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ASH: nicht maligne Erkrankungen und CAR-T-Zell-Therapien

Neuerungen in vielen Bereichen der Hämatologie

<p class="article-intro">Das ASH-Meeting 2018 war auch interessant in Hinblick auf Präsentationen von Studien zu non-malignen Erkrankungen. Eine Studie zu Sichelzellenanämie war in der Plenary Session vertreten und ebenso ein Late-Breaking Abstract (LBA) zum Thema. Des Weiteren wurden Arbeiten zur Thromboseprophylaxe und zur Antikoagulation in den LBA-Sessions vorgestellt. Außerdem nahmen die zielgerichteten Therapien maligner Erkrankungen einen breiten Raum ein.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Ein einfaches Modell zur Vorhersage von Thromboembolien bei Lymphompatienten hat in der externen Validierung seine Tauglichkeit f&uuml;r den Einsatz in der Klinik bewiesen.</li> <li>CAR-T-Zell-Therapien sind auf dem Vormarsch und erzielen bemerkenswerte Remissionsraten.</li> <li>Unterschiedliche Kombinationen von Inhibitoren, Antik&ouml;rpern und Chemotherapien verbessern das Outcome maligner h&auml;matologischer Krankheiten.</li> <li>Bei der CLL-Behandlung verliert die Chemotherapie an Bedeutung.</li> </ul> </div> <p>Das ASH-Meeting 2018 war aus meiner Sicht besonders interessant, weil es gezeigt hat, dass auf allen Gebieten der H&auml;matologie zahlreiche Neuerungen stattfinden. Auf dem Gebiet der nicht malignen Erkrankungen beziehen sie sich vor allem auf die Therapie der Sichelzellenan&auml;mie. Hier wurden gentherapeutische Eingriffe und ganz neue Methoden entwickelt sowie neue Agenzien eingef&uuml;hrt. Dazu z&auml;hlt zum Beispiel Luspatercept, das die An&auml;mie bei nicht malignen, aber auch bei malignen Erkrankungen wie dem myelodysplastischen Syndrom (MDS) beseitigen kann.</p> <h2>Score f&uuml;r das Thromboserisiko bei Lymphompatienten</h2> <p>Au&szlig;erdem wurden Arbeiten vor allem zum Rating bzw. zur Prognostizierung einer Thrombose bei malignen Erkrankungen wie Lymphomen vorgestellt. Nennenswert ist unter anderem die Arbeit einer Gruppe aus Belgrad, an der wir ebenfalls mitgewirkt haben. Lymphompatienten haben bekannterma&szlig;en ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Thromboembolien. Die in den aktuellen Leitlinien empfohlenen Modelle zum Absch&auml;tzen des Thromboserisikos bei Krebspatienten sind jedoch bei Lymphompatienten nur begrenzt aussagekr&auml;ftig. Die Belgrader Gruppe entwickelte daher ein einfaches Modell, basierend auf individuellen klinischen und Laborparametern des Patienten. Variablen, die mit einem erh&ouml;hten Thromboserisiko einhergehen, sind demnach: vorangegangene ven&ouml;se und/ oder arterielle Ereignisse, ein Body-Mass- Index (BMI) &gt;30kg/m<sup>2</sup>, eingeschr&auml;nkte Beweglichkeit, extranodale Lokalisation, Neutropenie und H&auml;moglobinspiegel &lt;100g/l. Dieser Thrombose-Lymphom( ThroLy)-Score hatte einen positiven Vorhersagewert von 25 % , einen negativen Vorhersagewert von 98 % , eine Sensitivit&auml;t von 75 % und eine Spezifit&auml;t von 87 % .<br /> Beim ASH wurden nun die Ergebnisse der externen Validierung mit mehr als 1700 Patienten vorgestellt. Eingeschlossen waren Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), Hodgkin-Lymphom (HL) und chronischer lymphatischer Leuk&auml;mie (CLL)/kleinzelligem lymphozytischem Lymphom (SLL). Aufgrund der erhobenen Daten wurde der ThroLy-Score &uuml;berarbeitet und enth&auml;lt nun die folgenden Variablen: Diagnose/klinisches Stadium, vorangegangene tiefe Venenthrombose, eingeschr&auml;nkte Beweglichkeit, H&auml;moglobinspiegel &lt;100g/l und das Vorhandensein von Devices wie Stents. Der neue Score hat einen positiven Vorhersagewert von 22 % , einen negativen Vorhersagewert von 96 % , eine Sensitivit&auml;t von 51 % und eine Spezifit&auml;t von 72 % .