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Onkologische Roboterchirurgie im unteren Gastrointestinaltrakt

<p class="article-intro">Die onkologische Roboterchirurgie hat seit ihrer Einführung in die Allgemeinchirurgie vielversprechende Ergebnisse gezeigt, insbesondere beim technisch aufwendig zu resezierenden tiefen Rektumkarzinom. Obwohl aufgrund hoher Kosten derzeit noch wenig verbreitet, wird sich die Verfügbarkeit robotischer Operationssysteme am Gesundheitsmarkt mittel- bis langfristig deutlich erhöhen. Aus Sicht der Autoren sollte daher bereits jetzt der Ausbildung des chirurgischen Nachwuchses in der roboterchirurgischen Operationstechnik das nötige Augenmerk geschenkt werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Zahlreiche Studien belegen, dass die minimal invasive laparoskopische Operationstechnik beim Kolorektalkarzinom mit einem signifikant besseren Kurzzeit-Outcome im Vergleich zur offenen Operation assoziiert ist. So konnte gezeigt werden, dass laparoskopisch operierte Patienten einen geringeren Blutverlust aufweisen, postoperativ weniger Schmerzmittel ben&ouml;tigen, schneller enteral kostaufgebaut werden k&ouml;nnen und letztlich k&uuml;rzer im Spital verbleiben. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass das onkologische Langzeit- Outcome der Patienten ident zur offenen Chirurgie ist.<br /> Nachteile der laparoskopischen Operationstechnik sind jedoch eine l&auml;ngere Operationszeit, h&ouml;here Kosten und, insbesondere bei gro&szlig;en Tumoren mit Infiltration benachbarter Organe, die h&auml;ufige Notwendigkeit zur Konversion auf die offene Operation. Zudem ist die laparoskopische Operationstechnik mit einer relativ flachen Lernkurve verbunden, weswegen immer noch ein Gro&szlig;teil der Patienten mit Kolorektalkarzinom in offener Technik operiert wird. Besonders deutlich wird dies bei Patienten mit (tiefsitzenden) Tumoren des Rektums, wo auch an gro&szlig;en Behandlungszentren lediglich 40 % aller Patienten laparoskopisch operiert werden. Hauptgrund hierf&uuml;r sind die bei der laparoskopischen Rektumresektion h&ouml;heren operationstechnischen Anforderungen: So ist das schichtgerechte Operieren mit den verf&uuml;gbaren starren Instrumenten im engen Raum des kn&ouml;chernen Beckens technisch aufwendig und zudem wenig ergonomisch, was zu fr&uuml;hzeitiger Erm&uuml;dung des Operationsteams und einer konsekutiv hohen Rate an Konversionen f&uuml;hrt. Zudem zeigt die Literatur, dass &ndash; insbesondere in weniger erfahrenen H&auml;nden &ndash; beim laparoskopisch operierten Rektumkarzinom in einem h&ouml;heren Prozentsatz mit einer R1- Resektion zu rechnen ist. All dies hat in letzter Konsequenz dazu gef&uuml;hrt, dass die Durchf&uuml;hrung der laparoskopischen Rektumchirurgie in den Guidelines des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) nur an spezialisierten Zentren empfohlen wird.</p> <h2>Vorteile der Roboterchirurgie gegen&uuml;ber der Laparoskopie</h2> <p>In den letzten Jahren wurde daher zunehmend die Frage aufgeworfen, inwiefern die Roboter-assistierte Operationstechnik, besonders beim Rektumkarzinom, Vorteile gegen&uuml;ber der laparoskopischen Operationstechnik bringen k&ouml;nnte. Wesentlicher Vorteil der Roboterchirurgie ist eine im Vergleich zur Laparoskopie verbesserte Beweglichkeit der Operationsinstrumente, welche &auml;hnlich der menschlichen Hand in 7 verschiedenen Freiheitsgraden bewegt werden k&ouml;nnen. Dies bringt vor allem in schwer zug&auml;nglichen Operationsgebieten wie dem kleinen Becken Vorteile und erlaubt auch in solchen OP-Regionen, pr&auml;zise und zugleich ergonomisch zu operieren.<br /> Zudem stehen f&uuml;r die Roboterchirurgie auch Trainingsprogramme bzw. -plattformen zur Verf&uuml;gung, welche es erlauben, in kurzer Zeit die erforderlichen Operationsschritte unter standardisierten Bedingungen erlernen zu k&ouml;nnen. So wurde &uuml;ber die European Academy of Robotic Colorectal Surgery ein Curriculum geschaffen, dem ein modulares Ausbildungssystem zugrunde liegt und an dessen Ende die Zertifizierung des Chirurgen zum &bdquo;Robotic Colorectal Surgeon&ldquo; steht.<br /> Zahlreiche Studien beim Kolorektalkarzinom und zuletzt eine Metaanalyse belegen, dass die Roboterchirurgie im Vergleich zur laparoskopischen Operation mit einem geringeren Blutverlust, einer verbesserten Schonung der autonomen Nerven beim Rektumkarzinom sowie einer geringeren Konversionsrate assoziiert ist. Allerdings geht dies auf Kosten einer l&auml;ngeren Operationszeit, da zu Beginn der Operation das Robotersystem vorbereitet und mit dem Patienten verbunden (&bdquo;gedockt&ldquo;) werden muss.