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MicroRNAs – Biomarker und therapeutische Targets
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Michael Micksche
Ehem. Leiter des Instituts für Krebsforschung, MedUni Wien<br> E-Mail: michael.micksche@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
31.05.2018
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<p class="article-intro">MicroRNAs (miRNAs) spielen eine wichtige Rolle in der humanen Kanzerogenese, da sie die Expression von Onkogenen und auch Tumorsupressorgenen beeinflussen. Sie sind in Krebszellen, im Vergleich zu den entsprechenden normalen Ursprungszellen, häufig dysreguliert. Diese kleinen Moleküle sind als Target bei Krebs und anderen Erkrankungen für eine klinische Prüfung von großem Interesse.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>miRNAs – von Lee 1993 entdeckt – sind sehr kurze Nukleinsäurestücke, die jeweils nur aus 19–24 Einzelbausteinen bestehen und zu den „nicht kodierenden“ RNAs gehören. Beim Menschen sind mittlerweile mehr als 1500 miRNAs bekannt. miRNAs haben enorme regulatorische Fähigkeiten, so etwa bei der RNA-Interferenz (RNAi), einem molekularbiologischen Verfahren, um die Aktivität eines bestimmten Gens zu blockieren. Dieses RNA-„silencing“ ist ein natürlicher Mechanismus in der Genregulation bei Tier und Mensch, der zum Abschalten von Genen in Zellen führt.<br /> miRNAs können die Menge vieler unterschiedlicher Zellproteine steuern und so wichtige Regelkreise bzw. Zellfunktionen beeinträchtigen/hemmen. Diese Kontrolle kann sowohl Zellteilung und Zelltod (Apoptose) alter oder geschädigter Zellen als auch Wachstum, Reifung und Differenzierung von Zellen betreffen. Wobei mehrere dieser essenziellen Funktionen bei Krebserkrankungen dysreguliert sind. Es ist dokumentiert, dass miRNAs bei Krebs sowohl eine Hemm- als auch eine Promotorwirkung haben können, da sie die Funktion von Onkogenen/ Suppressorgenen steigern bzw. unterdrücken. Diese kleinen Moleküle haben auch Einfluss auf die Proliferation, die Migration, die epitheliale mesenchymale Transition (EMT) und auch auf die Zellinvasion und die Metastasierung von Krebszellen. Zusätzlich sind miRNAs an der Kommunikation der Tumorzellen mit dem Tumorumfeld – dem Microenvironment – beteiligt, wobei besonders ein Einfluss auf die Neoangiogenese bzw. die Rekrutierung und Funktion von Immunzellen dokumentiert ist<br /> Auf der Basis dieser vielfältigen Einflussbereiche erscheinen diese miRNAs auch von wesentlicher Bedeutung für die Wirksamkeit von Krebstherapien im Sinne einer Sensibilisierung bzw. einer Resistenz. Auch gibt es Hinweise für einen Einfluss von miRNAs auf Pharmakodynamik und Pharmakokinetik von Krebstherapeutika.<br /> Die Entdeckung, dass einige miRNAs aus den Krebszellen „herausgeschleust“ oder „sezerniert“ und dann im Blut frei zirkulierend detektiert werden, ist von großem klinischem Interesse. Wie lange diese miRNAs im Blut nachweisbar sind und unter welchen Umständen miRNAs ausgeschleust werden, ist noch nicht geklärt. Es ist vorstellbar, dass verschiedene Krebserkrankungen und auch -stadien unterschiedliche Muster von miRNAs im Blut haben. miRNA aus Gewebe oder von „liquid biopsies“ aus Blut und Körperflüssigkeiten werden derzeit als wertvolle Biomarker für die Früherkennung, Diagnose, Progression und Prognostik untersucht.<br /> Der Einsatz von nicht kodierender RNA als Therapeutikum ist ein vielversprechender Weg für eine neue Behandlungsstrategie auf molekularer Basis für ein breites Spektrum von genetischen, infektiösen (viralen) und auch malignen Erkrankungen. Durch die Applikation an speziellen Lokalisationen kann die Expression von bestimmten Proteinen kontrolliert und damit auch das Auftreten von unerwünschten systemischen Nebenwirkungen reduziert werden. Eine der größten Herausforderungen sind derzeit die Applikationssysteme für miRNAs, d.h. technische Probleme. Virale Vektoren, Lipidsysteme (pegylierte Liposomen), Nano-Carrier und vieles mehr sind in Prüfung, um die optimale „delivery“ und Wirksamkeit von miRNA zu gewährleisten.<br /> miRNAs könnten auf der Basis der Rolle, die sie in der Krebsbiologie im Sinne von „hallmarks of cancer“ – als „driving forces“ bzw. Modulatoren der Krebsbiologie –spielen, als Target identifiziert werden und damit potenzielle Kandidaten für eine klinische Prüfung sein.</p></p>
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