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Therapie des Mantelzelllymphoms

Entscheidende Fortschritte dank neuer Substanzen

<p class="article-intro"> Das Mantelzelllymphom (MCL) ist nach wie vor ein B-Zell-Lymphom mit schlechter Prognose, lediglich ein kleiner Anteil der Patienten überlebt für Jahre mit nur wenig oder gar keiner Behandlung. Vor allem die Therapie rezidivierter Patienten ist eine grosse Herausforderung. Hier hat eine Monotherapie mit Ibrutinib, einem Hemmer der Bruton-Tyrosinkinase, jedoch hohe Ansprechraten und eine lange Ansprechdauer gezeigt.</p> <hr /> <p class="article-content"> <p>Prof. Dr. med. Martin Dreyling, M&uuml;nchen, ging im ersten Teil seines Vortrags auf die Standardtherapien des MCL ein. &bdquo;Bei j&uuml;ngeren, d.h. unter 65-j&auml;hrigen Patienten sehen wir eine autologe Stammzelltransplantation nach wie vor als Standardbehandlung an&ldquo;, erkl&auml;rte er. &bdquo;Durch die Integration von hoch dosiertem Cytarabin in die Induktionstherapie konnte die Rate an molekularen Remissionen zudem von 30 auf mehr als 70 % erh&ouml;ht werden.&ldquo; Dies f&uuml;hrte auch zu einem deutlichen Vorteil bez&uuml;glich des krankheitsfreien &Uuml;berlebens.<sup>1</sup> &bdquo;Bei den &uuml;ber 65-J&auml;hrigen hat der Einsatz von Bendamustin und Rituximab im Vergleich zu R-CHOP Vorteile gezeigt.&ldquo; Bekannt ist jedoch auch, dass sich die Dauer der Remission nach R-CHOP durch eine anschliessende Rituximab-Erhaltungstherapie deutlich verl&auml;ngern l&auml;sst.<sup>2</sup><br /> Wie Prof. Dreyling weiter erl&auml;uterte, komme man in der rezidivierten Situation aufgrund der Aggressivit&auml;t der Erkrankung sogar mit den bestm&ouml;glichen Chemotherapien, wie z.B. der Kombination aus Rituximab, Bendamustin und Cytarabin in einer ausreichenden Dosis, nicht mehr weiter. &bdquo;Hier ist dann das Einsatzgebiet von Substanzen wie Bortezomib, Ibrutinib, Temsirolimus und Lenalidomid.&ldquo;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2014_Leading Opinions_Onko_1406_Weblinks_Seite68.jpg" alt="" width="626" height="423" /></p> <h2>Neue Kombinationen werden getestet</h2> <p>Bei VR-CAP wird Bortezomib anstelle von Vincristin im R-CHOP-Schema eingesetzt. Dies f&uuml;hrte in der Erstlinientherapie von Patienten mit MCL zu einer Verl&auml;ngerung des progressionsfreien &Uuml;berlebens um 59 % (24,7 vs. 14,4 Monate; p&lt;0,001).<sup>3</sup> &bdquo;Es ist jedoch abzuwarten, ob dies klinischer Standard wird, kam es doch bei einem erheblichen Anteil der Patienten unter VR-CAP zu Thrombozytopenien&ldquo;, gab Prof. Dreyling zu bedenken. Trotzdem seien die Daten so gut, dass nun in einer MCL-Rezidivstudie R-HAD (Rituximab, hoch dosiertes Ara-C und Dexamethason) plus/minus Bortezomib untersucht w&uuml;rde.<br /> Der mTOR-Inhibitor Temsirolimus wird aktuell unter anderem in der deutschen BeRT-Studie untersucht.<sup>4</sup> Hierbei werden die Sicherheit, Durchf&uuml;hrbarkeit und Wirksamkeit der Zugabe von Temsirolimus zu einer Therapie mit Rituximab und Bendamustin zur Behandlung von Patienten mit follikul&auml;rem Lymphom oder Mantelzelllymphom im ersten bis dritten Rezidiv gepr&uuml;ft. &bdquo;Und f&uuml;r Lenalidomid wurde von unseren amerikanischen Kollegen die Kombination mit Rituximab untersucht. Diese hat nach zwei Jahren eine Ansprechrate von 20 % erzielt&ldquo;, so Dreyling. Alle diese Daten w&uuml;rden zeigen, wie wichtig diese molekularen Substanzen seien, da in der rezidivierten Situation die konventionellen Chemotherapien nicht mehr ausreichten.