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Synthetische 2D-Mammografie, Resektionsränder und Mastektomien
Jatros
Autor:
Assoc. Prof. Dr. Ruth Exner
Medizinische Universität Wien<br/> E-Mail: ruth.exner@meduniwien.ac.at<br/> Quelle: 3. Post-SABCS, 8. Jänner 2016, Wien
30
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25.02.2016
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<p class="article-intro">Im Rahmen des 3. Post San Antonio Breast Cancer Symposium am 8. Jänner 2016 wurden neben den onkologischen Highlights zu medikamentösen Therapien und translationaler Forschung auch Themen wie Mammachirurgie und -bildgebung behandelt. So wurde z.B. in einer retrospektiven Untersuchung eines Krebsregisters herausgefunden, dass eine brusterhaltende Therapie interessanterweise in besseren Outcomes resultiert als die Durchführung einer Mastektomie.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Diagnostische Anwendung von synthetischer 2D-Mammografie</h2> <p>In einer „Single experience“-Studie aus Wales<sup>1</sup> wurde der Stellenwert der synthetischen 2D-Mammografie im Vergleich zur Tomosynthese an 2.500 Patientinnen untersucht. Mithilfe der Brusttomosynthese oder auch 3D-Mammografie kann die Detektionsrate invasiver Mammakarzinome um bis zu 40 % erhöht und die Falsch-positiv-Rate um 15 % vermindert werden,<sup>2–4</sup> allerdings dauert die Untersuchung länger, die Strahlenbelastung ist höher und auch die Befundungszeit ist länger (um das 2- bis 4-Fache). In der synthetischen 2D-Mammografie werden anhand von Algorithmen aus den 3D-Daten Herde, Verkalkungen und Parenchymunregelmäßigkeiten identifiziert. Mithilfe dieser Software können die Befundungszeit verkürzt und sowohl der Seitenvergleich als auch der Vergleich mit früheren 2D-Aufnahmen erleichtert werden. In dieser Studie befundete ein einzelner erfahrener Radiologe 4.598 Mammografien von 2.500 Patientinnen sowohl mittels 3D-Tomosynthese als auch mithilfe C-view<sup>®</sup>-synthetic-Software-generierter Bilder. Insgesamt wurden 144 Karzinome detektiert, von denen 41 möglicherweise in der 2D-Mammografie übersehen worden wären. Unter Verwendung der 2D-Software wären 2 Karzinome übersehen worden, die als BIRADS 2 befundet wurden, in der Tomosynthese allerdings als BIRADS 3 bzw. 4 bewertet wurden. Unter Verwendung der C-view<sup>®</sup> synthetic Software wurden 16 Patientinnen weniger zurückgerufen und nur 280 3D-Mammografien mussten zusätzlich befundet werden. Limitierend ist hier die Tatsache, dass es sich um eine „single experience“ eines sehr erfahrenen Radiologen in einer „Single center“-Studie handelt.</p> <h2>Resektionsrand und Nachresektionsrate bei brusterhaltender OP</h2> <p>In einer großen Studie der DBCG (Danish Breast Cancer Cooperative Group)<sup>5</sup> wurde bei 11.900 Patientinnen, die in den Jahren 2000 bis 2009 brusterhaltend operiert worden waren, der Stellenwert von Resektionsrand und Nachresektionsrate in Bezug auf das Rezidivrisiko und das Gesamtüberleben (OS) untersucht. Bei einem Gesamtlokalrezidivrisiko von 2,4 % nach 5 Jahren und 5,9 % nach 9 Jahren zeigte sich ein signifikant erhöhtes Risiko für ein Lokalrezidiv bei positivem Resektionsrand (HR: 2,52), allerdings wurden bei Resektionsrändern >1mm keine unterschiedlichen Rezidivraten nachgewiesen (Abb. 1). Ein erhöhtes Lokalrezidivrisiko fand sich bei jüngeren Patientinnen, bei Vorliegen von schlecht differenzierten Karzinomen, außerdem bei Patientinnen, die nachreseziert werden mussten, und bei Detektion von >4 positiven Lymphknoten. Das Risiko für ein Lokalrezidiv wurde durch die Gabe einer Chemotherapie erniedrigt, ebenso war es geringer bei Patientinnen, die einen Boost erhalten hatten, und bei Vorliegen eines Hormonrezeptor-positiven Status. Eine Nachresektion führte zur Erhöhung des Risikos für ein ipsilaterales Lokalrezidiv, sowohl wenn im Nachresektat ein invasiver Anteil diagnostiziert wurde (HR: 2,58) als auch bei Nachweis eines DCIS im Nachresektat (HR: 2,97). <br /> Eine Auswirkung der Nachresektion auf die Überlebensrate konnte in dieser Studie nicht bestätigt werden, allerdings waren in den Gruppen mit Resektionsrand im Ausmaß von 1 und 2mm nur wenige Patientinnen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1601_Weblinks_Seite107.jpg" alt="" width="627" height="347" /></p> <h2>EBC: brusterhaltende Therapie vs. Mastektomie</h2> <p>M. C. van Maaren<sup>6</sup> aus Utrecht präsentierte Daten von 37.207 Patientinnen aus dem niederländischen Krebsregister, die zwischen 2000 und 2004 aufgrund der Primärdiagnose eines Mammakarzinoms im Stadium T1–2 N0–1 operiert wurden. Die