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Neue Therapieoptionen auch für seltene Sarkome auf dem Vormarsch
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Thomas Brodowicz
<br>Klinische Abteilung für Onkologie<br>Universitätsklinik für Innere Medizin I, AKH Wien<br>E-Mail: thomas.brodowicz@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
23.11.2017
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<p class="article-intro">Für die Behandlung der Sarkome wurden beim diesjährigen ASCO verschiedene interessante Studien gezeigt, die vor allem eines zeigten: Es tut sich etwas in der Grundlagenforschung wie auch in der Entwicklung neuer Therapieoptionen, auch bei seltenen Sarkomentitäten. Richtungsweisend sind sicherlich die molekularen Forschungen, die auf eine personalisierte Therapie zielen, und erste prospektive Studien mit bekannten zielgerichteten Therapien bei kleinen Patientenkollektiven. Zudem kommen nun auch die Immuntherapien bei den Sarkomen an.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Alternative Chemotherapie im rezidivierten/refraktären Setting</h2> <p>Aldoxorubicin könnte eine gute Alternative in der Behandlung des rezidivierten/refraktären Weichteilsarkoms sein, so das Ergebnis einer randomisierten Phase-III-Studie, in der die Sicherheit und Wirksamkeit von Aldoxorubicin im Vergleich zu Pazopanib, Gemcitabin/Docetaxel, Dacarbazin, Doxorubicin oder Ifosfamid nach Wahl des Behandlers bei 433 Sarkompatienten verglichen wurden.<sup>1</sup> Das progressionsfreie Überleben (PFS), primärer Studienendpunkt, betrug im Aldoxorubicin-Arm median 4,11 Monate versus 2,96 Monate im Kontrollarm (HR: 0,81; p=0,087). Patienten mit L-Sarkomen (Leiomyosarkome, Liposarkome), welche die Hälfte der Patienten ausmachten, lebten unter Aldoxorubicin signifikant länger progressionsfrei verglichen mit dem Kontrollarm (medianes PFS: 5,32 vs. 2,96; HR: 0,62, p=0,007). Das Gesamtüberleben in beiden Studienarmen war mit median 12,88 vs. 12,16 Monaten in der ITT-Population vergleichbar (HR: 0,97; p=0,86). Die wenigstens vergleichbar gute Wirksamkeit ging mit einer verbesserten Kardiotoxizität im Vergleich mit Doxorubicin einher.</p> <h2>„Next generation sequencing“ und personalisierte Therapie</h2> <p>In einer US-amerikanischen Untersuchung zum Stellenwert des NGS („next generation sequencing“) in der Diagnostik und Therapie von Weichteil- und Knochensarkomen zeigten Wissenschaftler einen modifizierenden Einfluss bezüglich der pathologischen Diagnose bei 8 % der eingeschlossenen 5749 Patienten.<sup>2</sup> Bei 2 % der Patienten war die vorangegangene Diagnose inkorrekt, bei 4 % wurde der Verdacht verifiziert und bei 2 % das Diagnoseergebnis verfeinert. Bei 8 % der Patienten wurden Mutationen gefunden, die als Biomarker, Zielstruktur oder zur Krankheitseinordnung von der FDA anerkannt sind. 9 % der Patienten zeigten Mutationen, die bekannte Biomarker oder Zielstrukturen für zugelassene Substanzen (FDA/NCCN) sind oder die Identifizierung neuer Erkrankungen ermöglichen. 40 % der Patienten hatten Mutationen, die eine Bedeutung als neue Biomarker und Zielstrukturen für investigative Substanzen aufweisen (Abb. 1). Bei 2 % der Patienten wiesen Mutationen auf resistente Erkrankungen hin und bei 41 % der Patienten wurden keine bisher verwendbaren Mutationen nachgewiesen. Dies zeigt, dass in nächster Zukunft mithilfe des NGS therapierbare Mutationen bei einem großen Anteil der Patienten mit Weichteil- und Knochensarkomen identifiziert und viele davon mit derzeit in der Entwicklung befindlichen zielgerichteten Substanzen behandelt werden können.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1706_Weblinks_s87.jpg" alt="" width="1417" height="1138" /><br />Auch eine französische Arbeit zur genetischen Vielfalt bei Weichteilsarkomen weist auf einen hohen Anteil an Mutationen hin, die zu einer personalisierten Therapie beitragen können.