</p> <h2>Ibrutinib in Monotherapie erfolgreich</h2> <p>PD Dr. med. Georg Hess, Mainz, pr&auml;sentierte im Anschluss Daten zum Bruton-Tyrosinkinasehemmer Ibrutinib in der Behandlung des MCL. &bdquo;Ibrutinib wurde in der Studie von Wang et al in einer Dosierung von 560mg pro Tag &ndash; also in einer anderen Dosierung, als bei CLL untersucht wurde &ndash; eingesetzt&ldquo;, erkl&auml;rte er einleitend. Dabei wurde die Behandlung bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizit&auml;t bzw. bis zum Progress weitergef&uuml;hrt.<sup>5</sup> &bdquo;Die Patienten hatten im Median drei Vortherapien, damit wurde eine relevante refrakt&auml;re Population untersucht.&ldquo; Ibrutinib f&uuml;hrte zu einer Gesamtansprechrate von 68 % , dies unabh&auml;ngig davon, ob die Patienten mit Bortezomib vorbehandelt waren oder nicht. &bdquo;Solche Ansprechraten haben wir beim rezidivierten Mantelzelllymphom mit einer Monotherapie bisher nicht gesehen&ldquo;, meinte Dr. med. Hess. &bdquo;Zudem nahm die Ansprechrate mit zunehmender Behandlungsdauer noch bis auf 75 % zu.&ldquo; Beeindruckend fand er in dieser Studie auch die gesch&auml;tzte mediane Dauer des Ansprechens. Diese lag bei 17,5 Monaten (Abb. 1). Unter der Behandlung mit Ibrutinib wurde ein tempor&auml;rer Anstieg der Lymphozytenzahl in den ersten Behandlungswochen beobachtet. Der Referent erkl&auml;rte dazu: &bdquo;Dieser &sbquo;lymphocyte flare&lsquo;, der auch bei der Behandlung von CLL-Patienten auftritt, ist ein typisches Ph&auml;nomen dieser Substanz.&ldquo;<br /> Insgesamt brachen 8 % der Patienten aufgrund von Nebenwirkungen die Studie ab. In Hamburg wurde eine aktualisierte Analyse zum Verlauf bestimmter Nebenwirkungen &uuml;ber einen Beobachtungszeitraum von bis zu 24 Monaten pr&auml;sentiert.<sup>6</sup> Dabei zeigte sich, dass die Raten an Infektionen und Durchfall im Laufe der Zeit abnahmen. Die Pr&auml;valenz der Blutungsereignisse blieb stabil, mit einer Rate an schweren Blutungen von 5 % . Dr. med. Hess meinte zum Abschluss: &bdquo;Noch offen bleibt im Moment, wie wir bei einem Rezidiv unter neuen Substanzen wie Ibrutinib am besten vorgehen sollen. Hier braucht es noch entsprechende klinische Studien.&ldquo;</p> <h2>Interview</h2> <h2>&bdquo;Das Mantelzelllymphom ist prognostisch eines der ung&uuml;nstigsten B-Zell-Lymphome&ldquo;</h2> <p>Prof. Dr. med. Christoph Renner, Z&uuml;rich, schildert im nachfolgenden Interview, was f&uuml;r ihn die gr&ouml;sste Herausforderung bei der Behandlung des Mantelzelllymphoms ist, und gibt eine Einsch&auml;tzung zum Potenzial neuer Optionen.</p> <h3>Herr Prof. Renner, was ist aktuell die gr&ouml;sste Herausforderung bei der Behandlung von Patienten mit einem Mantelzelllymphom?</h3> <p><strong>C. Renner:</strong> Es handelt sich um eine seltene Erkrankung, weshalb die Patientenpopulationen in den Studien auch nicht so gross sind. Ausserdem sind es in der Regel &auml;ltere Patienten. Damit kann man nicht immer so intensiv behandeln, wie man gerne m&ouml;chte. Von der Prognose her ist das Mantelzelllymphom aber eines der ung&uuml;nstigeren B-Zell-Lymphome. Man hat daher versucht, mit intensiver Therapie, d.h. Hochdosis-Immunchemotherapie und Stammzelltransplantation, die Behandlung und damit die Prognose zu verbessern. Das progressionsfreie &Uuml;berleben ist auch l&auml;nger geworden; beim Gesamt&uuml;berleben sind die Daten etwas widerspr&uuml;chlich. Die intensive Immunchemotherapie kann nur bei Patienten eingesetzt werden, die fit genug f&uuml;r diese Behandlung sind. Zudem k&ouml;nnen wir immer noch nicht beweisen, dass wir das Mantelzelllymphom mit dieser Therapie wirklich heilen k&ouml;nnen.