© Getty Images/iStockphoto

ASH 2018

Multiples Myelom: viele Studien mit spannenden Daten

<p class="article-intro">In der Therapie des multiplen Myeloms hat es zahlreiche Entwicklungen gegeben, die beim Jahreskongress 2018 der American Society of Hematology (ASH) präsentiert wurden. Prof. Maria Krauth, Wien, geht im Interview auf einige wichtige Erkenntnisse ein.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Welches war beim multiplen Myelom aus Ihrer Sicht das gr&ouml;&szlig;te Highlight, das beim ASH pr&auml;sentiert wurde?</strong></p> <p><em><strong>M. Krauth:</strong></em> Es wurden sehr viele neue Daten pr&auml;sentiert, daher ist es schwierig, ein Highlight herauszugreifen. So wurden spannende Studien im refrakt&auml;ren und im Front-Line-Setting vorgestellt. Auch die Kombination mit neuen Substanzen war ein wichtiger Aspekt. Aufgefallen sind die guten Daten von Daratumumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason in der MAIA-Studie, die es in die Late-Breaking Abstracts Session geschafft hat. F&uuml;r die Klinik relevant waren auch die Ergebnisse unter anderem der OPTIMISMMStudie mit Patienten, die auf Lenalidomid refrakt&auml;r sind. Lenalidomid ist mittlerweile etabliert in der Therapie des Multiplen Myeloms und kann als Backbone unterschiedlicher Kombinationstherapien in verschiedenen Therapielinien und Settings angesehen werden. Es kommt daher also zu einer zunehmenden Anzahl an Patienten, die mit Revlimid (vor)behandelt wurden und unter dieser Therapie oder danach einen Relaps erleiden.</p> <p><strong>K&ouml;nnten Sie bitte das Design der MAIA-Studie und deren wichtigste Ergebnisse umrei&szlig;en und Ihre Einsch&auml;tzung dazu abgeben?</strong></p> <p><em><strong>M. Krauth:</strong></em> Die MAIA-Studie ist eine randomisierte Phase-III-Studie, in der man die Kombination aus Daratumumab, Lenalidomid und Dexamethason mit Lenalidomid plus Dexamethason verglichen hat. Eingeschlossen waren mehr als 700 Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom, die nicht f&uuml;r eine Transplantation geeignet waren. Der prim&auml;re Endpunkt war das PFS, sekund&auml;re Endpunkte waren Gesamtansprechrate, die MRD und das Gesamt&uuml;berleben. Bei dieser Patientenpopulation hatte man in der FIRSTStudie schon gute Erfahrungen mit Lenalidomid plus Dexamethason gemacht: Die PFS-Daten dieser Kombination waren anderen Regimen &uuml;berlegen. Und von Daratumumab wissen wir aufgrund der ALCYONE-Studie, dass es bei nicht transplantationsf&auml;higen Patienten ebenfalls ausgezeichnete &Uuml;berlebensdaten bei niedriger Toxizit&auml;t in Kombination mit anderen Substanzen in der Erstlinientherapie erzielen kann. Interessant war nun, wie die Ergebnisse der Kombination beider Substanzen aussehen. Lenalidomid wurde in der Standarddosis von 25mg an den Tagen 1 bis 21 verabreicht. Daratumumab wurde ebenfalls in der Standarddosierung von 16mg/kg gegeben &ndash; in den Zyklen 1 und 2 w&ouml;chentlich, in den Zyklen 3 bis 6 alle zwei Wochen und ab dem 7. Zyklus einmal pro Monat bis zur Krankheitsprogression. Die Patienten der beiden Therapiearme entsprachen einander hinsichtlich des Alters, des Performance-Status und der Zytogenetik.