<sup>1</sup></p> <h2>Zielgerichtete Therapien myeloischer Krankheiten</h2> <p>Besonders viele Neuerungen sah man auf dem Gebiet der myeloischen Erkrankungen, seien es die chronisch-myeloischen Erkrankungen oder die akute myeloische Leuk&auml;mie (AML). Nun halten zielgerichtete Therapien mit Inhibitoren und Antik&ouml;rpern auch Einzug in die Therapie der AML.<br /> Bei den lymphatischen Erkrankungen werden Antik&ouml;rper, beispielsweise bispezifische Antik&ouml;rper, sicher die Therapie ver&auml;ndern, ebenso wie die verschiedenen Inhibitoren wie BCL2-Inhibitoren, P3-Kinase- Inhibitoren, BTK-Inhibitoren und deren Weiterentwicklungen. Aus meiner Sicht sind jedoch die CAR-T-Zellen das gr&ouml;&szlig;te Highlight. Sie waren mit vielen Abstracts am ASH vertreten und es wurden bereits Real-World-Daten f&uuml;r mehrere CAR-T-Zell-Produkte pr&auml;sentiert, zum Beispiel f&uuml;r Axicabtagene Ciloleucel (Axi-cel). Das Beeindruckende ist, dass die Resultate aus den Studien in der t&auml;glichen Praxis reproduziert werden k&ouml;nnen, und man kann damit rechnen, dass bei aggressiven Lymphomen eine Langzeitwirksamkeit von etwa 40 % bei ansonsten austherapierten Patienten bestehen bleibt. Das gilt auch f&uuml;r die akute lymphatische Leuk&auml;mie (ALL), wie das Update der ELIANA-Studie best&auml;tigt, das von Stephan Grupp vorgestellt wurde.<sup>2</sup><br /> ELIANA ist eine Phase-II-Studie mit Tisagenlecleucel bei Kindern und Jugendlichen mit CD19+ r/r B-Zell-ALL und die erste globale Studie zur CAR-T-Zell-Therapie. Der prim&auml;re Endpunkt wurde mit einer Gesamtremissionsrate (ORR) von 81 % innerhalb von drei Monaten und einer Dauer von mindestens 28 Tagen erreicht. Das in San Diego pr&auml;sentierte Update schloss weitere Patienten ein und beinhaltete ein zus&auml;tzliches Follow-up von elf Monaten. Bei 29 Patienten dauerte die Response 29 Monate und dar&uuml;ber hinaus an (Abb. 1), 19 Patienten erlitten ein Rezidiv, bevor sie eine weitere Therapie erhielten; 13 dieser Patienten verstarben. Von den Patienten in Remission erhielten 8 eine Stammzelltransplantation, 8 eine andere Krebstherapie und ein Patient schied w&auml;hrend der Remission aus. Die Wahrscheinlichkeit f&uuml;r ein rezidivfreies &Uuml;berleben nach 18 Monaten betrug 66 % , das mediane Gesamt&uuml;berleben (OS) wurde nicht erreicht und die OSWahrscheinlichkeit nach 18 Monaten lag bei 70 % . Das Zytokin-Release-Syndrom (CRS) trat bei 77 % der Patienten auf, bei 48 % in Grad 3/4. In jedem Fall war das CRS jedoch reversibel. Weitere h&auml;ufige Nebenwirkungen waren Neutropenie (62 % ), Hypoxie und Hypotonie (jeweils 20 % ).<sup>2</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1901_Weblinks_jatros_onko_1901_s32_abb1.jpg" alt="" width="1454" height="778" /></p> <h2>Der n&auml;chste Schritt: Kombinationstherapien</h2> <p>Der n&auml;chste Bereich ist die Weiterentwicklung der CAR-T-Zellen durch Kombination mit anderen Substanzen. Insgesamt spielen die Kombinationstherapien eine gro&szlig;e Rolle. Bei den Lymphomen sehen wir alle nur denkbaren Kombinationen mit Inhibitoren und Antik&ouml;rpern, zum Beispiel Polatuzumab in Kombination mit Chemotherapie, eine Reihe von Checkpoint-Inhibitoren in Kombination mit Chemotherapie oder mit anderen Inhibitoren oder auch mit CAR-T-Zellen. Die BTK-Inhibitoren sind bereits in der dritten Generation verf&uuml;gbar und wir nutzen beispielsweise Kombinationen mit