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Österreichische Pilotstudie zu Ofatumumab beim MALT-Lymphom
Jatros
Autor:
Dr. Barbara Kiesewetter
Univ.-Klinik für Innere Medizin I<br>Klinische Abteilung für Onkologie und Comprehensive Cancer Center<br>Medizinische Universität Wien<br>E-Mail: barbara.kiesewetter@meduniwien.ac.at
30
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23.11.2017
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<p class="article-intro">Unter dem Titel „A phase II study of ofatumumab monotherapy for extranodal marginal zone B-cell lymphoma of the mucosa-associated lymphoid tissue“ wurde auf der diesjährigen OeGHO-Frühjahrstagung in Bregenz eine Pilotstudie zur Effektivität und Sicherheit des „Second generation“-Anti-CD20-Antikörpers Ofatumumab als Monotherapie beim MALT-Lymphom vorgestellt. </p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>MALT-Lymphome jenseits von Helicobacter-pylori-Eradikation?</h2> <p>Das extranodale Mukosa-assoziierte Marginalzonenlymphom (MALT-Lymphom) stellt mit rund 8 % aller Non-Hodgkin-Lymphome einen der häufigeren B-Zell-Subtypen dar und gliedert sich neben dem splenischen und dem nodalen Marginalzonenlymphom als bekanntester Vertreter dieser Entität ein. Seine besondere Prominenz verdankt dieses Lymphom der Assoziation mit der chronischen Helicobacter-pylori(HP)-Gastritis, welche als Pathomechanismus des gastrischen MALT-Lymphoms bereits kurze Zeit nach der Erstbeschreibung 1983 durch die beiden britischen Pathologen Peter Isaacson und Dennis H. Wright nachgewiesen werden konnte und ein einzigartiges Beispiel für einen bakteriellen Erreger als indirekt auslösendes Agens bei einer malignen Erkrankung darstellt.<br />Auch heute noch ist die HP-Eradikationstherapie mittels (zumeist) zweifacher Antibiotikakombination und eines Protonenpumpeninhibitors der unumstrittene Goldstandard in der Behandlung des gastrischen MALT-Lymphoms und zudem beachtlich erfolgreich: Bei rund 80 % aller Patienten kann mit dieser nebenwirkungsarmen Therapie eine lang anhaltende komplette Remission erreicht werden. Weit weniger eindeutig ist die Datenlage bezüglich der Therapie von HP-refraktären, HP-negativen und extragastrischen MALT-Lymphomen. Während in den aktuellen europäischen Guidelines (ESMO, EGILS)<sup>1, 2</sup> die Lokaltherapie mittels Radiatio oder Resektion beim lokalisierten Lymphom als kurative Behandlungsoption gelistet wird, gab es bislang keinen Therapiestandard für eine systemisch-onkologische Therapie bei progredienter Erkrankung. Auf Basis aktueller Daten erscheint in diesem Setting eine Chemo-Antikörper-Kombination aus Rituximab (R) und Chlorambucil oder R-Bendamustin vielversprechend, da hiermit bei akzeptabler Toxizität Remissionsraten von über 90 % erreicht werden konnten.<sup>3, 4</sup><br />Dennoch gilt es trotz dieser positiven Ergebnisse zu beachten, dass das MALT-Lymphom in vielen Fällen einen sehr indolenten Krankheitscharakter aufweist, sodass es von Interesse erscheint, auch Chemotherapie-freie Konzepte zu evaluieren. Bereits erprobte Substanzen in diesem Setting sind unter anderem der Proteasomeninhibitor Bortezomib, der Immunmodulator Lenalidomid +/– R sowie das Makrolidantibiotikum Clarithromycin, das neben seiner antimikrobiellen Aktivität auch eine direkte proapoptotische Komponente aufweist. Auch Rituximab wurde in Analogie zu vielen weiteren B-Zell-Lymphom-Entitäten als Monosubstanz beim extranodalen MALT-Lymphom untersucht und zeigte in prospektiven Studien Ansprechraten von 65–75 % (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1706_Weblinks_s64.jpg" alt="" width="1419" height="760" /></p> <h2>Pilotstudie zu Ofatumumab als Monotherapie beim MALT-Lymphom</h2> <p>Ofatumumab (OFA) wurde als sogenannter „Second generation“-Anti-CD20-Antikörper gegen R-refraktäre B-Zell-Malignome mit persistierender CD20-Positivität entwickelt und scheint gemäß den vorliegenden In-vitro- und In-vivo-Daten eine höhere Affinität zu CD20 (durch Bindung an ein weiteres Epitop des