<br /> Die PFS-Daten waren dann so beeindruckend, dass die MAIA-Studie in der Late-Breaking Abstracts Session vorgestellt wurde. F&uuml;r die Dreierkombination Daratumumab/ Lenalidomid/Dexamethason wurde das mediane PFS bei einem durchschnittlichen Follow- up von 28 Monaten nicht erreicht; bei Lenalidomid/ Dexamathason lag es bei knapp 32 Monaten (Abb. 1). Auch dieses Ergebnis ist zwar f&uuml;r sich genommen sehr gut, bei genauer Betrachtung der Grafik l&auml;&szlig;t sich aber erkennen, dass die beiden Kurven im Verlauf eher weit auseinander gehen. Dies spricht daf&uuml;r, dass das mediane PFS unter der Dreierkombination, also im Daratumumab-Arm, wahrscheinlich noch l&auml;nger nicht erreicht werden wird. Das Risiko f&uuml;r Progression oder Tod wurde bei nicht transplantationsf&auml;higen Patienten mit multiplem Myelom um rund 45 % verringert. &Auml;hnlich gut sehen auch die Ansprechraten aus. Au&szlig;erdem wurde mit der Dreierkombination ein tieferes Ansprechen im Sinne eines sehr guten teilweisen Ansprechens (VGPR) und vollst&auml;ndigen Ansprechens (CR) erreicht.<sup>1</sup> Damit haben wir auch f&uuml;r die &auml;lteren, nicht transplantationsf&auml;higen Patienten &auml;u&szlig;erst wirksame Therapieoptionen in der Erstlinien-Behandlung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1901_Weblinks_jatros_onko_1901_s35_abb1.jpg" alt="" width="450" height="356" /></p> <p><strong>Sie haben die OPTIMISMM-Studie erw&auml;hnt. Welches ist nach Ihrer Einsch&auml;tzung das wichtigste Ergebnis dieser Studie?</strong></p> <p><strong><em>M. Krauth:</em></strong> Die OPTIMISMM-Studie ist ebenfalls eine Phase-III-Studie; verglichen wurde die Kombination aus Pomalidomid, Bortezomib und Dexamethason mit Bortezomib/Dexamethason. Das Besondere an dieser Studie ist, dass alle Patienten bereits mit Lenalidomid vorbehandelt oder Lenalidomid-refrakt&auml;r waren. Die Patienten hatten im Durchschnitt bereits zwei vorangegangene Therapielinien erhalten; 70 Prozent von ihnen waren refrakt&auml;r auf Lenalidomid. Das ist genau die Patientenkohorte, die in der Praxis zunehmend eine Rolle spielt.<br /> Pomalidomid wurde in der Dosierung von 4mg pro Tag an den Tagen 1 bis 14 gegeben, Bortezomib in den ersten acht Zyklen in der Dosis von 1,3mg/m<sup>2</sup> an den Tagen 1, 4, 8 und 11, anschlie&szlig;end an den Tagen 1 und 8. Dexamethason wurde in einer Dosis von 20mg bzw. in einer reduzierten Dosis von 10mg am Tag und am Tag nach Bortezomib verabreicht. Behandelt wurde bis zur Krankheitsprogression. Die Patientencharakteristika einschlie&szlig;lich der Nierenfunktion in beiden Therapiearmen waren ausgeglichen. Auch hier zeigte die Dreierkombination einen eindeutigen &Uuml;berlebensvorteil: In der Intention-to-treat-Population lag das mediane PFS unter der Dreierkombination bei rund 11 Monaten versus 7 Monate. Dabei profitierten besonders Patienten, die nur eine vorangegangene Therapielinie hatten. Diese hatten PFS-Raten von knapp 21 versus 12 Prozent. Zu den Nebenwirkungen ist zu sagen, dass Grad-3- und -4-Nebenwirkungen unter der Dreierkombination etwas erh&ouml;ht waren, besonders Neutropenien und Infektionen.<sup>2</sup></p> <p><strong>Wie ordnen Sie das Poster von Daniel Lechner mit den Real-World-Daten zu Pomalidomid/Dexamethason bei Patienten mit relapsierten/refrakt&auml;ren multiplen Myelomen aus &Ouml;sterreich ein?