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Europäische Lungentumor-Konferenz

Keine Verbesserung des Überlebens bei kleinzelligen Lungenkarzinomen durch Erhaltungs-Immuntherapie

<p class="article-intro">Bei der diesjährigen European Lung Cancer Conference (ELCC) wurden in der Best Abstracts Session erstmals die Daten zur Erhaltungstherapie mit einem Checkpoint- Inhibitor bei Patienten mit ausgedehnten kleinzelligen Lungenkarzinomen präsentiert. Daneben gab es unter anderem die finalen Resultate der Studie KEYNOTE-042 sowie die Daten zweier Untersuchungen zu sehen, die sich der Wirksamkeit und Sicherheit einer Immuntherapie bei älteren Patienten widmeten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Gleich zu Beginn der Best Abstracts Session pr&auml;sentierte Prof. Taofeek Owonikoko (Atlanta/USA) die Resultate der Studie CheckMate 451.<sup>1</sup> Sie schloss 834 Patienten mit ausgedehnten kleinzelligen Lungenkarzinomen (ED-SCLC) ein. Diese Patienten sprechen in der Regel gut auf eine Erstlinien-Chemotherapie an, jedoch ist ihr Ansprechen f&uuml;r gew&ouml;hnlich nur von kurzer Dauer. In der doppelblinden Studie der Phase III wurde nun an Patienten mit anhaltendem Ansprechen (komplettes, partielles Ansprechen oder stabile Erkrankung) nach vier Zyklen einer platinbasierten Erstlinienchemotherapie untersucht, ob durch eine Erhaltungs- Immuntherapie das Gesamt&uuml;berleben verbessert werden kann.<br /> Dazu wurden die Patienten 1:1:1 zu einer Behandlung mit Nivolumab plus Ipilimumab (Nivo 1mg/kg Q3W plus Ipi 3mg/ kg Q3W f&uuml;r max. 4 Zyklen gefolgt von 240mg Nivo Q2W), zu Nivolumab allein (240mg Q2W) oder zu Placebo randomisiert. Die Therapie wurde f&uuml;r zwei Jahre bzw. bis zum Progress, Tod oder inakzeptabler Toxizit&auml;t weitergef&uuml;hrt. Der prim&auml;re Endpunkt der Studie war das Gesamt&uuml;berleben (OS) unter</p> <h2>Prim&auml;rer Endpunkt nicht erreicht</h2> <p>Nach einem minimalen Follow-up von 9 Monaten betrug das mediane OS unter Nivo plus Ipi 9,2 Monate und unter Placebo 9,6 Monate (HR: 0,92; 95 % CI: 0,8&ndash;1,1; p=0,37) (Abb. 1). &bdquo;Damit konnte f&uuml;r die Erhaltungstherapie mit Nivolumab plus Ipilimumab versus Placebo keine statistisch signifikante Verl&auml;ngerung des Gesamt&uuml;berlebens gezeigt werden&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Owonikoko. &bdquo;Wichtig ist dabei allerdings anzumerken, dass im experimentellen Arm 31 Prozent nachfolgend eine Chemotherapie erhalten haben, w&auml;hrend dieser Anteil im Placeboarm bei 45 Prozent lag&ldquo;, betonte er. Auch der Vergleich zwischen der Nivolumab- Monotherapie und Placebo ergab kein verbessertes OS im Erhaltungstherapiearm. &bdquo;Es gab jedoch Anzeichen daf&uuml;r, dass es bei Patienten unter Immuntherapie &ndash; sei es als Monotherapie oder in Kombination &ndash; l&auml;nger bis zu einem Tumorprogress dauerte&ldquo;, erg&auml;nzte der Redner.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1903_Weblinks_a3-abb1.jpg" alt="" width="647" height="461" /></p> <h2>Potenzieller Nutzen f&uuml;r Subgruppe</h2> <p>Eine Analyse verschiedener Patientensubgruppen lieferte zudem Hinweise darauf, dass Patienten mit einem k&uuml;rzeren Abstand zwischen dem letzten Zyklus der Erstlinienchemotherapie und dem ersten Zyklus einer Erhaltungstherapie mit Nivolumab (&le;5 Wochen vs. &gt;5 Wochen) von einer Verbesserung des OS profitieren k&ouml;nnten.<br /> Die Sicherheitsprofile der Immuntherapien erwiesen sich als konsistent mit den bisherigen Erfahrungen. Die Nivolumab- Monotherapie zeigte dabei ein besseres Vertr&auml;glichkeitsprofil als die Nivolumab- Ipilimumab-Kombination.