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Lungenzytologie – Relevanz und Aussagekraft

<p class="article-intro">Die Lunge gehört zu jenen Organen, für welche die Zytologie eine wichtige diagnostische Bedeutung hat. Bereits in den 1950er-Jahren haben Pulmologen die Vorteile der neu aus Amerika gekommenen Methode erkannt und in ihrem Bereich erfolgreich eingesetzt. Die Vorteile der Methode waren und sind eine suffiziente Diagnose auch bei geringer Materialmenge und die Möglichkeit, rasch zu einem Befund zu gelangen. ROSE („rapid on-site evaluation“) ist ein Beispiel dafür.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Durch verbesserte Entnahmetechniken und die Technik der histologischen Aufarbeitung des Zellblocks stieg zwar die Zahl von F&auml;llen, in welchen auch histologisch verwertbares Material vorhanden ist, doch lag z.B. bei einer Erhebung im Jahr 2013 in unserem Haus, dem Otto- Wagner-Spital (OWS), der Prozentsatz von F&auml;llen, bei welchen nur eine zytologische Diagnose m&ouml;glich war, insgesamt bei 43,2 % , bei den malignen F&auml;llen bei 25,1 % .</p> <h2>Weg der Befunderstellung</h2> <p>Basis jedes Befundes ist das morphologische Bild, danach werden immunzytochemische F&auml;rbungen festgelegt, die heute zum Befundstandard geh&ouml;ren (Abb. 1). Seltener kommen Spezialf&auml;rbungen, wie z.B. die Bakterienf&auml;rbungen nach Gram und Ziehl-Neelsen, zum Einsatz. In die Befundung einbezogen werden auch Informationen aus der Anamnese, wie Vorerkrankungen oder erfolgte Therapien, der bronchologische Befund und Laborergebnisse wie Tumormarkerspiegel oder Resultate durchflusszytometrischer Messungen. Im Befund werden die gewonnenen Fakten zusammengef&uuml;hrt: Er sollte eine Angabe &uuml;ber die Materialqualit&auml;t (nicht aussagekr&auml;ftig, bedingt aussagekr&auml;ftig mit einer Begr&uuml;ndung oder aussagekr&auml;ftig) enthalten, sodann eine Beschreibung des morphologischen Bildes und der Ergebnisse der immunzytochemischen F&auml;rbungen mit einer abschlie&szlig;enden Gesamtdiagnose. Zus&auml;tzlich ist die Angabe einer Dignit&auml;tsbewertungsgruppe empfehlenswert. Diese verdeutlicht die Diagnose und hilft bei der statistischen Aufarbeitung. In manchen H&auml;usern, wie dem unseren, wird eine Einteilung in f&uuml;nf &bdquo;Bewertungsgruppen&ldquo; verwendet (0 = insuffizient, II = benigne, III = auff&auml;llig bzw. unklar, IV = tumorverd&auml;chtig, V = maligne). Andere Institute verwenden die Beurteilung nach der Empfehlung der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Zytologie mit vier Gruppen (0 = insuffizient, A = benigne, B = auff&auml;llig, unklar, C = tumorverd&auml;chtig oder maligne).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s66_abb1.jpg" alt="" width="894" height="766" /></p> <h2>Befundaussagen</h2> <p>Die Zytologie ist eine morphologische Methode und entsprechend sind die Fragen des Klinikers an sie. Er erwartet eine Aussage &uuml;ber die Dignit&auml;t, &uuml;ber die Art der Erkrankung bzw. bei malignen Tumoren eine Typenzuordnung evtl. mit Angabe eines Prim&auml;rorgans und eine Aussage &uuml;ber den Ausbreitungsgrad.</p> <h2>Dignit&auml;t</h2> <p>Die Dignit&auml;t einer Ver&auml;nderung kann zytologisch zumeist bestimmt werden, auch in Schnellf&auml;rbungen. 