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Highlights zur akuten myeloischen Leukämie vom 60. ASH-Kongress
Jatros
Autor:
OÄ Dr. Elisabeth Koller
3. Medizinische Abteilung<br/> Hämatologisch-onkologisches Zentrum Hanusch-Krankenhaus, Wien<br/> E-Mail: elisabeth.koller@wgkk.at
30
Min. Lesezeit
28.02.2019
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<p class="article-intro">Es vergeht kaum ein Monat ohne Neuzulassung eines Medikaments für die Behandlung der akuten myeloischen Leukämien (AML) durch die amerikanischen Behörden. Auch in Europa werden nach Vorliegen weiterer konfirmierender Daten neue Registrierungen in verschiedenen Indikationen erwartet.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Immuntherapie der AML – „conflicting results“</h2> <p>Gemtuzumab-Ozogamicin (GO), ein CD33-Antikörper-Drug-Konjugat, wurde in diesem Jahr aufgrund der positiven Daten der französischen ALFA-0701-Studie als erste Immuntherapie der AML zugelassen, demgegenüber sind die Daten auf dem Gebiet der bispezifischen Antikörper und CAR-T-Zell-Technologie bei der AML noch deutlich unreifer.<br />Präsentiert wurde die randomisierte 09-09-Studie der deutsch-österreichischen AMLSG-Studiengruppe, die die Zugabe von GO zur Standardtherapie bei 588<em> NPM1-</em>positiven Patienten mit <em>De-novo-</em> AML untersucht. Die Gesamtergebnisse konnten in dieser Subgruppe von AMLPatienten mit niedrigem und intermediärem Risiko keinen Unterschied bezüglich der Rate an kompletten Remissionen oder ereignisfreiem Überleben (EFS) zeigen. Die Todesraten nach Induktionstherapie waren im experimentellen Arm deutlich höher (10,3 versus 5,7 % ; p=0,06). Lediglich die kumulative Rezidivrate war im experimentellen Arm auch aufgrund eines verbesserten molekularen Ansprechens signifikant geringer. Daten zum Gesamtüberleben wurden nicht präsentiert (Abb. 1).<br /> <strong>Fazit:</strong> GO ist zwar für die Behandlung in der Erstlinie zugelassen, die präsentierten Daten konnten die Ergebnisse der Zulassungsstudie nicht bestätigen, der tatsächliche Benefit von GO in der Subgruppe der NPM1-positiven Patienten ist somit nicht eindeutig klar.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1901_Weblinks_a2-abb1.jpg" alt="" width="796" height="317" /></p> <h2>BCL2-Inhibitor Venetoclax und AML – eine Erfolgsstory</h2> <p>Venetoclax (VEN) ist in den USA in der Kombination mit hypomethylierenden Substanzen (HMA) sowie niedrig dosiertem ARAC (LDARAC) bereits zugelassen. Neue Updates der Phase-I/II-Studien bei neu diagnostizierter AML wurden nun mit längerem Beobachtungszeitraum präsentiert. Die Addition von VEN zu LDARAC bei 82 unfitten Patienten mit<em> De-novo-</em> AML zeigte ein rasches Ansprechen auf die Therapie (median 1,4 Monate) sowie eine Verbesserung der CR/CRi-Rate von 54 % versus 11 % gegenüber einer historischen Kontrollgruppe. Das mediane Gesamtüberleben (OS) lag bei 10,1 Monaten. Noch eindrucksvollere Resultate konnten in der Kombination mit HMAs erreicht werden, die CR-Raten mit Azacitidin (AZA) lagen bei 71 % , mit Decitabin bei 74 % – mit einem OS von ca. 16 Monaten für beide HMA-Kombinationen (Abb. 2 und 3).