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Plerixafor steigert Qualität und Quantität mobilisierter Vorläuferzellen
Jatros
30
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02.03.2017
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<p class="article-intro">Viele Jahrzehnte wurden hämatopoetische Stammzellen für Transplantationen mittels Knochenmarksstanzen geerntet. Dieses Verfahren wurde, vor allem bei der autologen Transplantation, durch die Mobilisierung dieser Zellen in das periphere Blut abgelöst. Um die Auswanderung der Stammzellen vom Knochenmark in das periphere Blut anzuregen, werden verschiedene Strategien verwendet. Plerixafor (AMD3100, Mozobil<sup>®™</sup>) ist eine der erfolgreichsten Mobilisierungssubstanzen.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Beim ASH 2016 in San Diego wurden verschiedene Studien zur Verwendung von Plerixafor präsentiert. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass durch den Einsatz von Plerixafor die Stammzellausbeute wesentlich verbessert werden kann.<br /> Maria Rosa Lidonnici, Mailand/Italien, und Kollegen stellten Ergebnisse einer Untersuchung zu biologischen und funktionellen Eigenschaften von humanen hämatopoetischen Stammzellen vor.<sup>1</sup> Dazu verglichen die Wissenschaftler verschiedene Methoden der Stammzellgewinnung: aus dem Knochenmark sowie aus dem peripheren Blut mithilfe von Plerixafor, G-CSF oder einer Kombination beider Substanzen.<br /> Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass hämatopoetische Stammzellen durch unterschiedliche Methoden der Ernte aus dem Knochenmark bzw. nach Mobilisierung durch G-CSF und/oder Plerixafor über verschiedene Eigenschaften verfügen. Mithilfe von Plerixafor mobilisierte Stammzellen besitzen eine stärkere Fähigkeit, in immundefizienten Mäusen hämatopoetische Nischen zu besiedeln und sich in diesen einzunisten. Die höhere Anzahl von Zellen mit Expression von CXCR4 und CD49f korrelierte mit dieser Eigenschaft. Außerdem wurde die überlegene In-vivo- Rekonstitutionsaktivität von Plerixaformobilisierten Zellen mithilfe einer globalen Genexpressionsanalyse gezeigt. Diese „Stemness“-Signatur wird durch den kombinierten Gebrauch von G-CSF gedämpft, welches für eine höhere Zellernte bei der Apherese eingesetzt wird. Die Ergebnisse dieser Untersuchung weisen darauf hin, dass es möglicherweise dieser qualitative Vorteil ist, der die überlegene Leistung der mit Plerixafor mobilisierten Zellen bewirkt. Somit geben diese Ergebnisse die Rationale für die Verwendung einer suboptimalen Dosis von primitiveren hämatopoetischen Stammzellen, wenn die geplante Zellzahl für die Transplantation nicht erreicht wurde oder wenn die Ernte durch G-CSF-Mobilisierung zu risikoreich ist, wie z.B. bei Patienten mit Sichelzellenanämie.</p> <h2>Optimierung der Stammzellernte</h2> <p>Omotayo O. Fasan, Danville/USA, und Kollegen untersuchten retrospektiv die Effektivität der Stammzellmobilisierung mit zwei Dosierungen von Plerixafor.<sup>2</sup><br /> In dieser retrospektiven Auswertung wurden die prospektiv gesammelten Daten von 105 Patienten mit multiplem Myelom, die sich zwischen März 2014 und Juli 2016 einer Stammzellmobilisierung unterzogen hatten, untersucht. Sie erhielten über 4 Tage Filgrastim. Patienten, bei denen weniger als 50K/µl Leukozyten gemessen wurden, erhielten am Abend zusätzlich eine weitere Dosis Filgrastim plus Plerixafor, entweder in der Standarddosierung (0,24mg/kg) oder als fixe Dosierung (12mg), wenn die CD34<sup>+</sup>-Zahl unter 50/µl lag. Mit beiden Dosierungen wurde die Anzahl der CD34<sup>+</sup>- Zellen um ungefähr das 7-Fache erhöht. Im Durchschnitt wurden in beiden Patientenkohorten 1,2 Tage für die Apherese benötigt. Bei ca. 94 % aller Patienten konnten =6 Millionen/kg und bei ungefähr 71 % =8 Millionen/kg Stammzellen an einem Tag geerntet werden. Die präemptive Verwendung von Plerixafor am Tag 4 führt zu einem höheren Prozentsatz an optimalen Mobilisierungen (=6 Millionen Zellen/kg) an einem Tag. Die höheren Produktkosten werden durch eine reduzierte Anzahl an Apheresetagen wettgemacht.<br /> Auch bei gesunden Spendern für eine allogene Stammzelltransplantation kann Plerixafor die Stammzellausbeute bei schlechten Mobilisierern steigern, wie Daten einer prospektiven einarmigen Phase- II-Studie zeigen.<sup>3</sup> Zwischen Jänner 2014 und Dezember 2015 wurden 37 nicht verwandte Spender in die Studie eingeschlossen. Die mediane Anzahl an CD34<sup>+</sup>-Zellen im peripheren Blut betrug 15,4/µl am ersten Apheresetag nach alleiniger G-CSFGabe und 44,0/µl am zweiten Apheresetag nach G-CSF- plus Plerixafor-Gabe. Es konnten 1,05x10<sup>8+</sup>-Zellen am ersten und 2,80x10<sup>8</sup> CD34<sup>+</sup>-Zellen am zweiten Apheresetag geerntet werden. Nebenwirkungen waren in der Regel mild bis moderat. 21 der 37 Spender erreichten die geplante Zellzahl von >4,5x10<sup>6</sup>/kg Empfängergewicht. Nur bei einem Spender wurden innerhalb der zwei Apheresetage <2,0x10<sup>6</sup> CD34<sup>+</sup>-Zellen/kg Empfängergewicht geerntet. Die Autoren schlossen, dass durch Plerixafor auch bei gesunden, nicht verwandten Spendern die Mobilisierung von Vorläuferzellen für die allogene Stammzelltransplantation optimiert werden kann.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 58. Jahrestagung der American Society of Hematology
(ASH), 3.–6. Dezember 2016, San Diego
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Lidonnici MR et al: Human CD34+ cells from different sources disclose a specific stemness signature. ASH 2016, Abstr. #4709 <strong>2</strong> Fasan OO et al: Optimizing progenitor cell mobilization in patients with myeloma: effect of a preemptive day 4 plerixafor-based mobilization algorithm. ASH 2016, Abstr. #2184 <strong>3</strong> Hölig K et al: Plerixafor as a salvage regimen to mobilize allogeneic stem cells in healthy volunteers (NCT01954914). ASH 2016, Abstr. #3369</p>
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