2011 und 2013 haben wir genauere Daten bez&uuml;glich der Dignit&auml;tsbestimmung erhoben, die Sensitivit&auml;t der Zytologie lag dabei bei 95 % bzw. 98,5 % , die Spezifit&auml;t bei 99 % bzw. 100 % . Die Basis der statistischen Zahlen waren 2397 F&auml;lle im Jahr 2011 und 2288 F&auml;lle im Jahr 2013. Der Anteil unklarer F&auml;lle liegt im Zentrallabor des OWS &uuml;ber Jahre ungef&auml;hr gleich hoch bei 2 bis 3 % .</p> <h2>Bestimmung der Art der Erkrankung</h2> <p>Bei benignen Erkrankungen handelt es sich zumeist um Entz&uuml;ndungen oder Granulomatosen, seltener um Zysten, benigne Tumoren, meistens Hamartome oder Fibrosierungen. Bei den malignen Erkrankungen f&uuml;hren die prim&auml;ren Lungentumoren, wobei verhornende Plattenepithelkarzinome auch ohne Immunzytochemie zu diagnostizieren sind, bei der nicht verhornenden Variante wird der Marker P40 zur Absicherung bzw. Zuordnung eingesetzt. Adenokarzinome k&ouml;nnen im Allgemeinen morphologisch und in Einzelf&auml;llen &uuml;ber den Marker TTF1 diagnostiziert werden. Eine Verschleimung ist erkennbar. Eine Subtypisierung in lepidisch, mikro-oder makropapill&auml;r etc. ist nicht m&ouml;glich. Die Diagnose von neuroendokrinen Tumoren ist unterschiedlich schwierig: Das typische Karzinoid und das kleinzellige Karzinom weisen ein charakteristisches zytologisches Bild auf. Das atypische Karzinoid hat eine hinweisende Morphologie und kann mithilfe des Proliferationsindex zugeordnet werden. Das gro&szlig;zellige neuroendokrine Karzinom ist zytologisch uncharakteristisch: Es ist ein wenig differenziertes, nicht kleinzelliges Karzinom und kann nur &uuml;ber das immunzytochemische Markerprofil diagnostiziert werden.<br /> &Auml;hnlich verh&auml;lt es sich bei Metastasen: Es gibt solche mit typischer Morphologie wie das Kolon- oder das hellzellige Nierenzellkarzinom, solche, die wie das Blasenkarzinom kein organtypisches Bild zeigen, aber mithilfe der Immunzytochemie bestimmt werden k&ouml;nnen, und solche, f&uuml;r welche auch kein brauchbarer Marker vorhanden ist, wie das Pankreaskarzinom.<br /> Melanome bereiten in ihrer amelanotischen Form Schwierigkeiten. Zwar existieren Marker mit hoher Spezifit&auml;t wie Melan A oder HMB45, doch muss man, wenn kein anamnestischer Hinweis vorhanden ist, erkennen, dass ein Melanom vorliegt. Der Tumor kann n&auml;mlich sehr unterschiedliche Bilder bieten, er kann einem Adenokarzinom ebenso wie einem spindelzelligen mesenchymalen Tumor &auml;hneln.<br /> Lymphome sind unterschiedlich gut zu diagnostizieren, M. Hodgkin hat ein typisches Bild und ist immunzytochemisch best&auml;tigbar. Die Bestimmung der Untergruppe ist zytologisch jedoch nicht m&ouml;glich. &bdquo;High grade&ldquo; (sensible) Lymphome bereiten keine Schwierigkeiten, da Blasten leicht erkennbar sind. Schwieriger bis unm&ouml;glich ist die Diagnose von &bdquo;low grade&ldquo; (indolenten) Lymphomen, einen Hinweis geben das gleichf&ouml;rmige Zellbild und &ndash; da es sich zumeist um B-Zell-Lymphome handelt &ndash; die durchg&auml;ngige Anf&auml;rbung mit einem B-Zell-Marker.