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From bench to bedside: neue Therapieansätze auf molekularbiologischer Basis
Jatros
Autor:
Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Zsuzsanna Bago-Horvath
Klinisches Institut für Pathologie<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: zsuzsanna.bago-horvath@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
12.04.2018
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<p class="article-intro">Beim letztjährigen San Antonio Breast Cancer Symposium wurden zahlreiche neue Therapieansätze im Rahmen von präklinischen und klinischen Studien präsentiert. Bei vielen konnte man die Entwicklung der Behandlungskonzepte von der Laborbank bis zum Patientenbett nachvollziehen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Verlängerung einer adjuvanten Gabe von Zoledronsäure von 2 auf 5 Jahre nach adjuvanter Chemotherapie brachte keine Verlängerung des krankheitsfreien und des Gesamtüberlebens; es kam zu einer erhöhten Toxizität und infolgedessen zu Kieferosteonekrosen im experimentellen Arm.</li> <li>Der multigenomische Assay Endo- Predict war in der Lage, die Effizienz einer neoadjuvanten endokrinen Therapie und einer Chemotherapie bei Patientinnen mit luminalen Tumoren in der ABCSG-34-Studie vorherzusagen. Sowohl im Arm mit der endokrinen Therapie als auch im Chemotherapie-Arm konnten Patientinnen identifiziert werden, die kein adäquates Ansprechen auf die Therapie zeigten.</li> <li>„Selective estrogen receptor covalent antagonists“ (SERCAs) könnten eine durch ER-Mutationen verursachte Resistenz gegen Aromatase- Inhibitoren überwinden.</li> <li>Der zellbasierte „homologydirected repair assay“, entwickelt durch die Mayo Clinic, ist in der Lage, BRCA2-Mutationen mit bisher unbekannter Signifikanz in Hinblick auf ihr Risiko für die Karzinogenese genau einzustufen.</li> <li>Die lobuläre Neoplasie/Carcinoma lobulare in situ (LCIS) konnte auch molekulargenetisch als eine Vorstufe invasiv-lobulärer Mammakarzinome identifiziert werden.</li> <li>Die intratumorale Heterogenität betrifft einen Teil der Mammakarzinome, wobei alle Subtypen vertreten sind. Punktmutationen entwickeln sich schrittweise, während Veränderungen der Genkopienanzahl schubweise auftreten.</li> </ul> </div> <h2>SUCCESS A: Negativstudie zur verlängerten Gabe von Zoledronsäure</h2> <p>Einen der meisterwarteten Beiträge hat Wolfgang Janni aus Ulm über die SUCCESS- A-Studie präsentiert. Die Phase-IIIStudie ging der Frage nach, ob nach adjuvanter Chemotherapie bei Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko die verlängerte Gabe von Zoledronsäure über 5 anstatt 2 Jahren die Prognose verbessern kann. Für die Studie war ein 2x2-Design gewählt worden: Zur chemotherapeutischen Behandlung wurden die Patientinnen in zwei Arme randomisiert. Im Kontrollarm wurde standardmäßig mit einem Anthrazyklinund Taxan-haltigen Schema behandelt, ergänzt durch Gemcitabin im experimentellen Arm. Nach Beendigung der Chemotherapie wurden die Teilnehmerinnen erneut randomisiert und erhielten für 2 bzw. 5 Jahre Zoledronsäure.<br /> Obwohl die Studie einzelne Schwachstellen, wie z.B. die insgesamt niedrige Rezidivrate, aufwies, konnten wertvolle Konklusionen aus den Ergebnissen gezogen werden: Die Verlängerung der Zoledronsäure- Therapie brachte in allen analysierten Subgruppen keine Verlängerung des krankheitsfreien oder Gesamtüberlebens. Im experimentellen Arm traten zudem mehr unerwünschte Medikamentennebenwirkungen auf. So verdoppelte sich die Rate an Kieferosteonekrosen nach 5 Jahren Zoledronsäure-Gabe. Ein experimenteller sekundärer Endpunkt der Studie war der Nachweis zirkulierender Tumorzellen 5 Jahre nach Chemotherapie. Auch in dieser Hinsicht war das Ergebnis der Studie negativ, es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Therapiearmen.</p> <h2>Multigenomische Assays</h2> <p>Nach etlichen Forschungsbeiträgen in den vergangenen Jahren wurde es beim 40. San Antonio Breast Cancer Symposium still um multigenomische Assays. Ein einziger Beitrag dazu wurde in einer der Plenarsitzungen präsentiert; in diesem berichtete Peter Dubsky über die Effizienz des EndoPredict-Tests zur Vorhersage des Therapieansprechens im Rahmen der neoadjuvanten ABCSG-34-Studie. In seiner Analyse waren alle Patientinnen mit Östrogenrezeptor(ER)-positiven Tumoren erfasst, die im Rahmen der ABCSG- 34-Studie eine neoadjuvante endokrine Therapie oder Chemotherapie erhalten hatten. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass der EndoPredict-Test in der Lage ist, das Therapieansprechen nach der „Residual cancer burden“-Methode vorherzusagen. Bei Patientinnen mit Luminal-A-Mammakarzinomen mit niedriger Proliferationsrate, die neoadjuvant mit Letrozol behandelt wurden, sagte ein hoher EndoPredict- Score (hohes Rezidivrisiko) ein schlechtes Tumoransprechen vorher. Bei Patientinnen mit Luminal-B-Mammakarzinomen, die mit neoadjuvanter Chemotherapie behandelt wurden, identifizierte ein niedriger EndoPredict-Score (niedriges Risiko) ebenfalls diejenigen Patientinnen, die keine adäquate Tumorreduktion erfahren hatten. In diesem Therapiearm wiesen alle Patientinnen mit gutem Ansprechen einen hohen EndoPredict-Score auf. Somit kann der EndoPredict-Test bei zukünftigen neoadjuvanten Studien zur Patientenselektion herangezogen werden.