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Prädiktion durch tumorinfiltrierende Lymphozyten und multigenomische Assays
Jatros
Autor:
Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Zsuzsanna Bago-Horvath
Institut für Pathologie<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: zsuzsanna.horvath@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
06.04.2017
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<p class="article-intro">Beim 39. SABCS wurden mehrere pathologisch relevante Studien präsentiert, die die Rolle der „precision pathology“, einer individualisierten Diagnostik, betonten. Hierbei wurden sowohl morphologische als auch molekularpathologische Aspekte berücksichtigt. Morphologisch wurde die Relevanz der tumorinfiltrierenden Lymphozyten in unterschiedlichen intrinsischen Subtypen und Tumorstadien des Mammakarzinoms durchleuchtet. Weitere Beiträge fokussierten sich auf die Charakterisierung von Tumor-Stroma-Interaktionen und auf die Beteiligung spezifischer Immunzellen.</p>
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<p class="article-content"><p>Von den molekularpathologischen Studien befassten sich mehrere mit der therapeutischen Relevanz intrinsischer Subtypen. Außerdem wurde eine seit Langem erwartete vergleichende Analyse prognostischer multigenomischer Assays beim frühen, luminalen Mammakarzinom präsentiert.</p> <h2>Tumorinfiltrierende Lymphozyten</h2> <p>Die prädiktive Relevanz tumorinfiltrierender Lymphozyten (TILs) konnte in mehreren neoadjuvanten klinischen Studien demonstriert werden.<sup>1</sup> Demnach korreliert die Dichte der Immunzellinfiltrate im Tumorstroma mit der Tumorregression bei neoadjuvanter Chemotherapie. Die differenzierte prädiktive Wertigkeit dieses Markers in Abhängigkeit von biologisch relevanten intrinsischen Subtypen des Mammakarzinoms blieb jedoch bis dato ungeklärt. Ebenfalls fehlen Daten zu den TILs beim fortgeschrittenen, metastasierten Mammakarzinom, bei dem angenommen wird, dass der Tumor sich bereits in der Phase des „immune escape“ befindet.<br /> Der Beitrag von Carsten Denkert et al evaluierte die prognostische und prädiktive Rolle von TILs bei insgesamt 3771 Patientinnen aus randomisierten neoadjuvanten klinischen Studien, mit Hinblick auf unterschiedliche intrinsische Subtypen. Die Untersuchung umfasste 6 neoadjuvante Studien (GeparDuo – GeparSepto) mit einer ausbalancierten Verteilung der luminalen, tripelnegativen (TNBC) und HER2-amplifizierten Subtypen. Die Bestimmung der TILs erfolgte nach den publizierten Richtlinien standardisiert auf HE-Schnitten. pCR-Daten waren für alle Tumoren verfügbar, die Überlebensanalyse konnte an 2560 Datensätzen durchgeführt werden, da für die GeparSepto-Studie zum Zeitpunkt der Untersuchung noch keine Überlebensdaten verfügbar waren. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass TILs eine unterschiedliche Verteilung in Abhängigkeit vom intrinsischen Subtyp aufweisen: Das sogenannte Lymphozytenprädominante Mammakarzinom (LPBC) war am häufigsten unter den TNBC vertreten, wesentlich seltener beim HER2- positiven oder beim luminalen Mammakarzinom. Im Gegensatz dazu konnte gezeigt werden, dass TILs in allen untersuchten Subtypen prädiktiv für das Ansprechen auf neoadjuvante Chemotherapie waren. Es konnten allerdings signifikante Unterschiede in der prognostischen Wertigkeit der TILs herausgearbeitet werden: Während beim TNBC und beim HER2-positiven Mammakarzinom TILs mit einer besseren Prognose assoziiert sind, deuten sie beim luminalen Mammakarzinom eher auf eine schlechtere Prognose trotz erhöhter pCR-Rate hin. Bei dieser Entität waren niedrige TILs mit einer besseren Prognose assoziiert. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass TILs beim luminalen Mammakarzinom möglicherweise auf eine Resistenz gegen endokrine Therapieansätze hinweisen könnten.