
Fortschritte in Diagnostik und Therapie des DLBCL
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Das DLBCL ist eine äußerst heterogene Erkrankung, was die Auswahl einer geeigneten Therapie entscheidend verkompliziert. In der Erstlinientherapie wird dafür die Fokussierung auf Hochrisikokollektive und/oder neue biologische Gruppen entscheidend sein. Bei der Behandlung einer rezidivierten Erkrankung ist eine Reihe vielversprechender Substanzen in klinischer Testung. Auch die „Chimeric antigen receptor“(CAR)-T-Zelltherapie ist mittlerweile zugelassen.
Erstlinientherapie
Eine Verbesserung der Erstlinientherapie mit R-CHOP (Rituximab, Cyclophosphamid, Hydroxydaunomycin, Vincristin, Prednison) für fortgeschrittene Stadien des DLBCL ist in den letzten 15 Jahren gescheitert. Belegt wird dies durch eine Reihe negativer Phase-III-Studien: Weder der Austausch von Rituximab zu Obinutuzumab noch die Zugabe von bspw. Lenalidomid, Bortezomib, Ibrutinib oder Etoposid zur Standardinduktionstherapie R-CHOP, eine konsolidierende autologe Stammzelltransplantation oder diverse Strategien mit Erhaltungstherapien führten zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS) im jeweiligen Studienkollektiv.
Patienten mit hohem Risiko für R-CHOP-Therapieversagen sind bereits bei Diagnosestellung gut definiert:
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Diverse Variationen des International Prognostic Index (IPI) definieren durch Alter, Stadium und Tumorlast verschiedene prognostische Gruppen für die Standardinduktion mit R-CHOP. Der IPI des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) beispielsweise diskriminiert in der Rituximab-Ära die Überlebenskurven der einzelnen Risikogruppen eindeutiger mit einer 5-Jahres-Überlebensrate in der Hochrisikokohorte von nur 33%.
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Ein mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) detektierter Bruch in den Genen Myc, B-Cell Lymphoma 2 (BCL-2) und/oder BCL-6 definiert seit der letzten WHO-Klassifikation eine neue Entität: „high grade B cell lymphoma with Myc and BCL-2 and/or BCL-6 translocation“ = „Doublehit“-Lymphom“. Diese Patienten profitieren vermutlich von einer intensivierten Chemoimmuntherapie. Eine FISH-Untersuchung ist daher bei allen Patienten mit DLBCL obligat.
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Die immunhistochemisch bestätigte Überexpression von Myc (>40%) und BCL-2 (>70%) definiert die „Double expressor“- oder „Double protein“-Lymphome. Eine Überexpression von Myc und BCL-2 zieht eine schlechtere Prognose nach sich, unabhängig von der Ursprungszelle oder dem IPI.
Eine Reihe weiterer Risikogruppen ist noch nicht in der klinischen Routine etabliert. Am vielversprechendsten erscheinen neben neuen biologischen Subgruppen (siehe unten) die Messung zirkulierender Tumor-DNA und Positronen-Emissionstomografie(PET)-basierte Parameter. Bei beiden Methoden ist sowohl die Tumorlast zu Beginn der Erkrankung als auch die Kinetik, entsprechend dem Therapieansprechen, prognostisch.
In den oben erwähnten negativen Phase-III-Studien zeigten sich in Subgruppen mit hoher Wahrscheinlichkeit für R-CHOP-Therapieversagen mögliche Ansätze zur Verbesserung der Erstlinientherapie. Hier seien nur zwei Beispiele genannt: In der Phoenix-Studie, die die Zugabe von Ibrutinib zur Induktionstherapie R-CHOP evaluierte, zeigte sich beispielsweise ein ausgeprägter Vorteil im progressionsfreien Überleben (PFS) und im OS in der Gruppe der <65-jährigen „Double expressor“-Lymphom-Patienten. Die Phoenix-Studie im Allgemeinen scheiterte nicht an einer zu geringen Effektivität, sondern an einer verstärkten Toxizität, vor allem bei älteren Patienten. In der negativen Phase-III-Studie zum Vergleich von „dose-adjusted“ EPOCH-R (Etoposid, Prednison, Vincristin, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Rituximab) versus R-CHOP zeigte sich in der Subgruppe mit Hochrisiko-IPI ein Vorteil im PFS.
Bestätigt wurden die Daten der deutschen FLYER-Studie zur Möglichkeit der Therapie-Deeskalation bei Patienten mit geringer Tumorlast. Am Jahresmeeting 2019 der American Society of Hematology (ASH) wurden diesbezüglich zwei Studien präsentiert: In British Columbia wurden seit 2005 Patienten im Stadium I/II ohne Bulk (>10cm) und ohne B-Symptomatik mit 4 Zyklen R-CHOP behandelt, falls in der PET-Computertomografie (CT) eine metabole Remission erzielt wurde (Deauville-Score <3). 80% (254/324 Patienten) waren im Interim-PET negativ, nur 21 dieser 254 Patienten rezidivierten. Auch die im Interim-PET positiven Patienten hatten – meist mit additiver Radiatio – ein gutes Outcome, 13 von 59 Patienten erlitten einen Relaps. In einer prospektiven Studie des National Clinical Trial Network (NCTN) mit Patienten im Stadium I/II ohne Bulk (>10cm) und ohne B-Symptomatik waren nach 3 Zyklen 89% der Patienten PET-negativ und erhielten 4 Zyklen R-CHOP, PET-positive Patienten erhielten eine Radioimmuntherapie mit Zevalin. Für beide Patientengruppen war das Outcome hervorragend, mit einer 5-Jahres-PFS-Rate von 87%.
