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FLOT ist neuer Standard in der perioperativen Therapie des Magenkarzinoms ab dem Stadium T2
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Ewald Wöll
St. Vinzenz Krankenhaus Betriebs GmbH<br>Abteilung für Innere Medizin<br>Zams<br>E-Mail: e.woell@krankenhaus-zams.at
30
Min. Lesezeit
23.11.2017
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<p class="article-intro">Beim heurigen ASCO Annual Meeting hat es sowohl beim Magenkarzinom als auch bei den Gallengangskarzinomen (CCC) praxisrelevante Publikationen gegeben, die ab sofort in unsere täglichen Therapieentscheidungen einfließen werden. Immuncheckpoint-Inhibitoren machen weiterhin einen großen Anteil der Innovationen beim Magenkarzinom aus. Auch für das hepatozelluläre Karzinom (HCC) liegen reifere Daten vor. Beim Ösophaguskarzinom konnte eine verbesserte Lokalkontrollrate durch die Zugabe von Cetuximab zur Strahlentherapie gezeigt werden. </p>
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<p class="article-content"><h2>Magenkarzinom</h2> <p>In der kurativen Therapie des Adenokarzinoms des Magens und des gastroösophagealen Überganges ist ab dem Stadium T2 die perioperative Chemotherapie als Standard anzusehen. Die Therapie mit Epirubicin, Cisplatin und 5FU oder Capecitapin stellt aufgrund der Ergebnisse der MAGIC-Studie den bisherigen Standard dar. Der Stellenwert von Anthrazyklinen ist jedoch umstritten. Dieser alte Standard wird nun durch die taxanhältige Kombinationschemotherapie FLOT (5FU, Leukovorin, Oxaliplatin, Docetaxel) in der FLOT4-Studie herausgefordert. In dieser Phase-III-Studie wurden 716 Patienten von der deutschen Studiengruppe AIO randomisiert, sie erhielten im Kontrollarm drei jeweils dreiwöchentliche Zyklen ECF oder ECX, gefolgt von einer Operation, wiederum gefolgt von drei weiteren Zyklen ECF oder ECX. Im experimentellen Arm erhielten die Patienten 4 Gaben FLOT, jeweils im Abstand von 14 Tagen, gefolgt von einer Operation, wiederum gefolgt von weiteren 4 Gaben der Chemotherapie FLOT im Abstand von 14 Tagen. Die Durchführbarkeit der Therapie war dabei im experimentellen Arm besser. Bei sehr guter chirurgischer Qualität in beiden Armen (im Mittel wurden 25 Lymphknoten entfernt) konnten bereits im Phase-II-Teil eine höhere Rate an kompletten pathologischen Remissionen und ein Down-Staging im experimentellen Arm berichtet werden. Die Toxizitätsrate und die perioperative Morbidität und Mortalität waren dabei vergleichbar. <br />Im primären Endpunkt der Phase-III-Studie (Gesamtüberleben, OS) konnte durch FLOT gegenüber ECF/X eine signifikante Verbesserung erreicht werden (HR: 0,77; p=0,012). Diese signifikante Verbesserung entspricht einer 5-Jahres-Überlebensrate von 36 % im Kontrollarm (das entspricht exakt der Rate des 5-Jahres-Überlebens aus der MAGIC-Studie), die im experimentellen Arm auf 45 % erhöht werden konnte. Dieser Effekt ist über alle Subgruppen konsistent und nicht nur statistisch signifikant, sondern auch klinisch relevant.<br />FLOT ist aufgrund der von S.-E. Al-Batran vorgestellten Daten der neue Standard in der perioperativen Therapie des Magenkarzinoms ab dem Stadium T2.</p> <p><strong>Palliative Letztlinientherapie</strong></p> <p>In der palliativen Letztlinientherapie wurde beim heurigen ASCO GI die asiatische Phase-III-Studie ATTRACTION-2 vorgestellt. In dieser 2:1 randomisierten Studie erhielten Patienten Nivolumab 3mg/kg versus Placebo. Die Patienten waren zu 80 % zumindest mit drei Linien Chemotherapie vorbehandelt, Nivolumab konnte dabei die Gesamtüberlebensrate signifikant gegenüber „best supportive care“ erhöhen, mit einer HR von 0,63 (p<0,0001). Nivolumab könnte somit eine neue Behandlungsoption für Patienten mit Magenkarzinom darstellen, die bereits mehrere Therapielinien erhalten haben. <br />Eine Einschränkung ergibt sich jedoch aus der Tatsache, dass lediglich asiatische Patienten behandelt worden sind; denn sowohl der Immunstatus als auch die Prognose des Magenkarzinoms sind bei Kaukasiern im Vergleich zu Asiaten unterschiedlich. Daher wurden mit Spannung die aktualisierten Ergebnisse der CHECKMATE-032-Studie (Kohorte 1) erwartet. In dieser wurden ausschließlich nicht asiatische Patienten behandelt. Die Ergebnisse entsprechen denen der asiatischen Phase-III-Studie. Bei etwa einem Drittel der Patienten konnte eine Verbesserung erreicht werden. Das 12-Monats-Gesamtüberleben lag bei diesen stark vorbehandelten Patienten bei 39 % . Somit kann diese Studie als Bestätigung der asiatischen Phase-III-Daten angesehen werden.