<br />Ebenfalls interessante erste Ergebnisse zeigt die Phase-Ib-Studie CAVEAT, wobei bei älteren AML-Patienten VEN mit einer dosisreduzierten Chemotherapie kombiniert wurde. Gute Remissionsraten (>80 % ) wurden bei De-novo-AML-Patienten sowie <em>NPM1-</em>, <em>RUNX1-</em>, <em>RAS-</em> und <em>IDH</em>-Mutation erzielt, während vorangehende Therapien mit HMA, sekundäre AML,<em> p53-</em> Mutation sowie Hochrisikokaryotyp mit einem schlechteren Ergebnis vergesellschaftet waren.<br />Auch die Interimsanalyse der DEC10- VEN-Studie zeigte ein gutes Sicherheitsprofil und exzellentes Ansprechen – eine CR/CRi von 96 % bei <em>De-novo-</em>AML, 71 % bei sAML und 55 % bei R/R AML mit Erreichen einer MRD-negativen CR zu je 52 % , 40 % bzw. 50 % . <br /><strong>Fazit:</strong> Venetoclax in Kombination mit HMA ist sehr vielversprechend. Frühe Daten zeigen eindrucksvolle Ergebnisse und gute Verträglichkeit auch mit Chemotherapie. Randomisierte Studien müssen die frühen Resultate nun bestätigen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1901_Weblinks_a2-abb2.jpg" alt="" width="818" height="290" /></p> <h2>Tyrosinkinase- und IDH-Inhibitoren</h2> <p>Für die Induktionsbehandlung der <em>FLT3-</em>ITD positiven AML ist derzeit nur Midostaurin von der FDA und der EMA zugelassen. Für die Rezidivbehandlung stehen uns wahrscheinlich auch in Europa bald weitere TKI wie Quizartinib, Gilteritinib und Crenolanib zur Verfügung.<br />Zu Quizartinib wurde am ASH ein Update der QuANTUM-R-Studie präsentiert. Die schon berichteten Überlebensdaten bei rezidivierter/refraktärer <em>FLT3-</em>ITD-mutierter AML konnten bestätigt werden, auch weitere Sicherheitsdaten wurden berichtet.<br />Zu Gilteritinib, einem FLT3/ASXL1-Inhibitor, welcher erst kürzlich von der FDA für die Rezidivtherapie zugelassen wurde, gab es mehrere interessante Präsentationen, etwa von Phase-I-Daten in der Kombination mit intensiver Chemotherapie sowie in Kombination mit AZA bei Denovo- AML-Patienten, welche nicht für eine Induktionstherapie geeignet waren. Das Ansprechen in Kombination mit AZA war gut, 88 % der Patienten zeigten ein Gesamtsprechen (ORR), 67 % (10/15) eine CR. Nach Beendigung der Dosisfindung wird der randomisierte Teil der Studie fortgeführt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1901_Weblinks_a2-abb3.jpg" alt="" width="561" height="378" /></p> <p>Rezidive nach allogener Transplantation bei <em>FLT3-</em>mutierter AML stellen ein großes therapeutisches Problem dar. Die deutsch-österreichische SORMAIN-Studie randomisierte Sorafenib gegen Placebo bei Patienten ein Jahr nach allogener Transplantation oder Standard of Care (SOC). In der Sorafenib-Gruppe zeigte sich eine signifikante Verlängerung des rezidivfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens. Somit stellt Sorafenib einen neuen Therapiestandard nach allogener Transplantation bei<em> FLT3-</em>ITD-positiver AML dar. In der RADIUS-Studie wurde in einer kleinen Patientenanzahl in ähnlicher Indikation Midostaurin gegen Standardbehandlung randomisiert. Auch hier konnten die Ergebnisse durch Zugabe des Tyrosinkinase-Inhibitors verbessert werden. Weitere randomisierte Studien in der Erhaltungstherapie mit anderen FLT3-Inhibitoren (Quizartinib, Midostaurin) werden diese Daten bestätigen bzw. übertreffen müssen.