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Neues vom HER2-positiven Mammakarzinom

<p class="article-intro">Auch wenn beim ASCO Meeting 2017 die praxisverändernden Neuigkeiten ausgeblieben sind, sind dennoch zahlreiche klinische Studien präsentiert worden, die zur Erweiterung unseres Bildes vom HER2-positiven metastasierten Mammakarzinom beitragen. Eine Auswahl diesbezüglicher Daten wird im Rahmen dieses Artikels vorgestellt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>In zwei prospektiv randomisierten Phase-III-Studien war bereits eine Chemotherapie-freie Kombination eines Aromatasehemmers mit Lapatinib oder Trastuzumab bei HER2- und &Ouml;strogenrezeptor-positiven Tumoren (luminal B/HER2-positiv) evaluiert worden. Dabei zeigte sich einerseits eine Resistenz gegen&uuml;ber endokriner Therapie allein, andererseits wurde durch die Addition einer HER2-gerichteten Therapie eine m&auml;&szlig;ige Verl&auml;ngerung des progressionsfreien &Uuml;berlebens ohne Auswirkung auf das Gesamt&uuml;berleben (OS) erzielt (Kaufman B et al., J Clin Oncol 2009; 27: 5529&ndash;5537; Johnston S et al., J Clin Oncol 2009; 27: 5538&ndash;5546).</p> <h2>ALTERNATIVE-Studie</h2> <p>Im Rahmen des ASCO Annual Meeting 2017 sind nun erstmals Daten der ALTERNATIVE-Studie vorgestellt worden (Gradishar WJ et al.; ASCO 2017, Abstract #1004). In dieser prospektiv randomisierten Phase-III-Studie wurden 335 Patientinnen zu Trastuzumab plus Aromatasehemmer (AI), Lapatinib plus AI oder zu einer Kombination aus Trastuzumab plus Lapatinib plus AI randomisiert. Als Rationale f&uuml;r die Kombination des monoklonalen Antik&ouml;rpers Trastuzumab mit dem Anti-HER2-Tyrosinkinasehemmer (TKI) Lapatinib, die auch als vertikale duale Blockade bezeichnet wird, gilt die F&auml;higkeit von Lapatinib, HER2 in der Zellmembran zu stabilisieren und so eine HER2-Downregulation als m&ouml;gliche Ursache einer Trastuzumab-Resistenz zu unterbinden (Scaltriti M et al., Oncogene 2009; 28: 803&ndash;814; Blackwell KL et al., J Clin Oncol 2012; 30: 2585&ndash;2592). Bei den in die Studie eingeschlossenen Patientinnen handelte es sich um eine gemischte Erst- und Zweitlinienpopulation, wobei hervorzuheben ist, dass bereits alle Teilnehmerinnen zuvor eine Trastuzumab-Therapie im adjuvanten oder palliative Setting erhalten hatten.<br />Durch duale HER2-Blockade konnte das mediane PFS gegen&uuml;ber Trastuzumab plus AI signifikant von 5,7 Monaten auf 11 Monate verl&auml;ngert werden (HR: 0,62; 95 % CI: 0,45&ndash;0,88), wobei erwartungsgem&auml;&szlig; ein gr&ouml;&szlig;erer Vorteil f&uuml;r die Kombination aus Lapatinib plus Trastuzumab bei denjenigen Patientinnen bestand, die bereits eine Trastuzumab-basierte Therapie im metastasierten Setting erhalten hatten. Gleichzeitig war in den Lapatinib-Armen eine signifikante Steigerung der Lapatinib-typischen Toxizit&auml;t wie Diarrh&ouml;, Rash oder Paronychie zu verzeichnen.<br />Obwohl diese Daten zweifelsohne von klinischem Interesse sind und das Konzept der vertikalen dualen Blockade in sp&auml;teren Therapielinien unterst&uuml;tzen, muss heute dennoch die horizontale duale Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab im Erstliniensetting bzw. die Therapie mit T-DM1 im Zweitliniensetting als Standard erachtet werden. Dabei beruht die Definition des Antik&ouml;rper-Zytostatikum-Konjugats T-DM1 als Zweitlinienstandard auf den Daten der EMILIA-Studie; hierzu muss jedoch angemerkt werden, dass Patientinnen, die in dieses Protokoll eingeschlossen wurden, im Erstliniensetting nicht mit dem heutigen Therapiestandard &ndash; also der dualen Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab &ndash; behandelt worden waren.<br />Nunmehr haben Urruticoechea et al. retrospektive Daten pr&auml;sentiert, die eine signifikante Aktivit&auml;t von T-DM1 auch nach horizontaler dualer Blockade suggerieren (Urruticoechea M et al., ASCO 2017, Abstract #1023). So zeigte sich bei Patientinnen, die zuvor in den Protokollen CLEOPATRA und TH3RESA Trastuzumab und Pertuzumab erhalten hatten, ein l&auml;ngeres Gesamt&uuml;berleben, wenn im Rahmen der weiteren Behandlung auch T-DM1 eingesetzt wurde.