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MPN-Highlights vom EHA-Kongress 2019

<p class="article-intro">Nach langjähriger Dominanz von Studien mit BCR/ABL- und JAK2-Inhibitoren bei den wissenschaftlichen Beiträgen, die am EHA-Kongress im Bereich der myeloproliferativen Neoplasmen (MPN) präsentiert wurden, rückt der Fokus allmählich auf neue Therapiekonzepte, die verbleibende Schwachstellen der bisherigen Therapiekonzepte noch besser abdecken sollen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>BCR-ABL-negative myeloproliferative Neoplasmen</h2> <p>BET-Proteine sind Transkriptionsregulatoren, die auf unterschiedliche onkogene Pfade wie NF-&kappa;B, MYC und BCL2 einwirken und mit TGF-&beta; einen wichtigen Treiber der Knochenmarkfibrose (KMFibrose) beeinflussen. Pr&auml;klinische Studien haben gezeigt, dass BET-Inhibitoren und Ruxolitinib zu einer synergistischen Verbesserung von Splenomegalie, KMFibrose und Allel-Burden der Treibermutation f&uuml;hren. CPI-0610 ist ein selektiver und potenter BET-Inhibitor, der die Differenzierung von Megakaryozyten hemmt und gegenw&auml;rtig bei Myelofibrose (MF) alleine und in Kombination mit Ruxolitinib in einer dreiarmigen klinischen Studie untersucht wird. Ronald Hoffmann pr&auml;sentierte die Ergebnisse einer Phase-IIStudie, in der CPI-0610 alleine oder als Add-on zur Ruxolitinib-Therapie bei Patienten mit MF untersucht wurde.<sup>1</sup> Die prim&auml;ren Endpunkte dieser Studie waren die Rate von Transfusionsunabh&auml;ngigkeit, das Milzansprechen, Patienten-berichtete Outcomes sowie Sicherheit und Pharmakokinetik. Zus&auml;tzliche Endpunkte inkludierten Ver&auml;nderungen in den Serumspiegeln proinflammatorischer Zytokine, in der KM-Fibrose und im Mutationsprofil. CPI-0610 zeigte alleine und in Kombination mit Ruxolitinib eine vielversprechende klinische Aktivit&auml;t bei guter Vertr&auml;glichkeit. Die Messung der Zytokinspiegel zeigte eine dauerhafte Reduktion proinflammatorischer Zytokine auf Werte, die bei gesunden Kontrollpersonen gemessen werden k&ouml;nnen (Abb. 1).<br />PRM-151, ein rekombinantes humanes Pentraxin-2-Molek&uuml;l, verhindert und verringert die KM-Fibrose im MF-Tiermodell, indem es die Differenzierung von Fibrozyten aus Monozyten beeinflusst. In der ersten Stufe einer zweistufigen Studie bei Patienten mit prim&auml;rer MF und Post-ET/ PV-MF zeigten sich ein R&uuml;ckgang der KMFibrose sowie eine Reduktion von Transfusionsbedarf, Symptomen und Splenomegalie. In einem Beitrag beim EHA-Kongress 2019 wurden nun Wirksamkeit und Sicherheitsdaten einer doppelblinden Evaluierung der RPM-151-Therapie von Srdan Verstovsek pr&auml;sentiert.<sup>2</sup> Eingeschlossen in diese Studie wurden MF-Patienten mit intermedi&auml;rem 2 oder hohem Risiko, Grad-3-Fibrose, Transfusionsbed&uuml;rftigkeit und Thrombopenie &lt; 50 000. Es erfolgte eine Randomisierung in 3 Dosisstufen mit 0,3 mg/kg, 3 mg/kg und 10 mg/kg. Ein R&uuml;ckgang der KM-Fibrose wurde in s&auml;mtlichen Dosierungsstufen beobachtet. Eine Verbesserung der Lebensqualit&auml;t und eine Verminderung der Milzgr&ouml;&szlig;e wurden bei einem Teil der Studienpatienten gesehen.<br />Bei Patienten mit MF ist die An&auml;mie ein h&auml;ufiges und klinisch relevantes Problem. Ruxolitinib f&uuml;hrt bei diesen Patienten in der Regel zu keiner Verbesserung der An&auml;mie, oft kommt es initial sogar zu einem weiteren Abfall des H&auml;moglobins. Bei Patienten mit MDS hat sich die Bindung von Liganden der TGF-&beta;-Familie mit konsekutiver Verminderung des abnormen Smad2/4-Signalling als wirksames therapeutisches Prinzip erwiesen, mit dem die krankheitsassoziierte An&auml;mie verbessert werden kann. Sotatercept ist eine Substanz, die Liganden des Activin-Rezeptors IIa sequestriert und damit