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Neuigkeiten von den gastrointestinalen Tumoren
Jatros
30
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06.04.2017
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<p class="article-intro">Trotz etablierter Therapien in der ersten und zweiten Therapielinie bei gastrointestinalen Tumoren besteht ein großer Bedarf an neuen Behandlungsmöglichkeiten, vor allem für resistente und refraktäre Patienten. Wie generell in der Onkologie und Hämatologie hält die Immuntherapie Einzug in das Armamentarium bei gastrointestinalen Tumoren. Für das Magenkarzinom, das hepatozelluläre Karzinom und das Pankreaskarzinom präsentieren sich Checkpoint-Inhibitoren als wirksame und gut verträgliche Optionen, wie beim ASCO GI in San Francisco aufgezeigt worden ist.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Neue Studienergebnisse beim fortgeschrittenen gastroösophagealen Karzinom</h2> <p>Bei intensiv vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Karzinom des Magens und des gastroösophagealen Übergangs wurde in der multizentrischen, doppelblinden Phase-III-Studie ONO-4538-12 die Therapie mit Nivolumab (3mg/kg, q2w) gegen Placebo verglichen.<sup>1</sup> Eingeschlossen waren 493 Patienten mit gegenüber wenigstens zwei Chemotherapien refraktären Tumoren. Die Patienten waren im Median 61–62 Jahre alt und wurden in Japan, Korea und Taiwan rekrutiert. Bei mehr als 80 % der Patienten war der Tumor im Magen lokalisiert und etwa 74 % der Patienten wiesen Metastasen in wenigstens zwei Organen auf. Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben (OS). Im Median betrug das OS 5,32 Monate unter Nivolumab und 4,14 Monate unter Placebo (HR: 0,63; p<0,0001) (Abb. 1). Nach 12 Monaten lebten 26,6 % der Patienten im Nivolumab-Arm versus 10,9 % der Patienten im Placeboarm. Der Überlebensvorteil zeigte sich in allen untersuchten Subgruppen. Auch das progressionsfreie Überleben war signifikant verschieden: Median lebten die Patienten 1,61 versus 1,45 Monate progressionsfrei (HR: 0,60; p<0,0001) und nach 12 Monaten waren 7,6 % versus 1,5 % der Patienten in den beiden Versuchsarmen ohne Progress. Ein Ansprechen wurde bei 11,2 % der Patienten unter Nivolumab und bei keinem Patienten im Placeboarm beobachtet, eine stabile Erkrankung erreichten 29,1 % und 25,2 % der Patienten. Eine Tumorreduktion, gleich welchen Ausmaßes, wurde bei 37,3 % der Probanden unter Nivolumab und bei 12,4 % im Placeboarm gesehen. Die Therapie wurde gut vertragen und könnte daher eine Option für Patienten mit mehreren vorangegangenen Therapielinien sein. Zudem sollte Nivolumab in früheren Therapielinien beim Magenkarzinom und bei Karzinomen des gastroösophagealen Übergangs untersucht werden, so das Fazit der Autoren.<br /> Keinen Vorteil brachte die zusätzliche Gabe von Everolimus zu Paclitaxel nach Versagen eines Fluoropyrimidin-/Platinhaltigen Regimes.<sup>2</sup> Die placebokontrollierte Phase-III-Studie RADPAC der deutschen AIO randomisierte 300 Patienten mit 1–3 vorangegangenen Therapielinien. Der primäre Endpunkt war das OS. Der erste Patient wurde im Oktober 2011 eingeschlossen; die Rekrutierung wurde dann frühzeitig im September 2015 aufgrund der geringen Beteiligung gestoppt. Die Studienteilnehmer erhielten median 2 Therapiezyklen. Das OS betrug median 6,12 versus 5,03 Monate (HR: 0,93; p=0,544), das PFS median 2,20 versus 2,07 Monate (HR: 0,88; p=0,273). Patienten, die