
Die S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom
Bericht:
Ingeborg Morawetz, MA
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Genetische Untersuchungen
Mit dem Update der S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom vom Dezember 2021 wird die Zielgruppe jener Patient*innen genau definiert, bei der genetische Untersuchungen zur Abklärung eines erhöhten Risikos für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms sinnvoll sind. Auch wird festgelegt, welche Mutationen erwartet werden können, wie bei ihrem Vorliegen gehandelt werden soll und welche Beratung in der Folge empfohlen wird. Neue Behandlungsoptionen und Subgruppen erfordern neue Kenntnisse. So profitiert die Gruppe der BRCA1/2-Mutationen zum Beispiel besonders von einer platinhaltigen Therapie.
Neuerungen in der Diagnostik
Lebermetastasen: mehr Bildgebung
Bei resektablen oder potenziell resektablen Tumoren wird zum Ausschluss kleiner Lebermetastasen zusätzlich zur Dünnschicht-CT von Thorax und Abdomen zu einer Leber-MRT oder alternativ auch einer FDG-PET-CT geraten. Internationale Studien zeigen, dass sehr kleine Lebermetastasen in der CT oft übersehen werden und erst intraoperativ auffallen. Das gilt besonders bei Vorliegen einer Fettleber.
Zurzeit gibt es zudem eine klare Empfehlung, Patient*innen mit Lebermetastasen nur innerhalb von Studien zu operieren. Sie sollten im klinischen Alltag keiner Operation ausgesetzt werden.
Kriterien für die Resektabilität
Bei resektablen Tumoren folgt die Leitlinie außerdem erstmals der EAP-Empfehlung, die Kriterien für die Resektabilität nicht nur an anatomischen Faktoren festzulegen. Anatomische Kriterien sind zum Beispiel das Ausmaß arteriöser oder venöser Gefäßinvasion. In Zukunft sollen auch biologische Faktoren Einfluss auf die Entscheidung nehmen, wie der Tumormarker CA 19-9. Die Grenze ist ein CA-19-9-Wert von 500. In dieser Höhe ist der Wert nicht stark von Cholestase beeinflusst. Auch der körperliche Allgemeinzustand anhand des ECOG-Performance-Status ist ein Kriterium. Karzinome von Patient*innen mit einem tumorbedingten Status von 2 oder einem CA-19-9-Wert über 500 werden nicht mehr als resektabel klassifiziert, selbst wenn die anatomischen Kriterien stimmen. Sie werden als grenzwertig resektabel eingestuft. Eine Vorbehandlung mit (Radio-)Chemotherapie wird empfohlen.
Mindestanzahl an Operationen
Erstmals definiert die Leitlinie eine Mindestmenge an Operationen exokriner Pankreaskarzinome, die an einem medizinischen Zentrum durchgeführt werden sollten. Die aktuelle Literatur zeigt, dass zwischen der Anzahl durchgeführter großer Pankreaseingriffe und dem Outcome der Eingriffe (v.a. Letalität) ein Zusammenhang besteht. Unter einer Mindestanzahl von zwanzig großen Pankreasresektionen sollte ein Zentrum von großer Pankreaschirurgie absehen. Gut bewertete Zentren haben eine Letalität von 5%. Dieser Wert steigt aber deutschlandweit bis zu 15%. Bei der Entscheidung geht es neben operativer Expertise auch um „failure to rescue“. Für einen Operationserfolg ist ein geübtes und immer abrufbereites Team nötig: Anästhesist*innen, interventionelle Radiolog*innen, Intensivmediziner*innen und viele mehr.
Anpassung adjuvanter Therapie
Die angepassten Empfehlungen zur adjuvanten Therapie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
-
modifiziertes FOLFIRINOX als adjuvante Therapie bei Patient*innen, die sich für diese sehr aktive Therapie eignen
-
neoadjuvante Therapiefür grenzwertig resektable Karzinome
-
intensivierte Therapie bei lokal fortgeschrittenen Tumoren
Bei grenzwertig resektablen oder lokal fortgeschrittenen Tumoren sollte eine chirurgische Exploration durchgeführt werden, wenn unter Induktionschemotherapie eine stabile Erkrankung vorliegt. Bei grenzwertig resektablen Tumoren ist die R0-Resektabilität sehr hoch. Bei Patient*innen mit lokal fortgeschrittenen Tumoren gibt es eine Gruppe, bei der durch Resektion eine Lebensverlängerung erreicht werden kann.
Zur Exploration wird geraten, da in der Bildgebung vor und nach neoadjuvanter Therapie Narben- und Tumorgewebe oft ähnlich sind. Erst intraoperativ ist eine Differenzierung möglich.
Testung vor palliativer Therapie
In der Palliativtherapie wird empfohlen,auf BRCA1/2/KRAS-Mutation zu testen, da sie die Therapiewahl entscheidet. Vor allem in der Erstlinie profitierenPatient*innen mit einer Keimbahnmutation im BRCA1/2-Gen von einem platinhaltigen Protokoll. Bleibt der Tumor unter platinhaltiger Therapie für 16 Wochen stabil, kann durch eine Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor das progressionsfreie Überleben signifikant verlängert werden. F
itte Patient*innen können auch eine Zweitlinientherapie erhalten. Seit dem letzten Update ist zu diesem Zwecke auch Nal-IRI-5FU als Therapie verfügbar.
Das nächste Update
Die S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom befindet sich in steter Überarbeitung, sie ist eine „living guideline“. Neben der Recherche zu Änderungen und Neuerungen ist es auch Aufgabe der Autor*innen, Sachverhalte zu überprüfen, die sich nicht geändert haben. Gerade entsteht ein Fragenkatalog, der innerhalb der nächsten drei Jahre über Leitlinien-Updates realisiert werden soll. Das nächste Update ist für Mitte 2023 geplant. Inkludiert werden eine systematische Recherche zur Nachsorge, eine grundlegende Revision der Ernährungsempfehlungen, eine Stellungnahme zu Diabetes als Prädiktor für Pankreaskarzinome und Informationen zur Qualität der Bildgebung.
Quelle:
Interview mit dem Leitlinienautor Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor, Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm
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