</p> <h2>M&auml;nner profitieren st&auml;rker als Frauen von der Roboterchirurgie</h2> <p>Um die im Rahmen einer Metaanalyse gezeigten Daten durch eine gro&szlig; angelegte prospektive Studie zu best&auml;tigen, wurde im Jahr 2012 die prospektiv randomisierte ROLARR(RObotic versus LAparoscopic Resection for Recal Cancer)-Studie initiiert, in die insgesamt 471 Patienten mit Rektumkarzinom eingeschlossen wurden. Von den Patienten wurden 234 konventionell laparoskopisch operiert, w&auml;hrend 237 Patienten einer Roboter-assistierten Resektion unterzogen wurden. Prim&auml;rer Studienendpunkt war die Rate der Konversion auf eine offene Rektumresektion. Als weiterer Studienendpunkt wurde untersucht, ob es Unterschiede in der R1-Resektionsrate zwischen laparoskopischer und robotischer Resektion gibt.<br /> Einschlusskriterium f&uuml;r Patienten war das Vorliegen eines Adenokarzinoms des Rektums unterhalb von 15cm ab ano sowie die M&ouml;glichkeit zur kurativen Resektion. Seitens der operierenden Chirurgen wurde eine Erfahrung von mindestens 30 minimal invasiven Rektumresektionen vorausgesetzt, davon mindestens 10 in konventionell-laparoskopischer und mindestens 10 in roboterchirurgischer Technik. <br /> Die Studie zeigte zwar einen Trend zu einer niedrigeren Konversionsrate im roboterchirurgischen Behandlungsarm (robotisch: 8,1 % vs. laparoskopisch: 12,2 % ), dieser war allerdings statistisch nicht signifikant. Auch hinsichtlich der R1-Resektionsrate zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsarmen (robotisch: 5,1 % vs. laparoskopisch: 6,3 % ).<br /> Im Rahmen von Subgruppenanalysen zeigte sich jedoch eine signifikant niedrigere Konversionsrate bei M&auml;nnern, die roboterchirurgisch operiert wurden (robotisch: 8,7 % vs. laparoskopisch: 16,0 % , p=0,0429), was den Schluss nahelegt, dass die Roboterchirurgie besonders im engen m&auml;nnlichen Becken, das in der Regel technisch schwieriger zu operieren ist, Vorteile gegen&uuml;ber der Laparoskopie aufweist.<br /> Am beachtenswertesten war jedoch folgendes Ergebnis: So zeigte sich mit zunehmender Anzahl roboterchirurgischer Resektionen (die meisten teilnehmenden Chirurgen galten bereits zu Beginn der Studie als Experten in der laparoskopischen Operationstechnik, waren jedoch vergleichsweise unerfahren in der roboterchirurgischen Technik) ein deutlicher Trend zu einer niedrigeren Konversionsrate im Roboterchirurgie-Arm. Auffallend war weiters, dass dieser Lerneffekt unabh&auml;ngig von der vorangegangenen Laparoskopie- Erfahrung der Chirurgen war.<br /> Es l&auml;sst sich daher schlussfolgern, dass die Roboterchirurgie insbesondere im Bereich der tiefen Rektumchirurgie (v.a. bei m&auml;nnlichen Patienten und technisch aufwendigen Resektionen) Vorteile gegen&uuml;ber der laparoskopischen Operationstechnik bietet, wobei diese Vorteile mit zunehmender robotischer Erfahrung umso deutlicher hervortreten. Als Richtwert f&uuml;r die Lernkurve in der Roboterchirurgie werden in der Literatur 70 Resektionen f&uuml;r den &bdquo;ersten&ldquo; Roboterchirurgen an einem Zentrum angegeben, in weiterer Folge reduziert sich dieser Wert auf 40 Resektionen f&uuml;r alle weiteren Chirurgen am Zentrum.</p> <h2>Nachteil: hohe Kosten</h2> <p>Als Hauptargument gegen die Roboterchirurgie wird von Kritikern nach wie vor ins Treffen gef&uuml;hrt, dass diese im Vergleich zur offenen bzw. der konventionell laparoskopischen Chirurgie deutlich h&ouml;here Kosten verursacht. Dadurch w&uuml;rden die gezeigten Vorteile der Roboterchirurgie zunichte gemacht und die Roboterchirurgie aus gesundheits&ouml;konomischer Sicht keine Vorteile mehr gegen&uuml;ber den konventionellen Operationstechniken bringen. Dem entgegenzuhalten ist jedoch, dass dieser Umstand in erster Linie der derzeitigen Monopolsituation am Gesundheitsmarkt geschuldet ist, welcher aktuell von einem einzigen Anbieter roboterchirurgischer Systeme dominiert wird. Mittel- bis langfristig ist aber davon auszugehen, dass weitere Anbieter auf den Markt dr&auml;ngen werden, was eine gr&ouml;&szlig;ere Vielfalt verf&uuml;gbarer robotischer Systeme und eine in weiterer Folge nachhaltige Preisreduktion zur Folge haben wird, vergleichbar der Situation am Telekommunikationsmarkt vor 15 bis 20 Jahren.</p> <h2>Chirurgischen Nachwuchs fit f&uuml;r die Zukunft machen</h2> <p>Aus Sicht der Autoren wird die Roboterchirurgie vorerst Zentrumschirurgie bleiben, es ist aber in Zukunft von einer deutlichen Steigerung der Verf&uuml;gbarkeit robotischer Operationssysteme auszugehen. Um hierf&uuml;r ger&uuml;stet zu sein, sollte es bereits jetzt Aufgabe der vorhandenen Zentren sein, den chirurgischen Nachwuchs rechtzeitig in der robotischen Operationstechnik auszubilden, damit die Methode dann rasch und fl&auml;chendeckend einer m&ouml;glichst gro&szlig;en Zahl von Patienten zugutekommen kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Onko_2001_Weblinks_jat_onko_2001_s47_abb1_bachleitner.jpg" alt="" width="500" height="672" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei den Verfassern</p> </div> </p>
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