.jpg)
Highlights zu „Graft-versus-host“-Erkrankung bei der EHA-Jahrestagung 2021
Autorin:
Univ.-Prof. Dr. Hildegard Greinix
Klinische Abteilung für Hämatologie
LKH-Universitätsklinikum Graz
E-Mail: hildegard.greinix@medunigraz.at
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Der orale selektive JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib verbessert das Therapieansprechen und verlängert das Überleben von Patienten mit refraktärer akuter „Graft-versus-host“-Erkrankung (GvHD). Verglichen mit alleiniger Kortikosteroidtherapie verbessert die Zugabe von Ibrutinib bei Patienten mit neu diagnostizierter chronischer GvHD das Ansprechen nicht, die Dauer des Ansprechens und das ereignisfreie Überleben werden auch nicht verlängert. Der orale selektive ROCK2-Inhibitor Belumosudil erzielt hohe Ansprechraten bei Patienten mit refraktärer chronischer GvHD.
Keypoints
-
Die GvHD stellt eine häufige und schwere Komplikation nach allogener HSZT dar.
-
Der selektive JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib erzielt bei Patienten mit therapierefraktärer akuter GvHD ein verbessertes Ansprechen und wird gut vertragen.
-
Der selektive ROCK2-Inhibitor Belumosudil könnte für Patienten mit refraktärer chronischer GvHD eine innovative und wirksame Therapieoption darstellen.
Wirksamkeit und Sicherheit von Ruxolitinib bei Patienten mit steroidrefraktärer akuter GvHD nach Cross-over in der REACH2-Studie
Im Vorjahr wurden die Daten der randomisierten, multizentrischen klinischen Phase-III-Studie REACH2 publiziert, in der die Wirksamkeit und Sicherheit des oralen selektiven Inhibitors der Januskinase (JAK) 1/2 Ruxolitinib (n=154) mit der besten derzeit zur Verfügung stehenden immunsuppressiven Therapie (n=155) bei Patienten mit kortikosteroidrefraktärer akuter „Graft-versus-host“-Erkrankung (GvHD) verglichen wurde.1 Ruxolitinib wurde in einer Dosierung von zweimal 10mg/Tag verabreicht und als beste verfügbare Therapie konnten Antithymozytenglobulin, extrakorporale Photopherese, mesenchymale Stromazellen, niedrig dosiertes Methotrexat, Mycophenolat Mofetil, „mammalian target of rapamycin inhibitor“, Etanercept oder Infliximab von den Zentren ausgewählt werden.
Das Gesamtansprechen am Tag 28 war in der Ruxolitinib-Kohorte mit 62% signifikant höher als in der Kontrollgruppe mit 39% (HR: 2,64; p<0,001). Auch am Tag 56 waren die andauernden Ansprechraten mit 40% verglichen mit 22% (HR: 2,38; p<0,001) in der Ruxolitinib-Gruppe höher. Nach 6 Monaten hatten 10% in der Ruxolitinib-Gruppe und 39% in der Kontrollgruppe einen Rückfall der akuten GvHD. Das mediane Überleben war 11,1 Monate in der Ruxolitinib-Gruppe verglichen mit 6,5 Monaten in der Kontrollgruppe (HR: 0,83).