CD20-Antigens) sowie eine verstärkte Komplement-abhängige Zytotoxizität als R aufzuweisen. OFA ist derzeit bei der chronischen lymphatischen Leukämie zugelassen; weiters konnte in zahlreichen Studien die Aktivität von OFA bei einer Vielzahl an aggressiven und indolenten B-Zell-Lymphomen nachgewiesen werden. <br />Auf Basis dieser Daten wurde die „Ofatumumab for MALT Lymphoma“ (O-MA 1) Study an der klinischen Abteilung für Onkologie der Medizinischen Universität Wien konzipiert. Es handelt sich hierbei um eine monozentrische Phase-II-Studie, welche erstmals die Effektivität und Sicherheit von Ofatumumab als Monotherapie in einem reinen MALT-Lymphom-Kollektiv untersuchte. Die geplante Patientenzahl in dieser Pilotstudie war 16; einschließbar waren sowohl gastrische Patienten (jedoch nur HP-negativ oder HP-eradikationsrefraktär, d.h. nach mindestens 12 Monaten Nachbeobachtungszeit nach erfolgreicher HP-Eradikation) sowie Patienten mit extragastrischem MALT-Lymphom jedes Stadiums. Das verabreichte Schema beinhaltete eine Induktionsphase mit Ofatumumab 1000mg absolut i.v. am Tag 1, 8, 22 und 29, gefolgt von einer Konsolidierungsphase bestehend aus vier weiteren Gaben OFA im Abstand von 8 Wochen (letzte Gabe in Woche 32). Ein Restaging – radiologisch oder histologisch je nach Primum – erfolgte nach 12, 24 und 40 Wochen.</p> <h2>Ofatumumab erscheint als effektiv und sicher beim MALT-Lymphom</h2> <p>Im Rahmen der O-MA 1 Study konnten plangemäß 16 Patienten behandelt werden, wobei 31 % (5/16) ein gastrisches Primum hatten, während die Mehrzahl der Patienten ein MALT-Lymphom extragastrischen Ursprungs aufwies (6 Patienten mit Lymphom der okularen Adnexe und je ein MALT-Lymphom der Lunge, Blase, Mamma, Leber und Parotis). Ein Viertel der Patienten (4/16) zeigte bei Therapiestart eine disseminierte Erkrankung (Stadium IIIE oder IV nach Ann Arbor). Rund ein Drittel der Patienten (5/16) hatte zuvor zumindest eine systemische Therapielinie erhalten, inklusive vier Patienten, die bereits mit einem R-haltigen Schema vorbehandelt waren.<br />Bezüglich der Effektivität zeigt sich eine Gesamtansprechrate von 81 % (13/16) mit 50 % (8/16) kompletten Remissionen und 31 % (5/16) partiellen Remissionen, während drei Patienten (19 % ) nur eine Stabilisierung ihrer Erkrankung zeigten. Die mediane Zeit bis zum besten Ansprechen betrug 5,5 Monate (2,5–9,9 Monate). Bei einem Patienten mit gastrischem Lymphombefall und kompletter Remission beim ersten und zweiten Restaging kam es zu einem fokalen Rückfall am Studienende, wohingegen sich in sämtlichen weiteren Follow-ups erneut eine komplette Remission zeigte. Die wahrscheinlichste Ursache hierfür ist ein Sampling-Fehler bei den vorangegangenen Gastroskopien – ein häufiges Problem in der Diagnostik von Magenlymphomen. Erwähnenswert ist weiters, dass es bei drei Patienten mit partiellem Ansprechen im Nachbeobachtungszeitraum zu einer weiteren Rückbildung der persistierenden Lymphommanifestationen kam, sodass auch ein Potenzial für verspätete Remissionen – wie es unter anderem auch bei Lenalidomid-behandelten MALT-Lymphom-Patienten beschrieben wurde – nicht auszuschließen ist. <br />Die Verträglichkeit der Therapie war ausgezeichnet. Im Gesamtkollektiv wurde keine Grad-IV-Toxizität dokumentiert. Die einzig relevanten beobachteten Nebenwirkungen waren Infusionsreaktionen, welche bei 86 % (14/16) der Patienten auftraten. Es zeigten sich jedoch durchwegs milde Reaktionen (Pruritus, Exanthem CTCAE I–II) und die Therapie konnte bei allen Patienten nach zusätzlicher Verabreichung von Glukokortikoiden/Antihistaminika fortgesetzt werden. Insgesamt konnte bei 15 von 16 Patienten die Therapie per Protokoll verabreicht werden, lediglich bei einer Patientin kam es wegen eines Erysipels auf Basis eines chronischen Lymphödems (nicht OFA-assoziiert) zu einem prolongierten Spitalsaufenthalt, wodurch eine Fortsetzung der Therapie verhindert wurde. Dennoch kam es auch bei dieser Patientin nach zuvor abgeschlossener Induktionsphase mit vier Gaben OFA zu einer radiologisch verifizierten partiellen Remission. <br />In einem medianen Follow-up-Zeitraum von 25 Monaten kam es bisher zu einem Progress nach 21 Monaten, während bei 15/16 Patienten eine anhaltende Remission bzw. stabile Erkrankung vorliegt.