</p> <h3>Am ASCO-Kongress dieses Jahres wurden bemerkenswerte Daten zur Kombination VR-CAP als Erstlinientherapie pr&auml;sentiert.<sup>3</sup> In Hamburg schien das kein Thema mehr zu sein. Wie sch&auml;tzen Sie diese Option ein?</h3> <p><strong>C. Renner:</strong> Bortezomid erreicht als Monosubstanz eine Ansprechrate von 25 bis 30 % . Die neuen Substanzen aber, v.a. Ibrutinib, kommen l&auml;ngerfristig auf Ansprechraten von 70 bis 75 % . VR-CAP wurde bisher kaum eingesetzt, da die Zulassung bis vor Kurzem fehlte und viele &Auml;rzte erwarten, dass wir bald noch bessere Optionen haben werden. Zudem wurde die Studie ohne Rituximab-Erhaltungstherapie gemacht. Wir wissen aber, dass R-CHOP plus R-Erhaltung deutlich besser ist als nur R-CHOP. Deshalb wird es das VR-CAP-Regime schwer haben, obwohl man schon sagen muss, dass die Verdoppelung des PFS in der Studie ein tolles Resultat ist.</p> <h3>Welche der neuen Substanzen, die aktuell beim Mantelzelllymphom untersucht werden, scheint Ihnen pers&ouml;nlich das gr&ouml;sste Potenzial zu haben und warum?</h3> <p><strong>C. Renner:</strong> Sicherlich von Bedeutung ist Lenalidomid mit einer Ansprechrate von 50 % , auch Lenalidomid plus Rituximab erreicht gute Ansprechraten. Aber Ibrutinib ist derzeit wahrscheinlich von allen die potenteste Substanz, daher wird sie nun auch in einer Vielzahl m&ouml;glicher Kombinationen untersucht. Idelalisib erreicht ebenfalls hohe Ansprechraten, leider scheint die Wirkungsdauer beim Mantelzelllymphom jedoch k&uuml;rzer zu sein.</p> <h3>Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</h3> </p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie, 10.–14. Oktober 2014, Hamburg </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur">Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hermine O et al: Alternating courses of 3x CHOP and 3x DHAP plus rituximab followed by a high dose ara-c containing myeloablative regimen and autologous stem cell transplantation (ASCT) is superior to 6 courses of CHOP plus rituximab followed by myeloablative radiochemotherapy and ASCT in mantle cell lymphoma: update of results of the MCL younger trial of the European Mantle Cell Lymphoma Network (MCL Net). Hematol Oncol 2013; 31 (Suppl 1): 125, Abstract 086<br /><strong>2</strong> Kluin-Nelemans HC: Treatment of older patients with mantle-cell lymphoma. N Engl J Med 2012; 367: 520-31<br /><strong>3</strong> Cavalli F et al: Randomized phase 3 study of rituximab, cyclophosphamide, doxorubicin, and prednisone plus vincristine (R-CHOP) or bortezomib (VR-CAP) in newly diagnosed mantle cell lymphoma patients ineligible for bone marrow transplantation. J Clin Oncol 2014; 32: Abstract 8500<br /><strong>4</strong> www.clinicaltrial.gov. NCT01078142<br /><strong>5</strong> Wang ML et al: Targeting BTK with ibrutinib in relapsed or refractory mantle-cell lymphoma. N Engl J Med 2013; 369: 507-16<br /><strong>6</strong> Stilgenbauer S et al: Updated phase 2 safety analysis of prevalence of infection, diarrhea, and bleeding with ibrutinib over time in previously treated mantle cell lymphoma. DGHO 2014, Abstract V125</p> </div> </p>
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