
Das operative Management beim Endometriumkarzinom
Autorinnen:
Dr. med. Fabienne Schwab
Kaderärztin gynäkologische Onkologie und Senologie
Frauenklinik, Universitätsspital Basel
E-Mail: Fabienne.Schwab@usb.ch
PD Dr. med. Céline Montavon Sartorius
Leitende Ärztin Gynäkologische Onkologie
Leiterin Gynäkologisches Tumorzentrum
Frauenklinik, Universitätsspital Basel
E-Mail: Celine.Montavon@usb.ch
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Das Endometriumkarzinom (EC) ist das sechsthäufigste Karzinom derFrau. 2020 wurde weltweit bei 417000 Frauen diese Diagnose gestellt.1 Durch die Einteilung des EC in molekulare Subgruppen kann eine risikoadaptierte Therapie angestrebt und je nach Subgruppe deeskaliert oder eskaliert werden.
Keypoints
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Das Endometriumkarzinom wird nach molekularen Eigenschaften in vier Kategorien eingestuft: POLE-Mutation, MSI/MMRd, NSMP und P53-Mutation.
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Die molekulare Klassifikation wird für die Risikostratifizierung berücksichtigt und beeinflusst somit zunehmend die adjuvante Therapie, jedoch kaum das operative Management.
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Die minimalinvasive Hysterektomie mit Adnexektomie beidseits ist der Goldstandard im Frühstadium, zusätzlich sollte eine SLN-Dissektion aller Patientinnen als Staging-Verfahren angeboten werden.
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Der Lymphknotenstatus ist nach wie vor ein wichtiger prognostischer Faktor, der therapeutische Wert der Lymphknotenentfernung konnte bisher jedoch nicht belegt werden.
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Beim SLN-Mapping sollte Indocyaningrün bevorzugt benutzt und gemäss SLN-Protokoll angewendet werden.
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Beim fortgeschrittenen primär nicht komplett resezierbaren EC ist eine neoadjuvante platinhaltige Chemotherapie mit anschliessender zytoreduktiver Chirurgie zu erwägen.
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Prospektive Studien über eine molekular basierte individualisierte operative Therapie sind noch ausstehend.
In der westlichen Welt ist das Endometriumkarzinom (EC) der häufigste gynäkologische Tumor. Die Inzidenz dieser Erkrankung ist steigend. Das Risiko, an EC zu erkranken, steigt mit dem Alter und dem Body-Mass-Index (BMI).2 In der Schweiz sind es jährlich 950 Frauen, die an EC erkranken, und 210 Frauen, die daran versterben. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt in der Schweiz bei 80%.3
Die Einteilung des EC in histologische Subtypen (Typ I und Typ II) aufgrund klinisch-pathologischer Kriterien ist heutzutage ungenügend. Durch die Einführung und Bestimmung molekularer Eigenschaften des EC, auch bereits am Kürettagematerial, kommt der molekularen Biologie des EC eine grosse Bedeutung zu. Bei der histologischen Aufarbeitung sollten mittels Immunhistochemie die MMR-Proteine sowie das p53 und mittels DNA-Sequenzierung die POLE-Mutation bestimmt werden. Basierend auf den TCGA-Arbeiten4 wird das EC molekularbiologisch in vier Gruppen eingeteilt: POLEmut, MMRd, NSMP und p53mut (Abb. 1).
Diese Einteilung ist bedeutungsvoll, da sich die Gruppen prognostisch teilweise stark voneinander unterscheiden. POLE-mutierte EC weisen eine sehr gute Prognose auf und rezidivieren kaum. Dem gegenüber steht das p53-mutierte EC, welches ein aggressives Verhalten zeigt und sich wie das «high grade» seröse Karzinom der Ovarien oder Tuben verhält. Die Einteilung der EC anhand der molekularen Klassifikation in Risikokategorien ist deshalb sinnvoll und beeinflusst wiederum die Intensität der adjuvanten Therapie (Abb. 2).
