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Cyberknife-Radiochirurgie

Hochpräzision in der Radioonkologie

<p class="article-intro">„Personalisierte Tumortherapie“ ist in den letzten Jahren ein Schlagwort in der Onkologie geworden. Der Begriff ist fälschlicherweise vergesellschaftet mit der internistischen Onkologie, unzählige sogenannte zielgerichtete Medikamente sind entwickelt worden. Fälschlicherweise deshalb, da sich in den letzten Jahren nicht nur die systemische Therapie, sondern auch die Radioonkologie technisch mit mindestens der gleichen Geschwindigkeit weiterentwickelt hat. Neben der gut bekannten und etablierten Therapie mit normal fraktionierten Strahlen sind ergänzende Methoden wie Tomotherapie, Protonentherapie und Cyberknife-Radiochirurgie dazugekommen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Radiochirurgie hat eine hohe Effektivit&auml;t bei geringem Risiko.</li> <li>Sie bietet maximalen Patientenkomfort durch Einzeittherapie.</li> <li>Sie erm&ouml;glicht kombinierte onkologische Therapiekonzepte.</li> <li>Sie wird ambulant durchgef&uuml;hrt, es ist keine station&auml;re Aufnahme notwendig.</li> <li>Sie kann bei richtiger Patientenselektion die Chirurgie im Einzelfall ersetzen.</li> </ul> </div> <p>Bei der Cyberknife-Technologie handelt es sich um die derzeit innovativste Form der Photonentherapie. Die wichtigste Aufgabe der Strahlenchirurgie mittels Cyberknife ist die hochpr&auml;zise Bestrahlung eines exakt festgelegten Zielvolumens. Dabei sollen die gesunden K&ouml;rperteile in der Tumorumgebung so wenig wie m&ouml;glich von Strahlen getroffen werden.</p> <h2>Was bedeutet Radiochirurgie und was kann sie bieten?</h2> <p>Radiochirurgie ist eine einmalige lokale Bestrahlung eines Tumors mit extrem hoher Pr&auml;zision (ca. 0,5mm) unter optimaler Schonung des umliegenden gesunden Gewebes. Aufgrund einer bildgef&uuml;hrten Robotersteuerung kann hochpr&auml;zise eine tumorzerst&ouml;rende Strahlendosis auf ein genau definiertes Zielvolumen gerichtet werden. Die Entwicklung der Cyberknife- Technologie mit einer Kombination aus integrierter Bildf&uuml;hrung und Robotersteuerung erm&ouml;glicht eine v&ouml;llig neue, nicht invasive Behandlungsm&ouml;glichkeit von Tumoren im gesamten K&ouml;rper.<br /> Durch eine radiochirurgische Behandlung k&ouml;nnen Tumoren in Gehirn, R&uuml;ckenmark, Auge sowie extrakraniellen K&ouml;rperregionen (z.B. Lunge, Leber, Niere, Nebenniere, Bauchspeicheldr&uuml;se, Lymphknoten, Prostata, Knochen) effektiv ausgeschaltet werden. Aufgrund der hohen Pr&auml;zision der Radiochirurgie wird in &uuml;ber 90 % der F&auml;lle die notwendige tumorizide Dosis in nur einer einzigen Sitzung appliziert. Die hohe Dosis (13&ndash;65Gy je nach Indikation) schaltet gut- und b&ouml;sartige Tumoren submillimetergenau aus, die Therapie dauert ca. 30 Minuten, ist schmerzfrei und wird ausschlie&szlig;lich ambulant durchgef&uuml;hrt.</p> <h2>Intrakranielle Indikationen sowie Tumoren im Auge</h2> <p>Hirnmetastasen mit einem maximalen Durchmesser von weniger als 3cm stellen ein ideales Target f&uuml;r die Cyberknife-Therapie dar. Die lokale Tumorkontrolle liegt bei ca. 90 % . Wissenschaftliche Analysen<sup>1&ndash;3</sup> haben bewiesen, dass in der Behandlung selektionierter Patienten mit Hirnmetastasen die Radiochirurgie der Operation mindestens gleichwertig ist, bei erheblich gr&ouml;&szlig;erem Patientenkomfort.