<br /> Prof. Luis Paz-Ares (Madrid/E), der die vorgestellten Daten kommentierte, meinte: &bdquo;Es handelt sich hier um eine gut designte und gut durchgef&uuml;hrte Studie. Aufgrund der uns bisher vorliegenden Daten zur Erhaltungstherapie bei diesen Patienten bin ich aber der Meinung, dass das negative Resultat wahrscheinlich vorhersehbar gewesen ist.&ldquo; Ob es eine spezifische Patientensubgruppe gebe, die von einer Erhaltungs-Immuntherapie profitieren k&ouml;nnte, sei noch nicht abschlie&szlig;end gekl&auml;rt. &bdquo;Interessant w&auml;re in diesem Zusammenhang beispielsweise zu untersuchen, ob sich allenfalls die Mutationslast oder der PD-L1-Status als pr&auml;diktiver Marker f&uuml;r einen besseren Verlauf eignen w&uuml;rde&ldquo;, schloss er.</p> <h2>Finale Analyse von KEYNOTE-042</h2> <p>Die randomisierte, offene, kontrollierte Phase-III-Studie KEYNOTE-042 untersuchte bei bisher unbehandelten Patienten mit einem PD-L1-exprimierenden lokal fortgeschrittenen oder metastasierten nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) den Einsatz von Pembrolizumab (200mg Q3W, f&uuml;r maximal 35 Zyklen) im Vergleich zu einer platinbasierten Standardchemotherapie.<sup>2</sup> Der prim&auml;re Endpunkt der Studie, an der auch Schweizer Zentren teilnahmen, war das OS bei den Patienten mit einem TPS (Tumor Proportion Score) von &ge;50 % , &ge;20 % und &ge;1 % . Die prim&auml;re Analyse mit einem medianen Follow-up von 12,8 Monaten ergab f&uuml;r alle drei TPS-Gruppen ein signifikant besseres OS unter Pembrolizumab im Vergleich zur Chemotherapie (&ge;50 % HR: 0,69; p=0,0003; &ge;20 % HR: 0,77; p=00020; &ge;1 % HR: 0,81; p=0,0018).<sup>2</sup><br /> Prof. Toni Mok (Hongkong/CN) pr&auml;sentierte nun die finalen Resultate dieser Studie, mit einem um 6 Monate l&auml;ngeren Follow-up als die prim&auml;re Analyse.<sup>3</sup> Dabei zeigte sich f&uuml;r die Patienten mit einem TPS &ge;50 % eine HR von 0,70 (medianes OS: 20,0 Monate unter Pembrolizumab vs. 12,2 Monate unter Chemotherapie), f&uuml;r die Patienten mit einem TPS &ge;20 % eine HR von 0,77 (medianes OS: 18,0 vs. 13,0 Monate) und f&uuml;r die Patienten mit einem TPS &ge;1 % eine HR von 0,82 (medianes OS: 16,4 vs. 12,1 Monate). Die explorative Analyse des OS bei den Patienten mit einem TPS zwischen 1 % und 49 % ergab eine HR von 0,91 mit einem medianen OS von 13,4 Monaten unter Pembrolizumab vs. 12,1 Monate unter Chemotherapie. &bdquo;Dieser Unterschied ist statistisch nicht signifikant. Damit ist wahrscheinlich die Population der Patienten mit einem TPS von 50 Prozent oder mehr f&uuml;r den gr&ouml;&szlig;ten Teil des gezeigten OS-Benefits verantwortlich&ldquo;, erl&auml;uterte Prof. Mok. Hinsichtlich des progressionsfreien &Uuml;berlebens (PFS) konnte bei keiner der drei TPS-Populationen ein Vorteil f&uuml;r Pembrolizumab vs. Chemotherapie gezeigt werden.<br /> &bdquo;Interessant sind auch die Resultate der Analyse zur Ansprechdauer&ldquo;, f&uuml;hrte der Redner weiter aus. &bdquo;Unabh&auml;ngig vom TPS zeigte sich hier ein signifikant l&auml;ngeres Ansprechen unter Pembrolizumab. Die Ansprechdauer lag zwischen 20,2 und 22 Monaten unter dem Checkpoint-Inhibitor im Vergleich zu 8,4 bis 10,8 Monate unter Chemotherapie. Die Analyse der Patienten mit einem TPS zwischen 1 und 49 Prozent ergab eine Ansprechdauer von 17,4 Monaten versus 8,1 Monate. Oder anders formuliert: Die PD-L1-Expression scheint keinen so gro&szlig;en Einfluss auf die Ansprechdauer zu haben&ldquo;, meinte Prof. Mok.