Abb. 2: Kaplan-Meier-Plot für A: rezidivfreies Überleben (RFS) über fünf Jahre von Patientinnen mit p53-mutiertem Endometriumkarzinom (EC, 48%), Polymerase-mutiertem EC (98%), MMRd- (71,7%) oder NSMP-EC (74,4%), B: Gesamtüberleben (OS) von Patientinnen mit p53-mutiertem EC (54%), Polymerase-mutiertem EC (98%), MMRd- (81,3%) oder NSMP-EC (88,5%). Modifiziert nach León-Castillo A et al.5
In den 2021 aktualisierten ESGO-ESTRO-ESP-Guidelines zur Behandlung des EC wurden die EC einerseits in Abhängigkeit von den klassischen morphologischen Merkmalen eingeteilt, andererseits mittels molekularen Profils in Risikokategorien stratifiziert. Dabei wurden bekannte prognostische Faktoren wie Stadium, Grad, histologischer Subtyp und LVSI («lymph vascular space invasion») sowie die molekularen Marker berücksichtigt.6 Diese Risikostratifizierung ist ein wesentlicher Bestandteil der Festlegung therapeutischer Strategien beim EC (Tab. 1).
Die prädiktiven Aussagen dieser Faktoren sind jedoch noch unklar. Weitere prospektive randomisierte Studien sollten das genaue Vorgehen bezüglich Eskalation oder Deeskalation der therapeutischen Massnahmen belegen, um eine evidenzbasierte risikoadaptierte Therapie zu fördern und unnötige operative Radikalität sowie Radiotherapie oder Chemotherapie zu verhindern. POLE-mutierte EC werden vermutlich keine adjuvante Therapie benötigen, mikrosatelliteninstabile EC (MSI) mögen eine Immuntherapie vorab erhalten, NSMP-EC («no specific molecular profile») eine endokrine Therapie und p53-mutierte EC eine Chemotherapie. Studien wie PORTEC-4a7 werden uns eine weitere Aufschlüsselung geben.
Auch die Rolle der Radiotherapie sollte in weiteren Studien redefiniert werden. Unter diesem Blickwinkel dürfte das operative Management in Abhängigkeit von den molekularbiologischen Faktoren ebenfalls überdacht werden. Hier sind die Daten jedoch noch spärlicher. Die Radikalität des operativen Vorgehens richtet sich nach wie vor nach den präoperativ vorliegenden prognostischen Faktoren und der Risikostratifizierung.
Operatives Vorgehen
Standard der operativen Therapie des frühen EC sind die Hysterektomie und die bilaterale Adnexektomie, wenn möglich minimalinvasiv.
Die Ausdehnung bzw. die Radikalität der Operation hängt vom Tumorstadium und vom histologischen Subtyp ab. Bei Stadium FIGO I (auf den Uterus begrenzt) bis FIGO II (Infiltration von Zervixstroma) ohne klinischen Verdacht einer Infiltration der Parametrien ist eine einfache Hysterektomie indiziert. Eine radikale Hysterektomie bei Befall des Zervixstromas erhöht die Komplikationsrate, ohne das Outcome der Patientin zu verbessern.8,9 Bei parametraner Infiltration (FIGO IIIB) sollte eine Resektion im Gesunden erzielt und die Radikalität entsprechend angepasst werden.6,10 Die Indikation zur Omentektomie wird bei aggressiver Histologie (serös, undifferenziert und Karzinosarkom) gestellt.11 Die NCCN-Guidelines empfehlen auch bei klarzelligen Karzinomen dieses Verfahren, wohingegen die europäischen Guidelines bei geringer Rate an omentalen Metastasen darauf verzichten.
Bei prämenopausalen Frauen <45 Jahren mit Vorliegen eines niedriggradigen endometrioiden Endometriumkarzinoms mit myometrialer Invasion <50% und ohne offensichtliche ovarielle oder andere extrauterine Erkrankung kann die Erhaltung der Eierstöcke in Betracht gezogen werden, falls keine hereditäre Disposition für Ovarialkarzinom (BRCA, Lynch-Syndrom etc.) vorliegt.6,12,13Die Patientin sollte jedoch über das Risiko des Vorliegens ovarieller Metastasen und eines synchronen Endometrium- und Ovarialkarzinoms aufgeklärt sein. Die bilaterale Salpingektomie wird empfohlen, um das Ovarialkarzinomrisiko zu verringern.14,15 Mit dem Erhalt der Eierstöcke können so bei ausgewählten jungen Patientinnen die unerwünschten Folgen einer chirurgischen Menopause vermieden werden.