</strong></p> <p><strong><em>M. Krauth:</em></strong> Sogenannte Real-World- Daten gewinnen in der t&auml;glichen klinischen Praxis zunehmend an Bedeutung, da es um Patienten geht, die nicht so stark selektiert sind wie in den gro&szlig;en Phase-III-Studien. Es ist wichtig, national und international Daten zu erheben, um zu sehen, ob die Resultate der klinischen Studien auch in nicht selektierten Patientenpopulationen reproduziert werden k&ouml;nnen. Damit besch&auml;ftigt sich Dr. Lechner und er hat versucht, die Daten der Zulassungsstudie MM-003 von Pomalidomid zu reproduzieren. Das ist gelungen: Die Ansprechraten waren gleich gut und sogar noch besser als in der klinischen Studie. So berichtete Dr. Lechner von Ansprechraten von rund 50 Prozent und von einem durchschnittlichen PFS von 11,8 Monaten. In der MM-003-Studie waren es nur 4 Monate gewesen. Eine Ursache daf&uuml;r ist m&ouml;glicherweise, dass die Patienten in der Zulassungsstudie Pomalidomid erst sehr sp&auml;t bekommen haben &ndash; nach etwa f&uuml;nf bis sechs vorangegangenen Therapielinien. In der Real-World-Studie war die durchschnittliche Zahl vorangegangener Therapielinien deutlich weniger, im Median 4 Vortherapien. Dabei war die Vertr&auml;glichkeit von Pomalidomid/ Dexamethason gut. Es mussten nur wenige Dosisreduktionen vorgenommen werden. Zum Therapieabbruch kam es in der Regel aufgrund einer Krankheitsprogression, aber nicht wegen Pomalidomidbedingten Nebenwirkungen. Die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen waren Neutropenien und Infektionen. Auch die Rate an Thromboembolien war etwas h&ouml;her bei Patienten die Pomalidomid erhielten. Die Mehrzahl der Patienten erhielt eine Thromboseprophylaxe, haupts&auml;chlich ASS. Es wurden keine Nebenwirkungen beobachtet, die nicht zuvor in den klinischen Studien aufgetreten waren. Die Sicherheit von Imnovid best&auml;tigte sich also auch in der &bdquo;realen Welt&ldquo;. Letztlich passen daher die von Dr. Lechner erhobenen Daten gut zu den Daten aus der Zulassungsstudie.</p> <p><strong>K&ouml;nnten Sie nun noch einmal zusammenfassen, was Sie aus den drei Studien f&uuml;r die klinische Praxis mitnehmen? Was ist die Quintessenz f&uuml;r das klinische Prozedere?</strong></p> <p><em><strong>M. Krauth:</strong></em> Wir m&uuml;ssen hier unterscheiden zwischen Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom und den bereits vorbehandelten Patienten, die unter anderem bereits refrakt&auml;r sind auf Revlimid. F&uuml;r mich ist besonders wichtig, dass Patienten, die nicht f&uuml;r eine Transplantation geeignet sind &ndash; also auch viele &auml;ltere Patienten &ndash;, trotzdem von Anfang an mit einer sehr effektiven Therapie behandelt werden k&ouml;nnen. Und das nicht nur mit Zweier-, sondern auch mit Dreierkombinationen bei guter Vertr&auml;glichkeit und einem g&uuml;nstigen Nebenwirkungsprofil. Daher wird die Dreierkombination m&ouml;glicherweise der neue Therapiestandard f&uuml;r diese Patienten werden.<br /> Was die beiden anderen Studien angeht, ist es wichtig mitzunehmen, dass die Gruppe der Patienten, die auf Lenalidomid refrakt&auml;r sind, zunehmen wird. Dies ist im klinischen Alltag ein Problem. Dank der OPTIMISMM- und der Real- World-Studie von Dr. Lechner haben wir nun gute Daten, dass Pomalidomid bei diesen Patienten sehr gut wirkt &ndash; und zwar in der Zweierkombination mit Dexamethason wie auch in der Dreierkombination mit Bortezomib/Dexamethason bzw. einer anderen Substanz. Und schlie&szlig;lich sollte man festhalten, dass die Ergebnisse der Phase-III-Studien mit Pomalidomid auch in die reale Welt &uuml;bertragen werden k&ouml;nnen, wie Dr. Lechner gezeigt hat.</p> <p><strong><em>Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</em></strong></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Facon T et al.: Blood 2018; 132(suppl): LBA-2 <strong>2</strong> Dimopoulos MA et al.: Blood 2018; 132(suppl): 3278 <strong>3</strong> Lechner D et al.: Blood 2018; 132(suppl): 2018</p> </div> </p>
Back to top