Zeigte sich eine PET-getriggerte Deeskalation in lokalisierten Stadien demnach als sinnvoll, ist eine PET-getriggerte Eskalationsstrategie im fortgeschrittenen Stadium bisher nicht etabliert. In der PETAL-Studie erfolgte bei PET-positiven Patienten eine Eskalation auf ein Burkitt-Lymphom-Protokoll. Die schlechte Prognose bei PET-Positivität wurde durch die Eskalation der Chemotherapie nicht aufgehoben. Die PETAL-Studie zeigt den hohen „unmet clinical need“ für primär refraktäre Patienten.
Fazit
Das DLBCL ist eine äußerst heterogene Erkrankung, die dichotome Einteilung in biologische Untergruppen – aktivierter B-Zell-Typ und Keimzentrumstyp – und die Verabreichung entsprechender zielgerichteter Therapiekonzepte sind wie oben beschrieben gescheitert. Die 2018 publizierte weitere Unterteilung in vier bzw. fünf genetisch definierte Untergruppen erscheint immanent für die Planung weiterer Therapiekonzepte. Zudem bietet die retrospektive Analyse negativer Phase-III-Studien einen Datenschatz zur Generierung neuer Hypothesen, welche dieser Untergruppen eventuell von dem jeweils geprüften Therapiekonzept profitieren könnte. Für die Überprüfung neuer Therapiekonzepte in der Erstlinientherapie erscheintdie Fokussierung auf Hochrisikokollektive und/oder neue biologische Subgruppen entscheidend.
Rezidivtherapie
Das Dogma des DLBCL als „one-shot cancer“ wurde durch die Einführung der CAR-T-Zelltherapie durchbrochen. Tisagenlecleucel und Axicabtagen-Ciloleucel sind mittlerweile zugelassen, ein rechtzeitiges Aviso mit den verabreichenden Transplantationszentren zur Evaluierung der Indikation und zur logistischen Planung ist nötig. Die Daten der CAR-T-Zelltherapie-Zulassungsstudien wurden im „real-world setting“ auch bestätigt, allerdings führen logistische Herausforderungen vor allem in Europa bei nahezu jedem Patienten zur Notwendigkeit einer Bridgingtherapie. Die CAR-T-Zelltherapie erscheint in preliminären Daten über alle Risikogruppen effektiv. Beispielsweise zeigen auch ältere Patienten, Patienten mit „Double expressor“-Lymphomen, „Double hit“-Lymphomen oder mit sekundärem Befall des Zentralnervensystems eine gute Response ohne additive Toxizität.
Rezent in der Rezidivsituation zugelassen wurde das Antikörper-Drug-Konjugat Polatuzumab-Vedotin in Kombination mit Rituximab/Bendamustin bei rezidivierten Patienten, die nicht für eine autologe Stammzelltransplantation geeignet sind. Polatuzumab/Rituximab/Bendamustin zeigte im Vergleich mit Rituximab/Bendamustin bei Patienten mit zumindest 2 Vortherapien, die nicht fit für eine autologe Transplantation waren, einen signifikanten PFS- und OS-Benefit. Das mediane PFS lag bei 7,6 Monaten, das mediane OS bei 12,4 Monaten. Sollte eine Therapie mit Polatuzumab in Kombination mit Rituximab/Bendamustin als Bridgingtherapie zur CAR-T-Zelltherapie erwogen werden, so sei auf die Zytotoxizität von Bendamustin hingewiesen, die eine erfolgreiche Pherese verhindern kann.
Substanzen in klinischer Testung
Eine Reihe von vielversprechenden Substanzen ist derzeit in klinischer Testung. Einige bispezifische Anti-CD20/CD3-Antikörper beispielsweise zeigen bei hervorragender Tolerabilität anhaltendene Remissionen bei rezidivierten Patienten. So wurden z.B. für Mosunetuzumab einige Fälle mit anhaltender Response nach CAR-T-Zelltherapie-Versagen präsentiert.
Tafasitamab, ein Anti-CD19-Antikörper, zeigte in der einarmigen Phase-II-Studie L-MIND in Kombination mit Lenalidomid ein medianes PFS von 16 Monaten bei Patienten mit 1–3 Vortherapien, die nicht für eine autologe Stammzelltransplantation geeignet sind. Bis auf eine geringgradige Infektionsneigung war die Therapie gut tolerabel.
Die 2018 publizierten, vielversprechenden Daten zum Makrophagen-Checkpoint-Inhibitor HU5F9-G4 bestätigen sich in präliminären Phase-II-Daten und längerem Follow-up bei relapsierten/refraktären (r/r) B-Non-Hodgkin-Lymphomen (B-NHL). Die Gesamtansprechrate bei Patienten mit r/r indolenten Lymphomen (n=115) war 61%, bei r/r DLBCL (n=59) 36% inklusive anhaltender Komplettremissionen, die mediane Ansprechdauer ist bisher bei den Patienten der PhaseIb nicht erreicht. Grad-3/4-Nebenwirkungen waren selten (<7%), lediglich transiente Anämie Grad 3 trat bei 15% der Patienten auf, ohne Hinweise auf Langzeittoxizitäten.◼
Autor:
Dr. Michael Panny
Abteilung für Hämatologie und Onkologie
Hanusch-Krankenhaus, Wien
E-Mail: michael.panny@oegk.at
Literatur:
beim Verfasser
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