<br /> Bleiben die Sarkome &ndash; sie sind die gr&ouml;&szlig;te H&uuml;rde f&uuml;r den Zytologen. Ist die Dignit&auml;t durch ein extrem polymorphes Zellbild erkennbar, so ist die Typenzuordnung zumeist nicht m&ouml;glich. Kann man einen Zelltyp, z.B. glatte Muskelzellen erkennen, bestehen Schwierigkeiten bei der Dignit&auml;tsbestimmung. Insgesamt ist die &Uuml;bereinstimmung in der Tumortypisierung zwischen Zytologie und Histologie in den letzten Jahren gestiegen und generell hoch. Hintergrund daf&uuml;r ist der routinem&auml;&szlig;ige Einsatz der Immunzytochemie bzw. -histologie, 2013 haben wir eine entsprechende Statistik erhoben (Tab. 1). Es handelte sich um 563 F&auml;lle, &uuml;ber alle Tumortypen lag die &Uuml;bereinstimmung bei 95,6 % (Plattenepithel-Ca 94,7 % , Adeno-Ca 98,2 % , kleinzelliges Ca 97,7 % , Metastasen 88,2 % ).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s66_tab1.jpg" alt="" width="2151" height="1045" /></p> <h2>Ausbreitungsgrad maligner Tumoren</h2> <p>Eine Aussage &uuml;ber den Ausbreitungsgrad eines Tumors ist zytologisch nur insofern m&ouml;glich, als man z.B. bei einem Hautknoten sagen kann, ob eine Absiedlung des Tumors vorhanden ist. F&uuml;r Fragen nach einer Infiltration z.B. in tiefere Schleimhautschichten ist die Gewebsarchitektur notwendig, sie sind daher von der Zytologie nicht beantwortbar.</p> <h2>Einschr&auml;nkungen</h2> <p>Die gr&ouml;&szlig;te technische Einschr&auml;nkung ist der Materialmangel, da oft nur zwei oder drei Ausstriche von h&auml;ufig sehr ungleicher Qualit&auml;t vorhanden sind. Auf einem Ausstrich finden sich viele Tumorzellen, auf dem n&auml;chsten nur wenige oder gar keine. Dass einige wichtige Marker f&uuml;r die Immunzytochemie nicht adaptierbar sind, stellt einen weiteren Mangel dar. Einschr&auml;nkungen in der Befundung finden sich in jenen F&auml;llen, f&uuml;r welche die Gewebearchitektur ben&ouml;tigt wird, daher ist die Einteilung der Adenokarzinome in Subgruppen wie schon erw&auml;hnt ebenso wie die Einteilung fibrosierender Prozesse zytologisch unm&ouml;glich. Erkennbar sind nur Hinweise auf einen fibrosierenden Prozess. Schwierigkeiten bez&uuml;glich der Dignit&auml;tsbestimmung k&ouml;nnen bei benignen Erkrankungen auftreten, wenn erhebliche Atypien vorhanden sind, wie bei Virusinfektionen (z.B. HPV) und aktiven fibrosierenden Prozessen (z.B. nach Strahlentherapie). Auch die Unterscheidung reaktiver Lymphknoten vs. &bdquo;low grade&ldquo; NHL kann Probleme bereiten.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die Zytologie ist eine sehr leistungsf&auml;hige und verl&auml;ssliche Methode, jedoch im hohen Ma&szlig; abh&auml;ngig von der Erfahrung der Untersucher. Dazu geh&ouml;ren Bronchologen bzw. R&ouml;ntgenologen, die suffizientes Material gewinnen m&uuml;ssen, und Zytologen, die sich &uuml;ber die Grenzen der Methode im Klaren sein m&uuml;ssen, damit sie ihre M&ouml;glichkeiten aussch&ouml;pfen, aber auch wissen, welche Aussagen zytologisch nicht m&ouml;glich sind. Gro&szlig;e Spezialkliniken wie das Otto- Wagner-Spital, in dem t&auml;glich zwischen 7 und 10 Bronchoskopien durchgef&uuml;hrt werden, sind dabei sicher im Vorteil.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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