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Linearbeschleuniger-basierte 3D-Bestrahlungsplanung
Jatros
Autor:
OA Dr. Claudia Steffal
Institut für Radioonkologie<br> Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien
Autor:
Prim. Univ.-Doz. Dr. Annemarie U. Schratter-Sehn
Institut für Radioonkologie<br> Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien<br> E-Mail: annemarie.schratter-sehn@wienkav.at
30
Min. Lesezeit
25.05.2017
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<p class="article-intro">Unter der dreidimensional(3D)-konformalen Strahlentherapie versteht man eine präzise, computergestützte Planung der Strahlentherapie. Für die Bestrahlungsplanung wird in der Regel eine Computertomografie (BPL-CT) und/oder Kernspintomografie (MRT) durchgeführt. In manchen Körperregionen sind CT und MRT zur Eingrenzung des Tumors nicht ausreichend, sodass weitere bildgebende Verfahren wie die nuklearmedizinische PETUntersuchung (Positronen-Emissions-Tomografie) zusätzlich veranlasst werden müssen, um die Tumorregion besonders gut sichtbar zu machen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die 3D-konformale Strahlentherapie ist eine präzise, computergestützte Planung der Strahlentherapie.</li> <li>Die VMAT/Rapid-Arc-Bestrahlung ist eine Weiterführung der IMRT-Technik (intensitätsmodulierte Strahlentherapie) und bedient sich einer speziellen Software, sodass eine Strahlentherapie achtmal schneller als mit der herkömmlichen IMRTTechnik appliziert werden kann.</li> <li>Stereotaxie ist eine kleinvolumige Bestrahlung, die mit höchster Präzision mit sehr hohen Bestrahlungsdosen am Tumor unter weitgehender Schonung der Risikoorgane erfolgt.</li> </ul> </div> <h2>3D-konformale Strahlentherapie</h2> <p>Mithilfe dieser Bilder legt der behandelnde Strahlentherapeut dann das sogenannte Zielvolumen fest. Das Zielvolumen ist die Region im Inneren des Patienten, die mittels Strahlentherapie behandelt werden soll. Ebenso kennzeichnet der Strahlentherapeut die Regionen im Körper, die auf keinen Fall durch die Bestrahlung belastet werden sollen, die sogenannten Risikoorgane (OARs). Somit entsteht eine 3D-Darstellung des Zielvolumens und der Risikoorgane; diese Festlegung der Zielregion und der OARs erfolgt individuell für jeden Patienten.<br /> Danach erfolgen mit einer Planungssoftware eine Bestrahlungsplanung und eine optimale Berechnung der Dosisverteilung: die Anzahl der Bestrahlungsfelder; die Einstrahlrichtungen und die Form der Bestrahlungsfelder. Dies geschieht durch einen Physiker, einen Arzt oder Radiologietechnologen aus der Strahlenklinik, der das dreidimensionale Modell des Patienten zur Optimierung der Strahlentherapie und Dosisberechnung verwendet. Dabei wird die zu behandelnde Körperregion (Zielvolumen) in den Überschneidungsbereich der Achsen mehrerer Strahlen platziert. Die Strahlen wirken aus unterschiedlichen Richtungen auf den Zielbereich ein und treffen sich im Schnittpunkt (Isozentrum). Durch individuelle Ausblendungen der jeweiligen Strahlenfelder, entweder durch geformte Bleiblenden oder Einfahren von kleinen Blenden (Multi-Leaf-Kollimator, MLC), wird der Strahl der Zielkontur angepasst. Um unterschiedliche Gewebedicken auszugleichen, können sogenannte Keilfilter zusätzlich in das Bestrahlungsfeld eingebracht werden.<br /> Letztlich ist es das Ziel, den Tumor vollständig mit der Bestrahlung zu erfassen und dabei das gesunde Gewebe bestmöglich zu schonen. Je nach Bestrahlungskonzept werden individuell geformte Bestrahlungsfelder berechnet, die durch einen Linearbeschleuniger aus verschiedenen Richtungen appliziert werden. Ein Bestrahlungsfeld wird durch sogenannte Kollimatoren begrenzt. Am Linearbeschleuniger werden Photonen (ultraharte X-Strahlung) mit Energien von 4–20MV oder Elektronen für die Oberflächenbestrahlung mit 4–20MeV eingesetzt. Es gibt die Möglichkeit, konventionell fraktioniert, hypofraktioniert, hyperfraktioniert und/oder akzeleriert zu bestrahlen.<br /> Eine Zunahme an älteren Patienten mit oft kleinen Tumoren ist in den nächsten Jahren zu erwarten. Diese Patienten leiden oft unter so starken Komorbiditäten, dass ein ansteigendes Risiko für Operationen, vergesellschaftet mit höherer Morbidität und Mortalität, vorliegt. Für diese Patienten sind Behandlungsregime, die ein rasches Ansprechen, eine kurze Behandlungszeit und milde Toxizitäten bewirken, einzusetzen. Akzelerierte kleinvolumige Bestrahlungstechniken stellen eine effektive, sichere und nebenwirkungsarme Behandlungsmethode bei älteren Krebspatienten dar.