Nunmehr präsentierte Prof. Jeff Szer vom Royal Melbourne Hospital in Australien die Ergebnisse der 49 Patienten (31,6%) im medianen Alter von 54 Jahren, die nach dem Tag 28 wegen schlechten Therapieansprechens aus dem Kontrollarm in den Ruxolitinib-Arm wechselten, wobei 38,8% akute GvHD von Grad II und 61,2% von Grad 3/4 hatten.2 Antithymozytenglobulin (20,4%) und Etanercept (20,4%) waren die am häufigsten verwendeten Immunsuppressiva und 24,5% der Patienten erhielten 2 und mehr Immunsuppressiva vor Wechsel auf Ruxolitinib nach einer medianen Zeit von 34 (28–162) Tagen. Das Gesamtansprechen am Tag 28 nach Crossover war 67,3% mit 46,9% kompletten und 20,4% partiellen Remissionen. Am Tag 56 nach Cross-over hatten 42,9% der Patienten ein anhaltendes Therapieansprechen vergleichbar mit den Ergebnissen der Patienten im Studienarm der REACH2-Studie. Die meisten Patienten erhielten Ruxolitinib in einer Dosierung von 20mg/Tag für median 61 (2–383) Tage. Alle Patienten hatten Dosisänderungen, wobei bei 63,3% die Therapie unterbrochen wurde und bei 61,2% die Dosis aufgrund von Nebenwirkungen geändert oder unterbrochen werden musste. Die häufigsten Nebenwirkungen (>20%) waren Anämie (30,6%), Thrombozytopenie (30,6%), Hypokaliämie (22,4%) und Neutropenie (20,4%). Insgesamt verstarben 19 (38,8%) Patienten, hauptsächlich an akuter GvHD. Da die Ergebnisse dieser Cross-over-Studie in Hinblick auf Gesamtansprechen und Dauer des Ansprechens sowie Nebenwirkungsraten sehr vergleichbar mit der randomisierten REACH2-Kohorte sind, kann Ruxolitinib bei Patienten mit steroidrefraktärer akuter GvHD empfohlen werden, die auf andere systemische Immunsuppressiva nicht angesprochen haben.
Itolizumab bei neu diagnostizierter akuter GvHD
Prof. John Koreth vom Dana-Farber Cancer Institute der Harvard Medical School in Boston präsentierte die Interimsergebnisse der EQUATE-Studie, einer offenen Phase-Ib-Dosisfindungsstudie, bei der Itolizumab, ein humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper, zum Einsatz kommt, der an CD6 bindet und die Interaktion mit dem „Activated Leukocyte Cell Adhesion“-Molekül (ALCAM) blockt, um dadurch die T-Zell-Aktivierung und das T-Zell-Trafficking in Targetorganen der akuten GvHD zu verhindern.3 Itolizumab wird in Dosen von 0,4 bis 2,4mg/kg i.v. alle 2 Wochen bis zum Tag 57 eingesetzt. Zehn Patienten im mittleren Alter von 48 Jahren, die mehrheitlich Blutstammzellen von einem HLA-identen Spender erhielten, haben bisher in der ersten Kohorte die Therapie beendet, wobei vier 0,4mg/kg, drei 0,8mg/kg und drei 1,6mg/kg an Itolizumab erhielten. Die mittlere Zeit bis zum Auftreten einer akuten GvHD waren 43 Tage und alle Patienten hatten eine Beteiligung des Gastrointestinaltrakts. Das Gesamtansprechen am Tag 29 war 80%, wobei 70% der Patienten eine komplette und 10% eine sehr gute partielle Remission erzielten. Am Tag 85 war das Gesamtansprechen 70% und alle Patienten erreichten eine komplette Remission, die bis zum Tag 169 anhielt. Am Tag 85 lag die mediane Reduktion der Steroiddosis bei 89%. Die meisten Nebenwirkungen waren mild oder moderat. Fünf Patienten hatten schwere Nebenwirkungen wie wiederkehrende GvHD des Gastrointestinaltrakts, Sepsis, Fieber, Covid-19-Erkrankung, Nokardiose und Vorhofflimmern. In der Studie traten 2 Todesfälle auf, eine intestinale Infarzierung und eine progrediente akute GvHD, die nicht als studienbezogen angesehen wurden. Aufgrund der vorliegenden erfolgversprechenden Ergebnisse wird Itolizumab in weiteren Studien untersucht werden.
