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Highlights vom ASCO 2018 zum Pankreaskarzinom
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Martin Schindl
Univ.-Klinik für Chirurgie<br> Koordinator der Pancreatic Cancer Unit (PCU), des Comprehensive Cancer Center (CCC)<br> Medizinische Universität Wien – AKH<br> E-Mail: martin.schindl@meduniwien.ac.at
30
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22.11.2018
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<p class="article-intro">Im Rahmen des diesjährigen ASCO, der vom 1. bis 5. Juni 2018 in Chicago abgehalten wurde, gab es zahlreiche Präsentationen zur Behandlung des Pankreaskarzinoms. Dabei lag ein Schwerpunkt auf der neoadjuvanten Behandlung von grenzwertig resektablen bzw. lokal fortgeschrittenen, nicht resektablen Tumoren. Darüber hinaus wurden auch Ergebnisse neoadjuvanter Behandlung bei primär resektablen Tumoren gezeigt.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Neoadjuvante Radiochemotherapie</h2> <p>In der viel beachteten multizentrischen PREOPANC-1-Studie aus den Niederlanden bei Patienten mit resektablen und „borderline“-resektablen Pankreas-Adenokarzinomen (PDAC) waren in der Gruppe mit neoadjuvanter Radiochemotherapie in Form von Gemcitabin 1000mg/m<sup>2</sup> und 15- mal Bestrahlung mit 2,4 Gy ein signifikant längeres Gesamtüberleben (median 13,5 vs. 17,1 Monate; HR: 0,71; p=0,047), erkrankungsfreies Überleben (DFS) (median 7,9 vs. 11,2 Monate; HR: 0,67; p=0,010) und eine höhere R<sub>0</sub>-Resektionsrate (31 % vs. 65 % , p≤0,001) zu beobachten im Vergleich zu sofortiger Resektion.<sup>1</sup></p> <h2>Neo-/adjuvante Chemotherapie</h2> <p>S. Shahda und Co-Autoren präsentierten erste Ergebnisse zur neoadjuvanten Behandlung bei Patienten mit resektablen PDAC. Vor der geplanten Resektion wurden 2 Zyklen FOLFIRINOX verabreicht. 35 von 48 (73 % ) der Studienpatienten konnten reseziert werden, davon 88 % mit R<sub>0</sub>-Resektion. 9 % hatten eine Progression unter Chemotherapie, wobei die Resektion trotzdem möglich war. Zwei Patienten verstarben während der neoadjuvanten Behandlung, ein Patient in Zusammenhang mit der Chemotherapie. In der histologischen Aufarbeitung der Operationspräparate fand sich bei 63 % der Patienten noch >90 % vitales Tumorgewebe und bei 31 % zwischen 10 und 90 % vitale Tumorzellen.<br /> Eine weitere Studie analysierte retrospektiv die Behandlungsergebnisse bei 6892 Patienten mit primär resektablen PDAC mit und ohne neo-/adjuvante Chemotherapie und kam dabei zum Ergebnis, dass die Patienten mit neoadjuvanter Chemotherapie ein verlängertes medianes Überleben hatten (27,9 vs. 23,3 Monate; log-rank p<0,0001). Konkret hatten diejenigen Patienen, welche die Behandlungssequenz neoadjuvante Therapie – Resektion – adjuvante Therapie erhielten, das längste Überleben im Vergleich zu jenen mit Resektion und entweder neoadjuvanter oder adjuvanter Therapie (31,3 vs. 26,2 vs. 26,5 Monate; log-rank p<0,0001). Bei der Betrachtung der Chemotherapie- Protokolle wies die neoadjuvante Kombinations- Chemotherapie gegenüber einer Behandlung mit einzelnen Substanzen signifikant bessere Ergebnisse auf („adjusted“ HR: 0,72; 95 % CI: 0,64–0,81).<sup>3</sup><br /> Diese aktuellen Studien weisen darauf hin, dass eine neoadjuvante Behandlung von primär resektablen PDAC möglicherweise bessere Behandlungsergebnisse bringt als die sofortige Resektion. Allerdings bleiben Fragen zur optimalen Behandlungsdauer von neoadjuvanter Therapie von resektablen oder „borderline“-resektablen Tumoren unbeantwortet, ebenso wie die Rolle und Modalität der Bestrahlung.