<br /> Hauptindikationen der Strahlentherapie nach Entitäten geordnet sind: Kopfund Hals-Tumoren, Mammakarzinom, Prostatakarzinom, Lungenkarzinome, gastrointestinale Tumoren (Ösophagus-, Rektum-, Anal- und Pankreaskarzinom), urogenitale Tumoren (Blasen-, Penis-, Vulvakarzinom), gynäkologische Tumoren (Zervixkarzinom und Uterus-corpus-Karzinom), Lymphome, Glioblastome, kindliche Tumoren, Sarkome, Melanome und seltene Tumoren (z.B. Merkelzellkarzinom, Thymom usw.). Die Indikation zur Strahlentherapie wird interdisziplinär in Tumorboards individuell für jeden Patienten gestellt.<br /> Die 3D-konformale Bestrahlungstechnik ist weiterhin ein Standardverfahren in der externen Strahlentherapie.</p> <h2>Präzisions-Radioonkologie</h2> <p><strong>1) VMAT – Volumetric Modulated Arc-Therapy</strong><br /> Moderne Linearbeschleuniger der letzten Generation verfügen über hochkonformale Bestrahlungstechniken, die es erlauben, auch irreguläre Tumorgebiete zu bestrahlen. Damit können Hochpräzisionsbestrahlungen mittels VMAT-Technik (Volumetric Modulated Arc-Therapy) im Routinebetrieb in allen Bereichen der Körperregionen eingesetzt werden. Diese spezielle Bestrahlungstechnik kann Tumorzellen zerstören, ohne die benachbarten gesunden Organe zu schädigen.<br /> Die VMAT/Rapid-Arc-Bestrahlung ist eine Weiterführung der IMRT-Technik (intensitätsmodulierte Strahlentherapie) und bedient sich einer speziellen Software, sodass eine Strahlentherapie achtmal schneller als mit der herkömmlichen IMRT-Technik appliziert werden kann (Abb. 1). VMAT/Rapid-Arc kann mit einer Rotation um den Patienten homogene Dosen im gesamten Tumorvolumen erzeugen, sodass die Liegezeit für diese Hochpräzisionsbestrahlung etwa 2 Minuten beträgt. Die genaue Strahlenapplikation durch Ausschaltung der störenden intrafraktionellen Organ- oder Patientenbewegungen ist vor allem bei Bestrahlungen in Regionen mit deutlicher Organbewegung ein wesentlicher Faktor. Bei Tumoren, die durch die Atmung eine starke Bewegung zeigen (z.B. Lungentumoren), kann durch eine Bestrahlungsplanung mittels 4D-CTs und durch die Bestrahlung in bestimmten Atemphasen eine genau gezielte Bestrahlungsapplikation trotz Atembewegung erfolgen. Dies wird vor allem zur Herz- und Lungenschonung eingesetzt. So können bei allen Patienten mit linksseitigem Mammakarzinom durch die Bestrahlung in tiefer Inspiration (DIBH; „deep inspiration breath-hold“) Herz und linke Lunge maximal geschont werden. Die Linearbeschleuniger verfügen selbst über integrierte Computertomografie- Geräte und ermöglichen ein OBI („onboard imaging“) vor jeder Therapie. Die angefertigten Computertomografien können mit der Bestrahlungsplanungs-Computertomografie überlagert und angepasst werden. Hierfür verfügen moderne Bestrahlungsgeräte über einen speziellen Bestrahlungstisch, der durch 6 Freiheitsgrade in der Bewegung eine genaue Anpassung des Patienten ermöglicht. Durch ein zusätzliches Oberflächenlaserscan-System (z.B. Catalyst-System) ist ein Realtime-Patienten- Tracking (vor jeder Bestrahlung genaue Positionierung des Patienten für die Bestrahlung) möglich.<br /><br /> <strong>2) Stereotaxie</strong><br /> Zur maximalen Schonung gesunder Umgebungsorgane kann bei sehr kleinen Tumoren eine sogenannte stereotaktische Bestrahlung (Hochpräzisionsbestrahlung) ohne vorhergehende Rahmenanpassung durchgeführt werden (Abb. 2). Diese kleinvolumige Bestrahlung erfolgt mit höchster Genauigkeit mit sehr hohen Bestrahlungsdosen am Tumor unter bestmöglicher Schonung der Nachbarorgane. Dies verkürzt die Gesamtbehandlungszeit erheblich. Verabreicht wird die gesamte Bestrahlungsdosis in einer bis mehreren Sitzungen je nach umgebenden Risikoorganen. Dadurch kann nicht nur die gesamte Bestrahlungszeit von Wochen auf Tage verkürzt werden, sondern auch eine biologisch wirkungsvollere Gesamtdosis appliziert werden. Während am Gammaknife nur Läsionen innerhalb des Schädels behandelt werden können, bietet der Linearbeschleuniger einerseits eine Ganzkörperapplikationsmöglichkeit (z.B. RS: Gehirn, SABR: Lunge, Spine, Leber, Prostata) und andererseits eine Bestrahlung ohne angepassten Rahmen („frameless“). Somit verfügt jede moderne Radioonkologie über die allerneuesten, international üblichen Bestrahlungstechniken und -möglichkeiten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s83_abb1_2.jpg" alt="" width="1419" height="1692" /></p></p>