Die Peritonealzytologie wird beim FIGO-Staging oder bei der Risikostratifizierung nicht berücksichtigt. Eine positive Peritonealzytologie korreliert jedoch mit schlechten prognostischen Faktoren und schlechteren Überlebensraten.16–18 Zur Zeit ist unklar, ob eine positive Peritonealzytologie die weiteren Therapieentscheidungen beeinflussen sollte.
Jedoch sollten jegliche Zellverschleppung im Abdomen sowie auch jede intraperitoneale Kontamination vermieden werden. Bei grossem Uterus und unmöglicher Bergung in toto sollte eine Bergung über eine Minilaparotomie in Betracht gezogen werden.
Laparoskopie versus Laparotomie
Nach der Publikation der LACC-Studie 2018, die ein schlechteres Überleben bei Patientinnen mit Zervixkarzinom nach laparoskopischer Operation zeigte, wurde die onkologische Sicherheit der Laparoskopie beim EC ebenfalls stark hinterfragt.
Zwei randomisierte kontrollierte Studien (RCT), GOG-LAP219 und der LACE-Trial,20 in denen minimalinvasive mit offenen Eingriffen beim frühen EC verglichen wurden, zeigten ein vergleichbares Risiko für Rezidiv und Überleben mit schnellerer Genesung bei der Laparoskopie.Obwohl ein schlechteres Outcome bei aggressiveren Subtypen (seröses EC oder Karzinosarkome im Vergleich zu G3-endometrioiden EC) gezeigt wurde, sind diese Ergebnisse unabhängig vom operativen Verfahren.21 Zudem zeigten Galaal K et al. in einer aktualisierten Review der Cochrane Library22 (9 RCT mit 4389 Frauen in der Analyse) keine signifikanten Unterschiede im Gesamt- und progressionsfreien Überleben. Die Laparoskopie zeigte weniger operative Morbidität, kürzeren Krankenhausaufenthalt und weniger Blutverlust. Diese Ergebnisse unterstützen die Anwendung der Laparoskopie bei Frauen mit EC im Frühstadium (FIGO I–II). Die Laparoskopie hat sich deshalb auch als Standardverfahren etabliert. Hat sich der Tumor jedoch über den Uterus oder die Zervix hinaus ausgedehnt, wird empfohlen, auf eine minimalinvasive Methode zu verzichten.6
Die robotergestützte Chirurgie bietet ähnliche onkologische Ergebnisse wie die Laparoskopie. Sie zeigte keine Unterschiede in der Dauer der Operation, jedoch kürzere Hospitalisationszeiten, weniger Blutverlust, niedrigere Konversionsraten sowie insgesamt weniger Komplikationen.23,24
Ein wichtiger Aspekt in der Chirurgie des EC ist sicherlich, dass viele Patientinnen zunehmend adipös bis morbid adipös sind, was das Risiko für eine Konversion zu einer Laparotomie erhöht und mehr Morbidität hervorruft.19,25 Cusimano MC et al. konnten in einer Metaanalyse zeigen, dass die robotergestützte Hysterektomie bei Patientinnen mit morbider Adipositas die Zahl der Konversionen verringerte.26 Auch erschwert ein hoher BMI die Sentinelerkennung und zeigt eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für das «empty bag syndrome» (Lymphknotenentfernung, bei der keine Lymphknoten histologisch nachgewiesen werden).27 Das häufig verwendete Argument gegen eine robotergestützte Chirurgie sind die höheren Kosten,23 wobei wir zeigen konnten, dass ein interdisziplinäres Langzeit-Trainingsprotokoll innerhalb eines «festen» Teams die Effizienz des Verfahrens in Bezug auf Zeit und Kosten verbessert.28
Lymphknotenstaging
Zum Staging gehört das Erfassen der lokoregionären Ausdehnung der Erkrankung und somit auch die Lymphonodektomie (LND). Die LND gehört zum Standardverfahren des chirurgischen Managements des EC, jedoch konnte bisher dafür kein therapeutischer Wert belegt werden. Die zwei grössten randomisierten prospektiven Studien konnten durch die Lymphonodektomie keinen Überlebens-Benefit zeigen.29,30 In der Lymphonodektomie-Gruppe wurden 13% der Patientinnen nach der Operation auf FIGO IIIC hochgestuft. Somit führt die systematische pelvine LND zwar zu einem präziseren chirurgischen Staging, nicht aber zu einer Verlängerung des Überlebens. Die SEPAL-Studie nuancierte diese Aussage.31 Patientinnen mit aggressivem Tumor (hohes Risiko) profitieren von einer systematischen pelvinen und paraaortalen LND mit einer Verlängerung des Gesamtüberlebens; allerdings war diese Studie retrospektiv.
