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Highlights vom ASH Wrap-up

Neues aus den Bereichen Antikoagulation, CLL und MDS

<p class="article-intro">Wie jedes Jahr kurz vor Weihnachten wurden auch Ende 2016 bei der ASH-Wrap-up- Veranstaltung die Highlights des ASH-Kongresses von österreichischen Experten präsentiert. Einen echten Hoffnungsschimmer gibt es für Hämophiliepatienten, da bei ihnen zukünftig eventuell keine Faktor-IX- bzw. -VIII-Substitution mehr erforderlich sein wird. Vielversprechend klingen auch die Ergebnisse zu Venetoclax nach Versagen einer BTK(Bruton-Tyrosinkinase)-Inhibitortherapie. Zur Behandlung der Anämie kann bei MDS durch Luspatercept eine relevante Erhöhung der Hämoglobinspiegel erzielt werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Antikoagulation bei Thrombopenie: erh&ouml;htes Blutungsrisiko?</h2> <p>Patienten, die aufgrund eines h&auml;matologischen Malignoms eine Chemotherapie oder eine h&auml;matopoetische Stammzelltransplantation erhalten, entwickeln h&auml;ufig l&auml;ngere Episoden einer Thrombozytopenie bei einem gleichzeitig erh&ouml;hten Risiko f&uuml;r ven&ouml;se Thromboembolien (VTE).<sup>1</sup> &bdquo;Ob bei antikoagulierten Patienten, die Pl&auml;ttchenzahlen 9) ergab interessanterweise, dass bei Patienten mit milden Blutungen (Grad 2) die medianen Thrombozytenzahlen zum Zeitpunkt des Blutungsereignisses niedriger waren als bei jenen mit moderaten oder schweren Blutungen (Grad 3/4).<sup>1</sup> &bdquo;Zwar sind die Ergebnisse dieser Studie aufgrund der geringen Patientenzahl von beschr&auml;nkter Aussagekraft, aber dennoch relevant. Weitere Studien zu dieser Thematik sind erforderlich&ldquo;, so das Res&uuml;mee von Prof. Pabinger.</p> <h2>Hoffnungsschimmer f&uuml;r H&auml;mophiliepatienten</h2> <p>Als echte Sensation zu erachten sind die Ergebnisse zur Verabreichung von SPK- 9001, einem biotechnologisch hergestellten AAV(&bdquo;adeno-associated virus&ldquo;)-Kapsids mit spezifischem Lebertropismus bei H&auml;mophilie B. Es wurde untersucht, ob unter einer m&ouml;glichst niedrigen Dosis von 5x1011 VG(Vektorgenome)/kg und ohne das Erfordernis einer Immunsuppression eine h&auml;mostatische Faktor-IX(FIX:C)-Expression erreicht werden kann. Die Teilnehmer wiesen bei Studieneinschluss FIX:C-Werte =2 auf. Eine konstante FIXExpression wurde 12 Wochen nach der Vektorinfusion verabreicht und resultierte in mittleren FIX:C-Werten von 32,3&plusmn;6,5 % (Abb. 1). Diese Werte waren ausreichend, um spontanen H&auml;marthrosen vorzubeugen. Vorteilhaft ist zudem, dass keine Vektor- oder Applikations-assoziierten Nebenwirkungen (AE) beobachtet worden sind. Zum Zeitpunkt der Analyse im April 2016 hatte noch kein Patient immunsuppressive Medikamente ben&ouml;tigt. Sechs der sieben Patienten berichteten &uuml;ber eine erh&ouml;hte k&ouml;rperliche Aktivit&auml;t und eine Verbesserung der Lebensqualit&auml;t. Summa summarum stellt SPK-9001 eine vielversprechende Option dar, die die Hoffnung gibt, dass &agrave; la longue das Erfordernis der Faktor-IXSupplementation zur G&auml;nze wegf&auml;llt.