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Präzisionsradiotherapie mit Protonen und Kohlenstoffionen

<p class="article-intro">Im Unterschied zur herkömmlichen Strahlentherapie mit Photonen oder Elektronen zeichnet sich die Ionentherapie durch andere physikalische Eigenschaften aus (i.e. der sogenannte „Bragg peak“). Als Folge dieser unterschiedlichen Dosisverteilung (Abb. 1) ermöglicht die Ionentherapie eine Reduktion der Dosis im gesunden Gewebe vor dem Tumorareal bzw. die nahezu vollständige Vermeidung von Strahlung im gesunden Gewebe hinter dem Tumorareal. Als wesentlicher Unterschied zwischen Protonen und Kohlenstoffionen ist die vergleichsweise höhere biologische Wirksamkeit der Kohlenstoffionen zu nennen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s79_abb1.jpg" alt="" width="1420" height="1089" /></h2> <h2>Klinisches Potenzial und Zukunftsperspektiven der Ionentherapie</h2> <p>Das klinische Anwendungsgebiet der Ionentherapie erstreckt sich im Allgemeinen auf Tumoren, welche in unmittelbarer N&auml;he von relativ strahlensensiblen Risikoorganen lokalisiert sind und daher mit der herk&ouml;mmlichen Photonentherapie nur begrenzt behandelt werden k&ouml;nnen. In diesem Zusammenhang sind z.B. Tumoren der Sch&auml;delbasisregion als ein klassisches Indikationsspektrum zu nennen. Im Unterschied hierzu kann auch die Verminderung der therapiebedingten Nebenwirkungen durch die geringere Dosisbelastung des Normalgewebes die prim&auml;re Zielsetzung der Ionentherapie darstellen, w&auml;hrend die verabreichte Ionentherapiedosis im Tumorbereich den Werten der herk&ouml;mmlichen Strahlentherapie mit Photonen entspricht. Klassische Beispiele f&uuml;r diese Therapiestrategie stellen p&auml;diatrische Tumoren dar. Bestrahlungen im Kindesalter gehen je nach Tumorlokalisation vergleichsweise h&auml;ufig mit bleibenden Sp&auml;tfolgen, wie z.B. Wachstumsst&ouml;rungen oder Beeintr&auml;chtigungen des Hormonhaushalts, einher und k&ouml;nnen auch zu einem erh&ouml;hten Risiko f&uuml;r die Entwicklung eines Zweittumors f&uuml;hren. Durch den Einsatz der Protonentherapie wird eine deutliche Reduktion dieser therapiebedingten Nebenwirkungen angestrebt.<br /> Die bisher genannten Beispiele f&uuml;r die klinische Anwendbarkeit der Ionentherapie stellen nur einen kleinen Ausschnitt des m&ouml;glichen Behandlungsspektrums dar, welches sich insbesondere in den letzten Jahren deutlich erweitert hat. Als weitere klinisch erprobte und/oder m&ouml;gliche Anwendungsgebiete gelten z.B. Tumoren der HNO-Region, adenoidzystische Tumoren, Bauchspeicheldr&uuml;senkarzinome, unterschiedliche Stadien des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms, Sarkome, Leberzellkarzinome, selektionierte F&auml;lle des Mammakarzinoms. Auch bei Bestrahlungen von rezidivierenden Tumoren kann Ionentherapie angewendet werden. Allerdings ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die bisherigen klinischen Erfahrungswerte (noch) auf vergleichsweise kleinen Patientengruppen basieren.</p> <h2>Situation und Zukunftsperspektiven in &Ouml;sterreich</h2> <p>Das Ionentherapiezentrum MedAustron in Wiener Neustadt ist das weltweit sechste Therapiezentrum, in welchem Protonen und Kohlenstoffionen zur Bek&auml;mpfung von unterschiedlichen Tumorerkrankungen eingesetzt werden sollen. Im Dezember 2016 wurde mit den ersten Patientenbehandlungen bzw. der klinischen Applikation von Protonen begonnen.<br /> Aktuell k&ouml;nnen in einem Behandlungsraum Protonen &uuml;ber einen horizontalen Fixstrahl appliziert werden, sodass die medizinischen Verwendungsm&ouml;glichkeiten noch limitiert sind. Im Verlauf von 2017 soll ein weiterer Behandlungsraum in Betrieb genommen werden, welcher mit einem horizontalen sowie vertikalen Fixstrahl ausgestattet ist. Zus&auml;tzlich sollen in absehbarer Zeit Kohlenstoffionen &ndash; und im Zuge der weiteren Inbetriebnahme auch ein Behandlungsraum mit einer Gantry &ndash; zur Verf&uuml;gung stehen. Zielsetzung der Aktivit&auml;ten der kommenden Jahre ist es, die Therapiem&ouml;glichkeiten bzw. das Behandlungsspektrum kontinuierlich zu erweitern, um im Vollbetrieb etwa 1.000 Patienten pro Jahr mit einer Ionentherapie behandeln zu k&ouml;nnen.<br /> In der klinischen Praxis stellen bei MedAustron Sch&auml;delbasistumoren, Meningiome, adenoidzystische Karzinome sowie Sarkome oder Rebestrahlungen bei rezidivierenden Tumoren nach bereits erfolgter Photonentherapie die Schwerpunktindikationen f&uuml;r 2017 dar. Zus&auml;tzlich sollen ab ca. April 2017 p&auml;diatrische Tumoren in das Behandlungsspektrum aufgenommen werden, wobei z.B. eine Bestrahlung der kraniospinalen Achse ca. Ende 2017 m&ouml;glich sein wird. Analog zu den zunehmenden technischen M&ouml;glichkeiten im Verlauf der n&auml;chsten Jahre wird sich das Indikationsspektrum der behandelbaren Tumoren wie oben erl&auml;utert sukzessive erweitern.<br /> Die Therapie aller Patienten soll im Rahmen von entsprechenden Studienprotokollen erfolgen, wobei bereits aktuell eine von der Ethikkommission genehmigte Registerstudie begonnen worden ist und weitere tumorspezifische Studienprotokolle in naher Zukunft initiiert werden sollen.<br /> MedAustron strebt eine sowohl nationale wie auch europ&auml;ische/internationale Zusammenarbeit mit anderen Radioonkologien, onkologischen Fachdisziplinen sowie Ionentherapiezentren an. M&ouml;gliche klinische Studien sollen z.B. in enger Kooperation mit der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Radioonkologie, Radiobiologie und Medizinische Radiophysik (&Ouml;GRO) initiiert werden. Zus&auml;tzlich wird das Zentrum auch an multizentrischen Studien mit anderen Ionentherapiezentren teilnehmen und bei internationalen Protonentherapiestudien mitarbeiten.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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