Brust­erhaltungsrate betrug 58,4 % , die mediane Nachbeobachtungszeit 11,3 Jahre und es wurden nur Patientinnen eingeschlossen, die keinen makroskopisch verbleibenden Tumor aufwiesen und keine neoadjuvante systemische Therapie erhalten hatten. In allen Gruppen (T1N0, T2N0, T1N1, T2N1) zeigte sich ein signifikanter Vorteil für die brusterhaltende Therapie hinsichtlich des 10-Jahres-OS (HR: 0,81; p<0,001) gegenüber der Mastektomie. Das Fernmetastasen-freie 10-Jahres-Überleben wurde in einer Kohorte von 7.552 Patientinnen aus dem Jahr 2003 bestimmt: Hier fand sich bei Patientinnen im Stadium T1N0 ein deutlicher Vorteil für die brusterhaltende Strategie (p=0,014). Bias der Studie ist, dass jüngere Patientinnen mit kleineren, unifokalen, duktalen, lokalisierten, gut differenzierten Tumoren und geringerem Lymphknotenbefall eher einer brusterhaltenden Therapie unterzogen wurden und bei biologisch aggressiveren Tumoren eher mastektomiert wurde. Auch bei ausgedehntem Befund wurde keine Post-Mastektomie-Bestrahlung durchgeführt.</p> <h2>Outcomes nach neoadjuvanter systemischer Therapie</h2> <p>Eine retrospektive Multicenterstudie wies die Genauigkeit der präoperativen MRT bezüglich der Erkennung einer kompletten pathologischen Remission (pCR) bei neoadjuvant behandelten Patientinnen von 74 % nach, eine verbesserte pCR-Rate führte allerdings zu keiner Erhöhung der Brusterhaltungsrate.<sup>7</sup> In einer Sekundäranalyse dieser Studie<sup>8</sup> (TBCRC 017) wurde der Zusammenhang zwischen lokaler Behandlung und rezidivfreiem Überleben und OS nach einer neoadjuvanten Therapie untersucht. Das rezidivfreie 5-Jahres-Überleben war bei jenen Patientinnen am niedrigsten, die nach brusterhaltender Behandlung keine Bestrahlung erhalten hatten, sowie bei jenen, die mastektomiert und bestrahlt wurden (p=0,008), zudem bei tripelnegativen Patientinnen (p=0,018). Limitierend waren allerdings hier das retrospektive Studiendesign mit Selektionsbias, die kurze Nachbeobachtungszeit von 4,2 Jahren und die fehlende Anwendung von Herceptin vor 2005 bei 64 Patientinnen.</p> <h2>Komplikationen und Kosten der lokalen Therapie</h2> <p>Die im Laufe der vergangenen Jahre verzeichnete Zunahme der Raten an kontralateraler prophylaktischer Mastektomie und Rekonstruktion ist einerseits die Folge der Detektion erblicher genetischer Syndrome, andererseits aber auch von Patientenangst und Fehlwahrnehmung. B. Smith vom MD Anderson Cancer Center in Houston präsentierte eine Studie<sup>9</sup> zu Komplikationen und Kosten der lokalen Therapie von >105.211 Patientinnen mit frühem Mammakarzinom in den Stadien T1–2 N0–1, die 2000 bis 2012 behandelt wurden.<sup>10</sup> Eingeschlossen waren nur Patientinnen, die keine neoadjuvante Chemotherapie und keine Post-Mastektomie-Bestrahlung erhalten hatten. Im Vergleich zur brusterhaltenden Therapie und Ganzbrustbestrahlung resultierten Mastektomie und Rekonstruktion in einer Verdoppelung der Komplikationsrate. Dies führte sowohl bei jüngeren Patientinnen mit privater Versicherung als auch bei der älteren Kohorte ohne Zusatzversicherung zu einem exzessiven Kostenanstieg. Patientinnen, die einer Brachytherapie zugeführt worden waren, entwickelten mehr Komplikationen, die Kosten lagen aber hier ähnlich wie bei Brusterhaltung mit Ganzbrustbestrahlung. Die wenigsten Komplikationen wurden bei jüngeren Patientinnen mit alleiniger Mastektomie und bei älteren Patientinnen mit alleiniger Brusterhaltung verzeichnet. Zu diskutieren ist hier sicherlich – abgesehen von den damit verbundenen Komplikationen und Kosten – die Notwendigkeit der Mastektomie bei Patientinnen mit Tumoren in den Stadien T1–2 N0–1.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Medizinische Universität Wien<br/>
E-Mail: ruth.exner@meduniwien.ac.at<br/>
Quelle: 3. Post-SABCS, 8. Jänner 2016, Wien
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Holt SD et al: SABCS 2015; Abstract #S1-09<br /><strong>2</strong> Skaane P et al: Radiology 2013; 267: 47-56 <br /><strong>3</strong> Ciatto S et al: Lancet Oncol 2013; 14: 583-589<br /><strong>4</strong> Friedewald SM et al: JAMA 2014; 311: 2499-2507<br /><strong>5</strong> Bodilsen ABK et al: SABCS 2015; Abstract #S2-01<br /><strong>6</strong> van Maaren MC et al: SABCS 2015; Abstract #S3-05<br /><strong>7</strong> De Los Santos JF et al: Cancer 2013; 119: 1776-1783<br /><strong>8</strong> De Los Santos JF et al: SABCS 2015; Abstract #S3-06<br /><strong>9</strong> Smith BDD et al: SABCS 2015; Abstract #S3-07<br /><strong>10</strong> Jagsi R et al: Ann Surg 2016; 263: 219-227</p>
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