<sup>2</sup> &bdquo;Ich kenne auch Studien, in denen vergleichbare Ergebnisse zum Faktor VIII erzielt worden sind. Generell ist davon auszugehen, dass in der Therapie der H&auml;mophilie innerhalb der n&auml;chsten Dekade kein Stein auf dem anderen bleiben wird&ldquo;, erg&auml;nzte Pabinger.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s8_abb1.jpg" alt="" width="1454" height="872" /></p> <h2>IGVH-Status als Pr&auml;diktor f&uuml;r MRD-Negativit&auml;t und PFS</h2> <p>Die Highlights in der CLL-Therapie sind durch viele Updates charakterisiert und durch neue Kombinationen ausgezeichnet. &bdquo;Das Management der CLL-Therapie &auml;ndert sich fast halbj&auml;hrlich&ldquo;, betonte Assoc. Prof. Priv.-Doz. DDr. Philipp Staber, MU Wien, die rasche Weiterentwicklung von Therapien bei dieser Malignomentit&auml;t. Bei jungen Patienten (&lt;65 Jahren) ohne den Nachweis einer del17p oder einer TP53- Mutation (mt) gilt das FCR-Schema (Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab) in der Erstlinie zurzeit als Goldstandard. Dabei konnte das Erreichen einer MRD-Negativit&auml;t als Pr&auml;diktor f&uuml;r ein l&auml;ngeres PFS und OS identifiziert werden. Thompson et al haben in einer prospektiven, monozentrischen Studie mit Patienten, die FCR als Frontline-Therapie erhalten haben, untersucht, welche Faktoren mit dem MRD-Status bei Therapieende (EOT) und der Zeitspanne bis zum Verlust der MRD-Negativit&auml;t in Zusammenhang stehen. In einer multivariablen Analyse konnte ausschlie&szlig;lich zwischen dem IGHV-Status und der MRD-Negativit&auml;t eine signifikante Assoziation festgestellt werden: Gegen&uuml;ber IGHV-unmutierten Patienten profitierten jene mit einer IGHV-mt in signifikantem Ausma&szlig; von der Immunchemotherapie (p=0,02) und der Nachweis einer IGHV-mt vor Therapiestart fungierte als Pr&auml;diktor f&uuml;r das Erreichen einer MRD-Negativit&auml;t bei EOT (p=0,001).<sup>3</sup></p> <h2>BTK-Inhibitoren</h2> <p>Inzwischen konnten schon &uuml;ber mehrere Jahre Erfahrungen mit der Substanzklasse der BTK-Inhibitoren gesammelt werden. Zu den spannendsten Daten, die am ASH-Kongress 2016 pr&auml;sentiert worden sind, z&auml;hlten gem&auml;&szlig; Staber die 5-Jahres- Ergebnisse zum PFS unter Ibrutinib, der First-in-Class-Substanz unter den BTKInhibitoren. Die 5-Jahres-Daten sind demnach Ergebnisse der bisher l&auml;ngsten verf&uuml;gbaren Follow-ups in dieser Substanzklasse. Daraus geht hervor, dass das mediane PFS bei therapienaiven Patienten bei 92 % liegt, was als beachtenswert einzustufen ist. Interessant ist auch die Beobachtung, dass AE der Grade =3 im ersten Therapiejahr am h&auml;ufigsten verzeichnet wurden und in den darauffolgenden Jahren abnahmen.<sup>4</sup><br /> Barr et al f&uuml;hrten eine aktualisierte Analyse zu den Outcomes der Zulassungsstudie von Ibrutinib, RESONATE-2, durch, in der Ibrutinib vs. Chlorambucil an Patienten =65 Jahre untersucht worden war. Sowohl im PFS, dem prim&auml;ren Endpunkt (EP), als auch im OS, einem der sekund&auml;ren EP, konnte eine signifikante &Uuml;berlegenheit von Ibrutinib festgestellt werden. Die 24-Monats-PFS-Rate betrug 89 vs. 34 % , die 24-Monats-OS-Rate 95 vs. 84 % . Zu beachten ist auch, dass dieser Benefit &ndash; anders als unter dem FCR-Schema &ndash; unabh&auml;ngig vom IGVH-Status erzielt worden ist.