<sup>3</sup> Immerhin wurden bei 92,5 % der untersuchten 587 Patienten wenigstens eine mit einer zielgerichteten Therapie behandelbare Mutation, Gen-Copy-Number-Alteration und/oder Fusionsgene nachgewiesen. Genomisch komplexe Sarkome wurden bei 56 % der Patienten identifiziert, bei 25 % der Patienten wurden die Sarkome von Translokationen verursacht und 19 % wiesen andere Sarkomtypen auf. Die häufigsten mutierten Gene waren TP53, ATRX, RB1, KMT2D, NF1, ATM, PI3KCA, ERBB4, PTEN und ARID1A. Die Phase-III-Studie MULTISARC soll Möglichkeiten zur personalisierten Therapie von Sarkomen durch den Einsatz des NGS untersuchen.</p> <h2>Wirksame Therapien für sehr seltene Sarkome</h2> <p>Bei der seltenen Entität der solitären fibrösen Tumoren (SFT) werden die typische und die maligne Form unterschieden. Die Auswertung der Phase-II-Studie GEIS 32 zum Studienarm der malignen SFT (MSFT) zeigte eine der Chemotherapie überlegene Aktivität von Pazopanib (800mg/Tag) in Bezug auf das Ansprechen nach Choi, das PFS und OS.<sup>4</sup> Die Choi-Kriterien erwiesen sich in dieser ersten prospektiven Studie zu MSFT als handhabbar und reproduzierbar und waren im Gegensatz zu den RECIST-Kriterien ein signifikanter und unabhängiger prognostischer Faktor für das Gesamtüberleben bei Patienten mit MSFT. Die Effektivität von Pazopanib war vergleichbar mit historischen Kontrollen antiangiogener Substanzen, z.B. Sunitinib. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15 Monaten betrug die 6-Monats-PFS-Rate 40 % und die geschätzte 18-Monats-OS-Rate 72 % .<br />Für die Behandlung des ebenfalls sehr selten auftretenden alveolären Weichteilsarkoms (ASPS) wurde in einer englischen Studie mit 44 Patienten mit progressiver, metastasierter Erkrankung Cediranib (30mg/Tag) 2:1-randomisiert und placebokontrolliert geprüft.<sup>5</sup> Die CASPS-Studie erreichte ihren primären Endpunkt, die statistisch signifikante Reduzierung von Markerläsionen nach 24 Therapiewochen. Das mediane PFS betrug 10,8 Monate unter Cediranib versus 3,7 Monate unter Placebo. Nach 12 Monaten lebten 47,7 % versus 22,5 % der Patienten progressionsfrei und die 12-Monats-OS-Rate betrug 94,0 % versus 66,0 % .<br />In einer weiteren Phase-II-Studie, der SARC024, wurde Regorafenib für die Behandlung von 30 Patienten mit fortgeschrittenem Ewing-Sarkom eingesetzt.<sup>6</sup> Der primäre Endpunkt war die PFS-Rate nach 8 Wochen, der mit 73 % progressionsfreier Patienten erreicht wurde. Das mediane PFS betrug 3,6 Monate. Bei 3 Patienten wurde ein partielles Ansprechen gesehen und bei 18 Patienten eine stabile Erkrankung nach RECIST-Kriterien. Zwei der Patienten mit partieller Remission wiesen eine EWSR1-Translokation, ein Patient eine CIC-DUX4-Fusion auf. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 5,5 Monate.</p> <h2>Immuntherapien bei Sarkompatienten</h2> <p>CMB305 ist eine aktive Immuntherapie, die Anti-NY-ESO-1-T-Zellen generieren und anreichern soll. Es besteht aus LV305, einem lentiviralen Vektor, der NY-ESO-1 kodiert, und einem Boost mit G305, einem NY-ESO-1-rekombinanten Protein. In die C131-Studie wurden 64 Patienten mit diversen Tumorentitäten eingeschlossen. 25 Patienten hatten Weichteilsarkome, darunter 14 Patienten mit Synovialsarkomen (SS) und 8 Patienten mit myxoiden rundzelligen Liposarkomen (MRCL).