</p> <h2>Synergismen zwischen Grundlagenwissenschaft und klinischer Forschung</h2> <p>Neben diesen bedeutenden klinischen Studien wurden mehrere innovative molekularbiologische Erkenntnisse präsentiert, die zwar noch keinen Eingang in die klinische oder diagnostische Routine gefunden haben, aber in weiterer Folge die Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms verändern könnten. Ein Hauptaugenmerk des Jubiläumskongresses lag auf jeden Fall auf der Herstellung von Synergismen zwischen Grundlagenwissenschaft und Medikamentenforschung. In mehreren Vorträgen ging es darum, neue Wege aufzuzeigen, wie aktuelle molekularbiologische Entdeckungen zur Entwicklung effektiver neuer Therapiemöglichkeiten beitragen könnten.<br /> Markus Warmuth, Geschäftsführer der Biotechnologie-Firma H3 Biomedicine (www.h3biomedicine.com), hat in seiner Präsentation eine neue Substanzgruppe vorgestellt, die eine endokrine Resistenz aufgrund von Östrogenrezeptor(ER)-Mutationen überwinden könnte. Mit fortschreitender Erkrankung entwickeln etwa 30 % aller endokrin resistenten Mammakarzinome Mutationen des ESR1-Gens, das für ER kodiert. Diese Mutationen bewirken eine konstitutive Aktivierung des Rezeptors auch ohne Liganden und vermitteln Resistenz gegen Aromataseinhibitoren. „Selective estrogen receptor covalent antagonists“ (SERCAs) binden kovalent an den mutierten Rezeptor, verhindern somit dessen Aktivierung und unterbinden seine Wirkung. Eine bereits getestete Substanz mit diesem Wirkungsmechanismus zeigte im Tierversuch sowohl als Einzelsubstanz als auch in Kombination mit dem CDK-Inhibitor Palbociclib erfolgreich eine Antitumorwirkung.<br /> Fergus Coach von der Mayo Clinic hat über die Charakterisierung von BRCA2- Mutationen mit bisher unklarer Signifikanz berichtet. Diese Genmutationen bereiten viele Probleme im klinischen Alltag, weil ihre Konsequenzen für das klinische Management bezüglich des Brustkrebsscreenings und prophylaktischer Operationen unklar sind. Obwohl statistische Modelle existieren, die das individuelle Risiko zu kalkulieren vermögen, gibt es bei vielen Varianten zu wenig betroffene Familien, um die Wirkung der Mutationen mit Sicherheit einschätzen zu können. Hier könnten funktionelle Assays Abhilfe schaffen. Durch die Entwicklung des zellbasierten „homology-directed repair assay“ kann die Funktionsfähigkeit des BRCA2-Proteins nachgewiesen werden, das invers mit dem onkogenen Potenzial korreliert. Der Assay weist eine 100 % ige Sensitivität und Spezifität auf und könnte Familien mit bisher nicht charakterisierbaren BRCA2-Mutationen nun eine sichere Aussage über ihr Karzinomrisiko bieten.<br /> Der Pathologe Jorge Reis-Filho vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center hat zwei Vorträge über die Mutationslandschaften von unterschiedlichen Mammakarzinomen gehalten. Diese betrafen zwei umstrittene Fragen der Mammakarzinogenese. In seinem ersten Vortrag ging er der Frage nach, ob die lobuläre Neoplasie tatsächlich eine Vorstufe von invasiven lobulären Mammakarzinomen darstellt (Abb. 1). Seine Arbeitsgruppe konnte mittels „whole exome sequencing“ bei insgesamt 43 Fällen von lobulärer Neoplasie/Carcinoma lobulare in situ zeigen, dass diese Läsionen zum Teil das gleiche Mutationsspektrum wie invasiv-lobuläre Mammakarzinome aufweisen und somit als nicht obligatorische Karzinomvorstufen zu verstehen sind.<br /> In seinem zweiten Vortrag befasste er sich mit der Entstehung der intratumoralen Heterogenität. Es ist bereits bekannt, dass intratumorale Heterogenität in allen Mammakarzinomsubtypen auftreten kann und häufig Therapietargets, wie z.B. HER2, betrifft. Somit spielt sie eine Rolle in der Entstehung von Resistenzmechanismen. Kürzlich wurde eine neue Technologie zum „single-cell genomic sequencing“ entwickelt, die die Sequenzierung einzelner Zellen aus Formalin-fixiertem, Paraffin-eingebettetem Tumormaterial erlaubt. Mithilfe dieser Technologie ist es gelungen, die genomische Evolution einzelner Mammakarzinome nachzuvollziehen und daraus wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Demnach betrifft die intratumorale Heterogenität nur einen Teil der Mammakarzinome. Bei diesen treten zwei Arten von Veränderungen auf: Punktmutationen werden schrittweise akquiriert, während Genkopienanzahlveränderungen schubweise auftreten und bereits bei In-situ-Läsionen (DCIS) nachweisbar sind. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass disseminierte Tumorzellen eine ähnliche Mutationslandschaft aufweisen, aber auch neue Veränderungen enthalten können.<br /> Obwohl diese Überlegungen derzeit eher geringe Relevanz in der Praxis haben, können sie die Entwicklung neuer Therapieoptionen zu personalisierter Mammakarzinombehandlung vorantreiben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1802_Weblinks_jatros_onko_1802_s39_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="591" /></p></p>
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