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Optimierung adjuvanter Hormontherapie bei HR+-Mammakarzinom

<p class="article-intro">Das hormonrezeptorpositive Mammakarzinom ist eine chronische Erkrankung. Dies zeigen nicht nur Studiendaten mit Langzeitverlauf. Etwa ein Viertel aller Rezidive tritt 10 Jahre nach Diagnosestellung auf. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über neueste Studien in diesem Bereich.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Zusammenstellung der EBCTCG-Collaborators von 46&thinsp;&thinsp;138 Frauen mit HR<sup>+</sup>-Mammakarzinom hilft, das Rezidivrisiko, welches nach einer 5-j&auml;hrigen adjuvanten Tamoxifen-Behandlung weiterhin besteht, besser einzusch&auml;tzen (Tab. 1).<sup>1</sup> Die Rezidivrate bis zum Jahr 20 nach Beendigung der Tamoxifen-Therapie wird in Korrelation mit Tumorgr&ouml;sse (T) und Nodalstatus (N) gesetzt. So haben Patientinnen mit T2-Tumoren und einem deutlichen axill&auml;ren Lymphknotenbefall (LK&nbsp;&gt;4) ein stetig ansteigendes Rezidivrisiko von bis zu 47 % bis zum Jahr 20. Bei einem geringeren LK-Befall (LK 1&ndash;3) liegt die R&uuml;ckfallrate bei 29 % und bei fehlendem axill&auml;rem Befall immer noch bei 21 % . Bei T1-Tumoren liegen die entsprechenden R&uuml;ckfallraten bei 41 % , 29 % und 14 % . Auch bei der prognostisch g&uuml;nstigsten Gruppe (T1N0) liegt die j&auml;hrliche Rezidivwahrscheinlichkeit nach 5-j&auml;hriger Tamoxifen-Behandlung bei ca. 1 % pro Jahr bis zum Jahr 20. Auch bei G1-Tumoren wird die Rezidivwahrscheinlichkeit nicht geringer. In der T1N0-Situation liegt die zu erwartende j&auml;hrliche R&uuml;ckfallrate bei G1-Tumoren bei 0,5&ndash;1 % pro Jahr und bei G3-Tumoren bei 1,1&ndash;2,7 % pro Jahr. Etwa ein Drittel aller Rezidive tritt lokal, zwei Drittel treten systemisch auf.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Onko_1604_Weblinks_Seite26.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p>Aufgrund dieses persistierenden Rezidivrisikos sind Langzeithormontherapiestudien wichtig. Alle Designs von 10-j&auml;hrigen Phase-III-Studien zeigen, dass die l&auml;ngere Therapiedauer Rezidive signifikant verringern kann (Tamoxifen nach Tamoxifen: ATLAS, aTTom; Aromatasehemmer nach Tamoxifen: MA.17, NSABP-B33, ABCSG-6a). Die am ASCO-Meeting pr&auml;sentierte MA.17R-Studie ist die erste Studie, welche den Stellenwert einer 5-j&auml;hrigen Aromatasehemmer(AI)-Therapie mit Letrozol nach einer 5-j&auml;hrigen Aromatasehemmerbehandlung definiert.<sup>2</sup> Leider hatten nur 20 % der Patientinnen eine 5-j&auml;hrige &laquo;Upfront&raquo;-Behandlung mit einem AI. Bei 80 % der Patientinnen wurde eine initiale Hormontherapie mit Tamoxifen durchgef&uuml;hrt. Entweder geschah dies im Rahmen der MA.17-Studie oder ausserhalb von Studien in einer Switch-Strategie (TAM/AI). Der prim&auml;re Endpunkt der Verl&auml;ngerung des krankheitsfreien &Uuml;berlebens (DFS) wurde erreicht. Bei einem Kollektiv von 1918 Patientinnen (46 % mit nodal-negativer Ausgangssituation) war die Rezidivrate gering. Bei einem Follow-up von 6,3 Jahren lag des DFS mit Letrozol bei 95 % und mit Placebo bei 91 % , entsprechend einer Rezidivrisikosenkung von 34 % (p=0,01). Separiert man zwischen Fernmetastasierung und Inzidenz von kontralateralen Zweitkarzinomen, so mutet die absolute prozentuale Senkung von nur 1,1 % f&uuml;r Fernmetastasierung sehr bescheiden an. Die MA.17R kann die entscheidende Frage nach dem Profit einer verl&auml;ngerten Antihormontherapie mit einem Aromatasehemmer nach einer 5-j&auml;hrigen &laquo;Upfront&raquo;-AI-Behandlung nicht beantworten (Abb. 1). Wir hoffen auf kl&auml;rende Ergebnisse der NSABP-B42-Studie.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Onko_1604_Weblinks_Seite27.