<br /> Behandlungsbedingte Nebenwirkungen traten bei 64 % der Patienten unter Pembrolizumab und 90 % der Patienten unter Chemotherapie auf. Zu Nebenwirkungen vom Grad 3&ndash;5 kam es bei 18 % der Patienten unter Pembrolizumab im Vergleich zu 41 % unter Chemotherapie. Immunvermittelte Reaktionen und Infusionsreaktionen waren im Immuntherapie-Arm h&auml;ufiger (27 % vs. 7 % ). Zu Ereignissen vom Grad 3&ndash;5 kam es bei 8 % bzw. 2 % der Patienten. &bdquo;Die finalen Resultate der KEYNOTE- 042-Studie unterst&uuml;tzen den Einsatz von Pembrolizumab als Erstlinientherapie bei Patienten mit einem PD-L1-exprimierenden fortgeschrittenen oder metastasierten nicht kleinzelligen Lungenkarzinom&ldquo;, schloss Prof. Mok seine Pr&auml;sentation.</p> <h2>Zwei Arbeiten zur Immuntherapie bei &auml;lteren Patienten</h2> <p>Zur Wirksamkeit und Sicherheit einer Immuntherapie bei &auml;lteren Patienten liegen nur wenige Daten vor. Bei der ELCC widmeten sich zwei Arbeiten diesem Thema. Nosaki et al. untersuchten die Sicherheit und Wirksamkeit einer Pembrolizumab- Monotherapie im Vergleich zu einer Chemotherapie (Docetaxel bzw. platinbasierte Chemotherapie) bei &auml;lteren Patienten mit einem PD-L1-positiven fortgeschrittenen NSCLC anhand einer gepoolten Analyse der Studien KEYNOTE- 010, -024 und -042 (010: vorbehandelte Patienten, 024 und 042: therapienaive Patienten).<sup>4</sup> Die Auswertung umfasste die Daten von 264 &auml;lteren Patienten (&ge;75 Jahre) sowie von 2348 j&uuml;ngeren Patienten. Die H&auml;lfte der &auml;lteren Patienten wies einen TPS von &ge;50 % auf.<br /> Die Analyse zeigte schlie&szlig;lich, dass die Immuntherapie im Vergleich zur Chemotherapie bei den &auml;lteren Patienten mit einem TPS von &ge;1 % zu einem verbesserten OS f&uuml;hrte (HR: 0,76; 95 % CI: 0,56&ndash;1,02). Das 1-Jahres-OS betrug 54 % unter Pembrolizumab und 48 % unter Chemotherapie (j&uuml;ngere Patienten HR: 0,76; 1-Jahres- OS 55 % vs. 46 % ). Bei den &auml;lteren Patienten mit einem TPS &ge;50 % lie&szlig; sich mit einem 1-Jahres-OS von 62 % im Vergleich zu 30 % ein noch deutlicherer Vorteil f&uuml;r die Immuntherapie zeigen (HR: 0,40). F&uuml;r die j&uuml;ngeren Patienten mit TPS &ge;50 % ergab sich ein 1-Jahres-OS von 62 % vs. 49 % (HR: 0,67). Wurden nur die &auml;lteren, therapienaiven Patienten aus KEYNOTE- 024 und -042 mit einem TPS &ge;50 % analysiert, ergab sich ein 1-Jahres-OS von 61 % f&uuml;r die Immuntherapie vs. 29 % f&uuml;r die Chemotherapie (HR: 0,41) (j&uuml;ngere Patienten: 66 % vs. 52 % , HR: 0,71).<br /> Der Anteil an &auml;lteren Patienten mit behandlungsbedingten Nebenwirkungen war unter Pembrolizumab geringer als unter Chemotherapie (68 % vs. 94 % ). Ereignisse der Grade 3&ndash;5 traten unter Pembrolizumab ebenfalls seltener auf als unter Chemotherapie (24 % vs. 61 % ). Zu immunvermittelten Nebenwirkungen und Infusionsreaktionen kam es dagegen bei den &auml;lteren Patienten unter Pembrolizumab h&auml;ufiger als unter einer Chemotherapie (25 % vs. 7 % ). Im Vergleich zu den j&uuml;ngeren Patienten, die mit Pembrolizumab behandelt wurden, ergab sich jedoch kein Unterschied (ebenfalls 25 % ).<br /> Dr. Kaname Nosaki (Fukuoka/J), der die Resultate der Analyse in Genf pr&auml;sentierte, meinte schlie&szlig;lich: &bdquo;Unsere Daten unterst&uuml;tzen den Einsatz von Pembrolizumab bei &auml;lteren Patienten mit einem fortgeschrittenen PD-L1-exprimierenden NSCLC.