<sup>5</sup> &bdquo;F&uuml;r die klinische Praxis ist entscheidend, ob zuk&uuml;nftig nicht auch junge Patienten Ibrutinib anstelle von FCR in der Erstlinie erhalten sollten&ldquo;, kommentierte Staber diese Ergebnisse.</p> <h2>Resistenzentwicklung: Venetoclax zeigt hohe Effektivit&auml;t</h2> <p>Die Prognose nach Absetzen von Ibrutinib ist aufgrund des raschen Eintretens einer Progression als ziemlich schlecht einzustufen. In den meisten F&auml;llen sind akquirierte Mutationen in BTK oder dem nachgeschalteten Molek&uuml;l PLCG2 vordergr&uuml;ndig f&uuml;r das Auftreten einer Therapieresistenz verantwortlich, wobei die Mutation bereits vor Eintreten der Resistenz nachweisbar ist. Die Autoren einer zu dieser Thematik pr&auml;sentierten Untersuchung ziehen daraus den Schluss, dass die Detektion einer BTK- bzw. PLCG2-Mutation als Biomarker f&uuml;r die Vorhersage eines klinischen Relapses fungieren k&ouml;nnte.<sup>6</sup><br /> Venetoclax ist ein hochselektiver BCL2- Inhibitor, f&uuml;r den in vitro die F&auml;higkeit zur Induktion einer Apoptose von CLL-Zellen nachgewiesen werden konnte.<sup>7</sup> In einer offenen, zweiarmigen Phase-II-Studie wurde Venetoclax an Patienten (n=64) untersucht, die nach einer Therapie mit Ibrutinib oder Idelalisib relapsiert waren oder eine Refrakt&auml;rit&auml;t auf diese BTK-Inhibitoren aufgewiesen hatten. Die Refrakt&auml;rit&auml;t war als Progression unter der BTKTherapie definiert. Venetoclax zeigte insofern eine ausgezeichnete und robuste Wirksamkeit, als gem&auml;&szlig; der Beurteilung durch ein unabh&auml;ngiges Pr&uuml;fkomitee im Ibrutinib-Arm eine ORR von 70 % und im Idelalisib-Arm von 62 % erzielt werden konnte. Dabei waren nach einem medianen Follow-up von 11,8 Monaten das mediane PFS und OS sowie die mediane Dauer der Response noch nicht erreicht. Die mediane 12-Monats-PFS-Rate bzw. -OSRate f&uuml;r alle Patienten wurde mit 72 bzw. 90 % berechnet (Abb. 2).<sup>8</sup> Prof. Staber geht davon aus, dass Venetoclax offenbar auch in resistenten Klonen Effektivit&auml;t zeigt. Diese Ergebnisse sind jedenfalls sehr vielversprechend.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s8_abb2.jpg" alt="" width="2188" height="961" /></p> <h2>Trend zu Kombinationsstrategien</h2> <p>Wie auch bei anderen Malignomen zu beobachten geht der Trend bei der CLL zur Untersuchung von nachweislich effektiven Substanzen in Kombinationen. So wurden in einer Phase-Ib/II-Studie Ibrutinib + Venetoclax + Obinutuzumab bei CLL-Patienten (NCT02406742) gepr&uuml;ft, die unter/ nach =1 vorangegangenen Therapielinie progredient geworden waren. Um das Risiko f&uuml;r ein Tumorlysesyndrom (TLS) zu minimieren, wurden die Substanzen im sequenziellen Modus verabreicht. Bei Venetoclax erfolgte eine mehrstufige Dosiseskalation in 3 Kohorten auf maximal 100 bzw. 200 bzw. 400mg. Die Ergebnisse des Phase-1b-Teils der Studie wurden am ASH-Kongress pr&auml;sentiert:<br /> Dosislimitierende Toxizit&auml;ten wurden nicht beobachtet, sodass die 400mg-Dosierung von Venetoclax f&uuml;r den Phase-II-Teil der Studie festgelegt wurde. Die AE waren mit jenen von den Einzelsubstanzen bekannten konsistent und insgesamt managebar. Es wurden auch keine F&auml;lle von TLS beobachtet. Die ORR der 12 Patienten betrug 100 % . Die Ergebnisse der Phase II, in der die Kombination auch an therapienaiven Patienten gepr&uuml;ft wird, werden mit gro&szlig;em Interesse erwartet.