<br />Auf Interesse stie&szlig; auch eine Kombination aus T-DM1 und dem PI3K-Inhibitor BYL719, da eine Aktivierung des PI3K/mTOR-Pathways als m&ouml;glicher Resistenzmechanismus gegen HER2-gerichtete Therapien gilt (Jain S et al., ASCO 2017, Abstract #1026). Insgesamt 17 Patientinnen waren in diese Phase-I-Studie eingeschlossen worden. Es waren &ndash; wie bei einer Therapie mit einem PI3K-Hemmer zu erwarten &ndash; typische Nebenwirkungen wie Hyperglyk&auml;mie oder Rash zu verzeichnen.<br />In der Gesamtpopulation wurde ein medianes PFS von 6 Monaten (95 % CI: 2,9&ndash;10,6) beobachtet; bei Patientinnen mit vorangegangenem Progress unter T-DM1 zeigte sich die Kombination aber mit einem medianen PFS von 10,6 Monaten (95 % CI: 1,6&ndash;12,6) &uuml;berraschend aktiv, was Anlass zur weiteren Evaluierung dieser Strategie in Phase-II-Studien geben sollte.</p> <h2>Zerebrale Metastasen</h2> <p>Trotz oder gerade wegen der gro&szlig;en Erfolge auf dem Gebiet des HER2-positiven Mammakarzinoms im Verlauf der letzten Jahre hat sich das Problem der hohen Rate an zerebralen Metastasen in den Vordergrund gedr&auml;ngt. In diesem Jahr wurden neue Daten der Phase-II-Kohortenstudie TBCRC 022 mit dem irreversiblen HER2-TKI Neratinib pr&auml;sentiert.<br />W&auml;hrend Neratinib als Monotherapie (Kohorte I) bei vorbehandelten Hirnmetastasen nur eine m&auml;&szlig;ige Aktivit&auml;t aufgewiesen hatte (Freedman RA et al., ASCO 2014, Abstract #1528), zeigte eine Kombination aus Neratinib und Capecitabin (Kohorte IIIa) eine interessante Ansprechrate (Freedman RA et al., ASCO 2017, Abstract #1005). So konnte bei insgesamt 37 Patientinnen eine RR von 49 % (95 % CI: 32&ndash;66) beobachtet werden, das intrazerebrale PFS wurde mit 5,5 Monaten angegeben, das Gesamt&uuml;berleben mit 13,5 Monaten, was bei einer vorbehandelten Population als klinisch relevant angesehen werden muss. Zugleich muss darauf hingewiesen werden, dass die Patientinnen in dieser Kohorte davor noch keine Therapie mit Lapatinib erhalten hatten.<br />Ein weiterer interessanter Therapieansatz bei stark vorbehandelten Patientinnen mit zerebralen Metastasen k&ouml;nnte in einer Kombination aus Vinorelbin, Trastuzumab und dem mTOR-Inhibitor Everolimus bestehen (Anders CK et al., ASCO 2017, Abstract #1011). In eine einarmige Phase-II-Studie waren 32 Patientinnen eingeschlossen worden. Von 26 waren die Daten auswertbar. In dieser stark vorbehandelten Population (69 % hatten auch bereits Lapatinib erhalten) zeigte sich zwar nur eine niedrige Ansprechrate von 4 % , zugleich fand sich eine &bdquo;clinical benefit rate&ldquo; (CBR; d.h. Ansprechrate plus &bdquo;stable disease&ldquo; nach 6 Monaten) von 27 % , die mediane Zeit zur Progression wurde mit 4 Monaten (95 % CI: 2,2&ndash;5) angegeben, das mediane Gesamt&uuml;berleben mit 12,2 Monaten.</p> <h2>Zwei fr&uuml;he Studien zu bispezifischen Antik&ouml;rpern</h2> <p>Zuletzt soll kurz auf zwei fr&uuml;he Studien zu unterschiedlichen bispezifischen Antik&ouml;rpern hingewiesen werden, die ebenfalls bei sehr stark vorbehandelten Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs untersucht worden sind. Diese Substanzen, die einerseits gegen die Trastuzumab- und die Pertuzumab-Bindungsstelle von HER2, andererseits gegen HER2 und HER3 gerichtet sind, zeichneten sich durch vergleichsweise hohe Aktivit&auml;t bei akzeptabler Vertr&auml;glichkeit aus (Meric-Bernstam F et al., ASCO 2017, Abstract #1035; Alsina M et al., ASCO 2017, Abstract #2522). Solche Therapieans&auml;tze scheinen geeignet, in Zukunft die Behandlungsm&ouml;glichkeiten bei HER2-positivem Brustkrebs zu erweitern.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Keine der hier vorgestellten Studien f&uuml;r sich genommen wird zu einer Ver&auml;nderung der etablierten Therapiestandards f&uuml;hren. Dennoch haben diese Untersuchungen klinisch relevante Daten geliefert, die dazu beitragen k&ouml;nnen, unser Verst&auml;ndnis der HER2-positiven metastasierten Erkrankung zu verbessern.</div></p>
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