
Highlights der zweiten Konferenz zur Immuntherapie bei Krebs
Klinik für Onkologie
UniversitätsSpital Zürich
E-Mail: ulf.petrausch@usz.ch
Quelle: 2nd Immunotherapy of Cancer Conference (ITOC-2), 25.–27. März 2015, München
Die diesjährige ITOC erwies sich als ein sehr gelungenes Zusammentreffen europäischer und nordamerikanischer Experten aus dem Bereich der Immunonkologie. Es wurden alle Aspekte der dynamischen Entwicklung der Immunonkologie diskutiert.
In Zusammenschau der vorliegenden Ergebnisse, welche insbesondere bei Studien mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) erhoben wurden, ist es unabhängig vom Ursprung des Tumors wichtig, das immunologisch-zelluläre Infiltrat des Tumors zu kennen. Einheitlich wurde die Meinung vertreten, dass es primär immunogene und nicht immunogene Tumoren gibt. Immunogene Tumoren zeichnen sich vor allem durch ein Infiltrat von CD8-positiven Zellen aus, die das Zentrum des Tumors erreichen.1 Bei nicht immunogenen Tumoren sind zwar in der Invasionsfront T-Zellen nachweisbar, diese können aber nicht in das Zentrum des Tumors vordringen. Prof. Dr. med. Pedro Romero, Universität Lausanne, geht davon aus, dass 30–50 % aller Tumoren nicht immunogen sind. Der prognostische Wert eines solchen Immuninfiltrats ist schon länger bekannt, nun aber wird der Immunogenität zusätzlich auch ein prädiktiver Wert im Hinblick auf das Ansprechen auf Immuntherapien zugeschrieben.
Verbesserung des Outcomes
Darüber hinaus wurde von den anwesenden Experten die Meinung vertreten, dass die aktuellen Immuntherapien basierend auf ICI bei 20–30 % der Patienten eine langfristige Tumorkontrolle bei einigen Tumorentitäten induzieren können. Es herrschte Übereinkunft darüber, dass eben diese langfristige Tumorkontrolle oder die langfristige Remission das Alleinstellungsmerkmal der Immuntherapie sein muss (Abb. 1). Daraus ergab sich der Diskussionspunkt, ob ein schnelles und profundes Ansprechen mit einer guten partiellen Remission (PR) bis kompletten Remission anzustreben ist, wenn dieses nicht zu einer langfristigen Tumorkontrolle führt. Prof. Dr. med. Mario Sznol, Yale Cancer Center, New Haven, USA, veranschaulichte diese Thematik am Beispiel der Kombination des Anti-CTLA4-Antikörpers (AK) Ipilimumab mit dem Anti-PD-1-AK Nivolumab. Diese zeigte nämlich zwar eine eindrückliche Gesamtansprechrate mit vielen PRs, konnte aber die langfristige Kontrolle bei höherer Toxizität nicht signifikant verbessern.2
Ein weiterer zentraler Punkt war die Eingliederung der Immuntherapie in den Kontext bereits etablierter Therapieverfahren wie der Chirurgie, der medikamentösen Tumortherapie und der Strahlentherapie. Drew Pardoll veranschaulichte dieses Konzept 2012 in einem Review: „Klassische Therapien“ werden genutzt, um einen Tumor, der primär nicht immunogen ist, in einen immunogenen Tumor zu konvertieren. Die Folge davon ist aber auch eine gesteigerte Immunsuppression, welche als adoptive Immunsuppression bezeichnet wird. Hierbei können zum Beispiel ICI zum Einsatz kommen. In diesem Zusammenhang stellte Ass.-Prof. Dr. med. Janis Taube, Johns Hopkins University, Baltimore, USA, die immunhistochemischen Analysen der PD-L1-Expression vor.3 Es wird zunehmend klar, dass die Expression von PD-L1, einem wichtigen Liganden im Rahmen der adoptiven Immunsuppression, stark schwanken kann, und PD-L1 somit als dynamischer Marker fungiert. Folglich stellt sich die Frage, ob vor Monaten asserviertes Tumormaterial das adäquate Material für eine Messung von PD-L1 im Hinblick auf seinen prädiktiven Wert für eine Therapie gegen PD-1 oder PD-L1 ist. Ob dieses Phänomen erklärend für die Beobachtung ist, dass auch Patienten ohne den Nachweis einer PD-L1-Expression im Tumor teilweise gut auf eine Anti-PD1/-PD-L1-Therapie ansprechen, wurde ausführlich diskutiert.