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>&laquo;Fine tuning&raquo; der adjuvanten Chemotherapie</h2> <p>Optimierungen der adjuvanten Chemotherapie beim Mammakarzinom waren in den letzten Jahren sehr rar. Anthrazyklin- und taxanhaltige Behandlungsregime (sequenziell oder konkomitierend) gelten heute als adjuvante Standardbehandlung f&uuml;r Mammakarzinompatienten mit erh&ouml;htem Rezidivrisiko. Mit der Joint-Analyse der ABC-Trials wird erstmals ein Vergleich zwischen einer Anthrazyklin- und Taxan-kombinierten Behandlung und einer anthrazyklinfreien Therapie gemacht. Die gepoolten Daten der ABC-Trials (4242 Patientinnen aus drei Studien, USOR 06/90, NSABP B-46 I, NSABP B-49) zeigen den Stellenwert einer Standardbehandlung (&uuml;berwiegend TAC, Docetaxel, Doxorubicin, Cyclophosphamid) gegen&uuml;ber 6 Zyklen Docetaxel/Cyclophosphamid (TC).<sup>3</sup> Nur in NSABP B-49 konnten die behandelnden &Auml;rzte ein sequenzielles, zum Teil dosisverdichtetes Anthrazyklin-/Paclitaxel-Regime ihrer Wahl einsetzen. Gerade diese numerisch gr&ouml;sste Studie tr&auml;gt aber wegen einer &auml;usserst kurzen medianen Beobachtungszeit von 2,2 Jahren nichts zu den Enddaten der Gesamtanalyse bei. Obwohl 6 Zyklen TC nicht als internationaler Standard gelten, kann uns die Studie zeigen, in welcher Situation nicht auf Anthrazykline verzichten werden sollte. Im hormonrezeptor-negativen Patientenkollektiv liegt ein klar positiver Einfluss des anthrazyklinhaltigen Therapiearmes auf das krankheitsfreie &Uuml;berleben (DFS) unabh&auml;ngig vom axill&auml;ren Lymphknotenbefall vor. Der absolute Gewinn ist bei den HR-negativen, nodal-negativen Patienten am geringsten, aber immer noch klinisch relevant. Bei den hormonrezeptorpositiven Patienten kann aber lediglich eine Verl&auml;ngerung des DFS bei deutlichem axill&auml;rem Lymphknotenbefall (&ge;4 positive LK) erzielt werden. Bei fehlendem oder begrenztem Befall der axill&auml;ren Lymphknoten (N0 oder 1&ndash;3 positive LK) entsteht kein Gewinn durch die Behandlung mit Anthrazyklin/Taxan gegen&uuml;ber TC&nbsp;x6. Die 4-Jahres-DFS-Gewinne liegen bei HR-negativen Erkrankungen bei 2,5 % (bei N0), bei 10,9 % (bei 1&ndash;3 positiven LK) und bei 11 % (bei &ge;4 LK). Bei HR<sup>+</sup>-Erkrankung liegen die entsprechenden Differenzen bei &ndash;2,7 % , 2,0 % und 5,8 % . Das Gesamt&uuml;berleben ist in beiden Vergleichsgruppen gleich lang. Die Resultate spiegeln in etwa die Indikationsgrenzen wider, innerhalb deren Schweizer Onkologen die Therapie mit Docetaxel/Cyclophosphamid (4 Zyklen) bereits heute im klinischen Alltag anwenden. Interessant sind die adjuvanten Daten der PANTHER-Studie bei &uuml;berwiegend nodal-positiven Patientinnen.<sup>4</sup> Diese hinterfragt einerseits die K&ouml;rperoberfl&auml;chendosierung von Zytostatika und anderseits vergleicht sie ein konventionell dosiertes 3-Wochen-Regime (FEC100 x3, Docetaxel100 x3) mit einer individuell dosisangepassten Behandlung &uuml;ber 2 Wochen &laquo;dose dense&raquo; (&laquo;tailored dose dense&raquo;, tdd: EC 90/600 x4 + tdd Docetaxel 75 x4, beide Sequenzen mit G-CSF). Je nach h&auml;matologischer Toxizit&auml;t wurde die Zytostatikadosierung sowohl in der EC- als auch in der Docetaxel-Sequenz gesteigert. 44 % der Patienten erreichten in der EC-Sequenz das oberste Dosisniveau von 120/1200mg/m&sup2;. Auch in der Docetaxel-Sequenz liess sich die Dosis bei einem relevanten Patientenanteil bis 100mg/m&sup2; steigern. Bei einem medianen Follow-up von 5,3 Jahren liegt der absolute Gewinn der Tdd-Therapie f&uuml;r das eventfreie &Uuml;berleben bei 4,6 % (p=0,042) und f&uuml;r das Gesamt&uuml;berleben bei knapp 2 % (p=0,093). Der prim&auml;re Endpunkt des r&uuml;ckfallfreien Verlaufs von Brustkrebs konnte um 3,5 % verbessert werden, ohne dass aber eine statistische Signifikanz erreicht wurde. Der Profit war unabh&auml;ngig vom Nodal- oder Hormonrezeptorstatus. Interessant an der Studie ist aber vor allem der Umstand, dass durch die Optimierung der Effizienzendpunkt der Studie unabh&auml;ngig vom Ausmass der individuellen Dosissteigerung erreicht wurde. Bereits die Erh&ouml;hung um ein Dosisniveau erbrachte einen &auml;quivalenten Gewinn.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Onko_1604_Weblinks_Seite28.