Die erschwerte Vergleichbarkeit der verschiedenen Studien sollte auch in Betracht gezogen werden. Die LND erfolgt öfters in unterschiedlicher Radikalität, teilweise nur pelvin, wenn paraaortal, dann bis zur Arteria mesenterica inferior versus bis zur Vena infrarenalis. Zudem wird manchmal nur ein Sampling von wenigen Lymphknoten durchgeführt. Mit zunehmender Kenntnis der biologischen Tumormerkmale kann sicher in Zukunft das operative Management auch gezielter und individueller angepasst werden. Leider gibt es zum heutigen Zeitpunkt noch keine eindeutigen Biomarker, auf denen eine Eskalation, Deeskalation oder sogar ein Verzicht auf eine operative Massnahme basieren könnte.
Das Sentinellymphknoten(SLN)-Verfahren, welches eine deutlich verringerte Morbidität (Lymphozelen, Lymphödem) im Vergleich zur LND zeigt, wird zunehmend eingesetzt und gilt mittlerweile als Standardverfahren beim EC. Noch umstritten ist dessen alleiniger Einsatz bei der Hochrisiko-Gruppe, wobei der kombinierte Einsatz von SLN-Dissektion und systematischer LND die Detektionsrate um 1% erhöht, ohne Unterschiede im krankheitsfreien (DFS) und Gesamtüberleben (OS).32
In Ergänzung dazu steht eine Multicenterstudie, in der zwischen 2006 und 2013 am Memorial Sloan Kettering Cancer Center das Lymphknotenstaging durch SLN-Entfernung durchgeführt wurde (n=118) und an der Mayo-Klinik zwischen 2004 und 2008 per systematischer LND (n=96).33 Auch wenn sich das Gesamtüberleben nicht signifikant unterschied, hatte die Gruppe mit nodalnegativer SLN-Dissektion ein schlechteres DFS als die nodalnegative Gruppe mit einer systematischen LND. Prospektive Langzeit-Überlebensdaten sind hier notwendig, um die operative Strategie zu klären.
Die ECLAT-Studie (AGO-OP.6) sollte uns hoffentlich diese Fragen beantworten können. Es handelt sich um eine randomisierte, zweiarmige, offene Phase-III-Studie zur Evaluation des Einflusses einer systematischen pelvinen und paraaortalen LND auf die Lebensqualität und das Überleben bei Patientinnen mit Endometriumkarzinom im Stadium I oder II mit hohem Rezidivrisiko.
Die Indikation für eine SLN-Dissektion ist abhängig vom Risikoprofil der Patientin. Die Leitlinien6,10 versuchen diese Nuancen mit sowohl «Kann»- als auch «Soll»-Empfehlungen zum Vorschein zu bringen. Grundsätzlich liegt der Erfolg der SLN-Dissektion im Algorithmus, welcher ein fester Bestandteil des Verfahrens sein sollte. Wenn die klare Darstellung des SLN eines Hemipelvis versagt, muss diese Seite systematisch durch LND untersucht werden. Abstand davon sollte bei niedrigem Risiko (keine/wenige myometrane Infiltration, «low grade», kein «bulky node») genommen werden, da in diesem Fall eine systematische LND eine Übertherapie darstellt.
Dennoch sollten die Daten von Praiss AM et al.34 ins Bewusstsein gerufen werden: Bei niedriggradigem endometrioidem EC und positivem LVSI werden in 11–16% der Fälle Lymphknotenmetastasen gefunden. LVSI ist ein wichtiger prognostischer Faktor, der erst postoperativ bekannt wird. Die Studie von Mueller JJ et al.35 mit der Analyse von 959 Patientinnen mit einem endometrioiden EC nach bilateralem Mapping zeigt uns zur weiteren Illustration die niedrige, aber nicht negative Rate an Lymphknotenbefall in der «low grade» Gruppe (G1–G2; Tab. 2).