</p> <h2>Blick in die Zukunft</h2> <p>Geht man davon, dass die Daten dieser Pilotstudie auch in einem größeren Kollektiv bestehen können, wurden mit dem O-MA1 Trial erstmals die Effektivität und Sicherheit eines Non-Rituximab-Antikörpers in einem reinen MALT-Lymphom-Kollektiv nachgewiesen. Neben der Beobachtung, dass sowohl Patienten mit gastrischer Erkrankung als auch solche mit extragastrischem Lymphom gleichermaßen von der Therapie profitierten, ist insbesondere erwähnenswert, dass auch drei von vier R-vorbehandelten Patienten ein objektives Ansprechen auf OFA zeigten. Auch wenn die bei anderen relapsierten B-Zell-Lymphomen gefürchtete „R-Refraktärität“ beim MALT-Lymphom nur eine untergeordnete Rolle spielt, gibt es mit Ofatumumab nun neben einer gut verträglichen Monotherapie auch einen neuen potenziellen Kombinationspartner für Zytostatika und Immuntherapien. Außerdem erschien in dem hier beschriebenen Kollektiv die Effektivität von OFA zumindest gleichwertig, wenn nicht etwas potenter als eine R-Monotherapie. Dies spricht – wenn auch unter Vorbehalt bedingt durch die kleine Fallzahl – für die Attraktivität dieser Substanz auch als Monotherapie in einem palliativen Setting oder bei fragilen Patienten.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Zucca E et al.: Gastric marginal zone lymphoma of MALT type: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2010; 21(5): v175-6 <strong>2</strong> Ruskoné-Fourmestraux A et al.: EGILS consensus report. Gastric extranodal marginal zone B-cell lymphoma of MALT. Gut 2011; 60: 747-58 <strong>3</strong> Zucca E et al.: Addition of rituximab to chlorambucil produces superior event-free survival in the treatment of patients with extranodal marginal-zone B-cell lymphoma: 5-year analysis of the IELSG-19 randomized study. J Clin Oncol 2013; 31(5): 565-72 <strong>4</strong> Salar A et al.: First-line response-adapted treatment with the combination of benadmustine and rixtuimab in patients with mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma (MALT2008-01): a multicentre, single-arm, phase 2 trial. Lancet Hematol 2014; 1(3): e104-11 <strong>5</strong> Lossos IS, Morgensztern D, Blaya M et al.: Rituximab for treatment of chemoimmunotherapy naive marginal zone lymphoma. Leuk Lymphoma 2007; 48(8): 1630-2 <strong>6</strong> Martinelli G et al.: Clinical activity of rituximab in gastric marginal zone non-Hodgkin’s lymphoma resistant to or not eligible for anti-Helicobacter pylori therapy. J Clin Oncol 2005; 23(9): 1979-83 <strong>7</strong> Conconi A et al.: Clinical activity of rituximab in extranodal marginal zone B-cell lymphoma of MALT type. Blood 2003; 102(8): 2741-5 <strong>8</strong> Raderer M et al.: Rituximab for treatment of advanced extranodal marginal zone B cell lymphoma of the mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma. Oncology 2003; 65(4): 306-10 <strong>9</strong> Ferreri AJ et al.: Rituximab in patients with mucosal-associated lymphoid tissue-type lymphoma of the ocular adnexa. Haematologica 2005; 90(11): 1578-9 <strong>10</strong> Valencak J et al.: Rituximab monotherapy for primary cutaneous B-cell lymphoma: response and follow-up in 16 patients. Ann Oncol 2009; 20(2): 326-30 <strong>11</strong> Morales AV et al.: Indolent primary cutaneous B-cell lymphoma: experience using systemic rituximab. J Am Acad Dermatol 2008; 59(6): 953-7<br /><span class="Proxima-Condensed-Bold">Der Abstract der OeGHO-Frühjahrstagung 2017 wurde mit dem Young Investigator Award ausgezeichnet.</span> Kiesewetter B, Neuper O, Mayerhoefer ME, Dolak W, Lukas J, Simonitsch-Klupp I, Raderer M: A phase II study of ofatumumab monotherapy for extranodal marginal zone B-cell lymphoma of the mucosa-associated lymphoid tissue.</p>
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