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>CDK4/6-Inhibition bei HR<sup>+</sup>-, HER2-negativem MBC</h2> <p>In den USA ist Palbociclib in Kombination mit Fulvestrant aufgrund der Resultate der PALOMA-3-Studie als Zweitlinientherapie, als Erstlinientherapie ist Letrozol + Palbociclib (Phase-II-Studie PALOMA-1) f&uuml;r die Behandlung des HR<sup>+</sup>-, HER2-fortgeschrittenen Mammakarzinoms FDA-&laquo;approved&raquo;. Die aktuell pr&auml;sentierten Daten der placebokontrollierten, randomisierten Phase-III-Studie (PALOMA-2) best&auml;tigen die Phase-II-Daten in der Erstlinientherapie.<sup>5</sup> Im Vergleich zwischen Letrozol/Palbociclib und Letrozol/Placebo schnitt der CDK4/6-Inhibitor-Arm mit einem Gewinn von 10,3 Monaten im progressionsfreien &Uuml;berleben ab (24,8 Monate vs. 14,5 Monate; Abb. 2). Mit dieser Kombination konnte das l&auml;ngste je durch eine Erstlinientherapie erreichte mediane PFS bei metastasierendem ER<sup>+</sup>-Mammakarzinom erreicht werden. Die Palbociclib-typischen Nebenwirkungen (Neutropenie Grad III: 56 % , Grad IV: 10 % ) sind steuerbar. Trotz der betr&auml;chtlichen H&auml;matotoxizit&auml;t lag die Rate an febriler Neutropenie lediglich bei 1,6 % . Abemaciclib ist ein selektiver Inhibitor von CDK4, weniger von CDK6. In der MONARCH1-Studie wurden 132 Patienten, welche mit einem Taxan und mindestens 2 Chemotherapielinien vorbehandelt waren, mit einer Abemacilib-Monotherapie 2x&nbsp;200mg/Tag behandelt.<sup>6</sup> 90 % der Behandelten wiesen eine viszerale Metastasierung auf (Leber 70 % , Lunge 23,5 % ). Die Ansprechrate der Monotherapie lag bei 19,7 % und die CBR bei 42,4 % . Das mediane PFS lag bei 6 Monaten. Im Gegensatz zu Palbociclib verursacht Abemaciclib etwas weniger Neutropenien, daf&uuml;r treten h&auml;ufiger Durchf&auml;lle auf (Grad 3: 20 % ). Die Diarrh&ouml; trat in der Regel sehr fr&uuml;h auf, innerhalb der ersten Behandlungswoche, dauerte in der Regel nicht l&auml;nger als eine Woche und konnte mithilfe von Antidiarrhoika und Dosisreduktionen gemanagt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Pan H et al: Predictors of recurrence during years 5-14 in 46,138 women with ER+ breast cancer allocated 5 years only of endocrine therapy (ET). 2016 ASCO Annual Meeting; Oral Abstract Session, Abstract #505<br /><strong>2</strong> Goss PE et al: A randomized trial (MA.17R) of extending adjuvant letrozole for 5 years after completing an initial 5 years of aromatase inhibitor therapy alone or preceded by tamoxifen in postmenopausal women with early-stage breast cancer. 2016 ASCO Annual Meeting; Plenary Session, Abstract #LBA1<br /><strong>3</strong> Blum JL et al: Interim joint analysis of the ABC (anthracyclines in early breast cancer) phase III trials (USOR 06-090, NSABP B-46I/USOR 07132, NSABP B-49 [NRG Oncology]) comparing docetaxel + cyclophosphamide (TC) v anthracycline/taxane-based chemotherapy regimens (TaxAC) in women with high-risk, HER2-negative breast cancer. 2016 ASCO Annual Meeting; Oral Abstract Session, Abstract #1000<br /><strong>4</strong> Bergh JCS et al: PANTHER: Prospective randomized phase III trial of tailored and dose-dense versus standard tri-weekly adjuvant chemotherapy for high-risk breast cancer in the modern era of endocrine and anti-HER2 therapy. 2016 ASCO Annual Meeting; Oral Abstract Session, Abstract #1002<br /><strong>5</strong> Finn RS et al: PALOMA-2: Primary results from a phase III trial of palbociclib (P) with letrozole (L) compared with letrozole alone in postmenopausal women with ER+/HER2&ndash; advanced breast cancer (ABC). 2016 ASCO Annual Meeting; Oral Abstract Session, Abstract #507<br /><strong>6</strong> Dickler MN et al: MONARCH1: Results from a phase II study of abemaciclib, a CDK4 and CDK6 inhibitor, as monotherapy, in patients with HR+/HER2- breast cancer, after chemotherapy for advanced disease. 2016 ASCO Annual Meeting; Clinical Science Symposium, Abstract #510</p> </div> </p>
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