mit Taxanen vorbehandelt worden waren, profitierten möglicherweise mehr von der experimentellen Therapie. Biomarkeruntersuchungen könnten weitere geeignete Patientengruppen identifizieren, so die Autoren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s30_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="980" /></p> <h2>Effektive Therapieoptionen für selektierte Kolorektalkarzinompatienten</h2> <p>Die zielgerichtete Therapie mit Vemurafenib zusätzlich zu Irinotecan plus Cetuximab bei Patienten mit BRAF-mutiertem metastasiertem Kolorektalkarzinom führte zu einer Reduktion des Risikos für einen Progress oder Tod von 58 % .<sup>3</sup> 99 Patienten erhielten in der SWOG-S1406- Studie Cetuximab plus Irinotecan oder zusätzlich Vemurafenib. Im Vemurafenib- Arm betrug das mediane PFS 4,4 Monate versus 2,0 Monate ohne den BRAF-Inhibitor (HR: 0,42; p=0,0002). Ein Ansprechen zeigten 16 % versus 4 % der Patienten, eine Stabilisierung der Erkrankung 48 % versus 17 % der Patienten unter der Dreier- versus die Zweierkombination. 48 % der Patienten im Kontrollarm wechselten nach Progress in den Vemurafenib-Arm. Es traten mit Vemurafenib häufiger Nebenwirkungen auf, möglicherweise auch der längeren Therapiedauer geschuldet.<br /> Liegt bei Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom eine DNA-Mikrosatelliteninstabilität vor, so ist Nivolumab möglicherweise eine gute Therapieoption, dies untermauern die aktualisierten Ergebnisse der CheckMate-142-Studie.<sup>4</sup> 74 intensiv vorbehandelte Patienten wurden mit der Monotherapie behandelt und erreichten ein medianes PFS von 9,6 Monaten. Nach 12 Monaten waren 48,4 % der Patienten ohne Progress und 73,8 % der Patienten am Leben. Ein Ansprechen auf die Immuntherapie wurde unabhängig von der PD-L1-Expression, dem BRAF- oder KRASMutationsstatus gesehen. In Fragebögen zur Lebensqualität vermerkten die Patienten mit Nivolumab-Therapie eine klinisch relevante Verbesserung diverser Funktionen, Symptome und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität.</p> <h2>Fortschritte in der Behandlung des hepatozellulären Karzinoms (HCC)</h2> <p>In der Phase-III-Studie RESORCE konnte mit Regorafenib das OS bei HCC-Patienten nach Sorafenib-Versagen signifikant gegenüber Placebo verlängert werden (HR: 0,63; p<0,0001).<sup>5</sup> Der Progress beim HCC kann entsprechend dem Progressionsmuster in folgende vier Gruppen unterteilt werden: intrahepatisches Tumorwachstum, extrahepatisches Tumorwachstum, neue intrahepatische Läsionen und neue extrahepatische Läsionen. In einer exploratorischen Analyse der RESORCEStudie wurde der Therapieerfolg von Regorafenib in Abhängigkeit vom Progressionsmuster nach Sorafenib-Versagen analysiert.<sup>6</sup> 573 Patienten erhielten 2:1-randomisiert Regorafenib oder Placebo bis zum Tumorprogress. 40–41 % aller Studienteilnehmer zeigten unter Sorafenib neue extrahepatische Läsionen, 44–45 % neue intrahepatische Läsionen und 80– 81 % das Wachstum von bereits existierenden intra- oder extrahepatischen Läsionen. Obwohl alle Patienten von Regorafenib profitierten, war der Therapieerfolg betreffend Progression in Form von neuen Läsionen größer als jener betreffend Progression durch Wachstum der vorhandenen Läsionen (Tab. 1). Das Progressionsmuster sei ein wichtiger prognostischer Parameter, folgerten die Autoren, und sollte bei der Auswertung und Erstellung der klinischen Studien berücksichtigt werden.