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Neue Entwicklungen in der Lymphomtherapie

<p class="article-intro">Am diesjährigen ASCO-Kongress wurden auf dem Gebiet der Lymphombehandlung keine neuen Therapiestandards definiert. Die vorgelegten Daten unterstützen derzeit bewährte Therapiealgorithmen in der Behandlung aggressiver Lymphome und des Mantelzelllymphoms und bestätigen die Wirksamkeit PD-1-blockierender Antikörper für das Hodgkin-Lymphom. </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Es gibt aktuell keine prospektiv erfassten Daten randomisierter Studien, die eine Rituximab-Intensivierung in der Erstlinientherapie des DLBCL unterst&uuml;tzen.</li> <li>Es gibt aktuell keine prospektiv erfassten Daten randomisierter Studien, die eine Erhaltungstherapie in der Erstlinientherapie des DLBCL unterst&uuml;tzen.</li> <li>Es gibt aktuell keine prospektiv erfassten Daten randomisierter Studien, die eine Rituximab Erhaltungstherapie in der Erstlinientherapie des MCL nach Rituximab + Bendamustin unterst&uuml;tzen.</li> <li>Alemtuzumab + CHOP ist keine Standardtherapie in der Erstlinientherapie peripherer T-Zell-Lymphome.</li> </ul> </div> <h2>Therapie aggressiver Lymphome</h2> <p><strong>Erstlinientherapie des diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphoms</strong><br /> In der Behandlung des diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL) gibt es derzeit retrospektive Analysen, die eine schnellere Rituximab-Elimination bei M&auml;nnern und damit einen konsekutiv h&ouml;heren Rituximab-Spiegel bei Frauen nach intraven&ouml;ser Applikation beschreiben. Parallel zeigen diese retrospektiven Analysen ein l&auml;ngeres progressionsfreies &Uuml;berleben (PFS) bei Frauen, sodass die Frage aufkam, ob h&ouml;here Rituximab-Spiegel auch f&uuml;r das l&auml;ngere PFS verantwortlich sind. Zudem gibt es Ans&auml;tze, durch den fr&uuml;hzeitigen Einsatz wiederholter Rituximab-Gaben eine fr&uuml;hzeitige Aufs&auml;ttigung mit im weiteren Verlauf auch l&auml;ngeren Wirkspiegeln zu erzielen. Diese Analysen waren bisher vornehmlich retrospektiver Natur und nicht in prospektiven Studien validiert. Die HOVON-NORDIC-Studiengruppe hat nun in einer prospektiven Phase-III-Studie den Einsatz einer fr&uuml;hen Rituximab-Intensivierung im Rahmen eines CHOP-14-Protokolls &uuml;berpr&uuml;ft.<sup>1</sup> J&uuml;ngere Patienten bis 65 Jahre erhielten 8 Zyklen CHOP 14, &auml;ltere bekamen 6 Zyklen. Im Standardarm wurden 8 Zyklen Rituximab appliziert und im experimentellen Arm 12 Zyklen, wobei in den ersten 4 Zyklen Rituximab am Tag 1 + 8 intraven&ouml;s gegeben wurde. Eine zweite Fragestellung der Arbeit ist der Stellenwert einer Rituximab-Erhaltungstherapie mit 12 Gaben &uuml;ber einen Zeitraum von 2 Jahren. Zu dieser zweiten Fragestellung wurden keine Daten pr&auml;sentiert. Bez&uuml;glich der fr&uuml;hen Rituximab-Intensivierung zeigte sich kein signifikanter Unterschied, mit einem 3-Jahres-PFS von 74 % im Standardarm und 71 % im Rituximab-intensivierten Arm (Abb. 1). Auch 5-Jahres-Daten ergaben keinen Unterschied. Es zeigte sich zudem kein Unterschied bezogen auf die Altersgruppen (j&uuml;ngere vs. &auml;ltere Patienten), das Geschlecht oder auch die unterschiedlichen IPI-Risikogruppen. Auch das Gesamt&uuml;berleben war statistisch nicht signifikant unterschiedlich, sodass in Zusammenschau dieser Daten festgehalten werden muss, dass sich in prospektiven Studien die Rituximab-Intensivierung nicht bew&auml;hrt.<br /> In einer zweiten Studie wurde versucht, die R&uuml;ckfallrate bei DLBCL-Patienten nach Erreichen einer CR durch den Einsatz des mTOR-Inhibitors Everolimus zu reduzieren (PILLAR-2-Studie).