<br /> Neben diesen malignen zerebralen Tumoren wird die Radiochirurgie auch bei benignen zerebralen Tumoren angewendet. H&auml;ufige Indikationen sind das Meningeom und das Akustikusneurinom,<sup>4, 5</sup> dazu kommen noch spinale Tumoren<sup>6</sup> sowie arterioven&ouml;se Malformationen (AVM). Einer der Schwerpunkte in M&uuml;nchen ist die Behandlung von Tumoren am Auge, dem malignen Aderhautmelanom. Eine fr&uuml;her weitverbreitete Behandlungsmethode des Aderhautmelanoms war die chirurgische Entfernung des Auges (Enukleation). Mit der Radiochirurgie steht uns mittlerweile eine nicht invasive, organerhaltende Alternative zur Verf&uuml;gung. Das Auge wird mittels Retrobulb&auml;ran&auml;sthesie ruhiggestellt und der Patient kann ohne starre Fixierung pr&auml;zise behandelt werden. Es k&ouml;nnen damit neben kleinen auch mittlere bis gro&szlig;e Melanome ohne operativen Eingriff zerst&ouml;rt werden. Die Behandlungsindikation wird in enger Abstimmung mit den Kollegen der Augenklinik der Universit&auml;t M&uuml;nchen gestellt.<br /> Eine aktuelle Publikation<sup>7</sup> im Fachblatt &bdquo;Melanoma Research&ldquo; zeigt auf, dass Patienten mit Aderhautmelanom von einer Behandlung mit der strahlenchirurgischen, robotergef&uuml;hrten Cyberknife-Technologie profitieren; es ist mit 217 Patienten die bisher gr&ouml;&szlig;te Untersuchung zur Radiochirurgie des Aderhautmelanoms.</p> <h2>Radiochirurgie in K&ouml;rper und Organen</h2> <p>W&auml;hrend man mit fr&uuml;heren Radiochirurgiesystemen wie dem Gammaknife nur Tumoren im Kopfbereich behandeln konnte, ist mit der weiterentwickelten Behandlungstechnik das Indikationsspektrum auf den extrakraniellen Bereich erweitert worden. Das robotergef&uuml;hrte Cyberknife ist derzeit das einzige Verfahren, das ohne Rahmen bzw. starre Fixierung des Patienten auskommt und trotzdem bewegliche Tumoren mit h&ouml;chster Pr&auml;zision erfassen kann.</p> <h2>Leber</h2> <p>Das Cyberknife-System kann Lebertumoren (sowohl prim&auml;re Lebertumoren als auch Metastasen), die zuvor mit einem kleinen Goldmarker versehen worden sind, w&auml;hrend der Behandlung in Echtzeit orten. Ein spezielles Tracking-System verfolgt die Tumorbewegung, w&auml;hrend der Patient normal atmet, und stellt den Roboterkopf entsprechend ein. Die Atembewegung des Brustkorbs wird mit LEDSensoren erfasst und mit der Bewegung des Tumors abgeglichen. Die Systemgenauigkeit f&uuml;r bewegliche Ziele liegt im Submillimeterbereich, sodass die Strahlendosis unter Schonung des angrenzenden gesunden Gewebes zielgenau in den Tumor abgegeben werden kann. Daten zur lokalen Kontrolle aus unserem Zentrum bezogen auf das hepatozellul&auml;re Karzinom sind vergleichbar mit den Daten aus der Chirurgie.<sup>8</sup> Das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS) lag nach ein bzw. drei Jahren bei 79,4 % respektive 29,8 % , das Gesamt&uuml;berleben bei 84,8 % respektive 66 % . Auch die Daten zur Radiochirurgie von Lebermetastasen<sup>9</sup> sind vergleichbar mit denen aus der Chirurgie und signifikant besser als die der Radiofrequenzablation.</p> <h2>Lunge</h2> <p>Das Radiochirurgiesystem Cyberknife bietet Patienten eine neue Option f&uuml;r die Behandlung von Lungenkrebs. Es wird eingesetzt bei Patienten, die f&uuml;r eine Operation nicht infrage kommen oder eine Alternative zur Chirurgie suchen. Die besondere Schwierigkeit bei Lungentumoren ist, dass sie sich bewegen, w&auml;hrend der Patient atmet. Anders als bei herk&ouml;mmlicher Strahlentherapie identifiziert das Cyberknife-System die pr&auml;zise Lage des Tumors wie schon oben erw&auml;hnt. Dazu wird bei kleinen Tumoren ein Goldmarker implantiert, bei etwas gr&ouml;&szlig;eren Tumoren erkennt das System den Tumor ohne vorherige Markerimplantation. Mithilfe dieser Pr&auml;zision und des &bdquo;real-time tumor tracking&ldquo; werden lokale Kontrollraten von bis zu 96 % nach zwei Jahren erreicht.