Ibrutinib verglichen mit Placebo in Kombination mit Kortikosteroiden bei neu diagnostizierter chronischer GvHD: iNTEGRATE-Studie
Prof. David Miklos von der Stanford University School of Medicine präsentierte die Ergebnisse der iNTEGRATE-Studie, an der auch unser Transplantationszentrum teilnahm und die eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-IIIStudie bei Patienten mit neu diagnostizierter therapiebedürftiger moderater oder schwerer chronischer GvHD darstellt.4 Neben Cortison in einer Dosierung von 1mg/kg/Tag erhielten die Patienten entweder Ibrutinib in einer Dosierung von 420mg/Tag oder Placebo peroral. Der primäre Studienendpunkt war das Ansprechen (komplett oder partiell) bei Woche 48 nach den NIH-Konsensus-Kriterien. Insgesamt erhielten 95 Patienten Ibrutinib und 98 Placebo und die mediane Behandlungszeit lag bei 5,4 und 6,4 Monaten. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 25 Monaten erreichten 41% im Ibrutinib- und 37% im Placeboarm ein Ansprechen (p=0,54). Nach längerer Nachbeobachtung war die Dauer des Ansprechens 16 Monate im Ibrutinib-Arm und 10 Monate im Placeboarm (p=0,12). Das mediane Event-Free Survival war 15 vs. 8 Monate (HR: 0,75; p=0,1) und das mediane Gesamtüberleben wurde in beiden Studienarmen noch nicht erreicht. 49% der Patienten im Ibrutinib-Arm und 46% im Placeboarm hatten Grad->3-Nebenwirkungen und bei 22% bzw. 25% führten die Nebenwirkungen zum Absetzen der Medikation. Somit ergab sich in dieser klinischen Studie keine signifikante Verbesserung des Therapieansprechens durch die Zugabe von Ibrutinib zur standardmäßigen Cortisonmedikation.
Therapie der refraktären chronischen GvHD mit Belumosudil
Prof. Corey Cutler vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston präsentierte die Ergebnisse der ROCKSTAR-Studie (KD025–213), in der Patienten mit chronischer GvHD nach 2 bis 5 vorangegangenen Therapien randomisiert Belumosudil in einer Dosierung von 200mg/Tag (n=66) oder 200mg/zweimal täglich (n=66) erhielten.5 Belumosudil ist ein neuer, selektiver, oraler „Rho-associated coiled-coil kinase 2“(ROCK2)-Inhibitor. Primärer Studienendpunkt war das Gesamtansprechen nach den NIH-Konsensus-Kriterien aus dem Jahr 2014. Die in die Studie eingeschlossenen Patienten im medianen Alter von 56 Jahren hatten median 3 vorangegangene Therapielinien erhalten und hatten eine mediane Dauer ihrer chronischen GvHD von 29 Monaten. 67% der Patienten hatten eine NIH-definierte schwere chronische GvHD, bei 52% waren vier und mehr Organe beteiligt und 72% waren refraktär auf die vorangegangene Therapie. Das Gesamtansprechen mit Belumosudil einmal täglich lag bei 73%, mit zweimal täglich bei 77%. Komplette Remissionen wurden in allen Organmanifestationen erzielt und die mediane Dauer des Ansprechens lag bei 50 Wochen. Nach 6 Monaten betrug das Failure-Free Survival 76% und 21% der Patienten konnten ihre Kortikosteroidmedikation absetzen. Belumosudil wurde sehr gut vertragen. Nebenwirkungen bei mehr als 20% der Patienten waren Fatigue (38%), Diarrhö (33%), Nausea (31%), Husten (28%), Infektionen des oberen Respirationstraktes (27%), Dyspnoe (25%), Cephalea (24%), periphere Ödeme (23%), Erbrechen (21%) und Muskelkrämpfe (20%). Im Verlauf der Studie verstarben 14 Patienten, davon 8 an schweren Nebenwirkungen und 6 in der Nachbeobachtungszeit. Belumosudil erzielte damit sehr erfolgversprechende Ergebnisse und sollte in weiteren klinischen Studien eingesetzt werden.
Literatur:
1 Zeiser R et al.: Ruxolitinib for glucocorticoid-refractory acute graft-versus-host disease. N Engl J Med 2020; 382(19): 1800-10 2 Szer J et al.: Efficacy and safety of ruxolitinib in patients with steroid-refractory acute graft-vs-host disease after crossover in the phase 3 REACH2 study. EHA 2021, Abstr. #S236 3 Koreth J et al.: Interim results from the EQUATE study: preliminary safety and efficacy of itolizumab, a novel targeted anti-CD6 therapy, newly diagnosed acute graft-versus-host disease. EHA 2021, Abstr. #S238 4 Miklos D et al.: Ibrutinib vs placebo in combination with corticosteroids in patients with new-onset chronic graft-versus-host disease (cGVHD): results from the randomized, double-blind phase 3 INTEGRATE study. EHA 2021, Abstr. #S235 5 Cutler C et al.: Belumosudil for chronic graft-versus-host disease after 2 or more prior lines of therapy: the ROCKSTAR study (KD025-213). EHA 2021, Abstr. #S239