<sup>2</sup> Zum Studieneinschluss mussten die Patienten eine PET-negative CR nach Beendigung der Induktionstherapie aufweisen und 742 Patienten wurden dann entweder in den Everolimus-Arm (10mg/Tag &uuml;ber 1 Jahr) oder den Placeboarm randomisiert. Auch diese Studie lieferte ern&uuml;chternde Daten, da die Rate des krankheitsfreien 2-Jahres-&Uuml;berlebens (DFS) f&uuml;r Everolimus 77,8 % und f&uuml;r Placebo 77,0 % ergab. Retrospektive explorative Subgruppenanalysen zeigten einen gewissen positiven Trend in der Hochrisikogruppe IPI 4 oder 5, bei j&uuml;ngeren Patienten, m&auml;nnlichen Patienten sowie Patienten asiatischer Abstammung. Insgesamt muss die Studie aber als negativ interpretiert werden und damit hat Everolimus in der Erhaltungstherapie bei DLBCL-Patienten keinen Stellenwert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Onko_1604_Weblinks_Seite60.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Erstlinientherapie peripherer T-Zell-Lymphome</strong><br /> Die Entwicklung neuer Therapiemodalit&auml;ten zur Behandlung des T-Zell-Lymphoms hinkt den anderen Lymphomentit&auml;ten deutlich nach. Vorgestellt wurde die prospektiv randomisierte internationale Phase-III-Studie ACT-2, in der die Hinzunahme von Alemtuzumab (A) zum Standard-CHOP-Regime (gegeben in 14-t&auml;gigen Abst&auml;nden) gepr&uuml;ft wurde.<sup>3</sup> Eingeschlossen wurden prim&auml;r 116 Patienten mit je 58 Patienten im Kontrollarm (CHOP) bzw. im experimentellen Arm (A-CHOP). Durch die Hinzunahme von Alemtuzumab stieg die Anzahl an Komplettremissionen auf 60 % (vs. 43 % ). Es zeigte sich jedoch kein signifikanter Unterschied bezogen auf das PFS oder OS. Wie zu erwarten, war die Therapie mit A-CHOP deutlich toxischer, sodass zum jetzigen Zeitpunkt diese Therapie nicht im klinischen Alltag eingesetzt werden sollte.<br /> <br /><strong> Rezidivtherapie von ZNS-Lymphomen</strong><br /> Zuletzt m&ouml;chte ich noch kurz auf eine Phase-I-Studie bei Patienten mit rezidiviertem ZNS-Lymphom eingehen.<sup>4</sup> Getestet wurde der Einsatz des Immunmodulators Lenalidomid in der Induktion bzw. der Erhaltungstherapie. Von den 13 mit Lenalidomid behandelten Patienten erreichten 8 mindestens eine PR. Einzelne Patienten hatten dabei einen recht erfreulichen Verlauf mit einer Remissionsdauer von knapp 2 Jahren. In einer zweiten Kohorte (10 Patienten mit multiplen Rezidiven) wurde der Stellenwert einer Lenalidomid-Erhaltungstherapie &uuml;berpr&uuml;ft. Dabei zeigte sich in einem historischen Vergleich eine deutliche Verl&auml;ngerung der Zeit bis zur n&auml;chsten Progression bei akzeptabler Vertr&auml;glichkeit. In beiden Kohorten wurde eine gute ZNS-Penetration f&uuml;r Lenalidomid belegt. Damit bietet sich Lenalidomid sowohl als Kombinationspartner f&uuml;r die Erstlinien- respektive Rezidivtherapie als auch f&uuml;r die Erhaltungstherapie nach Erreichen eines akzeptablen Therapieansprechens an. Diesbez&uuml;glich m&uuml;ssen sicherlich noch gr&ouml;ssere und prospektiv randomisierte Studien durchgef&uuml;hrt werden.</p> <h2>Rituximab-Erhaltungstherapie beim Mantelzelllymphom</h2> <p>In der Behandlung des Mantelzelllymphoms (MCL) wurde der Frage nachgegangen, ob die bisher etablierte Rituximab+Bendamustin-Therapie durch die Erweiterung um eine 2-j&auml;hrige Rituximab-Erhaltungstherapie (alle 2 Monate) verbessert werden kann.<sup>5</sup> Eine Rituximab-Erhaltungstherapie in der MCL-Behandlung hat sich im Rahmen einer R-CHOP-Induktionstherapie bew&auml;hrt. Das European MCL Network (EU-MCL) hat gezeigt, dass die R-CHOP-Therapie einer R-FC-Induktionstherapie &uuml;berlegen ist und die Ergebnisse durch eine Rituximab(R)-Erhaltungstherapie alle 2 Monate bis zur Progression noch verbessert werden k&ouml;nnen. Die StiL-Studie w&auml;hlte ein etwas anderes Studiendesign und randomisierte nach 6 Zyklen Rituximab + Bendamustin Patienten, die mindestens eine partielle Remission erreicht hatten, in einen Observationsarm (62 Patienten) sowie einen Arm mit R-Erhaltung (60 Patienten). Es zeigte sich jedoch bezogen auf das PFS kein Unterschied zwischen beiden Armen. Auch im