Synergistische Effekte
Mehrere Vortragende präsentierten eindrucksvoll das grosse Potenzial der synergistischen Effekte verschiedener Therapien mit der Immuntherapie. So berichtete Prof. Dr. med. Paulo Acierto, Istituto Nazionale Tumori Fondazione Pascale, Neapel, über den „abscopal effect“ bei 21 Patienten mit progredientem Melanom, die Ipilimumab und eine Strahlentherapie erhalten hatten.4 Hier konnte nachgewiesen werden, dass die Patienten auch an nicht bestrahlten Metastasen ein verbessertes Ansprechen zeigten, was auf einen immunologischen Effekt hindeutet. Prof. Dr. med. George Coukos, Universität Lausanne, beschrieb die präklinischen Effekte einer Kombination des Anti-VEGF-AK Bevacizumab mit einer Impfung gegen Tumoren. Durch die Wirkung von Bevacizumab am Epithel kam es zu einer effizienteren Infiltration des Tumors durch Immunzellen,5 was eine Verlangsamung des Tumorwachstums zur Folge hatte. Um dieses Konzept in den klinischen Kontext zu stellen, präsentierte Ass.-Prof. Dr. med. Hans Hammers, Johns Hopkins Hospital, Baltimore, USA, die Daten für Nivolumab beim Nierenzellkarzinom, um anschliessend die ersten klinischen Daten der Kombination des Anti-PD-L1-AK MPDL3280A mit Bevacizumab zu diskutieren. Das Nierenzellkarzinom ist für diese Kombination von besonderem Interesse, da es als äusserst immunogener Tumor gilt und stark vom VEGF-Signalweg abhängig ist.
Zelluläre Therapie mit tumor-spezifischen T-Zellen
Die zelluläre Therapie mit tumorspezifischen T-Zellen stellte einen weiteren Schwerpunkt des Kongresses dar. Besonders eindrucksvoll waren die Daten von Dr. med. Michal Besser, Israeli Melanoma Society, und Ass.-Prof. James Yang, Center for Cancer Research, Bethesda, USA, die die Wirksamkeit von tumorinfiltrierenden T-Zellen zeigten. Hierbei wurden T-Zellen aus Melanomen extrahiert, kultiviert und anschliessend den Patienten reinfundiert. Dr. med. Michal Besser, Sheba Medical Center, Israel, zeigte Daten von 150 Patienten, bei denen in 20 % eine langfristige Kontrolle des Melanoms erzielt werden konnte. Als weiterer therapeutischer Ansatz wurden genetisch umprogrammierte T-Zellen gegen CD19 vorgestellt. Ass.-Prof. Dr. med. Marcela Maus, University of Pennsylvania, USA, präsentierte die Daten zur akuten lymphatischen Leukämie: bei therapierefraktären Patienten konnte in ca. 80 % eine Remission erreicht werden.6 Es gab eine rege Diskussion über mögliche andere Zielstrukturen für genetisch umprogrammierte T-Zellen. Unsererseits erfolgte die Vorstellung der Daten des ersten Patienten mit einem Pleuramesotheliom, der im Rahmen einer Phase-I-Studie im UniversitätsSpital Zürich mit genetisch umprogrammierten FAP(fibroblast activation protein)-spezifischen T-Zellen behandelt wurde.7
Während der Konferenz wies Prof. Dr. med. Jeff Weber, Moffitt Cancer Center, Tampa, USA, nachdrücklich darauf hin, dass die bisherigen Erfolge in der Immunonkologie das Ergebnis der Arbeit von vielen Hunderten Beteiligten sind, die in den letzten 50 Jahren an der Entwicklung als Studenten, Wissenschaftler und Ärzte mitgewirkt haben.
Quelle: Klinik für Onkologie
UniversitätsSpital Zürich
E-Mail: ulf.petrausch@usz.ch
Quelle: 2nd Immunotherapy
of Cancer Conference (ITOC-2),
25.–27. März 2015, München
1 Fridman WH et al: The immune contexture in human tumours: impact on clinical outcome. Nat Rev Cancer 2012; 12: 298-306
2 Wolchok JD et al: Nivolumab plus ipilimumab in advanced melanoma. N Engl J Med 2013; 369: 122-133
3 Taube JM et al: Association of PD-1, PD-1 ligands, and other features of the tumor immune microenvironment with response to anti-PD-1 therapy. Clin Cancer Res 2014; 20: 5064-5074
4 Grimaldi AM et al: Abscopal effects of radiotherapy on advanced melanoma patients who progressed after ipilimumab immunotherapy. Oncoimmunology 2014; 3: e28780.
5 Motz GT et al: Tumor endothelium FasL establishes a selective immune barrier promoting tolerance in tumors. Nat Med; 2014 20: 607-615
6 Maude SL et al: Chimeric antigen receptor T-cell therapy for ALL. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2014. 2014(1): 559-564
7 Petrausch U et al: Re-directed T cells for the treatment of fibroblast activation protein (FAP)-positive malignant pleural mesothelioma (FAPME-1). BMC Cancer 2012; 12: 615
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