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Lungenpathologie und Autoimmunerkrankungen

<p class="article-intro">Im Rahmen der Frühjahrstagung der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie (ÖGP) waren den Themen Lungenpathologie und Autoimmunerkrankungen mehrere Vorträge und Seminare gewidmet. Im folgenden Beitrag werden die neuesten Erkenntnisse auf diesen Gebieten in Anlehnung an die Kongressthemen zusammengefasst.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Im Vorfeld der Tagung wurde ein Themenblock zur molekularen Diagnostik der Pathologie pr&auml;sentiert. Dieser Teil der Tagung war besonders als Fortbildung f&uuml;r biomedizinische Analytiker und Analytikerinnen (BMAs) ausgerichtet und befasste sich mit praktischen Fragen. Dabei spielte naturgem&auml;&szlig; die molekulare Diagnostik des Lungenkarzinoms eine wesentliche Rolle. Bei ca. 15&ndash;20 % der Lungenkarzinompatienten k&ouml;nnen sogenannte Treibergene nachgewiesen werden, f&uuml;r die es spezifische Therapeutika gibt. Daher ist dieser Nachweis bereits Routine in den pathologischen Instituten. Allerdings kommt es im Rahmen dieser Therapien nach nicht vorhersehbarer Zeit zu Resistenzen gegen diese Therapie. Mechanismen sind neue Mutationen, ein Wechsel auf alternative Signalwege im Karzinom oder auch Amplifikationen im Treibergen. Da es f&uuml;r diese Resistenzen z.T. neue Medikamente gibt, ist auch die Bestimmung dieser Resistenzmechanismen Teil der pathologischen Routine geworden.<br /> Die Methoden f&uuml;r alle diese Untersuchungen haben sich in den letzten sechs Jahren rasch entwickelt. Statt die Analyse f&uuml;r jedes Gen mit einem eigenen Untersuchungsgang zu bestimmen, kann man nun mittels Next-Generation-Sequencing (NGS) mehrere Gene in einem Analysenansatz gleichzeitig untersuchen.</p> <h2>Neue molekulare Techniken</h2> <p>Dies hat sich auch in den Referaten &uuml;ber neue molekulare Techniken niedergeschlagen. BMAs berichteten aus der Sicht von BMAs &uuml;ber die Einf&uuml;hrung des NGS, &uuml;ber relevante molekularbiologische Grundlagen f&uuml;r die molekulare Diagnostik und wie die Menge der bioptisch gewonnenen Gewebe oder Fl&uuml;ssigkeiten die molekulare Analytik limitieren kann. Weiters wurde die Frage behandelt, welche Mutationen des Lungenkarzinoms derzeit bestimmt werden m&uuml;ssen, um den Patienten personalisierte Therapie anbieten zu k&ouml;nnen. Das Thema der Qualit&auml;tssicherung in der molekularen Diagnostik wurde detailliert behandelt und dazu auch, wie man zur Akkreditierung nach ISO 15189 kommt. Auch die Bedeutung der Validierung molekularer Tests wurde genau dargestellt. Ein Mitarbeiter der Biobank der MedUni Wien (MUW) stellte neue europ&auml;ische Normen in der Pr&auml;analytik vor.</p> <h2>&bdquo;Liquid biopsy&ldquo;</h2> <p>Im Verlauf der Entwicklung maligner Tumoren kommt es zur Freisetzung von Tumor-DNA und diese kann in verschiedenen K&ouml;rperfl&uuml;ssigkeiten nachgewiesen werden. Der Nachweis dieser Tumor-DNA wird als &bdquo;liquid biopsy&ldquo; bezeichnet und die so gewonnene DNA als &bdquo;cell-free DNA&ldquo; (cfDNA). Diese DNA entsteht aus Tumorzerfall, aber auch durch Fehler in der Zellteilung und durch andere, derzeit nicht genau bekannte Prozesse. Je weiter ein Tumor entwickelt ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass cfDNA gefunden werden kann. Ein fortgeschrittenes, bereits metastasiertes Stadium hat mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits nachweisbare cfDNA im Blut, im Urin und in anderen K&ouml;rperfl&uuml;ssigkeiten. Tumoren