<br /> Die Relevanz von TILs bei der neoadjuvanten Chemotherapie wurde bereits eingehend untersucht. Es existieren allerdings wenige Untersuchungen über die Rolle von TILs in weiter fortgeschrittenen Tumorstadien, wo vermeintlich die Phase eines „immune escape“ durch den Tumor erreicht worden ist. In der Studie von Stephen J. Luen et al wurden Tumorproben aus der randomisierten Phase-III-Studie CLEOPATRA auf das Vorliegen von TILs untersucht, um ihre prognostische Wertigkeit beim fortgeschrittenen, HER2- positiven Mammakarzinom festzustellen.<sup>2</sup> Weitere Fragestellungen der Studie analysierten die prädiktive Rolle von TILs beim Ansprechen auf Pertuzumab. Ein besonderer Vorteil der Studie lag darin, dass es in wenigen Fällen möglich war, Gewebeproben aus Primärtumoren und gepaarten metastatischen Absiedelungen miteinander zu vergleichen. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass TILs auch beim fortgeschrittenen, HER2-positiven Mammakarzinom einem unabhängigen Prognoseparameter für das Gesamtüberleben, nicht aber für das progressionsfreie Überleben darstellen. Gleichzeitig konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der Infiltrationsdichte von TILs und einem Therapieansprechen auf Pertuzumab verifiziert werden. Interessanterweise fanden sich signifikante Unterschiede in der Verteilung der TILs in Abhängigkeit von Östrogenrezeptor(ER)-Expression, Lokalisation der Metastasen und ethnischer Herkunft der Patientinnen.</p> <h2>Multigenomische Assays</h2> <p>Multigenomische Assays haben neue Wege sowohl in der Diagnostik als auch der Prognostik des Mammakarzinoms eröffnet. Obwohl eine klare Empfehlung zum Einsatz mancher dieser Assays zur Therapiestratifikation beim frühen, luminalen Mammkarzinom gegeben werden kann,<sup>3</sup> fehlen vergleichende Untersuchungen über die am meisten verbreiteten Tests, die die prognostische Wertigkeit der Assays untereinander in Kontext setzen könnten. Weiters wurde die prädiktive Aussagekraft in Bezug auf das Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie nicht bei allen Tests eingehend untersucht.<br /> Im Beitrag von Aleix Prat et al wurde die therapeutische Relevanz intrinsischer Subtypen in der neoadjuvanten Behandlung von HER2-positivem Mammakarzinom im Rahmen der PAMELA-Studie erläutert. Die Studienteilnehmerinnen erhielten eine kombinierte Anti-HER2-Therapie mit Trastuzumab und Lapatinib (beim ER/PR-positiven Mammakarzinom ergänzt durch Letrozol oder Tamoxifen). Durch die Analyse der Proben vor Therapiebeginn konnte festgestellt werden, dass beim HER2-positiven Mammakarzinom (durch Immunhistochemie/In-situ- Hybridisierung) molekularpathologisch alle intrinsischen Subtypen vertreten sind, etwa 66,7 % der untersuchten Fälle gehörten zum HER2-amplifizierten Subtyp. Nach 2 Wochen Therapie änderte sich die Verteilung der intrinsischen Subtypen signifikant: Nun konnten etwa 48,6 % der Tumoren dem sogenannten „normal-like“ Subtyp zugeordnet werden, was mit einer Abnahme der Tumorzelldichte nach erfolgreichem Therapieansprechen erklärt werden kann. Ein HER2- amplifizierter Subtyp vor Therapiebeginn war signifikant mit einer pathologisch kompletten Remission assoziiert und somit ein starker prädiktiver Faktor einer dualen Blockade auch ohne Chemotherapie. Es konnte hiermit gezeigt werden, dass sowohl der PAM50-intrinsische Subtyp als auch der immunhistochemische Hormonrezeptorstatus unabhängige prädiktive Faktoren für eine pCR sind. Weitere neue Erkenntnisse sollen die Korrelation des Therapieansprechens mit dem Ausmaß der HER2-Amplifikation und mit dem Mutationsstatus des TP53-Gens liefern.