<br /> Die CheckMate-040-Studie untersuchte die Therapie mit Nivolumab in der Zweitlinie bei Sorafenib-vorbehandelten wie auch in der Erstlinie bei Sorafenib-naiven Patienten.<sup>7</sup> Insgesamt wurden 214 Patienten mit hepatozellulärem Karzinom in einen Dosiseskalations- und einen Erweiterungsarm eingeschlossen. Unter Nivolumab zeigte sich ein frühes und dauerhaftes Ansprechen, welches unabhängig vom HCV- und HBV-Infektionsstatus und unabhängig von der PD-L1-Expression gesehen wurde. Sowohl bei Patienten mit als auch jenen ohne Sorafenib-Vorbehandlung wurden Ansprechen und Langzeitüberleben beobachtet. Die laufende Phase-IIIStudie CheckMate-459 (NCT02576509) untersucht Nivolumab bei therapienaiven Patienten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s30_tab1.jpg" alt="" width="2151" height="688" /></p> <h2>Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom profitieren von neuen Optionen</h2> <p>In einer Post-hoc-Analyse der NAPOLI- 1-Studie wurde untersucht, ob bestimmte Charakteristiken bei Pankreaskarzinompatienten mit Langzeitüberleben unter Therapie mit nal-IRI plus 5-FU/LV identifiziert werden können.<sup>8</sup> Die randomisierte, dreiarmige Phase-III-Studie verglich die Monotherapien nal-IRI und 5-FU/LV miteinander sowie die zusätzliche Gabe von nal-IRI zu 5-FU/LV. Die Studie konnte eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens unter nal-IRI + 5-FU/LV gegenüber der alleinigen 5FU/LV-Therapie zeigen, was zur Zulassung der Kombination nach Versagen einer Gemcitabin-haltigen Therapie führte. Im Median überlebten die Patienten in den beiden Studienarmen 6,1 versus 4,2 Monate, aber 46 Patienten überlebten ein Jahr und länger, 29 Patienten (25 % ) im nal-IRI+5-FU/LVArm und 17 Patienten (14 % ) im 5-FU/LVArm. Während die durchschnittliche Dauer der Therapie aller Patienten 17 Wochen (median 7 Wochen) unter Kombination versus 9 Wochen (median 3 Wochen) unter 5-FU/LV betrug, konnten die Langzeitüberlebenden durchschnittlich 41 Wochen (median 40 Wochen) bzw. 25 Wochen (median 17 Wochen) behandelt werden. Patienten unter alleiniger 5-FU/LV-Therapie erhielten häufiger eine weitere Therapie im Vergleich zu Patienten unter der Kombinationstherapie (76 % vs. 59 % ). Dies erklärt möglicherweise auch, warum unter den Langzeitüberlebenden das mediane OS im 5-FU/LV-Arm länger war als unter der Kombination (25,1 vs. 19,1 Monate). Es wurden bei 97 % der Patienten unter Kombination versus 56 % der Patienten unter 5-FU/LV Dosismodifikationen aufgrund klinisch relevanter Nebenwirkungen durchgeführt. Die häufigsten dieser Nebenwirkungen waren Neutropenie (55 % vs. 19 % ), Diarrhö (31 % vs. 6 % ), verringerte Anzahl weißer Blutkörperchen (24 % vs. 6 % ), Pyrexie (14 % vs. 6 % ), Fatigue (14 % vs. 0 % ), Erbrechen (10 % vs. 6 % ) und Dehydration (0 % vs. 13 % ). Die länger überlebenden Patienten waren mit größerer Wahrscheinlichkeit jünger (=65 Jahre), waren in einem besseren Allgemeinzustand (Karnofsky PS =90), hatten eine geringere Neutrophilen/Lymphozyten- Ratio (=5), einen geringeren CA19- 9-Spiegel ( In einer Phase-I-Studie wurde die Kombination aus Nivolumab und nab-Paclitaxel (± Gemcitabin) bei verschiedenen soliden Tumoren, darunter auch das fortgeschrittene Pankreaskarzinom, geprüft. In den Pankreaskarzinom-Armen wurden 6 Patienten mit vorangegangener Chemotherapie sowie 6 therapienaive Patienten auf eventuelle dosislimitierende Faktoren untersucht. Bei nachgewiesener Sicherheit sollten die beiden Therapiearme um ca. 20 respektive 14 Patienten erweitert werden. Beim ASCO GI wurden aktuell Interimsdaten von 11 vorbehandelten und 6 therapienaiven Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom präsentiert.