<sup>7</sup> Die Therapie mit CMB305 wurde gut vertragen und induzierte bei 64 % der auswertbaren Weichteilsarkompatienten eine NY-ESO-1-spezifische T-Zell-lmmunantwort und bei 72 % der Patienten Anti-NY-ESO-1-Antikörper. Das beste Ansprechen nach RECIST-Kriterien war eine Stabilisierung der Erkrankung bei 53 % der SS- und 75 % der MRCL-Patienten. Das mediane PFS betrug 4,7 Monate und die 6-Monats-PFS-Rate 36,4 % . Die Induktion mit der Anti-NY-ESO-1-Therapie war mit einem verlängerten Gesamtüberleben assoziiert. <br />Die doppelte Checkpoint-Blockade mit Nivolumab und Ipilimumab gefolgt von einer Nivolumab-Erhaltung sowie die alleinige Nivolumab-Monotherapie wurden in der Phase-II-Studie Alliance A091401 bei 85 nicht selektierten, vorbehandelten Patienten mit metastasiertem Sarkom untersucht.<sup>8</sup> Die beiden Studienarme wurden wie zwei unabhängige Phase-II-Studien ausgewertet. Im Median waren die Patienten 53–54 Jahre alt und etwa 61 % hatten wenigstens drei Therapielinien erhalten. Bei 18 % der Patienten unter der Kombinationstherapie wurde ein Ansprechen beobachtet sowie bei 8 % der Patienten im Nivolumab-mono-Arm. Eine stabile Erkrankung als bestes Ansprechen erreichten zudem 50 % bzw. 39 % der Patienten. Nach 12 Monaten lebten im Kombinationsarm noch 54 % der Patienten, womit die Erwartungen weit übertroffen wurden.<br />Die finalen Ergebnisse der Phase-II-Studie SARC028 zu Pembrolizumab bei fortgeschrittenen Weichteil- und Knochensarkomen bestätigen eine vielversprechende Aktivität und Sicherheit der Anti-PD-1-Strategie bei undifferenzierten pleomorphen Sarkomen (UPS) und Liposarkomen.<sup>9</sup> Eingeschlossen wurden 40 Patienten mit Weichteilsarkomen (je 10 Patienten mit Leiomyosarkom, Liposarkom, Synoviasarkom und undifferenziertem pleomorphem Sarkom) sowie 40 Patienten mit Knochensarkomen (22 Patienten mit Osteosarkom, 13 mit Ewing-Sarkom und 5 mit Chondrosarkom). Das primäre Studienziel war das objektive Ansprechen laut RECIST-1.1-Kriterien. Insgesamt sprachen 7 von 40 Patienten mit Weichteilsarkomen an und 15 zeigten eine stabile Erkrankung. Patienten mit Knochensarkomen sprachen in 2 von 40 Fällen auf Pembrolizumab an und 9 Patienten waren stabil.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Ganjoo KN et al.: Phase III study of aldoxorubicin vs investigators´ choice as treatment for relapsed/refractory soft tissue sarcomas. ASCO 2017, Abstr. #11000 <strong>2</strong> Gounder MM et al.: Impact of next-generation sequencing on diagnostic and therapeutic options in soft-tissue and bone sarcoma. ASCO 2017, Abstr. #11001 <strong>3</strong> Itiliano A et al.: Genetic land­scape of soft-tissue sarcomas: moving toward personalized medicine. ASCO 2017, Abstr. #11002 <strong>4</strong> Martin-Broto J et al.: Multi-institutional European single-arm phase II trial of pazopanib in advanced malignant/dedifferentiated solitary fibrous tumors (SFT). A collaborative Spanish (GEIS), Italian (ISG) and French (FSG) sarcoma groups study. ASCO 2017, Abstr. #11003 <strong>5</strong> Judson IR et al.: Activity of cediranib in alveolar soft part sarcoma (ASPS) confirmed by CASPS (cediranib in ASPS), an international, randomised phase II trial (C2130/A12118). ASCO 2017, Abstr. #11004 <strong>6</strong> Attia S et al.: A phase II trial of regorafenib in patients with advanced Ewing sarcoma and related tumors of soft tissue and bone: SARC024 trial results. ASCO 2017, Abstr. #11005 <strong>7</strong> Somaiah N et al.: Immune response, safety, and survival impact from CMB305 in NY-ESO-1+ recurrent soft tissue sarcomas (C131 study). ASCO 2017, Abstr. #1106 <strong>8</strong> D´Angelo SP et al.: A multi-center phase II study of nivolumab +/- ipilimumab for patients with metastatic sarcoma (Alliance A091401). ASCO 2017, Abstr. #11007 <strong>9</strong> Burgess MA et al.: Multicenter phase II study of pembrolizumab in advanced soft tissue (STS) and bone sarcomas (BS): final results of SARC028 and biomark­er analyses. ASCO 2017, Abstr. #11008</p>
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