</p> <h2>Adjuvante Chemotherapie</h2> <p>In der adjuvanten Behandlungssituation nach Resektion von PDAC zeigt die Studie Unicancer GI PRODIGE 24/CCTG PA.6 eine interessante Zwischenbilanz, die für die klinische Praxis relevant werden könnte. Es wurden die Behandlungsergebnisse von 6 Zyklen Gemcitabin-Monotherapie mit 12 Zyklen modifiziertem FOLFIRINOX bei 493 Patienten nach Resektion verglichen. Durch die adjuvante Behandlung mit mFOLFIRINOX wurden eine längere erkrankungsfreie Zeit (21,6 vs. 12,8 Monate; HR: 0,58) (Abb. 1) und ein längeres medianes Gesamtüberleben (54,4 vs. 34,8 Monate; HR: 0,66) erreicht. Allerdings traten Nebenwirkungen vom Schweregrad 3–4 bei 75,5 % der Patienten nach mFOLFIRINOX und bei 51,1 % der Patienten nach Gemcitabin-Monotherapie auf, davon jeweils 12 % Grad-4-Nebenwirkungen und ein Chemotherapie-assoziierter Todesfall in der Gruppe mit Gemcitabin-Monotherapie. Insgesamt gesehen favorisieren die Autoren eine adjuvante Behandlung mit mFOLFIRINOX.<sup>4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1806_Weblinks_jatros_onko_1806_s74_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="1047" /></p> <h2>Neue Behandlungskonzepte</h2> <p>Einige Studien wurden zu neuen Behandlungskonzepten von PDAC präsentiert, welche das Tumorstroma zum Ziel haben.<br /> In einer Studie bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem PDAC wurde die neoadjuvante Behandlung durch FOLFIRINOX mit dem Angiotensin-II-Inhibitor Losartan kombiniert. Losartan reduziert auch die TGF-β1-Aktivität und verändert dadurch die Desmoplasie des Tumorbindegewebes, was eine erhöhte Permeabilität für Chemotherapeutika und Durchblutung des Gewebes zur Folge haben könnte. Die Patienten erhielten zusätzlich Radiochemotherapie, je nach Ansprechen auf die systemische Behandlung entweder Kurzzeit- oder Langzeitbestrahlung. Nach Behandlung mit FOLFIRINOX in Kombination mit Losartan konnten 61 % der Patienten mit lokal fortgeschrittenen PDAC radikal (R<sub>0</sub>) reseziert werden. Das Gesamtüberleben betrug 33 Monate. In dieser Studie hatte Losartan einen positiven Einfluss auf die Behandlungsergebnisse von FOLFIRINOX.<sup>5</sup><br /> In einer anderen Studie wurde die Wirkung eines Antikörpers gegen den Bindegewebs- Wachstumsfaktor (Pamrevlumab, Anti-CTGF) in Kombination mit Gemcitabin/ Abraxane bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem PDAC untersucht. In der Gruppe mit zusätzlicher Gabe von Anti- CTGF zur Chemotherapie konnte eine höhere Anzahl von Patienten reseziert werden (33,3 % ), verglichen mit Patienten mit alleiniger Chemotherapie (7,7 % ).<sup>6</sup></p> <h2>Behandlungskonzepte im metastasierten Stadium</h2> <p>Zahlreiche Studien wurden zur Behandlung im metastasierten Erkrankungsstadium vorgestellt.<br /> Die Studie PRODIGE 35-PANOPTIMOX zeigte, dass als Erstlinientherapie bei Patienten mit metastasiertem PDAC (mPDAC) die Behandlungssequenz 4 Monate FOLFIRINOX gefolgt von LV5FU2 machbar und effektiv ist, mit einer objektiven Ansprechrate von 41 % , einem medianen progressionsfreien Intervall von 5,7 Monaten und einem medianen Gesamtüberleben von 11,2 Monaten.<sup>7</sup><br /> In der Phase-II-Studie GABRINOX konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit mPDAC die abwechselnde Gabe von zwei Zyklen FOLFIRINOX und einem Zyklus Nab-Paclitaxel/Gemcitabin als Erstlinientherapie eine akzeptable Toxizität und hohes Ansprechen erbringt. Grad 3- und -4-Toxizitäten waren Thrombose (17,2%/0 % ), Thrombopenie (31%/1,7 % ), Neutropenie (34,5%/22,4 % ), febrile Neutropenie (1,7%/1,7 % ), Nausea (17,2%/0 % ), Diarrhö (25,9%/1,7 % ), Gewichtsverlust (1,7%/0 % ) und Schwäche (31%/0 % ). Es gab keine nebenwirkungsbedingten Todesfälle. 3,5 % der Patienten hatten eine komplette Remission, 59,7 % eine partielle Remission, 21 % eine stabile Erkrankung und bei 15,8 % war die Erkrankung progredient. Die Ansprechrate insgesamt betrug 63,2 % (95 % CI: 49,3–75,5).<sup>8</sup><br /> In der Studie PRODIGE 37-FIRGEMAX, einer randomisierten Phase-II-Studie, konnte gezeigt werden, dass Gemcitabin plus Nab-Paclitaxel (MPACT-Regime)in Abwechslung mit FOLFIRI. (FIRGEM-Regime) bei 45 % der behandelten Patienten zu einer 6-monatigen progressionsfreien Zeit führt, im Vergleich zu 23 % der Patienten, die ausschließlich Gemcitabin plus Nab-Paclitaxel erhielten (n=122; HR: 0,70; 95 % CI: 0,48–1,03).