Tab. 2: Inzidenz von Sentinellymphknotenmetastasen nach Grad und Tiefe der Myometriuminvasion bei endometrioidem Endometriumkarzinom (n=959). Modifiziert nach Mueller JJ et al.35
Technik der Sentinellymphonodektomie (SLND)
Seit der Publikation der ersten prospektiven multizentrischen Studie 2011, welche die Erkennungsrate und diagnostische Genauigkeit der SLN-Dissektion beim Endometriumkarzinom zeigte, hat sich die Technik massiv verbessert und etabliert.36
Beim SLN-Mapping wird Indocyaningrün, welches als Mittel der Wahl gilt, submukosal (1–3mm) und stromal (1–2cm) an zwei oder vier Stellen vor Beginn der Laparoskopie oder nach Platzierung der Optik- und Arbeitstrokare in die Zervix gespritzt und mittels Nahinfrarot-Kamera identifiziert. Bei initial fehlgeschlagenem SLN-Mapping kann eine Reinjektion von Indocyaningrün in die Zervix in Betracht gezogen werden. Die verschiedenen Lymphabflusswege (oberer und unterer) sollten dem Operateur vertraut sein, um die Detektionsrate zu optimieren (Abb.3).37,38
Durch Algorithmen, die eine vollständige pelvine Lymphonodektomie des jeweiligen Hemibeckens bei fehlender unilateraler Detektion vorsehen, konnte die Sensitivität auf 95% und der negative Vorhersagewert auf 99% erhöht und die Falsch-negativ-Rate auf 5% erniedrigt werden.39 Da die SLN-Technik operative Erfahrung voraussetzt, wird die erwähnte Erkennungsrate erst nach ca. 30 Fällen erreicht.
Die Frage der Sicherheit der SLN-Dissektion bei Patientinnen mit Hochrisiko-Endometriumkarzinom wurde in einer Reihe von Beobachtungs- und prospektiven Studien untersucht. Die Ergebnisse der SHREC-Studie (2019)37 ähneln den Ergebnissen der Hochrisiko-Untergruppe aus der FIRES-Studie (2017).40 In beiden wurde die falsch-negative Rate mit 2–3% rapportiert. Die histologische Aufarbeitung der Lymphknoten im Ultrastaging-Verfahren ermöglichte eine deutlich höhere Detektionsrate von Lymphknotenmetastasen, die sonst bei der Standardauswertung verpasst werden könnten. Dies führte zu einem Upstaging in 5% der Fälle.39
Das Vorhandensein sowohl von Makro- als auch von Mikrometastasen (<2mm, pN1[mi]) wird als metastatische Beteiligung angesehen. Die prognostische Bedeutung von ITC (isolierte Tumorzellen), pN0(i+), ist zurzeit noch ungewiss.
Ob eine systematische LND bei positiven Lymphknoten indiziert ist, wird kontrovers diskutiert. Die ESGO-ESTRO-ESP-Guidelines empfehlen, bei intraoperativem Befall der pelvinen Lymphknoten auf eine weitere pelvine LND zu verzichten. Allerdings wird auch empfohlen, die Entfernung vergrösserter Lymphknoten und ein paraaortales Staging in Betracht zu ziehen. Dem Lymphknotenstaging wird kein therapeutischer Wert zugeschrieben, sondern die Information für adjuvante Behandlungsentscheidungen.29,30
Maximale Zytoreduktion
Beim Endometriumkarzinom in den Stadien III und IV (einschliesslich Karzinosarkom) und in Abwesenheit von Fernmetastasen sollte eine maximale Zytoreduktion in Betracht gezogen werden. Sie zeigt auch beim Ausbleiben einer groben Resterkrankung bei einer sehr ausgewählten Gruppe von Patientinnen eine bessere Überlebensrate.41
Vergrösserte Lymphknoten sollten reseziert werden, eine systematische Lymphonodektomie wird jedoch nicht empfohlen.6 Solch ausgedehnte zytoreduktive Operationen sollten einem spezialisierten Zentrum zugewiesen werden, da das Endergebnis und die Durchführbarkeit stark von der chirurgischen Expertise abhängen.
Beim fortgeschrittenen, primär nicht komplett resezierbaren EC ist eine neoadjuvante platinhaltige Chemotherapie mit anschliessender zytoreduktiver Chirurgie zu erwägen. Die therapeutische Strategie ähnelt dann der des Ovarialkarzinoms.
Literatur:
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