<sup>9</sup></p> <h2>MDS: Lenalidomid kann zur Resensibilisierung auf EPO f&uuml;hren</h2> <p>Basierend auf In-vitro-Beobachtungen, dass Lenalidomid die Entwicklung von erythroiden Vorl&auml;uferzellen vorantreiben und so die Erythropoese verbessern kann, wurde folgende Studie durchgef&uuml;hrt: MDS-Patienten mit niedrigem (LR) oder intermedi&auml;rem Risiko (IR) und einem H&auml;moglobinspiegel &lt;9,5g/dl, die keine Response auf eine Therapie mit rekombinantem humanem Erythropoetin (EPO) zeigten oder transfusionsabh&auml;ngig waren und EPO-Serumspiegel &lt;500mU/ml aufwiesen, konnten eingeschlossen werden. Insgesamt wurden 195 Patienten zum Erhalt von Lenalidomid (Arm A) bzw. Lenalidomid + EPO (Arm B) randomisiert. Der prim&auml;re EP war die MER (&bdquo;major erythroid response&ldquo;) nach 4 Zyklen. Non-Responder im Arm A hatten die M&ouml;glichkeit, auf Arm B zu switchen, was 34 Patienten in Anspruch nahmen. Von diesen erreichte nach dem Switch nur mehr einer eine MER. Insgesamt jedoch war die MER-Rate unter der Kombination signifikant h&ouml;her als unter der Lenalidomid-Monotherapie und betrug nach 4 Zyklen 25,6 vs. 9,9 % (p=0,015).<sup>10</sup> &bdquo;In der Studie konnte also nachgewiesen werden, dass Lenalidomid die Sensitivit&auml;t auf EPO wiederherstellen kann&ldquo;, res&uuml;mierte Univ.-Prof. Dr. Michael Pfeilst&ouml;cker, Hanusch-Krankenhaus, Wien, der die Highlights zu MDS und AML beim ASH Wrap-up pr&auml;sentierte. Erfreulich ist auch, dass die AE-Rate zwischen den Armen vergleichbar war, d.h., aus dem Zusatz von EPO zu Lenalidomid resultierte keine Erh&ouml;hung der Toxizit&auml;ten.</p> <h2>Luspatercept f&uuml;hrt zur Erh&ouml;hung der H&auml;moglobinspiegel</h2> <p>Das Management von An&auml;mie bei MDS stellt h&auml;ufig eine therapeutische Herausforderung dar. Eine vielversprechende Substanz, die sich zurzeit in klinischen Pr&uuml;fungen befindet, ist Luspatercept, ein Fusionsprotein, das durch Bindung an Liganden der TGF-&szlig;-Familie die Differenzierung der erythropoetischen Zelllinie in sp&auml;ten Stadien vorantreiben und so die H&auml;moglobinspiegel erh&ouml;hen kann.<br /> In einer laufenden Phase-II-Studie (NCT02268383) werden die Langzeiteffekte von Luspatercept an an&auml;mischen Patienten (Hb &lt;10g/dl zu Baseline) mit Low-Risk- oder Intermediate-Risk-MDS untersucht. In die Auswertung der Verl&auml;ngerungsphase (Datenschluss: 4. M&auml;rz 2016) konnten 32 Patienten miteinbezogen werden. Die Langzeittherapie mit Luspatercept f&uuml;hrte bei 81 % der Patienten zu einer erythroiden Response. Die Substanz zeigte ein gutes Vertr&auml;glichkeitsprofil. <sup>11</sup> Gegenw&auml;rtig wird Luspatercept in der Phase-III-Studie MEDALIST (NCT02631070) weiter untersucht.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Wrap-up – ASH 2016; 19. Dezember 2016, Wien </p>
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