<br /> <em>IDH-</em>Mutationen treten in etwa 25 % der AML auf. Mit Enasidenib und Ivosidenib sind aufgrund von Phase-I-Daten bereits zwei Substanzen für die Therapie der rezidivierten/refraktären AML mit <em>IDH2-</em> bzw. <em>IDH1-</em>mutierten Patienten von der FDA zugelassen. Die Therapie war gut verträglich, die Rate an CR jedoch limitiert. Nun wurden die ersten Ergebnisse in der Kombination mit einer Standardinduktionstherapie untersucht. Die Remissionsrate, auch die Zahl an MRD-negativen CR, konnte deutlich gesteigert werden. Die kumulative Toxizität war akzeptabel, lediglich eine Verlängerung der hämatologischen Rekonstitution ist zu beachten.</p> <p>CPX-351 ist bereits für die Behandlung der Hochrisiko-AML zugelassen worden. Am ASH-Kongress wurden nochmals Daten in der Subgruppe der AML mit MDStypischen Veränderungen präsentiert. In dieser und anderen älteren Hochrisiko- AML-Patienten konnte CPX-351 seine Überlegenheit gegenüber Standardchemotherapie zeigen.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Zusammenfassend kann optimistisch in die Zukunft der AML-Behandlung geblickt werden. Viele Experten wünschen sich aber eine Bestätigung der hervorragenden ersten Ergebnisse durch größere Phase-IIIStudien, um ein Selektionsbias hintanzuhalten und mehr Sicherheitsdaten für die Patienten mit AML zu gewinnen.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p>• Burchert A et al.: Sorafenib as maintenance therapy post allogeneic stem cell transplantation for FLT-3 ITD positive AML: results from the randomized, double-blind, placebo controlled multicenter Sormain trial. ASH 2018, Abstr. #661 • Cortez JE et al.: Efficacy and safety of single agent quizartinib, a potent and selective FLT3 inhibitor, in patients with FLT3-ITD mutated relapsed/refracory patients. ASH 2018, Abstr. #563 • Esteve J et al.: Multicenter, openlabel, 3-arm study of gilterinib, gilterinib plus azacitidine, or azacitidine alone in newly diagnosed FLT3 mutated AML patients ineligible for intensive induction chemotherapy: findings from the safety cohort. ASH 2018, Abstr. #2736 • Maiti A et al.: Interim analysis of phase II study of venetoclax with 10-day decitabine (DEC10-VEN) in AML and MDS. ASH 2018, Abstr. #286 • Maziarz RTT et al.: Radius: A phase 2 randomized trial investigating standard of care ± midostaurin after allogeneic stem cell transplant in FLT3-ITD-mutatedvAML. ASH 2018, Abstr. #661 • Pollyea DA et al.: Venetoclax in combination with HMA induces rapid, deep, and durable responses in patients with AML ineligible for intensive chemotherapy. ASH 2018, Abstr. #285 • Ryan DH et al.: Final safety and efficacy results of CPX-351 versus 7+3 in a subgroup of older patients with newly diagnosed AML with MDS-related changes (AMLMRC) enrolled in a phase 3 study. ASH 2018, Abstr. #1425 Schlenk RF et al.: Gemtuzumab ozogamicin in NPM1 mutated AML: results from the prospective randomized AMLSG- 09-09 phase III study. ASH 2018, Abstr. #81 • Stein E et al.: Ivosidenib or enasidenib combined with induction and consolidation chemotherapy in patients with newly diagnosed AML with an IDH1 or IDH2 mutation is safe, effective , and leads to MRD negative complete remissions. ASH 2018, Abstr. #560 • Wei A et al.: Venetoclax with low-dose cytarabine induces rapid, deep, and durable responses in previously untreated older adults with AML ineligible for intensive chemotherapy. ASH 2018, Abstr. #284 • Wei A et al.: Molecular patterns of response and outcome in the chemotherapy and venetoclax in the elderly AML trial (CAVEAT study). ASH 2018, Abstr. #333</p>
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