<br /> Derzeit sind mehrere multigenomische Assays zur Prognosebestimmung beim frühen, luminalen Mammakarzinom verfügbar, allerdings fehlten bisher vergleichende Untersuchungen, die auf der Analyse von Tumorproben aus prospektivrandomisierten Studien basierten. Genau diese Lücke wurde durch den Beitrag von Ivana Sestak et al geschlossen. In ihrer Analyse der TransATAC-Studie wurden die prognostischen Plattformen „Clinical Treatment Score“ (CTS, beinhaltet Tumorgrade, pT, pN, Therapie), IHC4, Oncotype DX<sup>®</sup>, Breast Cancer Index (BCI), PAM50-ROR-Score und EndPredict<sup>®</sup> inkludiert. Die Assays wurden im Hinblick auf ihre prognostische Wertigkeit in Abhängigkeit vom Lymphknotenstatus und von der Zeitspanne bis zum ersten Rezidiv (0–10 Jahre vs. 5–10 Jahre) verglichen, wobei der CTS als Referenzwert diente. Die Ergebnisse der Untersuchungen haben gezeigt, dass die prognostische Performance der Plattformen in Abhängigkeit vom Follow-up-Zeitraum (0–10 bzw. 5–10 Jahre) und vom Lymphknotenstatus unterschiedlich ist. Bei nodal-negativen Patientinnen mit einem Followup von 10 Jahren besaßen der BCI und der PAM50-ROR-Score die größte prognostische Relevanz, allerdings konnten alle untersuchten Tests zusätzliche prognostische Information im Vergleich zum CTS liefern. In allen anderen untersuchten Kategorien konnten nur der PAM50- ROR- und der EndoPredict<sup>®</sup>-Test zum CTS zusätzliche prognostische Aussagen beitragen. Dies zeigte sich auch in den Überlebensdaten der Subgruppen in unterschiedlichen Risikogruppen. Während der PAM50-ROR-Test eine bessere Diskriminierung der Risikogruppen gewährleistete, konnten mithilfe von EndoPredict<sup>®</sup> insgesamt mehr Patientinnen der Gruppe mit niedrigem Rezidivrisiko zugeordnet werden. Bei allen Analysen hat sich gezeigt, dass die Berücksichtigung klinischpathologischer Parameter (Tumorgröße, Lymphknotenstatus) in statistischen Modellen essenziell ist, um eine prognostisch relevante Aussage zu erhalten. Somit können die Plattformen PAM50-ROR und EndoPredict ® für die Therapiestratifizierung beim frühen, luminalen Mammakarzinom empfohlen werden. Durch weitere Studien soll der klinische Nutzen der Tests besser geklärt werden, insbesondere ob Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko tatsächlich von den derzeit verwendeten Therapieschemata profitieren.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <ul> <li>Die prognostische Wertigkeit der tumorinfiltrierenden Lymphozyten ist vom intrinsischen Subtyp abhängig: Beim TNBC und beim HER2-positiven Mammakarzinom sind sie ein positiver prognostischer Faktor, beim luminalen Mammakarzinom sind sie mit einem kürzeren Überleben assoziiert.</li> <li>Bei Patientinnen mit fortgeschrittenem HER2-positivem Mammakarzinom mit dualer HER2-Blockade (Trastuzumab/Pertuzumab) sind TILs prognostisch, aber nicht prädiktiv für einen Benefit von Pertuzumab.</li> <li>Zukünftige Analysen sollen die Rolle der TILs in Abhängigkeit von der ethnischen Herkunft und die Relevanz von TILs in Metastasen weiter klären.</li> <li>Der HER2-enriched Subtyp nach dem PAM50-ROR-Score ist ein starker prädiktiver Faktor für das Ansprechen auf duale HER2-Blockade mit Trastuzumab/ Lapatinib auch ohne Chemotherapie.</li> <li>Der PAM50-intrinsische Subtyp und der immunhistochemische Hormonrezeptorstatus sind beides unabhängige prädiktive Faktoren für eine pathologisch komplette Tumorremission.</li> <li>In der vergleichenden Analyse der TransATAC-Studie lieferten der PAM50- ROR- und der EndoPredict®-Test die meisten zusätzlichen prognostischen Informationen.</li> <li>Die Berücksichtigung klinisch-pathologischer Parameter in statistischen Modellen, wie bei den PAM50-ROR- und EndoPredict®-Tests, ist essenziell.</li> </ul> </div></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Denkert C et al: Tumor-associated lymphocytes as an independent predictor of response to neoadjuvant chemotherapy in breast cancer. J Clin Oncol 2010; 28(1): 105-13 <strong>2</strong> Luen SJ et al: Tumour-infiltrating lymphocytes in advanced HER2-positive breast cancer treated with pertuzumab or placebo in addition to trastuzumab and docetaxel: a retrospective analysis of the CLEOPATRA study. Lancet Oncol 2017; 18(1): 52-62 <strong>3</strong> Buus R et al: Comparison of Endo- Predict and EPclin With Oncotype DX recurrence score for prediction of risk of distant recurrence after endocrine therapy. J Natl Cancer Inst 2016; 108(11): pii: djw149</p>
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