die terminale Erythropoese stimuliert. Prithviraj Bose pr&auml;sentierte eine monozentrische, Pr&uuml;fer-initiierte offene Phase-II-Studie, in der die Wirksamkeit und Sicherheit dieses Medikaments bei an&auml;mischen MF-Patienten alleine und in Kombination mit Ruxolitinib untersucht wurden.3 Etwa ein Drittel (7/20, 35 %) der Patienten, die Sotatercept alleine erhielten, zeigte ein Ansprechen, ebenso etwa ein Viertel (3/13, 23 %) der Patienten, die mit Sotatercept in Kombination mit Ruxolitinib behandelt wurden. Die Vertr&auml;glichkeit des Medikaments erwies sich als gut, die meisten Nebenwirkungen waren Grad 1&ndash;2, eine Grad- 3-Hypertonie wurde bei 6 Patienten (15 %) beobachtet und Grad-3-Myalgien traten bei 2 Patienten (5 %) auf.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1905_Weblinks_j_onko_1905_s14_abb1_geissler.png" alt="" width="820" height="416" /></p> <h2>Chronische myeloische Leuk&auml;mie</h2> <p>Trotz des Erfolges der Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) bei der Behandlung der CML brechen bis zu 35 % der Patienten aufgrund von Intoleranz oder Resistenzentwicklung ihre Therapie ab. F&uuml;r solche Patienten besteht also ein weiterer Optimierungsbedarf bei der CML-Therapie. Asciminib (fr&uuml;her ABL001) ist ein potenter Inhibitor von ABL1, der BCRABL1 in seiner inaktiven Konformation arretiert. Asciminib besetzt dabei die Myristat-bindende Tasche von ABL und bewirkt dadurch eine allosterische Hemmung der Tyrosinkinase. Diese f&uuml;hrt zum Abbruch der von ihr ausgel&ouml;sten Signalkaskade mit konsekutiver Apoptose der Tumorzellen und Regression des Tumors. Asciminib wurde auf der Suche nach BCR-ABL-Inhibitoren entwickelt, die auch bei verschiedenen Punktmutationen von <em>BCR-ABL</em> wirksam sind und ein g&uuml;nstigeres Nebenwirkungsspektrum als Imatinib haben. In einer pr&auml;klinischen Studie wurden die Effekte von Asciminib alleine oder in Kombination mit ATP-kompetitiven TKIs bei Zelllinien und prim&auml;ren CD34<sup>+</sup>-CML-Progenitorzellen untersucht.<br /> In zwei klinischen Studien wurde die Wirksamkeit von Asciminib in Kombination mit einem schon bisher f&uuml;r die Therapie der CML eingesetzten TKI untersucht. Jorge Cortes pr&auml;sentierte die Ergebnisse einer Studie, in der CML-Patienten Asciminib in Kombination mit Imatinib erhielten.<sup>4</sup> Es wurden CML-Patienten in chronischer oder akzelerierter Phase eingeschlossen, die Intoleranz oder Resistenz gegen&uuml;ber mindestens 2 TKI-Vortherapien zeigten, wobei Patienten mit Intoleranz gegen&uuml;ber Imatinib ausgeschlossen wurden. Die Patienten erhielten kontinuierliche 28-Tage-Zyklen mit Asciminib in einer von 4 Dosierungen (40, 60, 80, 2 x 40 mg) in Kombination mit Imatinib in einer Dosierung von 400 mg/Tag. 25 Patienten wurden bisher eingeschlossen. Basierend auf den Ergebnissen von Wirksamkeit, Sicherheit und Pharmakokinetik wurden die beiden Asciminib- Dosierungen von 40 und 60 mg/Tag f&uuml;r die laufende Phase-II-Studie gew&auml;hlt. 9/15 (60 %) der Patienten ohne molekulares Ansprechen zu Studienbeginn erreichten BCR-ABL &lt; 1 % nach 48 Wochen. Insgesamt zeigte die Kombination von Asciminib und Imatinib eine vielversprechende Wirksamkeit und ein gutes Sicherheitsprofil bei diesem Patientenkollektiv. In einem weiteren Abstract pr&auml;sentierte Michael J. Mauro die Ergebnisse einer Phase-I-Studie, in der CML-Patienten Asciminib in Kombination mit Nilotinib oder Dasatinib erhielten.<sup>5</sup> Wieder wurden CML-Patienten in chronischer oder akzelerierter Phase eingeschlossen, die Intoleranz oder Resistenz gegen&uuml;ber mindestens 2 TKI-Vortherapien gezeigt hatten. In der Kombination Asciminib + Nilotinib erhielten die Patienten 20 oder 40 mg Asciminib gemeinsam mit Nilotinib 300 mg 2 x t&auml;glich, in der Kombination Asciminib + Dasatinib Asciminib 40 oder 80 mg gemeinsam mit Dasatinib 100 mg einmal t&auml;glich. 