<sup>9</sup> Die Patienten erhielten im Zweitliniensetting an den Tagen 1, 8 und 15 125mg/m<sup>2</sup> nab-Paclitaxel (q4w) plus 3mg/kg Nivolumab an den Tagen 1 und 15. In der Erstliniensituation erhielten die Patienten zusätzlich 1000mg/m<sup>2</sup> Gemcitabin an den Tagen 1, 8 und 15. An dosislimitierenden Nebenwirkungen wurde eine Grad-3-Hepatitis, die als im Zusammenhang mit Gemcitabin stehend betrachtet wurde, gesehen. Es gab keine Berichte über Grad-3/4-Pneumonitiden. Zur Wirksamkeit wurden vielversprechende Ergebnisse mit einer Krankheitskontrolle bei 6 von 9 vorbehandelten Patienten mit auswertbaren Daten und 6 von 6 therapienaiven Patienten gesehen (Abb. 2 und 3).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s30_abb2.jpg" alt="" width="1457" height="1088" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s30_abb3.jpg" alt="" width="1457" height="1088" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 2017 Gastrointestinal Cancers Symposium (ASCO GI),
19.–21. Jänner 2017, San Francisco
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Kang Yoon-Koo et al: Nivolumab (ONO-4538/BMS- 936558) as salvage treatment after second- or later-line chemotherapy for advanced gastric or gastroesophageal junction cancer (AGC): a double-blinded, randomized, phase 3 trial. ASCO GI 2017, Abstr. #2 <strong>2</strong> Al-Batran S et al: A randomized, double-blind, multicenter phase III study evaluating paclitaxel with and without RAD001 in patients with gastric cancer who have progressed after therapy with a fluoropyrimidine/platinum-containing regimen (RADPAC) - a study of the German AIO. ASCO GI 2017, Abstr. #4 <strong>3</strong> Kopetz S et al: Randomized trial of irinotecan and cetuximab with or without vemurafenib in BRAF-mutant metastatic colorectal cancer (SWOG S1406). ASCO GI 2017, Abstr. #520 <strong>4</strong> Overman MJ et al: Nivolumab in patients with DNA mismatch repair deficient/microsatellite instability high metastatic colorectal cancer. Update from CheckMate 142. ASCO GI 2017, Abstr. #519 <strong>5</strong> Bruix J et al: Regorafenib for patients with hepatocellular carcinoma who progressed on sorafenib treatment (RESORCE): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2017; 389: 56-66 <strong>6</strong> Bruix J et al: Survival by pattern of tumor progression during prior sorafenib treatment in patients with hepatocellular carcinoma (HCC) in the phase III RESORCE trial comparing second-line treatment with regorafenib or placebo. ASCO GI 2017, Abstr. #229 <strong>7</strong> Melero I et al: Nivolumab dose escalation and expansion in patients with advanced hepatocellular carcinoma (HCC): the CheckMate 040 study. ASCO GI 2017, Abstr. #226 <strong>8</strong> Wang-Gillam A et al: Characteristics of longterm survivors in a randomized phase 3 trial (NAPOLI-1) of patients with metastatic pancreatic ductal adenocarcinoma treated with liposomal irinotecan + 5-FU/LV. ASCO GI 2017, Abstr. #293 <strong>9</strong> Wainberg ZA et al: Phase I study of nivolumab + nab-paclitaxel ± gemcitabine in solid tumors: interim results from the pancreatic cancer cohorts. ASCO GI 2017, Abstr. #552</p>
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