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Immunmetabolismus und Krebs
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Michael Micksche
Ehem. Leiter des Instituts für Krebsforschung, MedUni Wien<br> E-Mail: michael.micksche@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
27.12.2018
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<p class="article-intro">Das Zusammenspiel von immunologischen und metabolischen Prozessen bezeichnet man als Immunmetabolismus. Die Funktion, aber auch die Erschöpfung von Immunzellen wird durch metabolische Prozesse beeinflusst und kontrolliert. Dies hat bei einer Krebserkrankung Relevanz für die Progression wie auch für den Therapieerfolg von Immuntherapien.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Immunzellen benötigen wie alle anderen Zellen auch Energie zum Überleben. Die Bereitstellung von Nährstoffen, Metaboliten und auch von Sauerstoff hat eine profunde Auswirkung auf Aktivierung, Differenzierung und Funktion dieser Abwehrzellen. Eine rezente Erkenntnis ist, dass Stoffwechselveränderungen in den Abwehrzellen Immunreaktionen hervorrufen können. Dieser Zellstoffwechsel kann auch angepasst werden, um die Immunität zu verbessern bzw. abzuschwächen.</p> <p>Veränderungen von Effektorzellfunktionen sind u.a. durch eine erhöhte Produktion von Zytokinen und zytolytischen Molekülen ebenso wie durch die Fähigkeit einer raschen Zellteilung bis hin zum Ortswechsel der Zellen gekennzeichnet. Das heißt, dass dieses Aktivierungsprogramm eng mit der Regulation des Zellstoffwechsels verbunden ist.</p> <h2>Krebsentstehung, Metabolismus und Immunreaktionen</h2> <p>„Metabolismus“ und „Immunreaktionen“ zählen zu den sogenannten „Hallmarks of Cancer“ (Hanahan, Weinberg, in Cell 2011) und werden als zentrale Mechanismen angesehen, die zur Entstehung und Progression von Krebs beitragen, aber diese auch verhindern können.<br /> Das metabolische Syndrom ist ein bekanntes Beispiel dafür, dass metabolische Entgleisungen, die zu Übergewicht und Adipositas führen, mit bestimmten Krebsarten assoziiert sind. Es besteht offensichtlich ein Zusammenhang zwischen Metabolismus, Inflammation und Kanzerogenese. Die Adipositas-assoziierte chronische Inflammation – die sogenannte Metaflammation – gilt, neben vielen anderen Faktoren, als eine der möglichen Ursachen für Krebsentstehung.<br /> Tumorzellen erleben ein sogenanntes „metabolic reprogramming“ (metabolische Umprogrammierung), welches für ihr Überleben essenziell ist. Es sind die Stromazellen (Immunzellen, Fibroblasten, Endothelzellen etc.), die sich mit diesem Environment auseinandersetzen müssen. Krebszellen sind selbst in der Gegenwart von Sauerstoff stark glykolytisch und produzieren große Mengen an Lactat. Dieses kann als aktiver Metabolit angesehen werden, denn es fördert die Angiogenese und hat starke Wirkung auf Tumorzellen (metabolische Symbiose) und auf Abwehrzellen (Immunsuppression).<br /> Tumorinfiltrierende Lymphozyten werden im Environment des Tumorgewebes mit Hypoxie und einem Mangel an Nährstoffen konfrontiert. Zusätzlich können Stoffwechselprodukte wie Lactat, Adenosin und auch antiinflammatorische Zytokine die Aktivität von Abwehrzellen negativ beeinflussen.<br /> Im Laufe der Krebserkrankung erfahren diese T-Lymphozyten häufig eine kontinuierliche Abnahme ihrer Funktion und Reaktionsfähigkeit, wodurch eine Progression des Tumors ermöglicht wird. Es ist dokumentiert, dass Fehlfunktionen, aber auch die Erschöpfung von T-Zellen während der Tumorbekämpfung (aktive Immunosurveillance: vom Equilibrium zum Escape) oft auch das Ergebnis einer Stoffwechselkonkurrenz zwischen T-Zellen und Krebszellen um Nährstoffe im Tumorgewebe sind. Die aerobe Glykolyse wird für die volle Effektorfunktion der T-Zellen und deren Tumorkontrolle benötigt. Bereits die Konkurrenz um Glukose kann das Vermögen zur aeroben Glykolyse bei T-Zellen schwächen.<br /> Es ist aber auch gezeigt worden, dass eine Immuntherapie – im Sinne der neuen Immunonkologie – einen Einfluss auf den Immunmetabolismus hat. Diese Immun-Checkpoint-Inhibitoren können Glukose im Tumormikromilieu wiederherstellen und damit sowohl die T-Zell-Glykolyse als auch die Produktion von Effektorzytokinen ermöglichen.<br /> Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Stoffwechsel von Tumorzellen und die Konkurrenz mit Immunzellen, wie sie in Tumor-Mikroenvironment auftreten, als therapeutisches Target anzusehen sind, um Tumorwachstum zu beeinflussen. So könnten Medikamente die metabolischen Schlüsselenzyme als Target haben und mit dem Metabolismus von Tumorzellen sowie auch von Abwehrzellen interferieren. Dies scheint besonders in Hinblick auf die neuen Immuntherapien wie die mit Checkpoint-Inhibitoren bzw. „Chimeric antigenrezeptor“(CAR)-T-Zellen von Bedeutung für die Zukunft zu sein.</p></p>
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