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Mammakarzinom
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Edgar Petru
Klinische Abteilung für Gynäkologie<br> Universitätsklinik für Frauenheilkunde<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: edgar.petru@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
15.09.2016
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<p class="article-intro">Im folgenden Beitrag sind einige praxisrelevante Aspekte von Studien rund um die Thematik des Mammakarzinoms, wie ACOSOG Z0011 oder PHEREXA, die beim ASCO-Meeting 2016 präsentiert wurden, zusammengefasst.</p>
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<p class="article-content"><h2>ACOSOG Z0011</h2> <p>Giuliano et al präsentierten die 10-Jahres-Resultate dieser randomisierten Studie zu axillärer Lymphadenektomie versus keine Lymphadenektomie bei Patientinnen mit Mammakarzinom im klinischen Stadium I und II und einem positiven Sentinellymphknoten. Patientinnen mit klinisch negativer Axilla, brusterhaltender Therapie, geplanter adjuvanter Radio- und Chemotherapie sowie 1–2 positiven Sentinellymphknoten bei der Hämatoxylin-Eosin-Färbung wurden randomisiert. Die erste Auswertung ergab keinen Unterschied hinsichtlich der Rezidivraten und des Überlebens zwischen jenen Patientinnen, die eine axilläre Lymphadenektomie erhielten, gegenüber jenen ohne eine solche Therapie (nur Sentinellymphknotenbiopsie, SLNB). 446 Patienten erhielten eine SLNB allein und 445 eine SLNB plus axilläre Lymphadenektomie (ALND). Die Charakteristika der Patientinnen waren vergleichbar. Bei Patienten der SNLB-Gruppe wurden im Median 2, in der Gruppe mit ALND 17 Lymphknoten aus der Axilla entfernt. 18 % der ALND-Gruppe und 5 % der SLNB-Gruppe wiesen ≥3 positive Lymphknoten auf (p<0,001). 83 % der Karzinome waren hormonrezeptorpositiv, bei 35–41 % wurde eine Lymphgefäßinvasion diagnostiziert, 28–29 % waren schlecht differenziert, die Primärtumoren waren 1,6 bis 1,7cm groß. 96 % der Patientinnen erhielten eine Chemo- oder Hormontherapie (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite118.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Konsequenzen für den klinischen Alltag:</strong> In selektiven Krankheitsfällen stellt die SLNB allein bei klinisch negativer Axilla und 1–2 histologisch positiven Sentinellymphknoten bei Anwendung adjuvanter Radiotherapie und Chemotherapie eine sichere Therapieoption dar.</p> <h2>Randomisierte Studie zur Resektion des Primärtumors</h2> <p>Soran und Kollegen präsentierten eine randomisierte Phase-III-Studie aus der Türkei.<sup>2</sup> Die 3-Jahres-Analyse hatte keine signifikanten Unterschiede ergeben. 274 Patientinnen wurden randomisiert. Einschlusskriterien für die Randomisierung waren u.a. ein resezierbarer Primärtumor und die Eignung für Systemtherapie. Alter, BMI, HER2/neu-Status, histologischer Tumortyp, Größe, Grading und das Verhältnis zwischen Knochen- und Viszeralmetastasen waren in beiden Gruppen vergleichbar (p>0,05). Tumoren im cT4-Stadium waren im Systemtherapiearm häufiger, ebenso tripelnegative Tumoren. In der Mehrzahl der Fälle waren Knochenmetastasen vorhanden. Die Resektion des Primärtumors führte zu keiner Erhöhung der 30-Tages-Mortalitäts-Rate. Das mediane Überleben war in der Gruppe mit Resektion des Primärtumors signifikant länger als in jener mit primärer Systemtherapie (46 vs. 37 Monate).<br /> <br /> <strong>Konsequenzen für den klinischen Alltag:</strong> Bei selektierten Patientinnen mit primär metastasiertem Mammakarzinom, wie jenen mit Hormonrezeptorpositivität, negativem HER2-Status, Alter <55 Jahren und solitären Knochenmetastasen, stellt die initiale Operation des Primärtumors und der Axilla eine valide Option dar.</p> <h2>Register zur Primärtumoroperation von Mammakarzinomen im Stadium IV</h2> <p>Im Rahmen einer prospektiven Untersuchung wurden 127 Patientinnen mit primär metastasiertem Mammakarzinom in ein Register aufgenommen. Alle wiesen eine De-novo-Metastasierung auf (Stadium IV). Alle Patientinnen erhielten eine initiale systemische Erstlinientherapie entsprechend der ärztlichen Entscheidung. Kohorte 1 umfasste jene Patientinnen, die auf diese 6-monatige Therapie angesprochen hatten (mindestens Stabilisation der Erkrankung; n=94; 85 % ). Die übrigen 27 Patientinnen wiesen eine Progression auf. Die 3-Jahres-Überlebens-Rate betrug 78 % in der Kohorte 1 und 24 % in Kohorte 2. In Kohorte 1 („responder“) wurde den Patientinnen eine Resektion des Primärtumors angeboten. 