6/14 (43 %) Patienten in der Asciminib+Nilotinib-Kohorte bzw. 5/9 (56 %) Patienten in der Asciminib+Dasatinib- Kohorte ohne molekulares Ansprechen zu Studienbeginn erreichten BCRABL &lt; 1 % nach 48 Wochen. Auch diese beiden Kombinationen zeigten eine vielversprechende Wirksamkeit und ein gutes Sicherheitsprofil bei diesem schwer vorbehandelten Patientenkollektiv, sodass weitere Studien mit diesen beiden Kombinationen geplant sind.</p> <h2>Sonstige myeloproliferative Neoplasmen</h2> <p>Bei den sonstigen myeloproliferativen Neoplasmen ist eine Studie hervorzuheben, in der von Deepti Radia die Ergebnisse von Avapritinib bei Patienten mit fortgeschrittener systemischer Mastozytose vorgestellt wurden (Abb. 2).<sup>6</sup> Bei Avapritinib handelt es sich um einen potenten selektiven TKI, der schon im subnanomolaren Bereich Aktivit&auml;t gegen KIT<sup>D816</sup> zeigt. Erwachsene Patienten mit fortgeschrittener Mastozytose erhielten Avapritinib in einer Dosis von 30 mg bis 400 mg t&auml;glich, wobei die Dosierungen von 200 mg und 300 mg t&auml;glich f&uuml;r die Erweiterungskohorten festgelegt wurden. Bisher wurden 67 Patienten eingeschlossen (23 ASM, 30 SM-AHN, 7 MCL, 7 indolente SM/smoldering SM). Eine <em>KIT<sup>D816V</sup></em>-Mutation war bei 84 % der Patienten nachweisbar, 60 % der Patienten waren vorbehandelt, einschlie&szlig;lich 23 % mit Midostaurin vorbehandelte Patienten. Ein R&uuml;ckgang von krankheitsassoziierten Parametern &ge; 50 % wurde f&uuml;r Mastzellinfiltration des KM bei 93 % der Patienten, f&uuml;r Serumtryptase bei 100 % der Patienten und f&uuml;r <em>KITD<sup>816V</sup></em>-Allel-Burden bei 81 % der Patienten beobachtet. Die ORR bei 29 f&uuml;r mIWG-MRT-ECNM (&bdquo;modified International Working Group Myeloproliferative Neoplasms Research and Treatment and European Competence Network on Mastocytosis criteria&ldquo;) evaluierbaren Patienten betrug 83 %. Zusammenfassend zeigte also Avapritinib eine hohe Aktivit&auml;t mit dauerhaftem Ansprechen bei fortgeschrittener Mastozytose, einschlie&szlig;lich der Patienten mit Mastzellleuk&auml;mie, Midostaurinvorbehandlung und Hochrisiko-Mutationsprofil.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1905_Weblinks_j_onko_1905_s15_abb2_geissler.png" alt="" width="740" height="660" /></p> <h2>Fazit</h2> <ul> <li>Neue Therapiekonzepte wie die Substanzen CPI-0610, ein selektiver und potenter BET-Inhibitor, der die Differenzierung von Megakaryozyten hemmt, und PRM-151, ein rekombinantes humanes Pentraxin-2 Molek&uuml;l, das die Differenzierung von Fibrozyten aus Monozyten beeinflusst, zeigen eine vielversprechende Wirkung bei Patienten mit MF.</li> <li>Asciminib (fr&uuml;her ABL001), ein potenter Inhibitor von ABL1, der BCR-ABL1 in seiner inaktiven Konformation arretiert, zeigt in Kombination mit herk&ouml;mmlichen TKIs eine gute Wirksamkeit bei CMLPatienten, die intolerant oder resistent gegen&uuml;ber mindestens 2 TKI-Vortherapien waren.</li> <li>Mit Avapritinib steht erstmals ein potenter selektiver TKI zur Verf&uuml;gung, der schon im subnanomolaren Bereich Aktivit&auml;t gegen <em>KIT<sup>D816</sup></em> bei Patienten mit systemischer Mastozytose zeigt.</li> </ul></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hoffman R et al.: EHA 2019, Abstr. #S831 <strong>2</strong> Verstovsek S et al.: EHA 2019, Abstr. #S828<strong> 3</strong> Bose P et al.: EHA 2019, Abstr. #S829 <strong>4</strong> Cortes J et al.: EHA 2019, Abstr,#S883 <strong>5</strong> Mauro MJ et al.: EHA 2019, Abstr. #884 <strong>6</strong> Radia D et al.: EHA 2019; Abstr. #S830</p> </div> </p>
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