<sup>9</sup><br /> In der NAPOX-Studie wurde die Kombination von nal-IRI + 5-FU/LV + OX als Erstlinientherapie bei Patienten mit mPDAC in Phase I/II bezüglich Sicherheit, Verträglichkeit und Toxizität untersucht und als erstes Ergebnis eine gute Verträglichkeit und antitumorale Wirkung beobachtet.<sup>10</sup></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Es besteht eine hohe onkologische Studienaktivität zu sämtlichen Behandlungsphasen beim PDAC. Interessant sind die vielversprechenden Ergebnisse neoadjuvanter Studien bei „borderline“ und lokal fortgeschrittenen Tumoren. Viel beachtet wurden die ersten Ergebnisse neoadjuvanter Therapie bei primär resektablen PDAC, wenngleich daraus noch keine eindeutigen Schlüsse gezogen werden können. In der adjuvanten Situation scheint die Kombinations- Chemotherapie, eventuell im sequenziellen Wechsel verschiedener Regime, einer Monotherapie überlegen. Bei metastasiertem PDAC sind die Ergebnisse verschiedener Therapiekombinationen und -abfolgen noch unvollständig, sodass daraus keine eindeutig zu favorisierende Kombination abgeleitet werden kann.</p> </div></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Van Tienhoven G et al.: Preoperative chemoradiotherapy versus immediate surgery for resectable and borderline resectable pancreatic cancer (PREOPANC-1): a randomized, controlled, multicenter phase III trial. J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. LBA4002) <strong>2</strong> Shahda S et al.: Prospective trial of preoperative FOLFIRINOX in patients with resectable pancreatic ductal adenocarcinoma (PDAC): report of early endpoints. J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4118) <strong>3</strong> Deng A et al.: Prognosis of resectable pancreatic cancer based on systemic therapy sequence and regimen: an NCDB analysis. J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4120) <strong>4</strong> Conroy T et al.: Unicancer GI PRODIGE 24/CCTG PA.6 trial: a multicenter international randomized phase III trial of adjuvant mFOLFIRINOX versus gemcitabine (gem) in patients with resected pancreatic ductal adenocarcinomas. J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. LBA4001); NCT01526135 <strong>5</strong> Murphy JE et al.: Potentially curative combination of TGF-b1 inhibitor losartan and FOLFIRINOX (FFX) for locally advanced pancreatic cancer (LAPC): R0 resection rates and preliminary survival data from a prospective phase II study. J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4116) <strong>6</strong> Picozzi VJ et al.: Effect of anti-CTGF human recombinant monoclonal antibody pamrevlumab on resectability and resection rate when combined with gemcitabine/ nab-paclitaxel in phase 1/2 clinical study for the treatment of locally advanced pancreatic cancer patients. J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4016) <strong>7</strong> Dahan L et al.: FOLFIRINOX until progression, FOLFIRINOX with maintenance treatment, or sequential treatment with gemcitabine and FOLFIRI.3 for first-line treatment of metastatic pancreatic cancer: a randomized phase II trial (PRODIGE 35-PANOPTIMOX). J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4000); NCT02352337 <strong>8</strong> Assenat E et al.: Sequential treatment with nab-paclitaxel plus gemcitabine and folfirinox in metastatic pancreatic adenocarcinoma: GABRINOX phase II results. J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4109) <strong>9</strong> Taieb J et al.: Gemcitabine plus nab-paclitaxel until progression or given sequentially with 5-fluorouracile plus irinotecan (FOLFIRI.3) for first-line treatment of metastatic pancreatic ductal adenocarcinoma (mPDAC): a randomized phase II study (PRODIGE 37-FIRGEMAX). J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4107) <strong>10</strong> Dean AP et al.: A phase 1/2, open-label dose-escalation study of liposomal irinotecan (nal-IRI) plus 5-fluorouracil/leucovorin (5-FU/LV) and oxaliplatin (OX) in patients with previously untreated metastatic pancreatic cancer (mPAC). J Clin Oncol 2018; 36(suppl; abstr. 4111)</p>
</div>
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