41 % der Patientinnen wählten diese Option. Die Operation hatte bei den Patientinnen mit Resektion des Primärtumors gegenüber jenen ohne Operation keinen Einfluss auf das Überleben.<br /> <br /> <strong>Konsequenzen für den klinischen Alltag:</strong> Die Mehrzahl der Patientinnen mit De-novo-Metastasierung sprach auf die Erstlinientherapie an. Die Operation hatte keinen Vorteil für das Überleben. Diese Daten sprechen dafür, bei der Auswahl von Patientinnen mit primärer Metastasierung hinsichtlich einer Operation des Primärtumors Vorsicht walten zu lassen.</p> <h2>PHEREXA: randomisierte Phase-III-Studie</h2> <p>In dieser randomisierten Studie zu Capecitabin (C) + Trastuzumab (T) + Pertuzumab (P) bei Patientinnen mit HER2-positivem metastasiertem Mammakarzinom bei Progression während bzw. nach einer Linie einer Trastuzumab-haltigen Therapie wurde die aktuelle Standardsubstanz in der Therapie des metastasierten HER2-positiven Mammakarzinoms, Pertuzumab, als 3. Agens in das Therapieschema von Trastuzumab und Capecitabin integriert.<sup>4</sup> Das Schema lautete: P 840mg, danach 420mg, Trastuzumab 8mg/kg, danach 6mg/kg und Capecitabin 2.000mg/m<sup>2</sup>/Tag Tag 1–14. Alle 452 Patientinnen hatten als Vortherapie ein Taxan erhalten und die Erkrankung progredierte während einer Erstlinientherapie mit Trastuzumab. Primärer Studienendpunkt war das progressionsfreie Überleben bei unabhängigem Review. Das mediane PFS betrug im Arm mit P + T + C 11 Monate vs. 9 Monate bei T+C-Therapie (HR: 0,82; p=0,07). Die Interimsanalyse zum Gesamtüberleben ergab einen Vorteil für den Pertuzumab-Arm (36,1 Monate vs. 28,1 Monate; HR: 0,68). Die Nebenwirkungen beider Therapiearme waren nicht wesentlich unterschiedlich.<br /> <br /> <strong>Konsequenzen für den klinischen Alltag:</strong> Es handelt sich um eine negative Studie für Pertuzumab. Es gab keine negativen Toxizitätssignale von P in Kombination mit Trastuzumab und Capecitabin.</p> <h2>Aggressive medizinische Betreuung junger Patienten mit Krebs</h2> <p>Aggressive medizinische Betreuung Krebskranker am Ende des Lebens wird weithin als nachteilig eingestuft. Das schließt krebsspezifische Prozeduren und Therapien ein, Notfallaufnahmen und Aufnahmen auf Intensivstationen sowie Tod im Krankenhaus. In der vorliegenden Studie wurde die aggressive medizinische Betreuung in den letzten 30 Lebenstagen bei 28.731 unter 65-jährigen Karzinompatienten auf Basis der „Claims Data from the Health Core Integrated Research Database“ aus 14 US-Bundesstaaten analysiert (Bronchus-, Kolorektal-, Mamma-, Pankreas- und Prostatakarzinom).<sup>5</sup> Unter allen Krebsarten erfolgten die intensivsten medizinischen Interventionen bei Patienten mit Bronchuskarzinom. Daten zu 5.855 Patientinnen mit Mammakarzinom sind in Tabelle 2 zusammengefasst.</p> <p><strong>Konsequenzen für den klinischen Alltag:</strong> Bei einem substanziellen Anteil von Krebspatienten erfolgt in den letzten 30 Tagen des Lebens eine Übertherapie mit aggressiven medizinischen Maßnahmen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite119.jpg" alt="" width="" height="" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Giuliano AE et al: Ten-year survival results of ACOSOG Z0011: a randomized trial of axillary node dissection in women with clinical I1-2 N0 M0 breast cancer who have a positive sentinel node. 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #1007<br /><strong>2</strong> Soran A et al: A randomized controlled trial evaluating resection of the primary breast tumor in women presenting with de novo stage IV breast cancer: Turkish study. 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #1005<br /><strong>3</strong> King T et al: A prospective analysis of surgery and survival in stage IV breast cancer (TBCRC 013). 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #1006<br /><strong>4</strong> Urruticoechea A et al: PHEREXA: a phase III study of trastuzumab (H) + capecitabine + pertuzumab for patients who progressed during/after one line of H-based therapy in the HER2-positive metastastic breast cancer. 2016 ASCO Annual Meeting, Oral Abstract Session, Abstract #504<br /><strong>5</strong> Chen R et al: Aggressive care at the end of life for younger patients with cancer: impact of ASCO’s choosing wisely campaign. 2016 ASCO Annual Meeting, Poster Session, Abstract #LBA10033<br /><br /></p>
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