im Fr&uuml;hstadium haben nur sehr selten cfDNA, allerdings kann man wahrscheinlich andere Substanzen aus Tumoren, wie Proteine oder einstr&auml;ngige Ribonukleins&auml;uren, nachweisen. Im Moment ist diese Diagnostik noch etwas eingeschr&auml;nkt, da man erstens eine tumorspezifische Mutation kennen muss, nach der in der cfDNA gesucht wird, und es zweitens einer gewissen Menge an DNA bedarf, um den Nachweis f&uuml;hren zu k&ouml;nnen. Hier sind aber laufend technische Entwicklungen zu erwarten, die diese Methode immer sensitiver machen werden.<br /> Der Frage, ob die &bdquo;liquid biopsy&ldquo; schon f&uuml;r den diagnostischen Einsatz geeignet ist, widmete sich der Themenblock am fr&uuml;hen Nachmittag. Die Bedeutung der Resistenzmutationen in der individualisierten Therapie wurde aus klinischer Sicht behandelt. Der Nutzen der &bdquo;liquid biopsy&ldquo; bei Mammakarzinompatientinnen wurde behandelt, und das Thema &bdquo;liquid biopsy&ldquo; wurde auch mit Betrachtungen &uuml;ber die verschiedenen Methoden und die Sensitivit&auml;t dieser Analysen abgeschlossen. Ein Appell, sich f&uuml;r die Sammlung anonymisierter Mutationsbefunde einzusetzen, bildete den Abschluss der Diskussion &uuml;ber molekulare Analytik.<br /> In einem Lunch-Seminar berichteten der Genetiker Prof. Dr. Martin Filiptits und der Pathologe Dr. Georg Hutarew &uuml;ber ihre Erfahrungen mit Monitoring und Detektion der Resistenzmutation T790M beim fortgeschrittenen nicht kleinzelligen Lungenkarzinom. F&uuml;r diese Resistenzmutation gibt es seit Kurzem ein Medikament zur Behandlung. Wenn wir derzeit das Lungenkarzinom zumeist nicht heilen k&ouml;nnen, haben wir doch eine Reihe von Medikamenten, mit deren Hilfe Tumorwachstum und Ausbreitung des Tumors gebremst oder sogar f&uuml;r einige Jahre v&ouml;llig gestoppt werden k&ouml;nnen.</p> <h2>Morphologische Diagnostik</h2> <p>Der letzte Teil des BMA-Pathologen- Tages widmete sich der morphologischen Diagnostik, beginnend mit einem Referat &uuml;ber M&ouml;glichkeiten und Grenzen der Biopsiebeurteilung, gefolgt von einer Pr&auml;sentation &uuml;ber den Wert der Schnellzytologie. Abgeschlossen wurde dieser Teil durch ein Referat &uuml;ber Zytologie und Immunzytologie in der Lungenpathologie sowie einen Vortrag &uuml;ber Vorteile und Pitfalls der Immunhistologie zur Diagnostik des Lungenkarzinoms. Mit der neuen WHO-Klassifikation der Lungentumoren (2015) haben auch genetische und immunhistologische Methoden offiziell in die Klassifikation Eingang gefunden und sind damit Routine in der Diagnostik.<br /> Mit dem Thema Lungentumoren und Immundiagnostik begann der Haupttag des Symposiums &uuml;ber Lungen- und Immunpathologie. Am Beginn zeigten im Rahmen eines Schnittseminars erfahrene Lungenpathologen sechs seltene Lungentumoren und erl&auml;uterten, wie man zur Diagnose gelangen kann. Dann folgten zwei Referate &uuml;ber die Praxis der PD-L1- Bestimmung in der t&auml;glichen Diagnostik, gefolgt von einem &Uuml;berblick &uuml;ber Mechanismen der Immuntoleranz im Lungenkarzinom sowie die vielf&auml;ltigen M&ouml;glichkeiten des therapeutischen Eingreifens ins System der Tumorimmunologie jenseits von PD-L1 und PD-1.<br /> Die Keynote-Lecture unter der &Uuml;berschrift &bdquo;Lungentumoren translational&ldquo; war ein aktuelles, gut dosiertes, mit Empathie dargebotenes Referat zum State of the art der Immuntherapie beim Lungenkarzinom vom Leiter der Abteilung f&uuml;r Onkologie der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin I, Wien, Prof. Dr. Christoph Zielinski. Anschlie&szlig;end folgte ein Vortrag &uuml;ber Tumorheterogenit&auml;t, aufgeschl&uuml;sselt als intratumorale, intertumorale Tumoren und Metastasen, unter Ber&uuml;cksichtigung der Morphologie und Genetik sowie des Verlaufs.