&ldquo; Einschr&auml;nkend wies er darauf hin, dass die in der gepoolten Analyse untersuchte &auml;ltere Population die Einschlusskriterien der jeweiligen Studien erf&uuml;llt hat und dadurch eine relativ fitte &auml;ltere Population selektioniert worden sei.<br /> Bei der zweiten Arbeit zur Immuntherapie bei &auml;lteren Patienten handelte es sich um eine retrospektive Analyse von Patienten, die unter Alltagsbedingungen zwischen 2014 und 2018 in Madrid behandelt wurden.<sup>5</sup> Insgesamt 27 der eingeschlossenen 98 Patienten waren 70 Jahre oder &auml;lter. Lediglich von 50 % aller Patienten war der PD-L1-Status bekannt. Die Immuntherapie wurde bei 61 % der gesamten Studienpopulation als Zweitlinientherapie eingesetzt, 24,5 % erhielten sie als Drittlinientherapie oder in sp&auml;terer Linie. Bei 52 % der Patienten kam Nivolumab zum Einsatz.<br /> Die Analyse ergab schlie&szlig;lich f&uuml;r &auml;ltere Patienten ein signifikant k&uuml;rzeres OS als f&uuml;r j&uuml;ngere (medianes OS von 5,5 vs. 13 Monate, HR: 3,86; p&lt;0,0001). Auch das PFS war f&uuml;r die &auml;lteren Patienten signifikant k&uuml;rzer (1,8 Monate vs. 3,6 Monate, HR: 2,1; p=0,012). Hinsichtlich immunvermittelter Nebenwirkungen konnte zwischen den &auml;lteren und j&uuml;ngeren Patienten kein Unterschied festgestellt werden (p=0,535). Dr. Marina Garassino (Mailand/I), die die Arbeit kommentierte, erkl&auml;rte: &bdquo;Diese Resultate k&ouml;nnten als ein Alarmzeichen daf&uuml;r interpretiert werden, dass eine Immuntherapie bei &auml;lteren Patienten weniger wirksam ist. Jedoch muss man einschr&auml;nkend anf&uuml;gen, dass es sich um eine retrospektive Analyse von unter Praxisbedingungen gesammelten Daten einer kleinen Population handelt und dass der PD-L1-Status lediglich bei der H&auml;lfte der Patienten bekannt war.&ldquo; Sie rief daher dazu auf, gr&ouml;&szlig;ere prospektive Studien sowie gr&ouml;&szlig;ere Studien unter Alltagsbedingungen durchzuf&uuml;hren, um ein besseres Bild zur Wirksamkeit und Sicherheit einer Immuntherapie bei &auml;lteren Patienten zu bekommen.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: European Lung Cancer Congress (ELCC), 10.–13. April 2019, Genf </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Owonikoko TK et al.: Nivolumab (nivo) plus ipilimumab (ipi), nivo, or placebo (pbo) as maintenance therapy in patients (pts) with extensive disease small cell lung cancer (ED-SCLC) after first-line (1L) platinum-based chemotherapy (chemo): results from the double-blind, randomized phase III CheckMate 451 study. Ann Oncol 2019; 30(Suppl 2): LBA1_PR <strong>2</strong> Mok TSK et al.: Pembrolizumab versus chemotherapy for previously untreated, PD-L1-expressing, locally advanced or metastatic non-small-cell lung cancer (KEYNOTE-042): a randomised, open-label, controlled, phase 3 trial. Lancet 2019 Apr 4. pii: S0140- 6736(18)32409-7. [Epub ahead of print] <strong>3</strong> Mok TSK et al.: Final analysis of the phase III KEYNOTE-042 study: pembrolizumab (Pembro) versus platinum-based chemotherapy (Chemo) as first-line therapy for patients (Pts) with PD-L1-positive locally advanced/metastatic NSCLC. Ann Oncol 2019; 30(Suppl 2): 102O <strong>4</strong> Nosaki K et al.: Safety and efficacy of pembrolizumab (Pembro) monotherapy in elderly patients (Pts) with PD-L1-positive advanced NSCLC: pooled analysis from KEYNOTE-010, -024, and -042. Ann Oncol 2019; 30(Suppl 2): 103O <strong>5</strong> Corral de la Fuente E et al.: Benefit of immunotherapy (IT) in advanced non-small cell lung cancer (NSCLC) in elderly patients (EP). Ann Oncol 2019; 30(Suppl 2): 169P_PR</p> </div> </p>
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