Gesamt&uuml;berleben ergab sich kein signifikanter Unterschied. Vergleicht man nun in einem Inter-Studienvergleich die Daten der R-CHOP+R-Erhaltungstherapie des EU-MCL-Netzwerks mit den vorliegenden Daten, so ergeben sich zum Beispiel bezogen auf das Gesamt&uuml;berleben (72-Monats-Daten hochgerechnet) Werte von 70 % f&uuml;r 6 Zyklen Rituximab + Bendamustin vs. 71 % f&uuml;r 8 Zyklen R-CHOP mit R-Erhaltungstherapie. Daher k&ouml;nnte es sein, dass in der Kombination von Rituximab + Bendamustin keine Erhaltungstherapie erforderlich ist und &auml;hnliche Werte wie bei Verwendung von R-CHOP mit R-Erhaltung erzielt werden k&ouml;nnen. In der Behandlung des Mantelzelllymphoms wird sicherlich die n&auml;chste spannende Frage sein, ob durch die Hinzunahme von neuen Substanzen wie BTK-Inhibitoren noch weitere Verbesserungen erzielt werden k&ouml;nnen.</p> <h2>Immuntherapie des Hodgkin-Lymphoms</h2> <p>In der Therapie des Hodgkin-Lymphoms werden sich in der Rezidiv- bzw. refrakt&auml;ren Situation PD-1-spezifische Antik&ouml;rper etablieren. Sowohl f&uuml;r den Einsatz von Pembrolizumab als auch von Nivolumab wurden aktualisierte Daten vorgestellt.<sup>6, 7</sup> Die zum Teil stark vorbehandelten Patienten mit median mehr als 4 Therapielinien weisen Ansprechraten von 60&ndash;80 % auf PD-1 blockierende Antik&ouml;rper auf. Die Toxizit&auml;t der Behandlung entspricht dem bekannten Profil und ist damit insgesamt vertretbar. Die Dauer des Ansprechens ist aufgrund der noch kurzen Nachbeobachtungszeit schwierig einzusch&auml;tzen, scheint aber bei einigen Patienten die 12-Monats-Marke deutlich zu &uuml;berschreiten. Damit werden sich PD-1-Antik&ouml;rper in der Rezidivsituation etablieren und nun in Kombinationstherapien und fr&uuml;hen Therapielinien getestet.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lugtenburg PJ et al: Randomized phase III study on the effect of early intensification of rituximab in combination with 2-weekly CHOP chemotherapy followed by rituximab or no maintenance in patients with diffuse large B-cell lymphoma: Results from a HOVON-Nordic Lymphoma Group study. 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #7504<br /><strong>2</strong> Witzig TE et al: PILLAR-2: A randomized, double-blind, placebo-controlled, phase III study of adjuvant everolimus (EVE) in patients (pts) with poor-risk diffuse large B-cell lymphoma (DLBCL). 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #7506<br /><strong>3</strong> Trumper LH et al: Alemtuzumab added to CHOP for treatment of peripheral T-cell lymphoma (pTNHL) of the elderly: Final results of 116 patients treated in the international ACT-2 phase III trial. 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #7500<br /><strong>4</strong> Rubenstein JL et al: Phase I investigation of lenalidomide plus rituximab and outcomes of lenalidomide maintenance in recurrent CNS lymphoma. 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #7502<br /><strong>5</strong> Rummel MJ et al: Two years rituximab maintenance vs. observation after first-line treatment with bendamustine plus rituximab (B-R) in patients with mantle cell lymphoma: First results of a prospective, randomized, multicenter phase II study (a subgroup study of the StiL NHL7-2008 MAINTAIN trial). 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #7503<br /><strong>6</strong> Younes A et al: Checkmate 205: Nivolumab (nivo) in classical Hodgkin lymphoma (cHL) after autologous stem cell transplant (ASCT) and brentuximab vedotin (BV)&mdash;A phase 2 study. 2016 ASCO Annual Meeting, Poster Discussion Session, Abstract #7535<br /><strong>7</strong> Chen RW et al: Pembrolizumab for relapsed/refractory classical Hodgkin lymphoma (R/R cHL): phase 2 KEYNOTE-087 study. 2016 ASCO Annual Meeting, Poster Discussion Session, Abstract #7555<br /><br /></p> </div> </p>
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