<br /> Die Immuntherapie hat seit ihrer Einf&uuml;hrung in die Behandlung der Lungenkarzinome Furore gemacht. W&auml;hrend die molekularbiologische Therapie mit Hemmern von Wachstumsgenen &uuml;berwiegend bei Nichtrauchern einen festen Platz hat, gibt es nun auch f&uuml;r Patienten mit tabakrauchinduzierten Karzinomen neue Hoffnung. Mit einer Beeinflussung von Kontrollmechanismen des Immunsystems gelingt es, das k&ouml;rpereigene Immunsystem zum Kampf gegen den Krebs zu mobilisieren. Die derzeitigen Medikamente sind aber erst die &bdquo;Spitze des Eisbergs&ldquo;. In den kommenden Jahren werden viele weitere Medikamente hinzukommen.</p> <h2>Autoimmunerkrankungen</h2> <p>Im n&auml;chsten Abschnitt wurden Themen der Autoimmunerkrankungen behandelt. Zuerst gab es einen &Uuml;berblick &uuml;ber Autoimmunerkrankungen mit Fokus auf Nephritiden und anschlie&szlig;end ein Referat &uuml;ber Immunvaskulitiden, besonders Lunge und Niere betreffend. Es folgte ein Update &uuml;ber IgG4-assoziierte Erkrankungen in mehreren Organen und in einer Doppelkonferenz von Pathologie und Klinik wurde eindrucksvoll ein &Uuml;berblick &uuml;ber Amyloidosen gegeben. Den Abschluss dieses Tages bildeten Referate &uuml;ber infekti&ouml;se und nicht infekti&ouml;se Pneumonien.<br /> Autoimmunerkrankungen haben ihr &bdquo;Aussehen&ldquo; im histologischen Pr&auml;parat im letzten Jahrzehnt wesentlich ver&auml;ndert, und dies insbesondere in der Lungenbeteiligung. W&auml;hrend fr&uuml;her oft akute oder subakute Stadien beurteilt werden mussten, sind es heute auch aufgrund besserer Therapie oft chronische Stadien, die sich in der Lunge als fibrosierende entz&uuml;ndliche Erkrankung manifestieren. Die stellt eine Herausforderung f&uuml;r die Pathologie dar, die nur durch Spezialisierung auf Lungenpathologie bew&auml;ltigt werden kann. Diese chronisch fibrosierenden Stadien sind nicht nur eine diagnostische Herausforderung, sondern haben auch f&uuml;r die Prognose der Patienten eine wesentliche Bedeutung: Der Therapieplan muss umgestellt werden, die Fibrosierung sollte behandelt werden. Zwar wird in der Fachliteratur behauptet, dass die Diagnose mittels radiologischer Bildanalyse erstellt werden kann, als Gutachter f&uuml;r eine Vielzahl von F&auml;llen aus Nord- und Mitteleuropa kann ich nur immer wieder feststellen, dass letztlich erst die pathologische Diagnose Klarheit gibt. Mit der Erforschung fibrosehemmender Medikamente wird daher auch in diesem Bereich die pathologische Diagnostik an Wertigkeit gewinnen.<br /> Am letzten Tag wurden in drei Schnittseminarteilen &uuml;ber Lungenpathologie F&auml;lle von infekti&ouml;sen Lungenerkrankungen, granulomat&ouml;sen L&auml;sionen, Autoimmunerkrankungen der Lunge und Hypersensitivit&auml;tspneumonien durch vier Lungenpathologen pr&auml;sentiert. Schnittseminare sind in der Pathologie ein wichtiger Teil der Aus- und Fortbildung. Mittels digitaler Technik k&ouml;nnen die ausgew&auml;hlten F&auml;lle vor der Tagung bereits &uuml;ber eine Internetleitung mikroskopiert werden, es k&ouml;nnen Diagnosen eingegeben werden, und bei der Tagung folgten dann die Aufl&ouml;sung und Diskussion der eingesandten Diagnosen. Jedes Mitglied kann dabei anonym seinen Kenntnisstand &uuml;berpr&uuml;fen.</p></p>
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