Venetoclax. Die Kombinationsm&ouml;glichkeiten scheinen hier unbegrenzt zu sein. Hinsichtlich der CAR-T-Zellen besteht der gr&ouml;&szlig;te Bedarf bei der ALL im Kindesund jungen Erwachsenenalter. Hier wurde auch die beste Wirksamkeit der Behandlung gezeigt. Daher wird das Verfahren vermutlich in diesem Bereich bald Einzug in die Routinetherapie halten. Aber auch bei den aggressiven Lymphomen wurden sehr gute Ergebnisse mit CAR-T-Zellen beobachtet. Allerdings gilt es dort noch gewisse H&uuml;rden zu &uuml;berwinden, bevor sie routinem&auml;&szlig;ig eingesetzt werden k&ouml;nnen. Die logistischen Fragen sind in &Ouml;sterreich gel&ouml;st, jedoch bereitet die Finanzierung dieser teuren Therapien Probleme. Wir k&ouml;nnen sie noch nicht richtig abrechnen und verhandeln derzeit mit den Spitalserhaltern &uuml;ber Budgets, um geeignete Patienten mit CAR-T-Zellen zu behandeln. In der Zwischenzeit arbeiten wir im Rahmen von Studien weiter.</p> <h2>Nebenwirkungsmanagement bei CAR-T-Zell-Therapien</h2> <p>Aus Real-World-Studien wissen wir, dass man das CRS deutlich abschw&auml;chen kann, wenn man den Interleukin-6-Antik&ouml;rper Tocilizumab fr&uuml;hzeitig verabreicht und nicht erst, wenn das CRS beim Patienten bereits manifest ist. Kortison kann das CRS ebenfalls mildern. Bemerkenswert ist, dass bei der CLL die Kombination mit Ibrutinib Nebenwirkungen wie CRS und Neurotoxizit&auml;t senken kann.</p> <h2>CLL: immer weniger Chemotherapie</h2> <p>Bei der CLL verliert die Chemotherapie an Bedeutung, da die Behandlung mit Inhibitoren und Antik&ouml;rpern zu guten MRDnegativen Remissionen f&uuml;hrt. Dies best&auml;tigt das Update der MURANO-Studie. Bei einem medianen Follow-up von drei Jahren hatten die Patienten, die Venetoclax/Rituximab (VenR) erhielten, im Vergleich zu jenen, die mit Bendamustin/Rituximab (BR) behandelt wurden, einen anhaltenden Benefit hinsichtlich PFS (median nicht erreicht vs. 17 Mon.; p&lt;0,0001) und OS (87,9 % vs. 79,5 % ; p=0,0093).<sup>3</sup><br /> Auch andere Kombinationsstudien, zum Beispiel mit Ibrutinib/Venetoclax, r&uuml;tteln an dem Paradigma, dass man keine Langzeitremissionen erzeugen kann. Bei manchen Patienten sind die Medikamente schon l&auml;nger abgesetzt, dennoch befinden sich die Patienten weiterhin in Remission. Die n&auml;chste Stufe sind die CAR-T-Zell-Therapien &ndash; entweder allein oder in Kombination mit Inhibitoren. Damit erreicht man bemerkenswerte Langzeitremissionen. Besonders beeindruckend finde ich die Ergebnisse bei der Richter-Transformation, den (oft raschen) &Uuml;berg&auml;ngen der CLL in eine h&ouml;hermaligne Form. Bisher gab es daf&uuml;r nahezu keine wirksamen Therapien; mit den modernen Verfahren erzielen wir pl&ouml;tzlich komplette Remissionsraten von 20 bis 30 % . Das ist beeindruckend.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Antic D et al.: External validation and revision of thrombosis lymphoma /throly/ score. Abstract 140, ASH 2018, San Diego/USA, 1.&ndash;4. Dezember 2018 <strong>2</strong> Grupp SA et al.: Updated analysis of the efficacy and safety of tisagenlecleucel in pediatric and young adult patients with relapsed/ refractory (r/r) acute lymphoblastic leukemia. Abstract 895, ASH 2018, San Diego/USA, 1.&ndash;4. Dezember 2018 <strong>3</strong> Seymour JF et al.: MURANO trial establishes feasibility of time-limited venetoclax-rituximab (VenR) combination therapy in relapsed/refractory (R/R) chronic lymphocytic leukemia (CLL). Abstract 184, ASH Annual Meeting 2018, San Diego/USA, 1.&ndash;4. Dezember 2018</p> </div> </p>
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