Nierentransplantation (NTX)
Bei ca. 70% der AL-Amyloidose-Patienten liegt zum Zeitpunkt der Diagnose eine Beteiligung der Niere vor. 15–30% entwickeln ein terminales,dialysepflichtiges Nierenversagen.
Durch die neuen therapeutischen Möglichkeiten haben sich Ansprech- und OS-Raten deutlich verbessert. Kürzlich hat ein Amyloidosezentrum seine mehr als 30-jährige Erfahrung mit AL-Amyloidose und NTX veröffentlicht. Es wird ein OS von 10,5 Jahren nach NTX beschrieben mit einer 5-Jahres-Transplantat-Überlebensrate von 81%. Diese Daten entsprechen dem Outcome von NTX-Patienten mit anderen nierenspezifischen Grunderkrankungen. Eine NTX ist damit für dialysepflichtige AL-Amyloidose-Patienten eine adäquate Therapie, insbesondere da AL-Amyloidose-Patienten mit chronischer Hämodialyse (CHD) eine schlechtere Lebensqualität und eine geringere Lebenserwartung haben. Außerdem wurde während einer Beobachtungszeit von >7 Jahren kein gehäuftes Auftreten von lymphoproliferativen Erkrankungen oder anderen Malignomen festgestellt. Ein AL-Amyloidose-Relaps nach NTX kann sicher und erfolgreich behandelt werden.
AL-Amyloidose-Patienten sollten daher nicht von einer Organtransplantation ausgeschlossen werden. Wenn durch die Therapie (z.B. auch ASCT) ein gutes Ansprechen oder eine komplette Remission erreicht werden konnten, sollte Kontakt mit einem spezialisierten Zentrum aufgenommen werden, um die Möglichkeit einer NTX abzuklären.
Zusammenfassung
Systemische AL-Amyloidosen sind komplexe Multisystemerkrankungen. Zur Sicherung der Diagnose muss Gewebe vorliegen, an dem eine AL-Amyloidose zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Derzeit gibt es weltweit keine zugelassene Therapie, trotzdem bestehen vielfältige therapeutische Möglichkeiten, die eine sehr individuelle Behandlung ermöglichen. Die Therapie von AL-Amyloidose bedarf großer Erfahrung und beruht auf enger interdisziplinärer Zusammenarbeit. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und der Komplexität der Betreuung sollten Patienten mit AL-Amyloidose in einem spezialisierten Zentrum behandelt werden.
Autorin:
Priv.-Doz. Dr. Hermine Agis
Klinische Abteilung für Onkologie
Klinik für Innere Medizin I
Medizinische Universität Wien
E-Mail: hermine.agis@meduniwien.ac.at
Literatur:
bei der Verfasserin
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