<br />Auch für Pembrolizumab wurden Letztlinienergebnisse in der Kohorte 1 der KEYNOTE-059-Studie vorgelegt. In dieser Phase-II-Studie wurden Patienten mit 200mg Pembrolizumab dreiwöchentlich behandelt. Auch diese Patienten hatten zu 50 % mehr als drei Therapielinien durchgemacht. Hier zeigten sich eine Reduktion des Tumors bei 42,4 % der Patienten und ein 12-Monats-Gesamtüberleben von 23,4 % .<br />Von Interesse in dieser Studie ist jedoch im Besonderen die Kohorte 2. Hierbei handelt es sich um die ersten Ergebnisse von 24 Patienten, die in der ersten Therapielinie mit Chemotherapie (Cisplatin/5FU) in Kombination mit Pembrolizumab behandelt worden sind. Es hat sich bei allen Patienten eine Tumorreduktion gezeigt. Teilweise sind diese Reduktionen über 12 Monate lang anhaltend. Ähnlich wie bei den Nivolumab-Daten ist das Ansprechen nicht auf jene Patienten beschränkt, die PD-L1 überexprimieren. In laufenden Phase-III-Studien werden diese Therapieansätze untersucht.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1706_Weblinks_s77.jpg" alt="" width="1454" height="794" /></p> <h2>Ösophaguskarzinom</h2> <p>Von PD Dr. Thomas Ruhstaller wurden die Ergebnisse der schweizerischen/deutschen/österreichischen Phase-III-Intergroup-Studie zur neoadjuvanten Radiochemotherapie in Kombination mit Cetuximab zur Behandlung des Ösophaguskarzinoms vorgestellt (SAKK 75/08). 300 Patienten mit Adenokarzinom oder Plattenepithelkarzinom des Ösophagus wurden randomisiert und erhielten zwei Zyklen Induktionschemotherapie, gefolgt von Radiochemotherapie, gefolgt von Operation, oder die gleiche Therapie kombiniert mit Cetuximab wöchentlich und einer adjuvanten Cetuximab-Therapie.<br />Im Gesamtüberleben zeigte sich kein Vorteil. Im primären Endpunkt progressionsfreies Überleben konnte in der untersuchten Patientenzahl die Signifikanz leider knapp nicht erreicht werden, obwohl die HR mit 0,79 % eine Tendenz zeigt. Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt bei Plattenepithelhistologie und großen Tumoren. Auch wenn sich in der Fernmetastasierungsrate kein Unterschied zeigte, konnte ein deutlicher lokoregionaler Effekt erreicht werden, mit einer signifikanten Erhöhung der Rate an Lokalrezidivfreiheit nach R0-Resektion im Cetuximab-Arm. Diese Studie unterstützt weitere Untersuchungen mit Cetuximab in der neoadjuvanten Therapie als Strahlensensitizer.</p> <h2>Cholangiozelluläres Karzinom</h2> <p>In dieser heterogenen Patientengruppe ist bis dato keine adjuvante Therapie nach R0- oder R1-Resektion etabliert. Beim heurigen ASCO GI konnte die Phase-III-Studie PRODIGE 12–ACCORD 18 kein positives Ergebnis für GEMOX adjuvant zeigen.<br />Die beim ASCO vorgestellte Phase-III-Studie BILCAP untersuchte nun Patienten nach Resektion (R0 oder R1), bei denen entweder lediglich eine Nachsorge durchgeführt wurde oder die 8 Zyklen Capecitabin adjuvant erhielten. Ein Drittel der Patienten war R1-reseziert, zwei Drittel waren R0-reseziert. Eingeschlossen waren Patienten mit intrahepatischem hilärem und extrahepatischem cholangiozellulärem Karzinom sowie Patienten mit Gallenblasenkarzinom. Durch die Gabe von 8 Zyklen Capecitabin (2500mg/m<sup>2</sup>/d, aufgeteilt auf zwei Dosen über 14 Tage mit einer Woche Pause) konnte die Gesamtüberlebensrate von 36,1 Monaten auf 52,7 Monate erhöht werden, mit einer signifikanten HR von 0,75 (p=0,028). <br />Die Verträglichkeit dieser Therapie ist vertretbar, die Lebensqualität wird nicht beeinträchtigt. Capecitabin adjuvant ist daher der neue Standard bei R0- oder R1-resezierten Patienten mit cholangiozellulärem Karzinom.</p></p>