<sup>10</sup></p> <h2>Urologische Tumoren</h2> <p>Auch Tumoren aus dem urologischen Spektrum (Nieren-, Nebennieren- oder Nierenbeckentumoren) k&ouml;nnen mit dem Cyberknife- System behandelt werden. Somit steht uns hier eine ausgezeichnete Alternative zur Operation zur Verf&uuml;gung. Daten aus unserem Zentrum best&auml;tigen diese Erkenntnisse.<sup>11</sup> Wir konnten bei 45 Patienten mit Nierenzellkarzinom nach neun Monaten eine lokale Kontrollrate von 98 % erreichen, 38 Patienten zeigten eine Tumorverkleinerung (19 davon eine in der Bildgebung komplette Remission), die Nierenfunktion wurde durch die Radiochirurgie nicht negativ beeinflusst.<br /> Das Cyberknife-System bietet mit der robotergef&uuml;hrten Radiochirurgie auch eine neue und sehr schonende Option f&uuml;r die Behandlung von Prostatakarzinomen. Die Beweglichkeit der Prostata stellt in der externen Strahlentherapie ein Problem dar, da sich das Organ innerhalb weniger Minuten aufgrund von Darmaktivit&auml;t oder Blasenf&uuml;llung unvorhersehbar verschieben kann. Genau diese Bewegung kann mit dem uns zur Verf&uuml;gung stehenden System dargestellt und identifiziert werden, dies erlaubt eine deutliche Reduzierung der Sicherheitss&auml;ume, was zu einer deutlich geringeren Dosisbelastung des gesunden Gewebes f&uuml;hrt. Aufgrund der Schonung der Risikoorgane kann die Behandlungszeit auf f&uuml;nf Sitzungen reduziert werden, im Gegensatz zu ca. 40 Sitzungen bei der normalen herk&ouml;mmlichen Strahlentherapie. Eine dazu multizentrisch durchgef&uuml;hrte und aktuell publizierte Studie von Meier R et al<sup>12</sup> konnte mit Tumorkontrollraten von 97,3 % f&uuml;nf Jahre nach Behandlung nicht nur demonstrieren, dass diese Methode effektiv, sondern auch, dass sie sicher und nebenwirkungsarm ist.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Die Cyberknife-Radiochirurgie bietet nach aktueller Datenlage f&uuml;r geeignete Indikationen viele Vorteile hinsichtlich der Effektivit&auml;t, der Sicherheit und des Patientenkomforts. Sie ist ambulant durchf&uuml;hrbar und kann in 90 % der F&auml;lle in einer einzigen Sitzung stattfinden. Weitere Vorteile sind die M&ouml;glichkeit der Kombination mit systemischen Therapieans&auml;tzen und der geringe Zeitaufwand ohne die Notwendigkeit von Rehabilitationsma&szlig;nahmen. Die analysierten Daten zeigen, dass sie die Chirurgie in Einzelf&auml;llen erg&auml;nzen oder auch ersetzen kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s81_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="804" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Romagna A et al: Radiat Oncol 2016; 11(1): 139 <strong>2</strong> Wowra B et al: Prog Neurol Surg 2012; 25: 201-9 <strong>3</strong> Muacevic A et al: World J Urol 2005; 23(3): 180-4 <strong>4</strong> Wowra B et al: J Neurosurg 2013; 119: 114-8 <strong>5</strong> Wowra B et al: Neuro Oncol 2012; 14(7): 902-9 <strong>6</strong> Kufeld M et al: Technol Cancer Res Treat 2012; 11(1): 27-34 <strong>7</strong> Eibl-Lindner K et al: Melanoma Res 2016; 26(1): 51-7 <strong>8</strong> Schoenberg M et al: Cureus 2016; 8(4): e591 <strong>9</strong> Stintzing S et al: Ann Surg Oncol 2010; 17(11): 2877- 83 <strong>10</strong> van der Voort van Zyp NC et al: Radiother Oncol 2009; 91(3): 296-300 <strong>11</strong> Staehler M et al: J Urol 2015; 193(3): 771-5 <strong>12</strong> Meier R et al: Radiat Oncol 2016; 96(2): 33-4</p> </div> </p>
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